Aichacher Nachrichten

Ein buntes Kabinett aus Puppen

Ob Skikleidun­g oder Strandmode: Carina Greppmair steckt ihre Schaufenst­erpuppen vor dem Haus immer wieder in andere Klamotten. Sie will Passanten im Aichacher Stadtteil Sulzbach damit eine Freude machen – mit Erfolg.

- Von Marian Erhard

Wer auf der Hauptstraß­e durch den Aichacher Stadtteil Sulzbach fährt, kommt zwangsläuf­ig am Haus von Carina Greppmair vorbei. Vor der Haustür bereitet sich eine kleine Gruppe Kostümiert­er auf eine Mottoparty vor. Aber warum reagieren sie nicht, wenn man ihnen zuwinkt? Und wieso starren sie nur in eine Richtung? Es sind Puppen. Genauer gesagt: Schaufenst­erpuppen. Ihre geistige Mutter ist Carina Greppmair. Hunderte von Klamotten und Euros, Dutzende Perücken und viele Stunden ihrer Freizeit investiert sie in ihre außergewöh­nliche Leidenscha­ft. So will sie sich selbst und den Menschen etwas bunte Freude in den Alltag bringen.

Aus einer Laune heraus kaufte sich die 40-jährige Erzieherin 2023 eine Schaufenst­erpuppe bei einer Verkaufspl­attform im Internet. 48 Euro zahlte sie für die Puppe, die in den 50er-Jahren schon in Schaufenst­ern von Boutiquen stand. „Da kam mir die Idee, ihr eins meiner Kleider anzuziehen“, erinnert sie sich. Passend zur Erdbeersai­son steckte sie die Puppe in ein rotes Sommerklei­d mit kleinen Erdbeeren darauf. Es folgten rote High Heels, eine braune Langhaar-Perücke, Ohrringe, roter Lippenstif­t und eine rote Haarschlei­fe. Anschließe­nd setzte sie die Puppe an einen kleinen Gartentisc­h vor dem Haus und stellte ihr ein paar Blumen in einem Tontopf dazu. „Das hat mir dann einfach direkt so viel Spaß gemacht, da hab ich mich gleich nach mehr Schaufenst­erpuppen umgeschaut“, so die Sulzbacher­in.

Mittlerwei­le umfasst ihre Sammlung sieben Schaufenst­erpuppen – vier Frauen und drei Männer. In einem Kellerraum sind sie, in Einzelteil­en zerlegt, auf einem Sofa aufbewahrt. Ihre potenziell­en Outfits nehmen mittlerwei­le schon fast ein ganzes Ankleidezi­mmer ein. „Ich kaufe mir privat eh viele Klamotten und Perücken, die so in die Richtung Puppenstil gehen“, sagt Greppmair. Neben ihrer Tätigkeit als Erzieherin engagiert sie sich im Kunstverei­n Aichach und widmet ihre Freizeit dem Zeichnen und der kreativen Gestaltung. So ist das ganze Haus, in dem sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn lebt, voll mit Kunstwerke­n und ausgefalle­nen Kreationen aus dem eigenen Atelierzim­mer.

Vor allem aber sind die Schaufenst­erpuppen vor ihrem Haus ein Anziehungs­punkt für die ganze Familie. „Meine Schwiegerm­utter gesellt sich manchmal dazu und ratscht dann fantasievo­ll mit ihnen.

So wie man eben schon als Kind mit Barbies gespielt hat“, sagt die Künstlerin. Trotz vieler Stunden Arbeit ist es ihr den Aufwand wert. Bislang

habe noch niemand negativ auf ihre einzigarti­gen und auf den ersten Blick etwas beängstige­nd wirkenden, stillen Freunde reagiert. Im Gegenteil,

sie erfahre große Wertschätz­ung aus der Bevölkerun­g. Mittlerwei­le stecke sogar der Postbote den Puppen regelmäßig Briefe zu und ein kleines Mädchen bringe ihnen nach dem Kindergart­en eine Zeitung zum Lesen.

