Spektakuläre Verfolgungsjagd durch Wald und Matsch
Aichachs Polizeichef spricht von einer lange nicht erlebten „Dramatik“. Wer am Steuer des Fluchtautos saß
PetersdorfAlsmoos Verfolgungsjagd – das klingt spektakulär, ist es im Polizei-Alltag aber nicht immer. „Die meisten“, sagt der Aichacher Inspektionsleiter Erich Weberstetter, „enden relativ schnell, weil die Leute doch an die Seite fahren und ein Einsehen haben. Das sind ja normalerweise keine Schwerverbrecher.“Schwerverbrecher waren auch die fünf jungen Erwachsenen, mit denen sich die Polizei am Wochenende beschäftigen musste, mutmaßlich nicht. Und doch zwangen sie die Beamten in eine Verfolgungsjagd, die deutlich spektakulärer und gefährlicher verlief als zunächst angenommen. Weberstetter spricht von einer „Verfolgungsfahrt, die es in dieser Dramatik bei uns schon lange nicht mehr gegeben hat“.
Der Petersdorfer Ortsteil Alsmoos, Samstag, 0.15 Uhr. Zwei Polizeibeamte auf Streife wollen ein Fahrzeug mit fünf Insassen kontrollieren. Dazu kommt es jedoch nicht: Der Fahrer tritt aufs Gas und rast zunächst mit 100 Stundenkilometern durch den Ort, dann durch den Wald in Richtung Schönbach (Gemeinde Hollenbach). Die Polizei nimmt die Verfolgung auf und findet das Fluchtfahrzeug schließlich an einem Abhang, stecken geblieben im Matsch. Der Streifenwagen ist nicht sehr schnell unterwegs, Weberstetter meint etwa 25 Stundenkilometer, kommt aber ins Rutschen.
Der Beamte am Steuer versucht vergeblich zu bremsen, lenkt den schlitternden Streifenwagen gerade noch links am Fluchtfahrzeug vorbei – und damit just in Richtung einer Anhöhe. Der Schwerpunkt des Streifenwagens liegt dort so ungünstig, dass er kippt und auf das Fluchtfahrzeug prallt. Das Polizeiauto wird dabei so stark demoliert, dass es zum wirtschaftlichen Totalschaden wird. Weberstetter schätzt den Schaden auf rund 10.000 Euro.
Die beiden Polizeibeamten überstehen den Sturz unverletzt, verlieren die fünf Insassen aber aus den Augen. Sie sind zu Fuß geflüchtet. Wohin? Unterstützung kommt am Boden von weiteren Streifen, aber auch aus der Luft: Ein Hubschrauber sucht die Gegend mit einer Wärmebildkamera ab – und macht zwei Personen ausfindig, die in einem Feld kauern: einen 17- und einen 18-Jährigen. Die Information geht von oben nach unten, kurz darauf greifen Beamte die beiden auf. Sie stehen beide offenbar unter Alkoholund Drogeneinfluss – und beschuldigen sich gegenseitig, das Auto gefahren zu haben. Der Einsatz am Ort des Geschehens endet um kurz vor 3 Uhr.
Inzwischen scheint sich immer deutlicher abzuzeichnen, dass der 18-Jährige am Steuer saß. Dafür sprächen die Aussagen der übrigen Insassen, so Weberstetter. Alle fünf, davon vier männlich, sind ermittelt und kommen aus dem Lechrain. Der mutmaßliche Fahrer hatte offenbar über ein Promille Alkohol im Blut. Weitergehende Blutuntersuchungen, über die auch Amphetamine nachgewiesen werden könnten, stünden jedoch noch aus. Dafür, dass Drogen im Spiel waren, könnte auch eine Beobachtung der Beamten sprechen: Laut Weberstetter wurde während der Verfolgungsjagd offenbar ein Gegenstand aus dem Fluchtfahrzeug geworfen. Dieser sei bislang jedoch nicht gefunden worden. Ob es sich dabei tatsächlich um Drogen gehandelt habe, sei entsprechend offen.
Der Fahrer muss nun mit Konsequenzen rechnen, jedoch nicht wegen der Fluchtfahrt als solche. Das reine Wegfahren wird nach Auskunft von Weberstetter grundsätzlich nicht geahndet – vorausgesetzt, dass dabei nicht gegen geltende Vorschriften verstoßen wurde. Das war bei der Verfolgungsjagd rund um Alsmoos jedoch der Fall, der 18-Jährige war deutlich zu schnell und mindestens unter Alkoholeinfluss unterwegs. Polizeichef Weberstetter geht davon aus, dass der junge Mann seinen Führerschein „erst einmal los ist“. Drastischere Konsequenzen drohten nur, wenn durch die Flucht nachweislich andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr geraten seien oder es sich um Unfallflucht gehandelt habe.