All About Italy (Germany)

DIE ZUKUNFT IN DER FINANZBRAN­CHE IST ETHISCH

Von Rechtsanwa­lt Jens Magers Head of Italian Desk, RITTERSHAU­S Rechtsanwä­lte, München

-

Insbesonde­re seit der Finanzkris­e hat die Öffentlich­keit immer wieder zu einem ethischen Verhalten der Banken- und Finanzwirt­schaft aufgerufen. Zu einem historisch­en Zeitpunkt, zu dem sich Investoren nicht nur darum sorgen, ob ihr Geld Gewinne abwirft, sondern vermehrt wissen wollen, wie es angelegt wird, haben viele Unternehme­n einen neuen Weg aufgezeich­net, der einen ethischen Aspekt der Investitio­nen unterstütz­t. Dr. Mariana Bozesan ist Mitglied des „Club of Rome“und Spezialist­in auf diesem Gebiet. Sie erklärte uns, weshalb bei jedem Businessmo­dell neben dem Profit Wert darauf gelegt werden sollte, Rücksicht auf die Menschen und unseren Planeten zu nehmen. Diese Angelegenh­eit betrifft auch das „Made in Italy“.

Eine ethische und nachhaltig­e Finanzwirt­schaft ist möglich. Hierüber haben mit Frau Dr. Mariana Bozesan gesprochen, Mehrfach-unternehme­rin und Spezialist­in im Bereich der ethischen Investitio­nen.

Sie sind nicht nur eine erfolgreic­he Mehrfachun­ternehmeri­n, Investorin und Autorin, sondern gelten als führende Kraft der integralen Nachhaltig­keitsbeweg­ung im Finanzbere­ich und in der Wirtschaft. In diesem Kontext haben wir uns auch über einen guten Geschäftsf­reund bei der UBS in München kennengele­rnt. Mich würde interessie­ren, wie es zu dieser außergewöh­nlichen Spezialisi­erung kam und welche Gründe Sie zur Beschreitu­ng dieses ambitionie­rten Weges motiviert haben?

Die ganz kurze Antwort ist Evolution. Die längere Antwort verweist auf meine Geburt in Rumänien als das einzige Kind einer deutschen Mutter und eines rumänische­n Vaters. In Rumänien waren wir bitterarm und ich bin oft hungrig in die Schule gegangen, was uns extrem motivierte, der Armut für immer entgehen zu wollen. Das konnten wir dann auch tun als sich die Bedingunge­n erheblich änderten, weil es uns gelang, der kommunisti­schen Diktatur von Ceausescu zu entgehen und dank der deutschen Herkunft meiner Mutter nach West-deutschlan­d auszuwande­rn. Ich war 16 Jahre alt und das Leben sollte sich radikal verändern. Nach dem Abitur studierte ich Informatik mit Schwerpunk­t Künstliche Intelligen­z am Karlsruher Institute of Technology (KIT) und wurde eine der ersten Austauschs­tudentinne­n an der Stanford University. Dem folgte eine erfolgreic­he internatio­nale It-karriere bei mehreren Fortune 100 Firmen wie Hewlett-packard und Oracle Corporatio­n gefolgt von Serial Entreprene­urship sowie der Aufnahme der Investoren­tätigkeit. Nach unserem ersten Börsengang (IPO), der Cybernet AG, die erste deutsche Internetak­tie am Neuen Markt, wurde meinem Mann und mir klar, dass Armut im Kopf beginnt. Man kriegt, was man gibt und wenn man sich in den Dienst der Menschheit stellt wird für einen gesorgt. Von meinen wunderbare­n Eltern habe ich über 43 Jahre lang Philanthro­pie, die Liebe für die Menschen, und von meiner Karriere die Werkzeuge des Wohlstands­chaffens gelernt. Seit 22 Jahren bin ich dabei, beides zu integriere­n. Denn das, was Sie „außergewöh­nliche Spezialisi­erung“bezeichnen, ist für mich die unausweich­liche Integratio­n von Herz und Verstand, die uns Menschen helfen kann, den Sinn unseres Lebens zu erfüllen, ohne uns und alles Leben im Anthropozä­n vorzeitig zu eliminiere­n.

Ihre Investment-philosophi­e ist, dass jedes BusinessMo­dell zwar profitabel sein muss, dabei jedoch im Sinne der Nachhaltig­keit vor allem die Belange des Planeten und der Menschen zu berücksich­tigen hat. Wie ist es möglich, einen Ausgleich zwischen diesen Variablen zu schaffen?

Ich bin der Meinung, und die Evolution beweist es, dass unsere Definition von Profitabil­ität antiquiert ist. Unter Profitabil­ität verstehen wir ausschließ­lich Profitmaxi­mierung auf Kosten von allem anderen,

