Viele Lehrstellen im Kreis sind unbesetzt
Auf der einen Seite herrscht Mangel an Auszubildenden im Wittelsbacher Land. Gleichzeitig haben jedoch viele junge Menschen keinen Berufsabschluss.
Landkreis Aichach-Friedberg Auf dem Ausbildungsmarkt in Landkreis herrscht Nachwuchs-Mangel. Nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG registriert die Arbeitsagentur 111 unbesetzte Ausbildungsstellen, allein 19 davon im Lebensmittelsektor. Gleichzeitig haben laut NGG in Bayern 14 Prozent der 20- bis 34-Jährigen keinen Berufsabschluss. „Ein Phänomen, das auch viele junge Menschen im Kreis Aichach-Friedberg betrifft. Sie haben damit nicht die besten Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt – auch was den Lohn angeht“, so Laura Schimmel. Die Geschäftsführerin der NGG Schwaben beruft sich dabei auf Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung.
Die Gewerkschaft befürchtet einen „gefährlichen Trend“: Jugendliche, die maximal einen Mittelschulabschluss haben, schaffen demzufolge immer seltener den Sprung in eine Ausbildung. Schimmel fordert daher, dass diese Jugendlichen von Arbeitsagenturen, Jobcentern und Unternehmen intensiver gefördert werden.
Betriebe sollten auf „Azubi-Lotsen“setzen, welche sich darum kümmern, an junge Menschen heranzukommen und sie für Ausbildungsberufe zu begeistern. „Und wenn Jugendliche beispielsweise Schwierigkeiten beim Lernen haben, kann das für den Betrieb auch bedeuten, drei Jahre lang Nachhilfe anzubieten. Denn das Pensum, das die Berufsschulen haben, überfordert viele junge Menschen“, sagt Laura Schimmel.
Die Wirtschaft müsse sich für das neue Ausbildungsjahr besser präparieren. Hinzu komme, dass der Bundestag eine Ausbildungsgarantie beschlossen habe. Ab August gelte: Wer keine Lehrstelle in einem Betrieb bekommt, hat das Recht auf eine außerbetriebliche Ausbildung.
Der Gewerkschaft schwebt eine umlagefinanzierte betriebliche Ausbildung vor. Das bedeutet: Alle Unternehmen zahlen in einen Fonds ein. Die Firmen, die ausbilden, erhalten daraus Geld, etwa, um das Gehalt der Azubis zu zahlen. Die Industrieund Handelskammer Schwaben beurteilt die Situation auf dem Ausbildungsmarkt positiver, vor allem was die Bemühungen der Unternehmen anbelangt. Sie weist jedoch ebenfalls auf Probleme hin. So hätten im vergangenen Jahr 4,2 Prozent mehr junge Menschen als 2022 eine Ausbildung in einem IHK-Beruf gestartet. „Immer mehr junge Menschen erkennen wieder, dass eine Ausbildung beste Karrierechancen bietet“, sagt Christian Fischer, Leiter der Abteilung Ausbildung bei der IHK. Gleichzeitig hätten viele Betriebe ihre Ausbildungsbemühungen verstärkt, um sich gegen den Arbeitskräftemangel zu stemmen. Allein im Wirtschaftsraum Augsburg, zu dem das Wittelsbacher Land gehört, wurden 2023 mehr als 3000 Ausbildungsverträge geschlossen.
Deutliche Zuwächse gab es demnach vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe (+ 11,7 Prozent), das sich nach Einschnitten in der Corona-Krise weiter erhole, sowie in der
Industrie (+ 6,9 Prozent) und im Bankenwesen (+ 24,3 Prozent). In diesen Branchen zeige sich der Arbeitskräftemangel besonders deutlich. Aus diesem Grund hätten viele Betriebe ihr Engagement in der Ausbildung verstärkt, berichtet Fischer – und das, obwohl sie auch mit vielen anderen Herausforderungen konfrontiert sind.
Bei etlichen Betrieben blieben aber auch im vergangenen Jahr trotz intensiver Bemühungen Ausbildungsstellen unbesetzt, weil sich kein geeigneter Bewerber fand, so die IHK. Die Wirtschaftskammer geht davon aus, dass sich das Problem weiter verschärfen wird. Prognosen zeigen, dass die Zahl der Schulabsolventen in den kommenden Jahren zurückgehen wird. (AZ)