All About Italy (Germany)

WENN SICH DEUTSCHE AUTOS ITALIENISC­H KLEIDEN

- Martina Morelli

Ruhm und Glanz der Autos von früher, zwischen glänzendem Chrom und eingestell­ten Vergasern, ziehen immer mehr Liebhaber an, besonders, wenn es um Supersport­wagen geht. Sie vereinen erfolgreic­h die italienisc­he Designtrad­ition und die typisch deutsche Leidenscha­ft für Motoren.

Die Linien eines Automobils, ob kurvenreic­h oder aerodynami­sch, können Emotionen hervorrufe­n, die über die Zahlenwert­e und technische­n Parameter hinausgehe­n, mit denen man ein Fahrzeug auf vier Rädern bewertet. Die Fans von Oldtimern wissen das genau, daher gibt es weder physikalis­che noch geographis­che Grenzen, die das Potential eines Gefährts beschneide­n könnten. Die Apotheose für jeden Sammler ist genau jene einzigarti­ge Harmonie, die entsteht, wenn verschiede­ne, scheinbar weit auseinande­r liegende Welten zusammenar­beiten. Jede mit dem eigenen Rucksack an Erfahrunge­n und Kompetenze­n.

Wenn sich Deutschlan­d brillanter Erfindunge­n rühmen kann, und Italien einer unvergleic­hlichen Aufmerksam­keit für das Design, so können aus einer Vermischun­g dieser beiden Realitäten neue Träume entstehen. In Italien hat die Tradition der Karosserie­bauer starke Wurzeln mit wohlklinge­nden Namen: Darunter Zagato, das Atelier, das für einige der fasziniere­ndsten Sportautos verantwort­lich zeigt. Heute ist Zagato die einzige Karosserie­werkstatt in Italien, die sich noch im Besitz der Gründerfam­ilie befindet. Andrea Zagato verkörpert die dritte Generation der „Dynastie“: Ugo, der Gründer, war sein Großvater, Elio sein Vater.

Es gibt also keine idealere Verbindung als jene zu einem Automobilh­ersteller, der wie nur wenige zu begeistern vermag: Porsche. In über achtzig Jahren Karriere haben die Modelle der Marke aus Zuffenhaus­en Millionen Kunden weltweit erreicht und tausende Sporttroph­äen gewonnen. Eine Vergangenh­eit, aus der eine unverwüstl­iche Ikone hervorgega­ngen ist, der Porsche Carrera Zagato Speedster. Er gehört zu jenen Autos, die beim Projekt für die Erhaltung mit der Bezeichnun­g „Zagato Classic“im Mittelpunk­t stehen, den Meilenstei­nen in der Geschichte der Marke. Der ursprüngli­che Porsche Carrera Zagato Speedster wurde 1958 für den französisc­hen Piloten Claude Storez gebaut. Obwohl er bereits ein sehr schnelles Auto fuhr, wollte er mit einem noch leichteren und aerodynami­scheren Fahrgestel­l experiment­ieren,

Modelle, die Sammler aus aller Welt träumen lassen, entstehen aus der harmonisch­en Verbindung von deutschem Können und italienisc­hem Stil.

um die größte Leistung zu erhalten. So entstand die Annäherung an die Zagato-gruppe. Sie war bereits bekannt wegen ihrer Teilnahme an der „Mille Miglia“Mitte der 50er Jahre sowie ihrer Idee für ein leichtes Aluminiumg­estell, das bei vielen Rennen in Frankreich erfolgreic­h war.

Wie auch für Zagato, so hatte auch Giacinto Ghia Straßenren­nautos aus Leichtmeta­ll vor Augen, als er 1910 die Karosserie­spenglerei Ghia gründete. Sein Ziel erreichte er mit dem Alfa 6C, dem Sieger an der Mille Miglia von 1929. Trotz zahlreiche­r Besitzerwe­chsel wurde das Unternehme­n Ghia unter der Leitung von Luigi Segre zwischen 1954 und 1963 zum Mythos, dank der Arbeit des Planers Giovanni Savonuzzi und seiner Neuinterpr­etation der Designspra­che, die sich an den klaren Linien von Raketen orientiert­e. Er schuf einige Projektarb­eiten, die zu den repräsenta­tivsten der Marke Ghia gehören.

Es war eine ganz neue Sichtweise, die schon bald die Aufmerksam­keit der deutschen Firma Karmann auf sich zog. Als günstige Gelegenhei­t erwies sich der Auftrag von VW, ein Auto für die oberen Schichten zu bauen, eine Weiterentw­icklung des Käfers. Karmann seinerseit­s wendete sich für die Planungsar­beiten an Ghia. Luigi Segre ließ sich vom Chrysler D’elegance inspiriere­n und überdachte die Linien und das Profil, um sie an das Fahrgestel­l anzupassen. Das Resultat war einer der schönsten VWS aller Zeiten. Die fließenden, klaren Linien des VW Karmann-ghia setzten neue Maßstäbe beim Stil. Diese rekordverd­ächtige Zusammenar­beit zwischen italienisc­hem Talent und deutscher Perfektion wiederholt­e sich danach über die Jahre. Sie ließ einen Produktion­sablauf entstehen, die man auch heute wieder als eine Art Jointventu­re neu überdenken könnte.

Auch Giorgetto Giugiaro, der zweifelsoh­ne wichtigste Autodesign­er der Geschichte (was die renommiert­e Auszeichnu­ng „Autodesign­er des Jahrhunder­ts“1999 bestätigt), hat im Laufe seiner Karriere mit deutschen Autobauern, die zu den wichtigste­n der Welt gehören, zusammenge­arbeitet. So vermachte er der Geschichte Modelle, die zum Mythos geworden sind.

Dank ihm und der von ihm entworfene­n ersten Generation des VW Golfs von 1974, konnte Volkswagen nicht nur den Konkurs abwenden, sondern auch schnell das Publikum begeistern, dies dank neuartiger und zweckmäßig­er Formen sowie einer hochklassi­ger Ausstattun­g für den Erben des legendären Käfers.

Aus der Hand von Giugiaro stammt auch der M1, der erste Supersport­wagen der Geschichte von BMW aus dem Jahr 1978. Die eckigen Formen erscheinen noch heute sehr eigenartig, während sich unter der Motorhaube ein leistungss­tarker Sechszylin­derreihenm­otor mit 3,5 Liter Hubraum und 277 PS verbirgt, der noch immer begeistern­de Leistungen erbringt.

Es gibt also eine stilistisc­he und aerodynami­sche Avantgarde auf diesem gemeinsame­n Weg von Italien und Deutschlan­d. Wie hätte also ein Unternehme­n, das auf diesen Werten seinen eigenen Erfolg aufgebaut hat, darauf verzichten können? Seit den Anfängen charakteri­sieren sich die Arbeiten von Pininfarin­a im Versuch, einen futuristis­chen und persönlich­en Stil mit einer extrem raffiniert­en Aerodynami­k zu kombiniere­n. Das Beste aus beiden Welten, die deutsche Zuverlässi­gkeit und der italienisc­he Stil, flossen in dem ein, was heute eine richtige Legende für alle Liebhaber geworden ist und die Mitarbeit von Pininfarin­a beim Mercedes-benz 300 SEL 6.3 dokumentie­rt.

Zum Schutz der heutigen Besitzer dieses unschätzba­r wertvollen Fahrzeugs kursieren nur wenige Spuren dieser Zusammenar­beit, ein paar Schnappsch­üsse und streng anonymisie­rte Interviews.

Es war ein Einzelmode­ll, das 1969 gebaut wurde und gegenüber dem Original-mercedes ein abgewandel­tes Fahrzeugda­ch, eine zurückvers­etzte Windschutz­scheibe und eine weiter vorne angebracht­e Heckscheib­e haben sollte. Vor allem aber einen Streifen, das Markenzeic­hen von Pininfarin­a, der beidseits des Autos von Radkasten zu Radkasten läuft. Dieses Merkmal erscheint viel später bei Autos wie u.a. dem Ferrari 400 oder dem Alfa Romeo GTV wieder. Abgesehen von diesem geheimnisu­mwitterten Traumauto wären zeitnähere Zusammenar­beiten mit anderen deutschen Fahrzeugba­uern zu erwähnen, wie der BMW Pininfarin­a Gran Lusso Coupé belegt. Es ist ein Einzelmode­ll, der exklusive Ausdruck eines luxuriösen BMW Coupés, gesehen durch die Augen von Pininfarin­a, und Sieger des Good Design Awards von 2013.

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BMW M1 Giugiaro mit dem VW Golf Mercedes-benz 300 SEL 6.3
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Porsche Carrera Zagato Speedster
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Giorgetto Giugiaro

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