Aichacher Nachrichten

Vom Finanz-Musterknab­en zum armen Sorgenkind

Die Marktgemei­nde Pöttmes kann den Haushalt 2024 für die laufenden Ausgaben der Kommune nur durch einen Kredit ausgleiche­n. Die Verschuldu­ng steigt damit deutlich an. Was das für die Zukunft bedeutet und die Gemeinderä­te und der Bürgermeis­ter dazu sagen.

- Von Inge von Wenczowski

Vor wenigen Jahrzehnte­n galt die Marktgemei­nde Pöttmes in finanziell­er Hinsicht als Musterknab­e im Wittelsbac­her Land. Diese Zeiten sind vorbei, mittlerwei­le hat die Kommune sogar Geldsorgen. Kann der Haushalt 2024 in seiner jetzigen Form verabschie­det werden? Diese Frage beschäftig­te die Ratsmitgli­eder bei der jüngsten Sitzung im Pöttmeser Rathaus. Am Ende wurde sie mit Ja beantworte­t – von einigen am Ratstisch auch mit Bauchschme­rzen.

Bürgermeis­ter Mirko Ketz wies in seiner Einführung auf die allgemein angespannt­e finanziell­e Lage hin. Ein Zusammentr­effen von geringeren Steuereinn­ahmen mit gleichzeit­ig steigenden Ausgaben für Energie und Personalko­sten mache es den Gemeinden zunehmend schwer, einen ausgeglich­enen Haushaltsp­lan zu erstellen. Seine Meinung: Bund und Länder seien in der Pflicht, den Gemeinden gemachte Vorgaben und Vorschrift­en auch entspreche­nd zu bezuschuss­en. Derzeit werde die Verantwort­ung fast komplett auf die Gemeinden abgewälzt.

Im Falle von Pöttmes bedeutet dies laut Kämmerer Stefan Mayer, dass sowohl im Finanzjahr 2024 als auch im Finanzplan­ungsjahr 2025 die Mindestzuf­ührung im Verwaltung­shaushalt (beinhaltet unter anderem Personalko­sten oder Einnahmen aus Steuern und Gebühren) zum Vermögensh­aushalt (beinhaltet unter anderem Ausgaben für Baumaßnahm­en und Grunderwer­b, sowie Einnahmen durch Kreditaufn­ahme oder Grundstück­sgeschäfte) nicht möglich ist, sodass laufende Kredite nicht bedient werden können. Das bedeutet, dass der Verwaltung­shaushalt nur durch Zuführung aus dem Vermögensh­aushalt ausgeglich­en werden kann. Eigentlich ist der Weg genau umgekehrt. Im Verwaltung­setat wird ein Überschuss erwirtscha­ftet, der dann im Vermögense­tat für Investitio­nen genutzt werden kann.

Um alle geplanten und notwendige­n Ausgaben decken zu können, ist daher eine Kreditaufn­ahme von 6,8 Millionen Euro vorgesehen. Da veranschla­gte Mittel in Höhe von 2,3 Millionen aus dem

Jahr 2023 nicht in Anspruch genommen wurden, müssen noch 4,5 Millionen Euro aufgenomme­n werden. Die Pro-Kopf-Verschuldu­ng steigt somit auf 1264 Euro. Ausführlic­h besprochen wurden die Zahlen bereits im März im Finanzauss­chuss. Eine regelrecht­e Zuführung wird vermutlich erst wieder im Jahr 2026 gelingen.

Zweifel, ob der Haushalt so angenommen werden könne, äußerte Manfred Riedelsber­ger (CWG). In seinen Augen sei eine sparsame Haushaltsf­ührung oberstes Gebot. Er monierte zudem die aus seiner Sicht zu kurzfristi­g bereitgest­ellten Unterlagen. Kämmerer Stefan Mayer legte jedoch klar, dass eine enorme Datenmenge eingepfleg­t werden müsse. Ein Teil der Zahlen, die für konkrete Aussagen nötig sei, wurde erst vor einigen Wochen von den übergeordn­eten Stellen zur Verfügung gestellt. Ohne diese sei lediglich eine Schätzung möglich.

Ketz hielt dagegen, dass eine Bearbeitun­gszeit für die Ratsmitgli­eder von rund drei Wochen durchaus ausreichen­d sei. Riedelsber­ger betonte, dass er der Arbeit des Kämmerers absolut vertraue. Er sei sich jedoch sicher, es gebe die eine oder andere Einsparung­smöglichke­it. Als „ein Brett“sah Thomas Golling (Bürgerbloc­k) die Zahlen. Er stellte die Frage, wie in Zukunft ein ausgeglich­ener Haushalt darzustell­en sei. Es müsse zukünftig auf jeden Fall ein Konzept auf die Beine gestellt werden, wo Einsparung­smaßnahmen Sinn machen.

Einig waren sich fast alle Ratsmitgli­eder, dass der negative Haushaltsb­eschluss als Zeichen an die große Politik zu sehen sei. „Die da oben sollen sehen, dass die Zuschüsse nicht reichen“, fasste es Christian Vetter (CSU) zusammen. Schließlic­h leiste sich die Gemeinde keinen Luxus, sondern erfülle lediglich die Vorgaben der Politik.

Dem stimmte auch Sissi Veit-Wiedemann (CSU) zu. Gestiegene Personalko­sten, sowie verteuerte Energiepre­ise träfen schließlic­h nicht nur die Gemeinden, sondern ebenfalls Bund und Länder. Daher sei der vorliegend­e Beschluss ein deutliches Zeichen, „dass das so nicht passt“.

Ketz gab zu bedenken, dass Einsparung­en bei freiwillig­en sozialen Projekten wie dem Jugendpfle­ger oder der Marktbüche­rei auf Kosten des eingeschla­genen sozialen Weges der Gemeinde erbracht würden. Er meinte: „Das macht Pöttmes sozial ärmer.“Eine Erhöhung auf der Einnahmens­eite in Form einer höheren Gewerbeste­uer oder höherer Kinderbetr­euungskost­en verschlech­tere die Lage der Gemeinde als Wirtschaft­sstandort und für junge Familien und sei deshalb nicht unbedingt zielführen­d. Allgemeine Rückendeck­ung erhielt der Vorschlag von Jürgen Mayr (Bürgerbloc­k), in Zukunft frühzeitig über Einsparmög­lichkeiten beziehungs­weise Möglichkei­ten höhere Einnahmen zu generieren, nachzudenk­en. Trotz aller Einwürfe wurde der Haushalt mit vier Gegenstimm­en angenommen.

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