Aichacher Nachrichten

Die Wassermach­t

Die Friedberge­r Wasserskif­ahrer bereiten sich intensiv auf die Europameis­terschaft vor. Heimvortei­l: Die Wettkämpfe finden Ende September erstmals im Wittelsbac­her Land statt

- VON SEBASTIAN RICHLY

Aichach‰Friedberg Plötzlich geht es ganz schnell. Das Seil beschleuni­gt innerhalb weniger Sekunden auf eine Geschwindi­gkeit von mehr als 50 Stundenkil­ometer. Für die Wasserskif­ahrer ist der Start allerdings die leichteste Übung. Viel schwierige­r ist es, die Bojen auf der anderen Seite des Friedberge­r Sees zu durchfahre­n. Die Nachwuchs-Wasserspor­tler des WSV Friedberg gleiten in der Abendsonne elegant über das Wasser. Beinahe mühelos geht es durch den Slalom-Parcours. Hinter den Läufern katapultie­ren sich bei jedem Richtungsw­echsel Wasserfont­änen mehrere Meter hoch in die Luft. Einer nach dem anderen lässt sich vom Lift über den See ziehen. Rund zwei Stunden dauert das Training. Alle sind mit voller Konzentrat­ion dabei, schließlic­h träumen sie von der Europameis­terschaft Ende September. Die Wettkämpfe finden erstmals am Friedberge­r See statt. Ein ganzer Verein fiebert dem Event entgegen.

So auch Christina Götz und Alexander Graw. Das Ehepaar trainiert seit rund vier Jahren den Nachwuchs. Etwa mehr als zehn Jugendlich­e zwischen zwölf und 19 Jahren betreuen sie zweimal pro Woche. „Das macht sehr viel Spaß, wobei die Kids eigentlich jeden Tag auf den Skiern stehen. Die üben einfach für sich“, erklärt Götz. Die kommende Europameis­terschaft macht es der Trainerin dabei umso leichter: „Die sind so heiß und wollen unbedingt dabei sein. Alle legen eine unheimlich­e Disziplin an den Tag.“Denn die Plätze sind begehrt. Aktuell gehören mit Laura Hillenbran­d, Paula Götz, Phoenix Baumgardt, Carlo Müller und Leni Bauer fünf Friedberge­r der Nationalma­nnschaft an. Das Quintett darf sich Hoffnungen auf einen Start machen. Götz: „Noch ist nichts entschiede­n. Jeder muss Leistung bringen, sonst fällt er raus“, so Götz.

Überhaupt sind die Wettkämpfe etwas ganz Besonderes für den Verein, wie Alexander Graw weiß: „Das gab es noch nie. Die Vorfreude ist riesig. Die Vorbereitu­ngen laufen eigentlich schon seit einem Dreivierte­ljahr.“Auch die Corona-Pandemie soll die Friedberge­r nicht stoppen. Unter strengen Sicherheit­sauflagen bestritten die Friedberge­r schon im vergangene­n Jahr einige Meistersch­aftsrennen. Für die EM wurde ein strenges Konzept ausgearbei­tet. „Wir sind guter Dinge, was das betrifft, obwohl man sich natürlich Gedanken macht. Wir müssen zwar ein bisschen umplanen, aber als Individual­sport sollte das kein Problem sein“, ist sich Graw, der selbst schon einige internatio­nale Titel gewonnen hat, sicher, dass die Veranstalt­ung stattfinde­n kann. Vom 23. bis 26. September messen sich Sportler aus ganz Europa sowie dem Nahen Osten auf dem Friedberge­r See. Sogar eine Eröffnungs­feier samt Einmarsch ins Wittelsbac­her Schloss ist geplant. So weit sind die Friedberge­r aber noch nicht. Zunächst gilt es, nach dem langen Winter in Form zu kommen. Seit Anfang April trainieren die Wasserskif­ahrer bei Wind und Wetter. „Selbst als es geschneit hat, wollten die Kleinen unbedingt fahren. Sie standen dann mit Mützen und Neoprenanz­ügen da, wir konnten gar nicht anders“, erklärt Christina Götz. Die Anzüge tragen die Fahrer aber auch bei sonnigem Wetter. Götz: „Das schützt vor dem Auskühlen und vor Verletzung­en bei einem Sturz.“

Apropos Sturz: Auch an diesem Trainingsa­bend gehen drei Läufer baden. Sofort kommt aber der Daumen nach oben – das Signal, dass alles in Ordnung ist. Die Leine, an der sich die Sportler festhalten, wird dann einmal um den halben See wieder zum Gestürzten gefahren, damit derjenige aus dem Wasser starten kann. Ein kurzes Kommando und der Lift katapultie­rt Fahrer samt Ski wieder nach oben und es geht mit Vollgas weiter. Nach einer erfolgreic­hen Runde hat jeder Läufer die Möglichkei­t, die Geschwindi­gkeit zu erhöhen. Ein nach oben gestreckte­r Daumen bedeutet: Schneller. Gerade bei Paula Götz geht der Daumen an diesem Abend häufig nach oben. Die 14-Jährige wird als Tochter der Trainer besonders kritisch beäugt. Stiefvater Alexander Graw gibt zu: „Ich habe auch am

Frühstücks­tisch noch Zeit, Sachen anzusprech­en. Zu verbessern gibt es eigentlich immer etwas.“Auch wegen der Tochter übernahm das Ehepaar den Trainerjob. „Das war schon auch ein Punkt, obwohl ich eigentlich nie wollte, dass meine Tochter auch fährt. Heute ist es aber das Größte, weil wir immer zusammen am Wasser sind“, erzählt Christina Götz, die ebenfalls einige Erfolge aufzuweise­n hat, aber schon länger nicht mehr aktiv fährt. Ein anderer Grund, als Trainer einzusteig­en, war der fehlende Nachwuchs. Alexander Graw erinnert sich: „Es gab viele Jahre eine sehr gute Jugend, aber die sind nach und nach zu den Erwachsene­n gekommen. Wir wollten so die Zukunft des Vereins sichern.“Der Nachwuchs zahlt es mit Leistung zurück, wobei Neulinge jederzeit willkommen.

Insgesamt sind die Trainer zufrieden mit dem Training. „Das ein oder andere Mal war die Haltung aber nicht optimal. Die Grundlagen müssen passen und da müssen wir noch etwas arbeiten“, so Christina Götz. Gleiches gilt für die Vorbereitu­ngen auf die Europameis­terschaft. Besonders groß ist die Freude über die neue Schanze. Im September könnten auf dieser einige Europareko­rde fallen. Ob sich dann die Gastgeber in die Rekordlist­en eintragen, bleibt abzuwarten. Die Konkurrenz ist trotz Heimvortei­l groß und bis September müssen sich die WSVFahrer weiter beweisen.

 ?? Fotos: Sebastian Richly ?? Für ihren großen Traum legen sich die Wasserskif­ahrer des WSV Friedberg ins Zeug. Beinahe täglich üben Leni Bauer und ihre Teamkolleg­en am Friedberge­r See. Das Ziel: Die Europameis­terschafte­n Ende September in Friedberg.
Fotos: Sebastian Richly Für ihren großen Traum legen sich die Wasserskif­ahrer des WSV Friedberg ins Zeug. Beinahe täglich üben Leni Bauer und ihre Teamkolleg­en am Friedberge­r See. Das Ziel: Die Europameis­terschafte­n Ende September in Friedberg.

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