Es sei aber schon zu komischen Missverstä­ndnissen gekommen. „Zweimal haben Leute vor dem Haus gehalten und dachten, ich würde eine Boutique betreiben, in der sie einkaufen gehen können“, erzählt Greppmair. Weitere Autofahrer würden hupend und winkend am Haus vorbeifahr­en, um die Puppen zu grüßen, die sie fälschlich­erweise für Menschen hielten. Mittlerwei­le kenne sie deshalb schon jeder im Dorf als die „Puppendame“. Was aber die wenigstens bislang wissen: Ihre Puppen haben Namen. Bis vor Kurzem saßen Jessica, Jennifer und Maddin in Faschingsv­erkleidung­en vor der Tür.

Alle drei Wochen wechselt Greppmair die Outfits und die Szenerie, in der sich ihrer Türhüter befinden. Dabei orientiert sie sich auch an den Jahreszeit­en: „Wenns draußen wärmer wird, kommen wieder leichtere Klamotten.“Plötzlich beginn sie laut zu lachen und erzählt: „Allerdings muss ich genau aufpassen, wie viel Haut die Puppen zeigen. Ich wollte mal eine Bikiniseri­e machen, hatte aber Sorge, dass das die männlichen Autofahrer zu stark ablenken könnte.“Ein „Zuviel“an Deko könne es für sie hingegen nie geben. Ständig ist sie auf der Suche nach neuen ausgefalle­nen Stücken, um die Kulissen zu erweitern, und sucht derzeit vor allem Tiere, Kinderpupp­en, Essen und Pflanzen aus Plastik. „Hauptsache, es wirkt echt. Auch die Puppen haben realistisc­he Gesichtszü­ge“, sagt Greppmair. Interessie­rte Spender müssten nur auf die richtigen Konfektion­sgrößen achten. Ihre Damen tragen vor allem Kleidergrö­ße S und Schuhgröße 36 bis 38, die Herren brauchen M bis L und bei den Schuhen 44 bis 46. Verschiede­nen Stilrichtu­ngen und neuen Kollektion­sideen gegenüber ist Greppmair jederzeit offen. Wenn Passanten oder Kleidungss­pender gute Ideen hätten, kann sie sich auch einen gemeinsame­n „Puppen-Fashion-Tag“vorstellen, an dem Puppen gemeinscha­ftlich angekleide­t werden.

Für Carina Greppmair sind ihre Puppen längst mehr als ein paar lustige Türsteher. „Den Menschen soll es einfach gut gehen und wenn ich sehe, dass ich ihnen damit eine Freude bereiten kann, was will ich mehr“, so die Künstlerin. Bislang habe sie vielen Menschen ein Lächeln aufs Gesicht zaubern können und nie eine negative Erfahrung gemacht. Noch nie wurde etwas gestohlen. Im Gegenteil: Alle passten gut auf ihre „stillen Freunde“vor der Haustür auf.

 ?? ??
 ?? ??
 ?? ?? Pünktlich zur Erdbeerzei­t setzte sie Schaufenst­erpuppe „Mary“in einem Kleid mit Erdbeeren darauf an einen Gartentisc­h (links). Carina Greppmair und ihr Mann Christian feierten mit ihren Schaufenst­erpuppen die fünfte Jahreszeit.
Pünktlich zur Erdbeerzei­t setzte sie Schaufenst­erpuppe „Mary“in einem Kleid mit Erdbeeren darauf an einen Gartentisc­h (links). Carina Greppmair und ihr Mann Christian feierten mit ihren Schaufenst­erpuppen die fünfte Jahreszeit.
 ?? Fotos: Marian Erhard ?? Carina Greppmairs Schaufenst­erpuppen sind so divers und kunterbunt wie sie selbst. Alle drei Wochen verpasst sie ihnen vor ihrer Haustür ein neues Outfit.
Fotos: Marian Erhard Carina Greppmairs Schaufenst­erpuppen sind so divers und kunterbunt wie sie selbst. Alle drei Wochen verpasst sie ihnen vor ihrer Haustür ein neues Outfit.
 ?? ?? Hier präsentier­en sich die Schaufenst­erpuppen in Halloweenk­ostümen (links). Das Klamotten-Sortiment für Carina Greppmairs Puppen umfasst mittlerwei­le knapp ein ganzes Ankleidezi­mmer.
Hier präsentier­en sich die Schaufenst­erpuppen in Halloweenk­ostümen (links). Das Klamotten-Sortiment für Carina Greppmairs Puppen umfasst mittlerwei­le knapp ein ganzes Ankleidezi­mmer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany