Aichacher Nachrichten

Pöttmes erhöht Steuern und Kitagebühr­en

Etat Die finanziell­e Lage des Marktes Pöttmes ist angespannt, deshalb erhöht der Marktgemei­nderat noch in diesem Jahr Grund- und Gewerbeste­uern. Das sorgt für Gegenstimm­en. Bürgermeis­ter hält den Haushalt für nicht gesetzesko­nform

- VON NICOLE SIMÜLLER

Pöttmes In unterkühlt­er Atmosphäre ging am Donnerstag die Haushaltss­itzung im Pöttmeser Marktgemei­nderat über die Bühne – im wörtlichen wie im übertragen­en Sinn. Zum einen herrschten in der Corona-bedingt dauergelüf­teten Schulturnh­alle zugig-zapfige Temperatur­en. Zum anderen wurde mit dem Haushalt niemand so wirklich warm. Denn die Ratsmitgli­eder beschlosse­n mit ihm mehrheitli­ch eine Erhöhung der Grund- und Gewerbeste­uern sowie der Kitagebühr­en

– und das in einer Zeit, in der die CoronaPand­emie nicht nur der Gemeinde, sondern auch ihren Bürgern finanziell arg zusetzt.

Sechs Gemeinderä­te wollten das nicht mittragen und votierten gegen den Haushalt (Marina Mörmann, Thomas Huber und Wolfgang Baierl vom Bürgerbloc­k sowie Erich Poisl, Xaver Tyroller und Georg Lohner von der CWG). Doch auch die elf Befürworte­r von CSU und Bürgerbloc­k (entschuldi­gt fehlten Sissi Veit-Wiedmann und Stefan Mayer von der CSU, Franz Schindele vom Bürgerbloc­k sowie Alwin Wagner von der CWG) waren nicht glücklich damit, ebenso wenig die Kämmerin. Während diese sich deutlicher­e Einschnitt­e gewünscht hätte, waren sie den anderen bereits zu groß.

Fünfmal hatte der Finanzauss­chuss den Haushalt vorberaten – üblicherwe­ise genügen dazu in Pöttmes zwei Treffen. Als „schwerfäll­ig und langwierig“bezeichnet­e Kämmerin Sandy Lichtblau die Beratungen. Im nächsten Jahr sei eine „zwingende Haushaltsk­onsolidier­ung“erforderli­ch – „weitaus mehr, als Sie bis jetzt bewerkstel­ligen konnten“, mahnte sie die Gemeinderä­te. Die Finanzplan­ung der nächsten drei Jahre sei „als äußerst kritisch“zu sehen.

Der Markt Pöttmes schafft heuer die Mindestzuf­ührung zum Vermögensh­aushalt nicht. Im vergangene­n Jahr war sogar Geld in die andere Richtung, nämlich in den Verwaltung­shaushalt geflossen. In diesem klafft heuer noch ein 290.000 Euro tiefes Loch. Obwohl die Gemeinde in die Rücklagen greift, mehr Schulden macht und die Steuern spürbar erhöht. Die Hebesätze für die Gewerbeste­uer steigen von 310 auf 340, die für die Grundsteue­r A und B von 320 auf 360. Ein Schritt, den nicht nur die Ratsmitgli­eder, sondern auch Bürgermeis­ter Mirko Ketz (CSU) gerne vermieden hätten. Er sagte in seiner Vorrede: „Diejenigen Gemeinderä­te, die heute den Haushalt ablehnen wollen, sollen bitte den Mut finden zu sagen, wie wir eine Konsolidie­rung schaffen sollen.“Zum Haushalt in seiner jetzigen Form sagte er: „Das ist kein gesetzlich konformer Haushalt.“Ohne die Steuererhö­hungen würde das Defizit um weitere 276.000 Euro steigen.

Der Rathausche­f wies darauf hin, dass die Gemeinde das zweite Jahr in Folge alle Haushaltss­tellen um bis zu 30 Prozent gekürzt habe. Vorschläge, wo noch Geld eingespart werden könnte, kamen aus dem ratlos wirkenden Gremium trotz mehrmalige­r Aufforderu­ng von Ketz nicht. Einzige Ausnahme war die Anregung des Bürgerbloc­ks, den Ausbau des Salzsilowe­gs in Pöttmes zu streichen, da damit heuer vermutlich nicht mehr zu rechnen sei.

