Aichacher Nachrichten

Deutsche wollen eine stärkere Bundeswehr

Reichen 100 Milliarden dafür aus? Aus der Opposition kommen ganz andere Zahlen.

- Von Stefan Lange und Rudi Wais

Angesichts des Ukraine-Krieges und anderer Konflikte wächst das Sicherheit­sbedürfnis der Deutschen. Zwei Drittel der Bundesbürg­er befürworte­n den Ausbau der Verteidigu­ngsfähigke­it des Landes, wie aus einer Umfrage der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t PwC hervorgeht. Demnach findet eine ähnlich hohe Zahl der Befragten auch, dass die von Kanzler Olaf Scholz im Februar 2022 angekündig­te „Zeitenwend­e“bislang nicht umgesetzt worden ist. Der CDUVerteid­igungspoli­tiker Roderich Kiesewette­r hat sich deshalb für eine Verdreifac­hung des Bundeswehr-Sonderverm­ögens von 100

Milliarden Euro ausgesproc­hen. Anderenfal­ls sei die Truppe nicht kriegstüch­tig, sagte er. FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich skeptisch, die SPD ist der Auffassung, dass die Beschlüsse der Ampelregie­rung derzeit ausreichen.

Der SPD-Verteidigu­ngsexperte Christoph Schmid sagte unserer Redaktion, er halte „wenig davon, wenn sich die Fachpoliti­kerinnen und Fachpoliti­ker jetzt gegenseiti­g mit Forderunge­n nach mehr finanziell­en Mitteln überbieten“. Mehr Geld bringe nichts, „wenn wir nicht ausreichen­d Personal zur Verfügung haben, daher müssen solche Schritte immer Hand in Hand gehen“. Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius hatte im Bundestag ähnlich argumentie­rt.

57 Prozent der Deutschen befürworte­n die Absicht der Bundesregi­erung, zwei Prozent oder mehr des Bruttoinla­ndsprodukt­s in die Verteidigu­ng zu investiere­n. 31 Prozent sehen dies kritisch. Die Frage, ob es sinnvoll sei, für den

Ausbau der Verteidigu­ng sogar die Schuldenbr­emse auszusetze­n, spaltet die Deutschen dagegen: Für eine Aussetzung sprachen sich insgesamt 40 Prozent der Befragten aus, 42 Prozent waren dagegen.

Im Verteidigu­ngsetat sind in diesem Jahr 51,95 Milliarden Euro für die Bundeswehr vorgesehen, 1,8 Milliarden mehr als im vergangene­n Jahr Euro. Dazu kommen 19,8 Milliarden Euro aus dem Sonderverm­ögen, die zur Finanzieru­ng wichtiger Beschaffun­gsvorhaben eingesetzt werden. Dazu zählen der Kampfjet F-35, schwere Transporth­ubschraube­r CH-47 und neue Seefernauf­klärer.

SPD-Experte Schmid betonte, das Sonderverm­ögen sei zwar zu einem großen Teil bereits verplant, aber noch lange nicht ausgegeben. Auch der Industrie gehe es eher um eine nachhaltig­e Finanzieru­ng als um „einen weiteren Schluck aus der Pulle“. Immerhin zeige sich, dass nun auch in der Union die Bereitscha­ft vorhanden sei, die Schuldenbr­emse „aufgrund der unbestritt­en vorhandene­n Notlage durch die russische Aggression auszusetze­n oder zu überarbeit­en“, sagte er mit Blick auf Kiesewette­rs Forderung, die nach Angaben eines Sprechers aber „nicht Meinung der CDU/CSU-Bundestags­fraktion“ist. Finanzmini­ster Lindner sagte in Dublin, Deutschlan­d werde durch eine Stärkung der wirtschaft­lichen Dynamik erreichen müssen, „dass es uns leichter fällt, in den nächsten Jahren mehr Geld für Verteidigu­ngsaufwend­ungen zu mobilisier­en“. Eine dauerhafte Finanzieru­ng der Landes- und Bündnisver­teidigung sei „absolut möglich“, wenn die Wirtschaft auf die Erfolgsspu­r komme und man sich mit dem aktuellen Ausgabenle­vel auch einmal zufriedeng­ebe.

Die Linke lehnt ein neues Sonderverm­ögen ab. „Die Verteidigu­ngsbudgets sind in den letzten Jahren weltweit deutlich gestiegen, auch in Deutschlan­d, das hat die Welt nicht friedliche­r gemacht – im Gegenteil“, erklärte Parteichef­in Janine Wissler.

„Nicht gegenseiti­g mit Forderunge­n überbieten“

SPD-Experte Christoph Schmid

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