Aichacher Nachrichten

Letzte Ruhe in der Natur

In den Gumppenber­g’schen Wäldern westlich von Pöttmes könnte der erste Bestattung­swald der Region auf einer Fläche von rund 26 Hektar entstehen. Wie die Baumgräber aussehen und was sie kosten

- VON NICOLE SIMÜLLER

In den Gumppenber­g’schen Wäldern westlich von Pöttmes könnte der erste Bestattung­swald der Region entstehen. Wie die Baumgräber aussehen.

Aichach‰Friedberg/Pöttmes In den Wäldern westlich von Pöttmes könnten bald Menschen ihre letzte Ruhestätte finden. Im Pöttmeser Marktgemei­nderat gab es für die Pläne einhellige Zustimmung. Franziskus Freiherr von Gumppenber­g sowie ein Vertreter der Firma Friedwald stellten sie im Gremium vor. Dabei erläuterte­n sie auch, wie Baumgräber aussehen und was die wichtigste­n Unterschie­de zu Friedhöfen sind.

Es wäre der erste Bestattung­swald des Unternehme­ns in der Region. 2019 wollten die Fugger’schen Stiftungen einen Bestattung­swald bei Blumenthal (Aichach) anbieten – in Zusammenar­beit mit dem Unternehme­n Waldruh St. Katharinen. Es betreibt mehrere solcher Einrichtun­gen, unter anderem in Harburg im Kreis Donau-Ries. Eine Mehrheit im Stadtrat votierte dagegen.

Für den Bestattung­swald im Westen von Pöttmes ist ein rund 26 Hektar großes Areal vorgesehen. Rund 80 bis 100 Bäume pro Hektar würden als Bestattung­sbäume ausgewählt. Bis zu 20 Urnen können darunter im Abstand von zwei bis drei Metern beigesetzt werden. Erdbestatt­ungen sind nicht möglich.

Stephan Martini von der Firma Friedwald sprach von einem steigenden Trend zur Einäscheru­ng in Deutschlan­d und zur Natur: „Viele empfinden den Wald als tröstliche Alternativ­e.“Zudem entfalle die Grabpflege, die gerade für ältere oder weit entfernt lebende Angehörige nicht machbar sei.

Bei den Baumgräber­n handle es sich nicht um anonyme Bestattung­en. Die Namen der Verstorben­en seien auf Namenstafe­ln an den Bäumen zu lesen. Knapp die Hälfte der Verstorben­en wähle ihren späteren Grabplatz zu Lebzeiten aus, so Martini. Ob eine Beisetzung mit Pfarrer stattfinde­t oder individuel­l gestaltet wird, bleibe jedem selbst überlassen. Üblicherwe­ise aber fänden die Trauerfeie­rn in der Heimatgeme­inde des Verstorben­en statt.

Die Ruhestätte­n können Martini zufolge bis zu 99 Jahre nach Inbetriebn­ahme des Bestattung­swaldes vergeben werden. Sowohl die Auswahl eines Baumes als auch eines bestimmten Platzes unter einem Baum ist möglich. Die Urnen sind biologisch abbaubar, Grabschmuc­k ist erlaubt. Die Infrastruk­tur für einen Bestattung­swald besteht aus Parkplätze­n, einer Infotafel am Eingang und einem zentralen Ort im Wald mit Bänken und beispielsw­eise einem Kreuz. Bei Führungen in Bestattung­swäldern des Unternehme­ns können sich Interessie­rte informiere­n und ihren bevorzugte­n Standort aussuchen, so Martini.

Einen Platz in einem Bestattung­swald gibt es laut Internetse­ite des Unternehme­ns ab 490 Euro, einen Baum mit zwei Plätzen ab 2500 bis zu 7000 Euro. Dazu kommen Beisetzung­skosten von derzeit 350 Euro. Sie beinhalten Graböffnun­g, -schließung und die Urne.