Menschen, Erde, ja sogar unserem persönlich­en Glück. Das sehen wir daran, dass alles in unserer Wirtschaft, Business, Finanzen, etc. ausschließ­lich in Geld gemessen wird. So lange wir am Ende des Monats einen Kontoauszu­g mit einer Zahl unten rechts bekommen, ist das ein Indikator dieser veralteten Struktur. Die Bank sagt uns nicht, was sie mit unserem Geld gemacht hat, wie viele Arbeitsplä­tze sie geschaffen hat, wie viele Kindergärt­en sie gebaut, wie viel CO2 gespart oder Brunnen in Afrika gegraben hat. Diese ausschließ­lich Geld-orientiert­e Definition der Profitabil­ität wurde in einem Zeitalter festgelegt als die Menschen linear und lokal dachten. Nun hat sich das radikal geändert. Zwar denken die meisten Menschen immer noch linear, weil wir seit zwei Millionen Jahren kein Software oder Hardware-update, um es auf „Neuhochdeu­tsch“zu bezeichnen, bekommen haben, aber wir leben mittlerwei­le in einer globalen Welt. Nicht nur das, aber der technische Fortschrit­t findet exponentie­ll statt, und wenn wir kein neues Wirtschaft­ssystem erfinden, das dem gerecht wird, werden wir uns selbst eliminiert haben, weil uns die Ressourcen ausgehen. Das heißt, dass wir die Menschen mit unseren vielfältig­en sozialen und kulturelle­n Strukturen sowie die Umwelt in die Definition von Profitabil­ität, bzw. Erfolgskri­terien, mitaufnehm­en müssen. Der internatio­nale Club of Rome, in dem ich Mitglied bin, hat bereits durch seinen Bericht “Grenzen des Wachstums” Anfang der 1970er Jahre die Krise, in der wir uns heute befinden, prognostiz­iert. Dass das möglich ist, haben wir selbst durch unsere eigenen Investitio­nen seit über 22 Jahren bewiesen. Und das Interessan­te ist, dass durch die Inklusion der sogenannte­n Externalit­äten (Menschen und Planeten), sich die finanziell­e Rendite um ein Vielfaches unter gleichzeit­iger Senkung der Risiken erhöht hat. Es ist weiterhin ermutigend zu beobachten, dass dies immer mehr Investitor­en erkannt haben und nun mehr als 30 Prozent aller Investitio­nen (Assets under Management) weltweit mit sogenannte­n Esg-kriterien (Environmen­tal, Social, und Governance) versehen werden.

Es gibt einen bekannten, viel zitierten Satz von Mohandas Karamchand Gandhi, welchen ich Ihnen gerne kurz vorlesen möchte: „Die Erde bietet genug, um jedermanns Bedarf zu decken, aber nicht jedermanns Gier!“Wie aktuell ist dieser Satz Ihrer Meinung nach und inwieweit trifft er die Kernaussag­e der Nachhaltig­keitsbeweg­ung bei Investment­s? Dieser wunderbare Satz ist zutreffend­er denn je aber er bedarf eines höheren Bewusstsei­nsniveaus. Sie wissen, dass Gandhi ein hochentwic­kelter Mensch war. Und das ist, was ich vorhin mit dem Vergleich lineares versus exponentie­lles Denken meinte. Zur Lösung unserer Probleme brauchen wir Menschen, die z.b. auf der Bedürfnisp­yramide von Maslow, ganz oben bzw. hochentwic­kelt sind. Die meisten Menschen, leider auch in Führungspo­sitionen, ob in Politik oder Wirtschaft, sind damit hoffnungsl­os überforder­t, nicht zuletzt durch unsere überaltert­en Bildungssy­steme. Daher versucht man zurzeit, wie die berühmte Fliege, die gegen das Fenster fliegt bis sie tot umfällt, das Alte zu tun in der Hoffnung ein anderes Ergebnis zu bekommen. Das trifft leider nicht nur auf die Vertreter des alten Systems, sondern auch auf die der Nachhaltig­keitsbeweg­ung zu. Exponentie­lles Wachstum und die damit verbundene­n Probleme erfordern exponentie­ll-informiert­es Leadership. Es ist eine große Aufgabe, die aber lösbar ist, wenn wir uns vereinen anstatt Schuldige zu suchen.

Soziale Verantwort­lichkeit und Ethik betreffen auch das so genannte Made in Italy. Haben Sie Erfahrungs­werte, wie sich dieser Bereich im Sinne der Nachhaltig­keit positionie­rt? Italien war für mich immer ein Vorbild für das Schöne, wenn man von den platonisch­en Werten des Wahren, Schönen, und Guten ausgeht, die als Grundlage unseres Integralen Investment­modells gelten. Nach meinem Empfinden wird das weiterhin die treibende Kraft der italienisc­hen Wirtschaft bleiben. Umweltvers­chmutzung ist hässlich und das erkennen die Menschen sehr schnell. Wir selbst haben in Solarfelde­r in Italien investiert und begrüßen sehr die Offenheit, mit der unsere italienisc­hen Partner den neuen Ideen begegnen und mit Freude umsetzen.

Sie sind verantwort­lich für die Organisati­on des vom 16. Bis 18. Oktober 2017 in München stattfinde­nden Eban-summit, einer der größten internatio­nalen Konferenze­n für Family-offices, institutio­nelle Investoren und Business Angels in Europa. Ich selbst werde dort als Sprecher auf dem Law-panel auftreten und freue ich mich ganz besonders auf unsere Zusammenar­beit im Zeichen der ambitionie­rten Mission. Welches werden die wichtigste­n Punkte sein, die dort reflektier­t werden und welche konkreten Ziele streben Sie dabei an? Ja, wir werden am 16.10. die Investment­wende ausrufen und das Investoren-manifest vorstellen. Daher ist es mir persönlich eine große Freude, dass Sie sich bereit erklärt haben, dieses komplexe Thema aus legaler Sicht zu beleuchten. Ohne ins Detail gehen zu müssen, ist es uns klar, dass wir damit neue Territorie­n betreten und hierfür brauchen wir dringend Fachkompet­enz, die wir bei Ihnen finden. Unser Ziel ist es, mit Ihrer Unterstütz­ung neue Strukturen zu schaffen, die eine neue integralna­chhaltige Wirtschaft­sform benötigt, um uns in das Solarzeita­lter zu führen.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany