WENN DIE ITALIENISCHE LEIDENSCHAFT DIE WELT EROBERTT
Wenn die italienische Leidenschaft die Welt erobert
Andrea Castronovo, waschechter Italiener und Leiter Kundenzentrierte Vertriebsstrategie der BMW Group, erzählt von seinem außerordentlichen Werdegang in der internationalen Automobilindustrie.
Vor allem die aktuellen Nachrichten über den Arbeitsmarkt machen die Italiener immer öfter und manchmal resigniert mit dem Prinzip vertraut, dass man das Belpaese verlassen muss, vor allem wenn man begabt, kreativ und intelligent ist. Denn ferne Gefilde scheinen eher bereit zu sein, diese menschlichen Eigenschaften und Tugenden anzuerkennen und zu schätzen, denen in der Heimat leider nicht die gebührende Aufmerksamkeit zuteil wird. Man darf aber diesen Umstand nicht auf eine einfache Schwarz-weiß-malerei reduzieren. Vielmehr braucht es eine Änderung der Betrachtungsweise, die unterstreicht, dass das italienische Können und Handwerk immer als Mehrwert angesehen werden muss, sowohl in unserem Land selbst, als auch im Ausland. In einer immer vernetzteren und folglich „verkleinerten“Welt, wo Grenzen und Hindernisse abgebaut werden, erlangt die Fähigkeit, sich dank verschiedener typischer Eigenschaften zu unterscheiden, noch größere Wichtigkeit. Dies weiß Andrea Castronovo nur zu gut. Der waschechte Italiener hatte stets Spitzenpositionen in der Automobilindustrie inne und setzte seine Karriere in Deutschland als Leiter kundenzentrierte Vertriebsstrategie beim deutschen Automobil-konzern BMW Group fort. Er ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Professionalität und Leidenschaft italienischer Herkunft ein großes Kapital für den Neuanfang unseres Landes darstellen, um es im Ausland vermitteln zu können und um weiterhin positive Eindrücke zu hinterlassen, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Staatsgebietes, im Hinblick auf eine komplett moderne und kosmopolitische Entwicklung. Ihre berufliche Vergangenheit folgte einem internationalen Werdegang, nach einer hervorragenden Ausbildung in Italien beginnt er in Frankreich und geht geografisch innerhalb Europas weiter. An welche Momente erinnern Sie sich mit größter Begeisterung?
Es sind sehr viele, aber sicherlich war es der erste Kontakt mit der Arbeitswelt, der mir am meisten in Erinnerung blieb. Ich denke noch immer sehr gerne daran, wie ich bei Michelin zu arbeiten begonnen habe: Nach Studien und Erfahrungen in Amerika, Schweden und Frankreich trat ich zum ersten Mal in die Welt der Arbeit ein. Mein Werdegang hat in Clermont Ferrand begonnen, einer kleinen Stadt mit damals etwas mehr als 110.000 Einwohnern, wovon 35.000 bei Michelin arbeiteten. Ich war immer in große Metropolen verliebt und fand mich in einer Stadt wieder, wo ein großer Teil der Bürger für jenes Unternehmen arbeitete. Aber es war eine schöne Zeit, an die ich mich noch heute wegen drei Dingen mit einem Lächeln erinnere: Erstens wegen der Stadt, wo man nach halb zehn Uhr abends keinen einzigen Ort mehr fand, um Abend essen zu gehen. Zweitens ein riesiges Werbebanner am Bahnhof, das mit großer Inbrunst für die Direktverbindung nach Paris auf der elektrisierten Eisenbahnlinie warb (Achtung, es war 1990!). Die dritte Erinnerung hingegen betrifft François Michelin. Damals leitete noch er die Firma, und er fuhr jeden Morgen selbst, ohne Fahrer, mit seinem grauen Citroën durch den Haupteingang. Er zeigte seine Dienstmarke wie ein gewöhnlicher Angestellter der Firma. Er war ein großartiger Unternehmer, ein großer Mensch.