Franziskus Freiherr von Gumppenber­g erklärte, im Wald der Gumppenber­g’schen Güterinspe­ktion gebe es zwölf Baumarten, unter denen Interessie­rte wählen könnten. Der Wald sei für einen Bestattung­swald gut geeignet. Dieser trage dazu bei, den Wald zukunftsfä­hig zu erund sei „ein Mehrwert für Pöttmes und Umgebung“.

Die Bewirtscha­ftung des Waldes werde der jetzigen ähneln, informiert­e Unternehme­nsvertrete­r Martini. Allerdings müssten für Bestattung­sbäume manchmal Nachbarbäu­me entnommen werden, weil sie den anderen in die Krone wüchsen oder die Wurzeln sich Konkurrenz machten. Fällt ein Bestattung­sbaum um, wird bei einem Sturm beschädigt oder muss aus anderen Gründen gefällt werden, wird in Absprache mit den Angehörige­n ein Ersatzbaum gepflanzt. Das kann ein neuer Baum oder ein älterer Nachbarbau­m sein.

Üblicherwe­ise arbeiten beim Modell der Firma Friedwald drei Partner zusammen: Der Waldbesitz­er stellt seinen Wald zur Verfügung und sorgt unter anderem für die Verkehrssi­cherung; die Kommune ist der Friedhofst­räger, erstellt die Gebührensa­tzung, zieht die Gebühnicht ren ein und nimmt die Aufsichtsf­unktion wahr; das Unternehme­n betreibt den Bestattung­swald im Auftrag des Trägers, berät und schließt Verträge mit den Privatkund­en und übernimmt die Verwaltung­stätigkeit­en. Fiele das Unternehme­n als Vertragspa­rtner aus, könnten die Gemeinde und die Gumppenber­g’sche Güterinspe­ktion einen anderen Dienstleis­ter suchen, den Bestattung­swald selbst weiterbetr­eiben oder den Ist-Zustand „einfrieren“, so Martini.

Das Unternehme­n Friedwald mit rund 150 Mitarbeite­rn hat seinen Sitz bei Darmstadt (Hessen). 2001 eröffnete sein erster Bestattung­swald. 74 solche gibt es inzwischen nach Unternehme­nsangaben, drei davon in kirchliche­r Trägerscha­ft. In Bayern gibt es bislang Bestattung­swälder der Firma nahe Kitzingen (Unterfrank­en), Rieneck (Unterfrank­en), Ebermannst­adt (Oberfranke­n) und Pappenheim (Mittelhalt­en, franken). Bestattung­swälder der Firma Friedwald sind nicht konfession­ell gebunden. Martini unterstric­h aber, für besonders gläubige Katholiken, Moslems oder Juden komme ein Bestattung­swald nicht infrage. Franziskus Freiherr von Gumppenber­g hatte in Erfahrung gebracht, dass die Angelegenh­eit im Bistum noch einmal diskutiert werden soll. Er sagte: „Ich glaube, dass eine Beisetzung im Wald mit dem gleichen Respekt vor dem Toten gemacht werden kann wie auf einem Friedhof.“Der Marktgemei­nderat beauftragt­e die Verwaltung damit, die nächsten Schritte zu prüfen. Zweiter Bürgermeis­ter Manfred Graser (Bürgerbloc­k) hielt den Standort für gut. Dritter Bürgermeis­ter Hubert Golde (CSU) konnte sich das Projekt ebenfalls gut vorstellen. CSU-Fraktionss­precher Christian Vetter sah den Bestattung­swald sogar als „gutes Reiseziel für Touristen“.

 ?? Foto: Julian Stratensch­ulte/dpa (Symbolbild) ?? In den Wäldern westlich von Pöttmes könnte ein Bestattung­swald entstehen. Dafür würden Marktgemei­nde, Gumppenber­g’sche Güterinspe­ktion und die Firma Friedwald zu‰ sammenarbe­iten.
Foto: Julian Stratensch­ulte/dpa (Symbolbild) In den Wäldern westlich von Pöttmes könnte ein Bestattung­swald entstehen. Dafür würden Marktgemei­nde, Gumppenber­g’sche Güterinspe­ktion und die Firma Friedwald zu‰ sammenarbe­iten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany