Zoll nimmt das „Geisterhaus“ins Visier
Das Hauptzollamt Augsburg kontrolliert routinemäßig das „Geisterhaus“am Leonhardsberg – und stößt dabei wohl auf etliche Ungereimtheiten. Es spielen sich kuriose Szenen ab.
Die Aktion war offenbar lange vorbereitet worden – und groß angelegt: Bundesweit hat der Zoll am vergangenen Mittwoch Baustellen kontrolliert. Die Aktion sollte einerseits überprüfen, inwiefern sich Arbeitgeber in der Baubranche an ihre sozialversicherungsrechtlichen Pflichten und MindestlohnRegelungen halten. Und andererseits illegale Beschäftigung, Scheinselbstständigkeit und Leistungsbetrug aufdecken. In Augsburg nahm das Hauptzollamt nur eine Baustelle ins Visier, das sogenannte „Geisterhaus“zwischen Leonhards- und Schmiedberg. Der Einsatz dort sollte sich aber lohnen.
Der Bezirk des Hauptzollamts Augsburg umfasst den gesamten Regierungsbezirk Schwaben und Teile von Oberbayern. In diesem Bereich waren am Mittwoch rund 100 Einsatzkräfte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit an der Schwerpunktprüfung beteiligt. Dass in Augsburg die Wahl auf das „Geisterhaus“fiel, war nach Auskunft einer Sprecherin des Hauptzollamts nicht auf einen konkreten Hinweis zurückzuführen. Vielmehr sei das Projekt schlicht eine von derzeit nicht allzu vielen Großbaustellen in Augsburg.
Am Mittwoch also kamen die Einsatzkräfte des Zolls zur Baustelle im „Geisterhaus“. Schnell spielten sich dort offenbar kuriose Szenen ab: Wie die Zoll-Sprecherin mitteilt, versuchten zwei Bauarbeiter, zu fliehen – und sich der
Kontrolle zu entziehen. Dies gelang jedoch nicht, da sich Mitarbeiter des Zolls ringsherum postiert hatten, um entsprechende Fluchtversuche zu unterbinden. Wie sich herausstellte, hatten beide Männer offenbar die georgische Staatsangehörigkeit – und einen befristeten Aufenthaltstitel in Polen. Man habe ein Ermittlungsverfahren wegen illegaler Einreise und unerlaubten Aufenthalts eingeleitet, so der Zoll. Den genauen Sachverhalt müsse man nun prüfen.
Insgesamt trafen die Einsatzkräfte an der „Geisterhaus“-Baustelle
41 Personen an und befragten sie zu ihrem Beschäftigungsverhältnis. Nach Auskunft der Sprecherin ergaben sich daraus 26 Sachverhalte, „die eine genauere Überprüfung erfordern“. Unter anderem gehe es um den Verdacht auf Verstöße gegen Mindestlohn und Ausländerrecht, Leistungsmissbrauch sowie „Vorenthalten von Arbeitsentgelt“– gemeinhin als „Schwarzarbeit“bekannt. Im Fokus der Aktion stünden jeweils weniger die Arbeitnehmer, sondern vielmehr die beteiligten Unternehmen. Im gesamten Zuständigkeitsbereich
des Augsburger Hauptzollamts befragten die Einsatzkräfte 145 Arbeitnehmer, dabei ergaben sich nach Auskunft der Sprecherin „zahlreiche Auffälligkeiten“.
An der Baustelle am „Geisterhaus“sind mehrere Firmen beteiligt. Der für das gesamte Bauprojekt verantwortliche Projektentwickler Köse teilt auf Anfrage unserer Redaktion mit, man arbeite beim Sanierungsvorhaben mit einem Haupt-Auftragnehmer zusammen und sei in die einzelnen Auftragslagen der Nachunternehmer
„nicht involviert“. Im „Sinne der Vermeidung von Schwarzarbeiten auf unseren Baustellen“sei man aber selbstverständlich daran interessiert, was die konkreten Ermittlungen ergeben würden. Da man selber noch kein genaues Bild habe, könne man sich aktuell nicht weiter äußern.
Köse plant in dem Gebäude 80 Wohneinheiten, größtenteils so genannte Mikro-Apartments. Im Herbst 2023 war bekannt geworden, dass Mieter ab März 2024 einziehen sollten. Wie der aktuelle Zeitplan aussieht, ist unklar.