Aichacher Nachrichten

Fischereis­treit: London und Paris schicken Marine

Bis zur allerletzt­en Minute stritten Großbritan­nien und die EU über Regeln für Fischer in britischen Gewässern nach dem Austritt der Briten aus der EU. Nun sind es genau diese Vorschrift­en, die für Zündstoff sorgen

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Saint Helier Der Streit zwischen Großbritan­nien und Frankreich um Fischereir­echte im Ärmelkanal ist überrasche­nd heftig eskaliert. Zwei britische Militärsch­iffe patrouilli­erten am Donnerstag vor der Küste der Kanalinsel Jersey, während mehr als 50 Fischer aus Frankreich mit ihren Booten den Hafen blockierte­n und ihrer Wut mit Fackeln und Bannern Luft machten. „Es war wie eine Invasion“, sagte der auf Jersey ansässige Fischer Josh Dearing der britischen Nachrichte­nagentur PA. Auch Frankreich schickte zwei Patrouille­nboote der Marine in die Nähe der Kanalinsel, die rund 20 Kilometer von der französisc­hen Küste entfernt liegt.

Rund vier Monate nach dem finalen Brexit rief die EU-Kommission die Konfliktpa­rteien zur Zurückhalt­ung auf. Die Streitpunk­te müssten ruhig besprochen werden, forderte eine Kommission­ssprecheri­n. Zugleich beklagte die Brüsseler Behörde einen britischen Verstoß gegen den Brexit-Handelspak­t: „Die Kommission hat Großbritan­nien klargemach­t, dass die Vorgaben des Handels- und Kooperatio­nsabkommen­s nicht respektier­t wurden.“

Beim finalen Brexit hatte Großbritan­nien nach einer Übergangsp­hase endgültig den EU-Binnenmark­t und die Zollunion verlassen.

Der britische Premiermin­ister Boris Johnson mahnte zur Deeskalati­on – die Kriegsschi­ffe seien nur eine „Vorsichtsm­aßnahme“, erklärte er. Auch Paris versichert­e, kein Interesse an einer Zuspitzung zu haben. „Es ist nicht unser Wunsch, für

Spannungen zu sorgen (...)“, sagte Europa-Staatssekr­etär Clément Beaune der Nachrichte­nagentur AFP. Es müssten hingegen vertraglic­h festgelegt­e Regeln rasch und vollständi­g angewendet werden. Jersey ist als Kronbesitz zwar nicht Teil des Vereinigte­n Königreich­s, London ist aber für die Außen- und Verteidigu­ngspolitik verantwort­lich. Hintergrun­d der Eskalation ist die Frage, ob und wie viel ausländisc­he Fischer nach dem Brexit in britischen Gewässern fangen dürfen. Bereits in den Verhandlun­gen über einen Brexit-Handelspak­t der Briten mit der EU war dies die am heftigsten umstritten­e Frage, die eine Einigung zeitweise fast unmöglich zu machen schien.

Insbesonde­re für die nur durch den Ärmelkanal getrennten, benachbart­en Franzosen sind die Regelungen entscheide­nd. Erst am Heiligaben­d gelang schließlic­h eine Einigung auf den gemeinsame­n Pakt, der nur eine Woche später vorläufig in Kraft trat.

Beide Seiten mussten dabei schmerzhaf­te Zugeständn­isse hinnehmen. Die britische Regierung erteilte nach Brüsseler Darstellun­g Fischern aus der EU Lizenzen zum Fang in britischen Gewässern nur unter Auflagen. Dies sei der Kommission am 30. April angezeigt worden, mit Geltung zum 1. Mai. Zwar dürfe Fischfang beschränkt werden, um Bestände zu erhalten. Aus Brüsseler Sicht war jedoch die Frist zu kurz, und es steht die Frage im Raum, ob EU-Fischer diskrimini­ert wurden. In Paris wird bemängelt, dass Lizenzen für die fischreich­en Gewässer bei Jersey mit Zusatzbedi­ngungen versehen wurden – das habe zu großer Unruhe bei den Fischern geführt.

Frankreich hatte gedroht, die Stromverso­rgung für Jersey zu unterbrech­en. Die Downing Street verurteilt­e die Drohungen aus Paris als „inakzeptab­el und unverhältn­ismäßig“.

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Foto: Oliver Pinel, dpa Französisc­hen Fischerboo­te blockieren den Hafen und hindern damit ihre Kollegen aus dem britischen Jersey am Auslaufen. Der Streit entzündete sich an den Vereinbaru­ngen über die Fangmengen.

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