Söder: 200 Millionen für das Donaumoos
Der Ministerpräsident macht das Donaumoos zur Chefsache. Doch nicht alle sind glücklich über das Geld aus München. Während die einen hoffen, dass nun endlich etwas passiert, fürchten aktive Landwirte um ihre Existenz
Langenmosen/Pöttmes Man sah die Traktoren schon von weitem kommen, denn der starke Wind trieb die Erde in dicken Wolken vor ihnen her. Noch bevor die Mitglieder der Staatsregierung – allen voran Ministerpräsident Markus Söder, Umweltminister Thorsten Glauber und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber – in Langenmosen (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) eingetroffen waren, um zu verkünden, wie es mit dem Donaumoos in Zukunft weitergehen solle, hatten sich die Landwirte formiert. Zwar mussten sie das Geschehen aus einiger Entfernung mitverfolgen, aber Mühe, auf sich aufmerksam zu machen, hatten sie dennoch nicht.
Als Ministerpräsident Markus Söder am Erdweg in Langenmosen verkündete, der Freistaat Bayern werde in den kommenden zehn Jahren insgesamt 200 Millionen Euro für den Klimaschutz und Torferhalt ins Donaumoos schicken, klatschten die einen – und hupten die anderen auf ihren Traktoren. Mit rund 14.000 Hektar ist das Donaumoos im Dreieck zwischen Pöttmes, Neuburg und Ingolstadt größtes Niedermoor in Süddeutschland – und stark bedroht. Denn es gehört mit mehreren Hundert Kilometern Entwässerungsgräben zu den Moorgegenden in Deutschland, die am stärksten durch klassische Landwirtschaft und Siedlungen geprägt sind. Mit fatalen Folgen für die Umwelt, denn das trockengelegte Moor zersetzt sich in Kombination mit Sauerstoff nach und nach. Den Bauern verschwindet buchstäblich der Boden unter den Füßen. Bis zu zwei Zentimeter pro Jahr sackt der Moorboden ab. So sind über die Jahre bereits rund 6000 Hektar Moor einfach verschwunden. Das entweichende Kohlenstoffdioxid wandert als Treibhausgas in die Atmosphäre – bis zu 400.000 Tonnen CO²-Äquivalenten pro Jahr.
„Die Moore sind einer der stärksten natürlichen CO²-Speicher, die wir in Bayern haben“, sagte Söder deshalb vor den versammelten Vertretern aus Politik, Landwirtschaft und Umweltschutz. Bis zum Jahr 2040 will Söder Bayern klimaneutral machen. Und der Moorschutz spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Die Erkenntnis, wie wichtig Moorschutz für das Klima ist, ist nicht neu, sondern über 20 Jahre alt. Bereits 1997 gab der DonaumoosZweckverband das Entwicklungskonzept in Auftrag. Damals wie heute lautete die Devise: Für die Menschen die Wohn- und Lebensqualität erhalten, den wirtschaftlichen Erfolg der Landwirtschaft sichern und die bestmögliche Schonung der Ressourcen zu erreichen. Von Klimawandel sprach damals noch kaum jemand.
Aufgabe ist für uns als Landkreis schlicht zu groß“, sagte Landrat Peter von der Grün, als er die Gäste aus München begrüßte. „Obwohl viel Energie und Engagement aufgebracht wurde.“Bereits im vergangenen Jahr hatte er sich mit einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten gewendet und um finanzielle und strukturelle Unterstützung für die Mammutaufgabe Donaumoos gebeten.
Denn die Sache ist nicht mit dem Ziel des Klimaschutzes getan. Das bekam auch der Ministerpräsident zu hören. Seine Worte wurden begleitet und teilweise übertönt von einem Hupkonzert der vorgefahre„Die nen Landwirte. Zwar betonten sowohl Söder als auch Glauber und Kaniber unisono, dass es nur gemeinsam und mit den Landwirten gehen werde, und dass das Grundsatzprinzip der Freiwilligkeit gelte – trotzdem fühlen sich viele Menschen, die das Donaumoos bewohnen, beackern und bebauen übergangen.
Auch aus den Redebeiträgen von Norbert Schäffer, Präsident des Landesbundes für Vogelschutz und Walter Heidl, Präsident Bayerischer Bauernverband, war herauszuhören, dass ein langer Weg vor allen Beteiligten liegt. Während der eine von Wiedervernässung sprach, betonte der andere „Bauernland in Bauernhand“. Landtagsabgeordneter Matthias Enghuber (CSU) wurde daher nicht müde zu erklären, dass es nicht die eine Lösung für das gesamte Donaumoos geben werde. „Das Geld und die Unterstützung vom Freistaat machen es möglich, dass wir vor Ort nach geeigneten Ansätzen suchen und uns nichts diktiert wird“, sagte er.
Er und Staatssekretär Roland Weigert (Freie Wähler), der früherere Landrat von Neuburg-Schrobenhausen) waren dann auch die Einzigen der Politikerriege, die sich den wütenden Landwirten stellten. Dort wurden sie mit Sätzen wie „Hier möchte keiner Klimalandwirt werden“, „Das Donaumoos ist kein Moor mehr“und „Es wird alles kaputt gemacht“empfangen. Eine Landwirtin schilderte den beiden, dass sie gerade in eine neue Halle investiere. „Mir wird meine Existenzgrundlage genommen.“Viele haben Angst, dass durch finanzielle Anreize der Politik die Eigentümer der Flächen lieber auf den Moorschutz aufspringen, anstatt den noch aktiven Landwirten diese Flächen zu verpachten. „Uns werden die Flächen vor der Nase weggekauft mit eurem Geld“, schimpfte ein junger Landwirt.
Moritz Knöferl, Vorstand der Jungen Union in Karlshuld und Landwirt im Nebenerwerb, versuchte, den hörbaren Frust der Versammelten zu erklären: „Uns fehlt völlig die Planungssicherheit. Und das erzeugt Emotionalität.“Was denn konkret geplant sei, wollten die Landwirte wissen. „Noch gar nichts“, antwortete Enghuber. Es gehe jetzt darum, das Entwicklungskonzept aus dem Jahr 2000 fortzuschreiben. Mit dem Geld und dem Einsatz aus Bayern – und den Landwirten.