Deutsch-türkische Verkupplung
Das erste Stück der neuen Theatergruppe Kulis Theatro ist eine Komödie auf Türkisch. Der Herkulesbrunnen wird dabei zum Zankapfel.
Untersuchungen haben längst herausgefunden: Zweisprachigkeit macht Spaß, trainiert Gehirn und Persönlichkeit auf besondere, eben auf zweierlei Weise. Mit „Arayan Bulur“(Wer sucht, der findet) wagt an diesem Sonntag eine neue, türkischsprachige Theatergruppe den Sprung in die Öffentlichkeit: Kulis Theatro, zehn Menschen türkischer und deutscher Muttersprache aus verschiedenen Stadtteilen, Vereinen und Altersgruppen, spielen eine Komödie auf Türkisch mit Plot zwischen Augsburg und Istanbul. Die Darsteller proben seit acht Monaten, außerhalb der Bühne
stehen sie mitten im Leben: Ein Stadtrat ist dabei, die Leiterin des Kreißsaals im Josefinum spielt mit, eine 14-jährige Schülerin und Pianistin. Manche von ihnen sind in Augsburg schon von den Kültürtagen oder vom Jungen Theater bekannt, andere steigen erst jetzt ein.
Im Zentrum steht ein populäres, auf Straßenreportagen und Castings spezialisiertes Kamerateam aus Istanbul. Am Augsburger Bahnhof hören die Medienleute im Hintergrund den Lautsprecher auf Deutsch schnarren: „Die Züge müssen leider alle ausfallen.“Sie sollen Menschen für eine Fernsehshow in Istanbul casten, die später in einer türkischen „Herzblatt“-Sendung nach deutschem
Vorbild verkuppelt werden. In den Straßen der Stadt treffen sie auf einen 80-jährigen Gastarbeiter, der kurz zuvor seine Frau verloren hat und auf der Suche nach einer neuen ist. Sie interviewen eine Klimaaktivistin, die sich prompt festklebt und auf radikale Umsetzung ihrer Forderung besteht. Ein Fußballfan debattiert, warum er beim Sieg von Galatasaray am Herkulesbrunnen feiern geht, und warum Hochzeitkorsos sein müssen. Sein Gegenspieler widerspricht, ist genervt, sagt, die „Deutschen“seien genervt und fühlten sich provoziert.
Serdar Akin, Stadtrat und Mitautor des Stücks, erklärt, man wolle wie die italienische La Paranza ein türkisches Theater für die Community vor Ort etablieren. Mit selbst geschriebenen Stücken und Augsburger Themen aus Politik, Klima und Alltag. „Die Leute wollen ins Theater gehen, das merkt man an den ausverkauften Gastspielen, die das Theater ab und zu anbietet. Wir wollten eine lokale Gruppe gründen, die diese Kulturlücke schließt.“Das Stück sei eine Bühne für Widersprüche im Zusammenleben und für politische Themen – all das ohne simple Heldengeschichten. Türkischkenntnisse seien jedoch Voraussetzung. „Sonst gehen einem ja die Gags durch die Lappen“, sagt Akin.
Die Uraufführung und erste öffentliche Veranstaltung von Kulis
Theatro findet am Sonntag im Abraxas statt. Das Publikum ist ihr jetzt schon sicher: 190 Tickets sind verkauft, es gibt nur noch wenige Restkarten. Akin und die Gruppe planen, in Zukunft einmal jährlich ein Stück auf die Beine zu stellen, das die Kulturinteressierten der deutsch-türkischen Community nicht nur mit Augsburg, sondern auch mit ihrer eigenen Zweisprachigkeit emotional positiv verbindet.
Aufführung: „Arayan Bulur“von Kulis Theatro im Abraxas, Sonntag, 7. April, 18 Uhr. Kontakt: kulis.theatro@gmail.com. Veranstalter: Alevitisches Kulturzentrum und Cem Haus mit Unterstützung des Kulturreferats.