Zu viele Vogelküken landen im Tierheim
Tierfreunde wollen oft jungen Vögeln helfen. Doch der Augsburger Tierschutzverein rät, die Jungtiere nur in Ausnahmefällen in Sicherheit zu bringen. Denn oft sind sie nicht so hilflos, wie es auf den ersten Blick scheint
Zwei flauschige junge Waldkäuze, die scheinbar alleine auf der Mauer am Augsburger Zoo saßen, sind kürzlich im Augsburger Tierheim „gelandet“. Nach Angaben des Tierschutzvereins hätte dies nicht sein müssen. Gerade im Frühjahr werden viele wilde Vogelküken aus falsch verstandener Tierliebe mitgenommen, um sie in Sicherheit zu bringen. Dabei wäre es besser, sie an Ort und Stelle sitzen zu lassen, so die Experten. Allerdings gilt das nicht in allen Fällen.
Viele Menschen vermuten, dass Jungtiere aus dem Nest gefallen oder aufgeplusterte Vogelküken, die auf einem Ast sitzen, krank sind. Sie meinen es gut, wenn sie das Tier aufnehmen und ins Tierheim bringen. Doch das erweist sich oft als unnötig. „Nur wenige Jungvögel brauchen menschliche Hilfe“, sagt Tierheim-Mitarbeiterin Andrea Strauß, wobei sie verletzte Tiere ausdrücklich ausnimmt. Jetzt im Frühjahr erhält sie oft junge Amseln, Meisen oder Finken zur Pflege. Wenn diese Nestlinge flügge werden, landen sie zunächst oft auf dem Boden. Oder auf dem nächsten Ast, wo sie als sogenannte Ästlinge ruhig verharren. Allerdings stehen sie mit ihren Eltern über Lock- und Bettelrufe weiter in Kontakt und werden von ihnen auch weiter gefüttert.
„Einen solchen Jungvogel sollte man am besten in Ruhe lassen“, rät Strauß. Nur bei akuter Gefahr könne man ihn behutsam an einen geschützten Ort in unmittelbarer Nähe umsetzen, so ihr Rat. Menschlicher Geruch an den Jungvögeln störe die Vogeleltern nicht. Im Zweifel empfiehlt Strauß, das junge Tier über ein oder zwei Stunden aus größerer Entfernung zu beobachten. Erst wenn sicher ist, dass das Küken hilflos alleine bleibt, sei es ratsam, es mitzunehmen, und wenn keine andere Möglichkeit besteht, ins Augsburger Tierheim zu bringen.
Alleine am Dienstag wurden mehrere Vögel im Augsburger Tierheim abgegeben, die nur teilweise dringend Hilfe brauchten. Ein Mann brachte zwei Hühnerküken, die auf einem freien Feld bei Schwabmünchen gefunden wurden. Spaziergänger hatten sie entdeckt. Weit und breit war kein Stall oder
Hof oder eine Hühnerschar zu sehen. Ob sie ausgesetzt wurden oder sich selbstständig gemacht haben, ist nicht bekannt. Jedenfalls waren sie nach Einschätzung der Experten hilflos und die Rettungsaktion der
Finder in diesem Fall daher genau richtig.
Der Tierschutzverein Augsburg ist Teil eines Tierfreundenetzwerks, sodass die Hühner schnell gut untergebracht werden konnten. Denn das
Tierheim sei kein wirklich geeigneter Ort für Hühner und auf Gut Morhard in Königsbrunn seien alle Plätze besetzt. Die Küken wachsen jetzt in einer kleinen privaten Haltung auf. Am selben Tag brachte die Augsburger Polizei ein großes Elsternnest mit drei Küken ins Tierheim. Auch hier war Gefahr in Verzug. Das Nest war samt seinen Bewohnern durch Sturmböen von einem Baum in Pfersee geweht worden. Von den Eltern sei nichts zu sehen gewesen, hieß es. Die Küken blieben bei dem Absturz unverletzt. Sie werden nun im Tierheim weiter gepäppelt, bis sie flügge sind.
Zwei junge Waldkäuzchen hätten dagegen besser vor Ort bleiben sollen, so die Einschätzung der Fachleute. Die beiden flauschigen Küken seien alles andere als begeistert gewesen, dass sie ins Tierheim gebracht wurden, und hätten sich zunächst sehr gewehrt, Futter anzunehmen. Käuze legen in Städten oft noch im Winter ihre Eier und brüten etwa vier Wochen. Nach weiteren vier Wochen verlassen die Jungvögel als Ästlinge das Nest. Sie fallen oft unbeholfen auf den Boden und laufen dann zu einem Baum oder zu einer anderen hoch gelegenen Sitzmöglichkeit, auf die sie klettern und einfach sitzen bleiben. Die Eltern versorgen sie noch, sie bleiben aber nicht mehr in der Höhle. Dort ist es dann auch schon zu eng.
Die beiden Waldkäuze wurden nach Angaben des Tierschutzvereins auf einer Mauer beim Zoo gefunden. Weil dort einige Passanten den Vögeln nahe gekommen seien und sie gestört hatten, habe ein Tierfreund die Augsburger Feuerwehr informiert. Die Tierchen wurden mangels Alternativen in Katzentransportboxen gepackt und ins Tierheim gebracht. Das hätte nicht sein müssen. „Bitte solche Tiere einfach in Ruhe lassen, Abstand halten, kurz beobachten und sich freuen, dass diese hübschen Eulen gerne und auch gut bei uns in der Stadt leben“, so der Rat der Tierschützer. Die jungen Käuze wurden inzwischen einem Falkner in Füssen übergeben, der sie fachmännisch versorgt.