„Die funktionelle Ästhetik eines Autos hat mich immer begeistert.“
Ihre Karriere begann in der Automobilindustrie und geht hier weiter. Ist es Leidenschaft oder einfach Zufall?
Leidenschaft und Bestimmtheit. Es gibt Bilder von mir als Junge, auf denen ich mit Modellautos spiele. Ich war immer angezogen von der Automobilwelt: Noch mehr als der technische Standpunkt hat mich immer das Design in Bewegung fasziniert, das ein Automobil in Alltäglichkeit übersetzt. Diese funktionelle Ästhetik hat mich immer begeistert, so sehr, dass ich mich noch an jenen Tag erinnere, als ich mit elf Jahren meinen Vater begleitete, um ein Auto zu kaufen. Da war ein Untergeschoss mit vielen Fahrzeugen, aus denen man wählen konnte. Etwas abgelegen jedoch sah ich einen Oldtimer in einem glitzernden Schwarz, den ich großartig fand. Es war das erste Auto der Welt, das mit Vorderradantrieb gebaut wurde, zwischen 1935 und 1955 produziert. Es war wunderbar und blieb der Traum meiner Kindheit. Ich dachte, dass wenn immer ich mir ein Auto hätte kaufen können, ich ohne Schwierigkeiten dieses ausgewählt hätte. Mein erstes Auto, das ich gekauft habe, war dann eben genau jenes. Renault, Ferrari, Michelin, Maserati und BMW waren die Unternehmen, in die Sie sich eingebracht haben, und die Ihre Professionalität bereichert haben. Welche Motivation hat Ihnen jede dieser Erfahrungen gegeben?
Bei Michelin habe ich sicherlich die große Demut, die Konkretheit und den Respekt für den Menschen als solches gelernt. Ein Respekt, der den Berührungspunkt mit Renault darstellte. In jenem Unternehmen arbeitete ich zu den Zeiten, als es von Louis Schweitzer geleitet wurde. Nicht aus Zufall machte er sich die philanthropische Vision, die hinter seinem Familiennamen steht, zu eigen. (Schweitzer stammte von einer protestantischen Familie ab, zu deren Mitgliedern der Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer zählt. A.D.R.) Mit ihm wurde über eine Marke für Entwicklungsländer diskutiert, eine Marke, die aber nicht alt sein durfte und in erster Linie sicher sein musste. Ferrari hingegen hat mir zwei grundlegende Dinge beigebracht: Innovation und Team-geist. Diese Werte begleiten mich heute auch bei der BMW Group, wo ich gelernt habe, in einer Firma zu arbeiten, die eine systemische Einheit bildet, sehr aufmerksam gegenüber den Prozessen und extrem klar gegliedert.
Italien trifft manchmal die Schuld, sein Potential zu unterschätzen und die Vision seiner Entwicklung einzuschränken. Auf welche Qualitäten muss das Land setzen, um sich zu verbessern, und jenen Stellenwert zu erhalten, den es verdient?
Sicherlich auf die Fähigkeit, ein systemisches Ganzes zu bilden. Wir in Italien sind überaus fähig, Innovationen zu machen, vom Design bis hin zur Technologie, aber es ist wichtig, dass man sich auf dem Markt kompakt präsentiert. Das wirtschaftliche Gefüge Italiens besteht aus kleinen und mittleren Unternehmen. Man muss den Partikularismus wie im Mittelalter aufgeben und jene Fähigkeiten ausnützen, die uns unterscheiden. Nur so werden unsere Stärken das richtige Gewicht auf globaler Ebene erhalten.
Ist der „Italian Way Of Life“nur eine Redensart, oder ist es noch immer ein Faktor, der einen Unterschied macht?
Es handelt sich sicherlich um eines der Elemente, die wir am besten ins Ausland exportieren können, denn dafür werden wir geschätzt. Wir müssen uns aber anstrengen, dieses auszubauen, indem wir einen weniger regionalen und provinziellen, sondern einen eher nationalen Ansatz entwickeln. Italien weiß, wie man produziert, es muss es nur zu vermitteln wissen.