Deutsche wollen eine stärkere Bundeswehr
Reichen 100 Milliarden dafür aus? Aus der Opposition kommen ganz andere Zahlen.
Angesichts des Ukraine-Krieges und anderer Konflikte wächst das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen. Zwei Drittel der Bundesbürger befürworten den Ausbau der Verteidigungsfähigkeit des Landes, wie aus einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC hervorgeht. Demnach findet eine ähnlich hohe Zahl der Befragten auch, dass die von Kanzler Olaf Scholz im Februar 2022 angekündigte „Zeitenwende“bislang nicht umgesetzt worden ist. Der CDUVerteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter hat sich deshalb für eine Verdreifachung des Bundeswehr-Sondervermögens von 100
Milliarden Euro ausgesprochen. Anderenfalls sei die Truppe nicht kriegstüchtig, sagte er. FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich skeptisch, die SPD ist der Auffassung, dass die Beschlüsse der Ampelregierung derzeit ausreichen.
Der SPD-Verteidigungsexperte Christoph Schmid sagte unserer Redaktion, er halte „wenig davon, wenn sich die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker jetzt gegenseitig mit Forderungen nach mehr finanziellen Mitteln überbieten“. Mehr Geld bringe nichts, „wenn wir nicht ausreichend Personal zur Verfügung haben, daher müssen solche Schritte immer Hand in Hand gehen“. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte im Bundestag ähnlich argumentiert.
57 Prozent der Deutschen befürworten die Absicht der Bundesregierung, zwei Prozent oder mehr des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren. 31 Prozent sehen dies kritisch. Die Frage, ob es sinnvoll sei, für den
Ausbau der Verteidigung sogar die Schuldenbremse auszusetzen, spaltet die Deutschen dagegen: Für eine Aussetzung sprachen sich insgesamt 40 Prozent der Befragten aus, 42 Prozent waren dagegen.
Im Verteidigungsetat sind in diesem Jahr 51,95 Milliarden Euro für die Bundeswehr vorgesehen, 1,8 Milliarden mehr als im vergangenen Jahr Euro. Dazu kommen 19,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen, die zur Finanzierung wichtiger Beschaffungsvorhaben eingesetzt werden. Dazu zählen der Kampfjet F-35, schwere Transporthubschrauber CH-47 und neue Seefernaufklärer.
SPD-Experte Schmid betonte, das Sondervermögen sei zwar zu einem großen Teil bereits verplant, aber noch lange nicht ausgegeben. Auch der Industrie gehe es eher um eine nachhaltige Finanzierung als um „einen weiteren Schluck aus der Pulle“. Immerhin zeige sich, dass nun auch in der Union die Bereitschaft vorhanden sei, die Schuldenbremse „aufgrund der unbestritten vorhandenen Notlage durch die russische Aggression auszusetzen oder zu überarbeiten“, sagte er mit Blick auf Kiesewetters Forderung, die nach Angaben eines Sprechers aber „nicht Meinung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“ist. Finanzminister Lindner sagte in Dublin, Deutschland werde durch eine Stärkung der wirtschaftlichen Dynamik erreichen müssen, „dass es uns leichter fällt, in den nächsten Jahren mehr Geld für Verteidigungsaufwendungen zu mobilisieren“. Eine dauerhafte Finanzierung der Landes- und Bündnisverteidigung sei „absolut möglich“, wenn die Wirtschaft auf die Erfolgsspur komme und man sich mit dem aktuellen Ausgabenlevel auch einmal zufriedengebe.
Die Linke lehnt ein neues Sondervermögen ab. „Die Verteidigungsbudgets sind in den letzten Jahren weltweit deutlich gestiegen, auch in Deutschland, das hat die Welt nicht friedlicher gemacht – im Gegenteil“, erklärte Parteichefin Janine Wissler.
„Nicht gegenseitig mit Forderungen überbieten“
SPD-Experte Christoph Schmid