Als der Landkreis neue Schulen brauchte
Nach dem Weltkrieg steigen die Schülerzahlen enorm. Die Dorfschulen sind veraltet, Lehrerwohnungen rar und Pädagogen ebenso. Auch in Todtenweis wird gebaut. Der Grund sind Flüchtlinge und ein Babyboom am Lechrain
Todtenweis Es war eine regelrechte Welle: Ende der 1950-er bis Mitte der 1960-er Jahre entstanden im Landkreisgebiet zahlreiche neue Schulhäuser. In Todtenweis erinnern sich ältere Menschen an das Fest vor 60 Jahren. Am 7. Mai 1961 wurden Schul- und Lehrerwohnhaus eingeweiht. Die Neubauten waren bitter nötig. Das hatte mehrere Gründe, wie der Todtenweiser Gemeindearchivar Franz Riß schildert:
Auslöser des Booms waren stetig steigende Schülerzahlen infolge des Wirtschaftswunders und dadurch aufkommenden Wohlstands, der wiederum einen Babyboom auslöste. Auch die zahlreichen Flüchtlingsfamilien trugen zu einem rasanten Anstieg der Dorfbevölkerung nach Kriegsende bei. Zudem wurden den Volksschulen mehr Lehrerstellen genehmigt. So sollte eine schon länger in pädagogischer Hinsicht geforderte Umstellung des Lehrbetriebs der meist noch einoder zweiklassigen kleinen Dorfschulen auf drei oder vier Klassen möglich werden. Allerdings bewarben sich kaum noch Lehrer für die Landgemeinden, weil es einen eklatanten Fehlbestand an Lehrerwohnungen ab. Aus all diesen Gründen förderte der Staat Neubauten von Schul- und Lehrerwohnhäusern.
Im westlichen Landkreis machte der Markt Aindling mit dem Bau einer neuen Volksschule mit Lehrerwohnhaus 1957/58 den Anfang. Es folgten Todtenweis (1960/61), Pöttmes (1964), Rehling (1965) und Affing (1966). In Todtenweis war die Schulleitung nach der Versetzung des bisherigen Schulleiters Josef Rößler ab 1957 drei Jahre verwaist. Der Grund dafür war die Lehrerdienstwohnung im Schulgebäude, die nach Aussage des Schulamtes „keinen Anreiz für einen Bewerber“bot. Diese Wohnung hatte bereits unter Rößler zu zahlreichen Beschwerden bei der Gemeinde und auch beim Landratsamt geführt. Nachdem mit Beginn des Schuljahres 1957/58 der Schule eine dritte Lehrkraft zugeteilt worden war, war die Gemeinde zum Handeln gezwungen.
Zunächst sah ein Plan vor, ein neues Lehrerwohnhaus zu bauen, um das Erdgeschoss der Schule aus dem Jahr 1882 für einen dritten Schulsaal zu nutzen. Neben einer weiteren Alternative mit Umbau und kleinem Neubau entschieden sich Schulamt und Gemeinde schließlich für eine großzügige dritte Lösung: Schule und Lehrerwohnhaus neu zu errichten. Standort war exakt jenes Grundstück des Hannesbauern am östlichen Ortseingang und südlich der Hauptstraße, das schon 1880 beim Bau der alten Schule zur Diskussion gestanden hatte. Damals gab es aber aus heutiger Sicht seltsame Vorbehalte der lokalen Schulsprengelkommission.
kritisierte, der Platz sei sehr hoch gelegen und „jeder Witterung von allen Himmelsgegenden ausgesetzt“und „vom Dorfe fast abseits“, hieß es damals unter anderem.
Gerade die Aussage, vorbeifahrende Fuhrwerke würden den Ort sehr beunruhigen, wurde spätestens mit der damals getroffenen Wahl des alten Schulstandortes zur Farce. Denn die Vorgängerschule wurde schließlich sogar im Einmündungsbereich der St.-Afra- in die Hauptstraße gebaut, wo das Verkehrsaufkommen viel höher war.
Wegen der geschilderten Raumnot und der verwaisten Schulleiterstelle beschloss der Gemeinderat im Januar 1960, eine neue Schule mit danebenliegendem Lehrerwohnhaus zu bauen. Die große Lösung zeigte rasch Wirkung: Mit Fertigstellung des Lehrerwohnhauses fand sich sofort ein Bewerber für die Schulleitung. Hauptlehrer Edgar Sichert bezog im November 1960 das
Obergeschoss und im Erdgeschoss wohnte fortan Augustin Brandner, seit 1958 Lehrer für die dritte bis fünfte Jahrgangsstufe. Für die damaligen finanziellen Verhältnisse der kleinen Gemeinde mit 722 Einwohnern im Jahr 1961 waren die veranschlagten Gesamtkosten von 262.000 D-Mark für das Schulhaus und zusätzlich 60.000 Mark für das Lehrerwohnhaus eine Jahrhundertinvestition. Jeweils 100.000 Mark wurden mit staatlichen Zuschüssen und durch Darlehensaufnahme bestritten. Der Rest wurde durch eigene Mittel und Eigenleistung gedeckt. Am 19. März wurde mit dem Schulhausbau begonnen und bereits am 7. Mai 1961 konnte der Neubau feierlich eröffnet werden.
Dieser Festtag dürfte für die damaligen Einwohner, besonders für die Jugend, unvergesslich geworden sein. In einem Zeitungsbericht über die Einweihung wird der Gemeinde Respekt gezollt. Sie habe ihrer JuDiese gend mit Mut und Opferbereitschaft ein „prächtiges Geschenk“gemacht.
Begonnen hatten die Feierlichkeiten mit einem Pfarrgottesdienst. Ortspfarrer Karl Michler mahnte die Kinder, eifrig zu lernen und sich der großen Opfer ihrer Eltern und der ganzen Gemeinde würdig zu erweisen. Im Anschluss an den Gottesdienst weihte er die Kreuze für die Klassenzimmer des neuen Schulhauses. Danach ging es im Festzug hinüber zur neuen Schule, die im Zeitungsbericht als Schmuckstück bezeichnet wird. Und weiter: „Die Räume sind hell, groß du mit modernen Schulmöbeln ausgestattet. Dieses Haus bannt alle Raumnot und gibt den Schülern die Möglichkeit, sich an netten und gesunden Arbeitsplätzen für den ihnen bevorstehenden Lebenskampf vorzubereiten.“Bürgermeister Michael Fischer sprach in seiner Festrede von einem schweren Stück Arbeit. Die
Kinder forderte er auf: „Lernt fleißig und haltet die Schule sauber.“Landrat Glötzl war voll des Lobes für die Leistung der Gemeinde. Es sei ein großer Notstand beseitigt worden, sagte er. Die Schule sei ein „Zeugnis dafür, was geleistet werden kann, wenn echter Bürgersinn und Zusammengehörigkeit gepflegt werden“. Ein gemeinsames Mittagessen vereinte die Vertreter der Gemeinde mit ihren Gästen und am Abend erfreuten sich Jung und Alt beim damals noch traditionell einmal im Jahr stattfindenden „DorfMaitanz“.
Mit der Schulreform Ende der 1960-er Jahre kam zwar das Ende der Volksschule Todtenweis, aber nicht das Ende des Schulgebäudes. Die jetzige Grundschule Todtenweis mit vier Klassen konnte sich behaupten und gehört zwischenzeitlich organisatorisch zur Mittel- und Grundschule am Lechrain in Aindling.