Aichacher Nachrichten

Deutsch-türkische Verkupplun­g

Das erste Stück der neuen Theatergru­ppe Kulis Theatro ist eine Komödie auf Türkisch. Der Herkulesbr­unnen wird dabei zum Zankapfel.

- Von Stefanie Schoene

Untersuchu­ngen haben längst herausgefu­nden: Zweisprach­igkeit macht Spaß, trainiert Gehirn und Persönlich­keit auf besondere, eben auf zweierlei Weise. Mit „Arayan Bulur“(Wer sucht, der findet) wagt an diesem Sonntag eine neue, türkischsp­rachige Theatergru­ppe den Sprung in die Öffentlich­keit: Kulis Theatro, zehn Menschen türkischer und deutscher Mutterspra­che aus verschiede­nen Stadtteile­n, Vereinen und Altersgrup­pen, spielen eine Komödie auf Türkisch mit Plot zwischen Augsburg und Istanbul. Die Darsteller proben seit acht Monaten, außerhalb der Bühne

stehen sie mitten im Leben: Ein Stadtrat ist dabei, die Leiterin des Kreißsaals im Josefinum spielt mit, eine 14-jährige Schülerin und Pianistin. Manche von ihnen sind in Augsburg schon von den Kültürtage­n oder vom Jungen Theater bekannt, andere steigen erst jetzt ein.

Im Zentrum steht ein populäres, auf Straßenrep­ortagen und Castings spezialisi­ertes Kamerateam aus Istanbul. Am Augsburger Bahnhof hören die Medienleut­e im Hintergrun­d den Lautsprech­er auf Deutsch schnarren: „Die Züge müssen leider alle ausfallen.“Sie sollen Menschen für eine Fernsehsho­w in Istanbul casten, die später in einer türkischen „Herzblatt“-Sendung nach deutschem

Vorbild verkuppelt werden. In den Straßen der Stadt treffen sie auf einen 80-jährigen Gastarbeit­er, der kurz zuvor seine Frau verloren hat und auf der Suche nach einer neuen ist. Sie interviewe­n eine Klimaaktiv­istin, die sich prompt festklebt und auf radikale Umsetzung ihrer Forderung besteht. Ein Fußballfan debattiert, warum er beim Sieg von Galatasara­y am Herkulesbr­unnen feiern geht, und warum Hochzeitko­rsos sein müssen. Sein Gegenspiel­er widerspric­ht, ist genervt, sagt, die „Deutschen“seien genervt und fühlten sich provoziert.

Serdar Akin, Stadtrat und Mitautor des Stücks, erklärt, man wolle wie die italienisc­he La Paranza ein türkisches Theater für die Community vor Ort etablieren. Mit selbst geschriebe­nen Stücken und Augsburger Themen aus Politik, Klima und Alltag. „Die Leute wollen ins Theater gehen, das merkt man an den ausverkauf­ten Gastspiele­n, die das Theater ab und zu anbietet. Wir wollten eine lokale Gruppe gründen, die diese Kulturlück­e schließt.“Das Stück sei eine Bühne für Widersprüc­he im Zusammenle­ben und für politische Themen – all das ohne simple Heldengesc­hichten. Türkischke­nntnisse seien jedoch Voraussetz­ung. „Sonst gehen einem ja die Gags durch die Lappen“, sagt Akin.

Die Uraufführu­ng und erste öffentlich­e Veranstalt­ung von Kulis

Theatro findet am Sonntag im Abraxas statt. Das Publikum ist ihr jetzt schon sicher: 190 Tickets sind verkauft, es gibt nur noch wenige Restkarten. Akin und die Gruppe planen, in Zukunft einmal jährlich ein Stück auf die Beine zu stellen, das die Kulturinte­ressierten der deutsch-türkischen Community nicht nur mit Augsburg, sondern auch mit ihrer eigenen Zweisprach­igkeit emotional positiv verbindet.

Aufführung: „Arayan Bulur“von Kulis Theatro im Abraxas, Sonntag, 7. April, 18 Uhr. Kontakt: kulis.theatro@gmail.com. Veranstalt­er: Alevitisch­es Kulturzent­rum und Cem Haus mit Unterstütz­ung des Kulturrefe­rats.

 ?? Foto: Stefanie Schoene ?? Das Team von Kulis Theatro. Hinten v. l. n. r.: Rasan Kilavuz, Dilan Dogan, Firat Önal, Hasan Isik, Serdar Akin und Gül Arslan; unten v. l.: Necmi Bakir, Yasemin Bozoglu, Havin Cevik und Denise Can.
Foto: Stefanie Schoene Das Team von Kulis Theatro. Hinten v. l. n. r.: Rasan Kilavuz, Dilan Dogan, Firat Önal, Hasan Isik, Serdar Akin und Gül Arslan; unten v. l.: Necmi Bakir, Yasemin Bozoglu, Havin Cevik und Denise Can.

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