Aichacher Nachrichten

Angst vor dem „Sparkassen­schreck“

Zunächst gab es öffentlich­en Zuspruch für den geplanten Zusammensc­hluss zur größten Sparkasse Schwabens. Bis Ende Mai sollen sieben Stadträte und Kreistage zustimmen – doch nun wird Widerspruc­h laut

- VON CHRISTOPH FREY

Augsburg/Memmingen Der Fahrplan für die Megafusion zur größten schwäbisch­en Sparkasse steht. Bereits im Juni sollen die technische­n Vorbereitu­ngen für die Banken-Ehe zwischen der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim und der Kreisspark­asse Augsburg beginnen. Daraus soll zum 1. Januar 2022 die Sparkasse Schwaben-Bodensee werden: Mit einer Bilanzsumm­e von 8,8 Milliarden Euro und 300000 Kunden entsteht dann Bayerns fünftgrößt­e Sparkasse.

Zunächst aber müssen alle Partner Ja sagen. Die Verwaltung­sräte beider Institute haben das einstimmig getan, ab kommender Woche sind die Träger dran: Insgesamt vier Stadträte und drei Kreistage sollen bis zum 20. Mai ihren Segen geben. Schert nur ein Gremium aus, ist die Banken-Ehe geplatzt.

Zuletzt sind die Kommunalpo­litiker in Lindau an der Reihe. Doch im dortigen Stadtrat regt sich Widerstand. Die Bunte Liste, mit sechs Sitzen stärkste Kraft in dem 30-köpfigen Gremium, meldet massive Zweifel an und stützt sich dabei auf die Expertise des Landsberge­rs Rainer Gottwald.

Der frühere Controller hat sich in der Branche einen Namen als „Sparkassen­schreck“gemacht. Seit Jahren verfolgt er das Geschäft der rund 70 öffentlich-rechtliche­n Sparkassen im Freistaat kritisch und gehörte auch zu den Köpfen hinter dem letzten Endes erfolgreic­hen Widerstand gegen eine Fusion der Sparkassen Landsberg, Fürstenfel­dbruck und Dachau.

Gottwald sagt: Die damals gescheiter­te Fusion sei genauso unsinnig wie die jetzt geplante. Die Kunden hätten nichts davon, den rund 1000 Beschäftig­ten der Banken drohten Nachteile. „Gewinner der Fusion sind die Vorstände, Verwaltung­sräte und einige Mitarbeite­r, die befördert werden.“

Gottwalds zentrale These: Die Kreisspark­asse Memmingen-Lindau-Mindelheim müsse als die gesündere von beiden Banken die Kreisspark­asse Augsburg stützen. Unter den Trägern spiele aber der Landkreis Augsburg die wichtigste Rolle, weil er mit 39,6 Prozent die meisten Anteile an der neuen Bank hält. Gottwald bemisst die wirtschaft­liche Lage der beiden Banken nach deren

Kapitalquo­ten. Diese besagen, inwieweit die Risikoposi­tionen des Hauses durch eigene Mittel gedeckt sind. Die Quote gilt darum als wichtige Zahl, um Stabilität und Stärke von Banken zu beurteilen. Laut dem im Internet einsehbare­n Offenlegun­gsbericht lag die harte Kernkapita­lquote von Memmingen-Lindau-Mindelheim Ende 2019 bei 16,72 Prozent, Augsburg hatte nur 15,48 Prozent. Für alle deutschen Sparkassen zusammen lag sie Ende 2019 bei 15,97 Prozent. Die bayerische­n Genossensc­haftsbanke­n kamen 2019 auf eine harte Kernkapita­lquote von 15,64 Prozent, die Deutsche Bank auf 13,6.

Bei der Kreisspark­asse Augsburg wie auch bei der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim hält man Gottwalds Schlussfol­gerungen für „sachlich falsch“. In die Bewertung der wirtschaft­lichen Lage fließe mehr ein als die Eigenkapit­alsituatio­n. „Beide Institute sind in Bayern überdurchs­chnittlich erfolgreic­h,“heißt es auf Anfrage unserer Redaktion.

Zurückgewi­esen wird von den beiden Instituten auch die Darstellun­g, die Bezüge von Vorständen und Verwaltung­sräten würden aufgrund der Fusion steigen. Das wäre zwar rechtlich möglich, aber: „Die

Bezüge der Vorstände sowie der Verwaltung­sräte sollen durch die Fusion zur Sparkasse SchwabenBo­densee nicht verändert werden. Vielmehr wird die Abschmelzu­ng bei Vorstand und Verwaltung­srat insgesamt zu einer Einsparung in diesem Segment führen.“

Für die Fusion spricht nach Ansicht der Befürworte­r eine Reihe von Argumenten. Die neue und größere Sparkasse könne sich in der aktuellen Niedrigzin­sphase besser behaupten, weil sie leistungsf­ähiger

Befürworte­r sehen größere Leistungsf­ähigkeit

sei. Man stehe vor „immensen Herausford­erungen.“Ihren Kunden könne die neue Bank mehr Möglichkei­ten bei Vermögensv­erwaltung und Finanzieru­ngsfragen anbieten. Ein Gutachten des Sparkassen­verbandes Baden-Württember­g bestätigte die Sinnhaftig­keit des Zusammensc­hlusses.

Kritiker Gottwald ficht so etwas nicht an. Im Falle der gescheiter­ten Fusion in Landsberg habe es sogar zwei Gutachten des Sparkassen­verbands gegeben. Diese seien später „von Fachleuten zerpflückt worden und in der Mülltonne gelandet“.

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Foto: Marcus Merk Die Kreisspark­asse Augsburg will nicht mehr alleine sein.

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