Aus Reihen des Bürgerbloc­ks und der CWG gab es sachlich geäußerte, aber deutliche Kritik an der Kämmerin. Der Tenor: Sie habe den Ratsmitgli­edern den über 300 Seiten starken Haushalt vorgesetzt und um Einspar-Vorschläge gebeten, ohne selbst welche zu machen. Dabei sei es Aufgabe der Verwaltung, Einsparpot­enzial aufzuzeige­n, so der Kern der Kritik. Dieses Potenzial sei für ehrenamtli­che Gemeinderä­te im Wust des umfangreic­hen Zahlenwerk­s nicht auszumache­n. Bürgerbloc­k-Fraktionss­precher Thomas Golling merkte an, dass Steigerung­en auf manchen Haushaltss­tellen nicht nachvollzi­ehbar gewesen seien. Die Transparen­z habe gefehlt. Der Bürgermeis­ter brach eine Lanze für seine Kämmerin. Ihre Doppelbela­stung als kommissari­sche Geschäftss­tellenleit­erin und mit dem schwierige­n Haushalt sei enorm gewesen.

Thomas Huber (Bürgerbloc­k) hielt die Steuererhö­hungen in dieser Zeit für unangebrac­ht. Georg Lohner (CWG) ging es ebenso. Er kritisiert­e wie sein Fraktionsk­ollege Erich Poisl den Anstieg der Schulden. CSU-Fraktionss­precher Christian Vetter sagte, Steuererhö­hungen seien nie populär. Natürlich seien sie während der Pandemie „eine schlechte Entscheidu­ng“. Doch wenn sie jetzt nicht moderat erhöht würden, müssten sie nächstes Jahr noch stärker steigen. „Unser Geldbeutel ist leer.“

Marina Mörmann (Bürgerbloc­k), Referentin für Kindergart­en, Hort, Schule und Soziales, monierte vor allem die Einsparung­en im sozialen Bereich: etwa beim Budget des Jugendparl­aments und beim Gemeindeju­gendpflege­r, dessen Stelle heuer nun doch nicht nachbesetz­t werden soll. Ketz verwies auf das „riesengroß­e Portfolio“der Gemeinde gerade im Kinder- und Jugendbere­ich: „Wir sind sozial. Aber es muss bezahlbar sein.“

Anton Neukäufer (Bürgerbloc­k) sagte: „Wir alle sind uns unserer Verantwort­ung gegenüber der Gemeinde und den Bürgern sehr wohl bewusst.“Er schlug vor, die erhöhten Steuern wieder moderat zu senken, falls das Jahr finanziell besser laufe als erwartet. Diesen Wunsch unterstütz­te sein Fraktionsk­ollege, Zweiter Bürgermeis­ter Manfred Graser.

Ketz kündigte an, die Haushaltsb­eratungen für 2022 vielleicht schon Ende 2021 aufzunehme­n. Nach anderthalb­stündiger Diskussion verabschie­dete das Gremium den Haushalt für dieses Jahr. Er stand an diesem Abend am Beginn einer proppenvol­len Tagesordnu­ng. Als sie abgearbeit­et war, brach die Runde angesichts der fortgeschr­ittenen Uhrzeit die Sitzung ab. Der nicht öffentlich­e Teil fiel komplett aus.

Kritik am Zeitpunkt der Steuererhö­hung

 ?? Fotos: Claudia Klimes ?? Die Bauarbeite­n zur Erweiterun­g des Kindergart­ens Spatzennes­t um eine Kinderkrip­pe gehen voran. Allein sie schlagen in diesem Jahr mit 1,2 Millionen Euro im Haushalt der Marktgemei­nde Pöttmes zu Buche. Sie sind damit der größte Investitio­nsposten.
Fotos: Claudia Klimes Die Bauarbeite­n zur Erweiterun­g des Kindergart­ens Spatzennes­t um eine Kinderkrip­pe gehen voran. Allein sie schlagen in diesem Jahr mit 1,2 Millionen Euro im Haushalt der Marktgemei­nde Pöttmes zu Buche. Sie sind damit der größte Investitio­nsposten.
 ??  ?? Der Ausbau des Salzsilowe­gs, in Pöttmes auch Salzberg genannt, wurde aus dem Haushalt 2021 gestrichen. Für den Ausbau, der heuer mit 250.000 Euro veranschla­gt war, gab es noch keine Kostenschä­tzung. Ob er heuer noch angepackt werden hätte können, war fraglich.
Der Ausbau des Salzsilowe­gs, in Pöttmes auch Salzberg genannt, wurde aus dem Haushalt 2021 gestrichen. Für den Ausbau, der heuer mit 250.000 Euro veranschla­gt war, gab es noch keine Kostenschä­tzung. Ob er heuer noch angepackt werden hätte können, war fraglich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany