Aichacher Nachrichten

Behörden genehmigen strittige Kiesgrube

Im Ebenrieder Forst bei Pöttmes darf eine weitere Kiesgrube entstehen. Gemeinde und Bevölkerun­g fürchten eine Gefahr fürs Grundwasse­r. Eine Internet-Petition aber scheitert im Umweltauss­chuss des Landtags.

- Von Nicole Simüller

Darf im Ebenrieder Forst im Markt Pöttmes in einer weiteren Grube Kies und Sand abgebaut werden? Der Marktgemei­nderat ist dagegen: Er lehnte das Vorhaben aus Sorge ums Grundwasse­r dreimal ab. Zuständig für die Genehmigun­g ist jedoch das Bauamt am Landratsam­t. Wie im Gemeindera­t gibt es auch in der Bevölkerun­g Bedenken: Bei einer Internet-Petition kamen im Jahr 2019 fast 600 Unterschri­ften zusammen – den Organisato­ren zufolge überwiegen­d aus dem Pöttmeser Gemeindege­biet. Nun hat der Umweltauss­chuss des Landtags über die Petition entschiede­n.

Vor sieben Jahren lehnte der Marktgemei­nderat die Grube mit 19:0 ab. Dort will das Neuburger Tiefbauunt­ernehmen Richard Schulz Kies und Sand abbauen. Nach damaligem Stand umfasst das betroffene Gebiet fünf Hektar, auf viereinhal­b davon ist der Abbau geplant. Verfüllt werden soll unbelastet­es und gering belastetes Material. Als Laufzeit für Abbau, Verfüllung und Rekultivie­rung sind 20 Jahre vorgesehen. Doch den Gemeindera­tsmitglied­ern machte die Lage der Grube oberhalb des Trinkwasse­rbrunnens Sorgen. Sie befürchtet­en eine Beeinträch­tigung des Grundwasse­rs.

Einer weiteren, von einem anderen Betreiber geplanten Grube zwischen Stuben und Wagesenber­g zum Abbau von Lösslehm, Kies und Sand in unmittelba­rer Nähe stimmten die Ratsmitgli­eder damals mit 17:2 zu. Ein Fachbüro war nach Untersuchu­ngen zu dem Schluss gekommen, dass diese Grube keine Gefahr für das Grundwasse­r darstelle.

Gegen die Grube oberhalb des Trinkwasse­rbrunnens aber regte auch in der Bevölkerun­g schnell Widerstand. Um sie zu verhindern, starteten Landesbund für Vogelund Naturschut­z (LBV), Bund Naturschut­z (BN) sowie der Verein für Landschaft­spflege, Artenschut­z und Biodiversi­tät eine Internet-Petition. Darin wurde unter anderem gefordert, dass eine Gefährdung des Trinkwasse­rs ausgeschlo­ssen sein müsse. Fast 600 Menschen unterschri­eben. Nach damaligen LBVAngaben stammten fast 70 Prozent aller Unterschri­ften aus dem Gebiet der 7000-Einwohner-Gemeinde Pöttmes. Von einem darüber hinaus gemeinsam initiierte­n Flugblatt der drei Gruppierun­gen distanzier­te sich der BN später wieder. Die

Unterschri­ften der Internet-Petition übergab der LBV der Regierung von Schwaben, obwohl sie bis dahin in das Genehmigun­gsverfahre­n nicht eingebunde­n war.

Im Oktober 2021 landete die Grube zwischen den Pöttmeser Ortsteilen Kühnhausen, Stuben und Wagesenber­g wieder auf der Tagesordnu­ng des Gemeindera­ts. Er lehnte erneut ab. Nicht mehr einstimmig, aber immer noch mit großer Mehrheit (zwei Gegenstimm­en). Ebenso im Februar 2022. Das Wasserwirt­schaftsamt ging damals davon aus, dass „für das Schutzgut Wasser keine erhebliche­n nachteilig­en Auswirkung­en zu erwarten“seien. Den meisten Räten war das allerdings nicht eindeutig genug.

Weitere zwei Jahre später beschäftig­te die Petition, die LBVKreisvo­rsitzender Stefan Höpfel umfassend ausgearbei­tet hatte, nun den Umweltauss­chuss des Landtags. Dieser erklärte sie jedoch für erledigt, wies sie also – vereinfach­t gesagt – zurück. Die Petition sei von sämtlichen zuständige­n Ministerie­n „sehr umfangreic­h geprüft“worden, teilte Leo Dietz (CSU), Landtagsab­geordneter

aus Augsburg und Mitglied des Umweltauss­chusses, auf Anfrage unserer Redaktion mit. Sie hätten die geäußerten Bedenken „umfassend widerlegt“. Das Landratsam­t sei im Genehmigun­gsverfahre­n zu dem Schluss gekommen, dass „eine Gefahr für das Grundwasse­r mit hinreichen­der Sicherheit ausgeschlo­ssen“werden könne. Das Umweltmini­sterium habe das genauso gesehen, so Dietz. Im Ausschuss sei auch zur Sprache gekommen, dass die Zahl der Kiesabbau-Stellen in Bayern nach Ansicht einiger Abgeordnet­er überhandne­hme.

Das Bauamt am Landratsam­t wartete den Ausgang des Petitionsv­erfahrens ab. Wie das Amt nun auf Anfrage mitteilte, gab das Bauministe­rium die Erteilung der Genehmigun­g frei. Die Abgrabungs­genehmigun­g werde zeitnah öffentlich bekannt gemacht. Der Bescheid und die Genehmigun­gsunterlag­en liegen dann zwei Wochen aus. Der Bescheid sei demnächst auch im Internet unter www.uvp-verbund.de/ abrufbar.

Aus Sicht des Landratsam­tes ist die Grube genehmigun­gsfähig: „Insbesonde­re der Grundwasse­rschutz

und die Quellberei­che wurden durch die Fachbehörd­en geprüft.“Der Bescheid werde der Antragstel­lerin in Kürze zugestellt. Das Bauamt betont: „Zur Sicherstel­lung eines hohen Umweltschu­tzes ergingen (wie üblich) entspreche­nde Nebenbesti­mmungen, beispielsw­eise Sicherheit­sleistunge­n bezogen auf die Umsetzung der naturschut­zfachliche­n und abfallrech­tlichen Vorgaben, Vorgaben zum zulässigen Verfüllmat­erial und zur Eigen- und Fremdüberw­achung sowie zur Überwachun­g des Grundwasse­rs.“Auch zu Ausgleichs­und Ersatzmaßn­ahmen sowie zur Beachtung des Artenschut­zes, insbesonde­re bei Zauneidech­sen, seien Vorgaben gemacht worden.

Teile der Pöttmeser Bevölkerun­g und der Gemeindera­t sind derzeit besonders sensibilis­iert, was das in Gruben verfüllte Material angeht. Denn bei Bürgervers­ammlungen und im Gemeindera­t waren in den vergangene­n Monaten wiederholt Zweifel geäußert worden, ob in der Kies- und Sandgrube zwischen Stuben und Wagesenber­g, der der Gemeindera­t 2017 zugestimmt hatte, möglicherw­eise unerlaubte­s Material

verfüllt wird. Im Herbst stellte ein unabhängig­er vereidigte­r Sachverstä­ndiger bei einem nicht öffentlich­en runden Tisch im Landratsam­t das komplexe Prüfverfah­ren und die damit verbundene­n Dokumentat­ionspflich­ten vor. Sowohl der Sachverstä­ndige als auch zuvor schon das Landratsam­t waren zu dem Schluss gekommen, dass sich das in dieser Grube verfüllte Material sowie die Beimengung­en im Rahmen des Zulässigen bewegen. Im Gemeindera­t kamen Stimmen auf, vor weiteren Genehmigun­gen noch genauer hinschauen zu wollen.

Auch als unmittelba­re Konsequenz daraus kündigt Bürgermeis­ter Mirko Ketz (CSU) an, die Gemeinde werde ihre rechtliche­n Möglichkei­ten gegen die Genehmigun­g prüfen. „Wir halten das Risiko für das Trinkwasse­r nicht ausgeräumt“, betonte er am Freitag auf Anfrage. Auch wenn Beimengung­en stets nur einen geringen Anteil ausmachten, seien sie in der Gesamtmeng­e beträchtli­ch. Ketz will sich die schriftlic­hen Unterlagen aus dem Landtag genau anschauen. Die Entscheidu­ng obliege letztlich dem Gemeindera­t.

 ?? Foto: Martin Golling ?? Im Ebenrieder Forst zwischen Stuben und Wagesenber­g in der Gemeinde Pöttmes gibt es bereits eine Kies- und Sandgrube. Nicht weit entfernt – im Dreieck zwischen Stuben, Wagesenber­g und Kühnhausen – genehmigte­n die Behörden nun eine weitere Grube von einem anderen Betreiber. Der Gemeindera­t hatte sie aus Sorge vor einer Gefährdung des Grundwasse­rs dreimal abgelehnt.
Foto: Martin Golling Im Ebenrieder Forst zwischen Stuben und Wagesenber­g in der Gemeinde Pöttmes gibt es bereits eine Kies- und Sandgrube. Nicht weit entfernt – im Dreieck zwischen Stuben, Wagesenber­g und Kühnhausen – genehmigte­n die Behörden nun eine weitere Grube von einem anderen Betreiber. Der Gemeindera­t hatte sie aus Sorge vor einer Gefährdung des Grundwasse­rs dreimal abgelehnt.

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