Was die Führungslücke mit der „Causa Pürner“zu tun hat
Gesundheitsamt Die Behörde Aichach-Friedberg steht weiter nur mit kommissarischer Leitung da – trotz Corona-Pandemie
AichachFriedberg Es ist eine Personalie, die unter normalen Umständen nur bedingt brisant scheint: Wer übernimmt die Leitung am Gesundheitsamt Aichach-Friedberg? Doch sind die Umstände derzeit alles andere als normal, der Landkreis befindet sich nach wie vor in einer der gravierendsten Gesundheitskrisen der vergangenen Jahrzehnte. In der Behörde, die zu ihrer Bekämpfung wohl am wichtigsten ist, klafft derzeit dennoch ein Führungs-Vakuum. Das hängt auch – und hier wird es durchaus brisant – maßgeblich mit einem alten Bekannten zusammen: Friedrich Pürner.
Seit vergangenem Montag heißt die Frau an der Spitze des Gesundheitsamts Dr. Viktoria Schaefer. Sie übernahm das Amt kommissarisch von Dr. Kirsten Höper, erfuhr davon aber offiziell erst an ihrem ersten Arbeitstag – dem vergangenen Montag. Offenbar, so hieß es vonseiten des Landratsamts, hatte bis zuletzt die Hoffnung bestanden, die Leitung „nahtlos“nachbesetzen zu können – also nicht „nur“kommissarisch. Daraus wurde jedoch nichts. Das bayerische Gesundheitsministerium beendete die entsprechende Ausschreibung, „da die erforderliche Haushaltsstelle derzeit noch nicht zur Verfügung steht“, wie eine Sprecherin gegenüber unserer Redaktion erklärte. Details nannte sie zunächst nicht.
Die auf den ersten Blick etwas verwunderliche Begründung hängt auch mit Dr. Friedrich Pürner zusammen, wie das Ministerium auf erneute Anfrage bestätigt. Der 54-Jährige, der das Amt bis zum vergangenen Herbst geleitet hatte und nach kritischen Äußerungen über die bayerische Corona-Politik an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) abgeordnet worden war, war einer von zwei Bewerbern auf die Stelle. Der Grund dafür, dass sie nicht über die Ausschreibung nachbesetzt wurde, ist nun nach offizieller Darstellung: Pürner selbst. „Für die Dauer der Abordnung von Herrn Dr. Pürner
wird von ihm die Haushaltsstelle für die Leitung in Aichach-Friedberg besetzt“, sagt eine Ministeriums-Sprecherin. Die Haushaltsstelle stehe erst dann wieder zur Verfügung, wenn diese Stelle frei werde – „zum Beispiel im Rahmen einer Versetzung von Herrn Dr. Pürner.“Pürners unfreiwilliger Wechsel an das LGL war rein rechtlich keine Versetzung – auch wenn er selbst bis heute von einer „Strafversetzung“spricht -, sondern eine Abordnung. Solche Abordnungen sind zeitlich befristet, können aber immer wieder verlängert werden. Dies ist im Fall Pürner bereits einmal geschehen, aktuell läuft die Abordnung noch bis August.
Entscheidend wird nun, was am 17. Juni passiert. An diesem Tag wird vor dem Verwaltungsgericht Augsburg ein Eilantrag Pürners mündlich verhandelt. Dabei geht es formell „um die Überprüfung der dienstlichen Gründe für die Abordnung“und eine „amtsangemessene Beschäftigung“, de facto richtet sich der Antrag aber vor allem gegen die Abordnung selbst. Ausgang: offen.
Solange die Causa Pürner ungeklärt ist, dürften auch Fragen offen bleiben, wie es an der Spitze des Gesundheitsamts Aichach-Friedberg weitergeht. Die Stelle soll laut Gesundheitsministerium „nach derzeitigem Stand“erneut ausgeschrieben werden – aber erst, „sobald eine entsprechende Haushaltsstelle verfügbar ist.“Dass zunächst eine nicht-kommissarische Leitung angestrebt war, sei zutreffend. Nachdem jedoch zwischenzeitlich und auch aktuell ein gesicherter Zeitpunkt für das Freiwerden der Haushaltsstelle aufgrund laufender Gerichtsverfahren nicht festgelegt werden kann, muss die Leitung kommissarisch wahrgenommen werden.“Zur Frage, wie lange das so bleiben soll, sei „keine Prognose möglich“.
Das Gesundheitsamt AichachFriedberg ist laut Gesundheitsministerium eine von zehn staatlichen „Gesundheitsverwaltungen“in Bayern, die derzeit kommissarisch geleitet werden. Insgesamt gibt es im Freistaat 71. Hinzu kommen fünf kommunale Gesundheitsämter.