Jetzt wird das Olympiateam geimpft
Alle für Tokio qualifizierten Athleten bekommen seit dieser Woche das Vakzin. Die Kanuten bestreiten aber erst noch eine EM. Dabei geht es für einen Augsburger um alles
Augsburg Der erste große internationale Wettkampf, aber auch der letzte Wettkampf ohne CoronaSchutz steht den deutschen Spitzenkanuten mit der Europameisterschaft im italienischen Ivrea bevor. Schon vor den Titelkämpfen, die an diesem Donnerstag beginnen, steht fest, dass alle deutschen Slalomkanuten und -kanutinnen, die sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert haben, bereits nächste Woche über den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gegen Covid-19 geimpft werden.
Das bestätigte der Chef-Bundestrainer Kanuslalom, Klaus Pohlen vom Kanuleistungszentrum Augsburg. „Es geht dabei aber nicht nur um die Kanuten, sondern auch um alle anderen Sportler wie die Judokas oder die Volleyballer“, so Pohlen. „Das wird zentral über die Olympiastützpunkte organisiert und wird für uns in München stattfinden.“Die Impfungen für alle Olympiateilnehmer und die Betreuer starten diese Woche, doch unmittelbar vor der EM wollte der Deutsche Kanu Verband (DKV) kein Risiko eingehen. „Für uns war schnell klar, wir machen das erst nach der EM. Wir haben den Zeitpunkt in Absprache mit unseren Ärzten extra so gewählt“, sagt Pohlen.
Am 19. April hatte das CoronaKabinett entschieden, allen Teilnehmern an olympischen und paralympischen Spielen sowie den Betreuern ein Impfangebot zu machen. Maximal 2000 Personen umfasst der
Kreis der Impfkandidaten, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann.
Unmittelbar nach der politischen Entscheidung liefen die Planungen an. Seit dieser Woche wird an den Olympiastützpunkten geimpft. Wie lange es dauert, bis alle Sportler und Betreuer das Vakzin erhalten haben, ist schwer zu prognostizieren. In einigen Sportarten stehen noch Qualifikationswettbewerbe an. Zudem muss die Impfung auch in den Trainingsplan passen, da wegen möglicher Nebenwirkungen eine Pause notwendig werden kann. Knapp drei Monate vor Beginn der Spiele ist das ein heikles Thema, denn es läuft die unmittelbare Vorbereitung. Für die Athleten sind Olympische Spiele der Höhepunkt ihres Sportlerlebens.
Eine Impfpflicht soll es nicht geben. In einer Umfrage hatten acht Prozent des deutschen Olympiateams eine Impfung abgelehnt. Für sie soll es nach momentanem Planungsstand keine Nachteile geben. Im neuesten Playbook des japanischen Organisationskomitees steht, dass vor Ort kein Unterschied zwischen Geimpften und nicht Geimpften gemacht werden soll. Das Playbook, in dem genau aufgelistet ist, wie die Anti-Corona-Maßnahmen in Tokio aussehen, wird allerdings ständig überarbeitet – möglicherweise auch in diesem Punkt.
Vorher stehen aber für die Kanuten die Titelkämpfe auf europäischer Ebene an, und die sind für den DKV in einer Bootsklasse noch extrem wichtig. Im Canadier Einer der Männer kämpft das DKV-Trio um den letzten Olympia-Startplatz für
Deutschland. Seit knapp einer Woche sind die DKV-Kanuten schon in Ivrea und bereiten sich auf ihr erstes internationales Rennen vor. Darunter mit Hannes Aigner, Sideris Tasiadis und Elena Apel drei Mitglieder aus Augsburger Vereinen.
Während Aigner (Augsburger Kajak Verein) im Kajak Einer der Männer bereits sicher für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert ist und Elena Apel (Kanu Schwaben Augsburg) im Canadier Einer der Frauen als Ersatzboot feststeht, kämpft ihr Vereinskollege Sideris Tasiadis bei der EM noch um den Olympiastartplatz. Mit einem Sieg im C1 der Männer könnte sich der Polizeiobermeister aus Friedberg (Landkreis Aichach-Friedberg) gegen seine deutschen Konkurrenten Franz Anton und Timo Trummer (beide Leipzig) durchsetzen und seine dritte Olympiateilnahme festzurren. Allerdings haben auch die Teams aus Russland und Italien noch die Möglichkeit, diesen Platz zu ergattern.
Weil sich die deutschen Paddler nach diesem ersten sportlichen Höhepunkt in der Saison sowieso ein paar Tage Pause gönnen, kann die Covid-19-Impfung danach recht gut in die Trainingsabläufe integriert werden. Zudem werde beim DOSB mit dem Vakzin von Johnson & Johnson geimpft, das nur einmal verabreicht werden muss, berichtet Pohlen. Ansonsten wäre es mit der zweiten Impfung bis zu den Olympischen Spielen in drei Monaten zeitlich vielleicht doch zu eng geworden. „Das war eine Entscheidung der medizinischen Kommission um Prof. Dr. Bernd Wohlfahrt, die für die deutsche Olympiamannschaft zuständig ist.“
Pohlen selbst ist erleichtert über die Impfungen. „Für uns ist jetzt alles einfacher planbar. In den letzten eineinhalb Jahren haben wir auf viele Wettkämpfe verzichtet, weil wir immer die Gesundheit der Athleten über den sportlichen Erfolg gestellt haben. Das war hart, aber das war uns wichtig“, betont Pohlen. Die internationale Konkurrenz hatte das nicht immer so gehandhabt: „Es kann durchaus sein, dass wir dafür abgestraft werden. Das wird man dann an den Ergebnissen am Wochenende sehen.“
Mit den Impfungen glaubt Pohlen, dass der Alltag seiner Profisportler mit Training, Lehrgängen und Wettkämpfen wieder normaler wird, „ohne dass wir ständig überlegen müssen, ob wir es riskieren können oder nicht“. Auch vonseiten der Slalomkanuten seien die Reaktionen durchweg positiv gewesen. Pohlen: „Es war keiner da, der gesagt hat: Ich will nicht.“
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