Ein bewegtes, musikalisches Leben
Aichach Die Aichacher Musikerin und Sängerin Mathilde Kraemer feierte jetzt ihren 90. Geburtstag. Mathilde Kraemer wurde vor 90 Jahren in Hergatz-Wohmbrechts (Landkreis Lindau) geboren und wuchs mit ihrer älteren Schwester in diesem Ort behütet auf.
„Die Kriegszeit, die ich voll erlebte, war nicht schön“, sagt die Jubilarin und kann viele bewegende Geschichten aus dieser Zeit erzählen, die sie lieber nicht erlebt hätte. Die junge Mathilde absolvierte nach ihrer Schulzeit in Lindau ein Praktikum im Sanatorium für lungenkranke Kinder in Scheidegg, wo sie auch dem Kirchenchor beitrat. Als Solistin begeisterte sie die Anwesenden bei einer Weihnachtsfeier, besonders aber eine Ärztin erkannte die musikalische Begabung der Praktikantin und konnte sie überzeugen, eine musikalische Ausbildung zu absolvieren.
In Weiler-Simmerberg bei Lindau bekam sie Gesangsunterricht, eine ihrer Lehrerinnen war Johanna
Fritsch, eine Berliner Opernsängerin. Mathildes Vater arrangierte einen Termin beim „Vorsingen für Stellungssuchende“an der Münchner Staatsoper. Der Intendant empfahl die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Musik in München. Trotz hohem Fiebers bestand sie die Aufnahmeprüfung und nahm das Studium auf.
Sie bewarb sich weiterhin um eine Stelle im Aushilfschor des Bayerischen Rundfunks, wo man sie als Einzige von einhundert Bewerberinnen aufnahm. „Die Zeit im Rundfunkchor war meine schönste Zeit“, schwärmt die 90-Jährige. 1958 erhielt die junge Künstlerin ein Engagement an der Oper in Pforzheim und zwei Jahre später erfolgte ein Engagement an der Oper Trier. Fünf Jahre verbrachte die junge Sängerin in dieser Stadt, doch das Heimweh wurde zu groß.
1965 verlobte sie sich mit Josef Kraemer, Präfekt am Internat des Klosters Schäftlarn, den sie während ihres Studiums in München kennen und lieben gelernt hatte. Die Hochzeit fand ein Jahr später statt und das junge Ehepaar zog nach Aichach, wo die Jubilarin noch heute lebt. Ihr Gatte wurde als hauptamtlicher Kirchenmusiker an der Stadtpfarrkirche Aichach angestellt. Die studierte Sängerin nahm hier als Solistin eine wichtige Rolle ein. In den 90er-Jahren beendete sie ihre musikalische Karriere. Ihr Sohn Wolfgang Krae mer, ebenfalls Kirchenmusiker, ging aus dieser Ehe hervor. Mathilde Kraemer freut sich auch über ihre Enkelin Alina Schuhmacher. Die 18-Jährige und ihre Oma sehen sich einmal in der Woche. Alina fühlt sich wohl und glücklich in der Nähe ihrer Großmutter, „verarztet“sie schon mal mit Rheumasalbe und sie lachen viel gemeinsam.
Alina verrät auch, dass ihre Oma noch immer eine „Meisterin“im Kreuzworträtsellösen ist. „Ich finde es ganz besonders toll, dass sie zuhört, immer ein offenes Ohr für mich hat“, sagt die junge Frau und lächelt die Oma an.