GEDANKEN ZU DEN RECHTLICHEN EINWIRKUNGSMÖGLICHKEITEN
Von Rechtsanwalt Jens Magers Head of Italian Desk, RITTERSHAUS Rechtsanwälte, München
Schon 1972 hat der International Club of Rome in seinem Report „The Limits to Growth“(Die Grenzen des Wachstums) dargelegt, dass das Wachstum auf unserem Planeten durch grundlegende, allerdings noch beeinflussbare Faktoren begrenzt wird. Gegründet wurde der Club of Rome im Jahr 1968 von den Visionären Alexander King und Aurelio Peccei. Aurelio Peccei war ein italienischer Industrieller. In der Epoche des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg leitete er unter anderem die Unternehmen Fiat und Alitalia, an deren Gründung er maßgeblich beteiligt war. Auf seine Initiative geht zudem die Schaffung des Beratungsunternehmens Italconsult zurück. Italconsult ist bis heute auf die Ingenieurs- und Wirtschaftsberatung von nachhaltigen Projekten spezialisiert und war während der Leitung von Peccei vornehmlich in Entwicklungsländern gemeinnützig tätig. Kernaussage der interdisziplinär am ersten Report des Club of Rome arbeitenden Wissenschaftler ist, dass die fortschreitende Industrialisierung, das zu schnelle Bevölkerungswachstum, die verbreitete Mangelernährung, die Ausbeutung nicht erneuerbarer Ressourcen sowie die fortschreitende Umweltverschmutzung vom Zeitpunkt des Reports gerechnet bereits in ca. 100 Jahren, zur Überschreitung der Wachstumsgrenzen und einem globalen Gesamtkollaps führen kann. Dem Report vorausgegangen war eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem komplexen Thema unter Verwendung von damals modernster Computer-simulationstechnik. Das Werk hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Verfasser selbst betonen, dass es sich um eine vorläufige Auswertung handelt, und das Welt-modell nur annäherungsweise dargestellt werden konnte. Fakt ist, dass die prognostizierten Krisen weitgehend eingetreten sind. Ferner steht fest, dass die herausgearbeiteten Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen miteinander verbunden sind und sich gegenseitig bedingen. Dies hat zur Folge, dass zur Vermeidung des Eintritts des Gesamtkollapses alle Faktoren zugleich berücksichtigt werden müssen. Anknüpfend an mein Gespräch in der letzten Ausgabe mit Frau Dr. Mariana Bozesan, Vollmitglied des Internationalen Club of Rome, möchte ich aus der Perspektive des Juristen kurz einige rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten beleuchten: Unter nachhaltigkeitsorientierten Investitionen sind solche zu verstehen, die neben der wirtschaftlichen Komponente Prinzipien berücksichtigen, die eine Schonung der globalen Ressourcen dauerhaft zur Folge hat. Seit den 1970er Jahren wurde, auch in Deutschland, eine Vielzahl von Fonds aufgelegt, die sich an ökologisch-ethischen Anlagekriterien orientieren. Kapital kann daher gezielt in diese Fonds aufgrund der regulären rechtlichen Bedingungen investiert werden. Rechtliche Besonderheiten gelten hierfür nicht.
Eine weitere Möglichkeit bilden direkte Beteiligungen. Bei großvolumigen Investitionen hat der Aktionär beispielsweise nach dem deutschen Aktiengesetz die Chance, mittels intensiver Ausübung seiner Aktionärsrechte vor und während der Hauptversammlung angesichts seines stimmrechtlichen Gewichts, das proportional mit seiner Beteiligungsquote wächst, aktiv auf das Unternehmen Einfluss zu nehmen. Ferner kann der Investor bei einer geplanten hohen Beteiligung an der Aktiengesellschaft neben den gesetzlich jedem Aktionär durch den Aktienbesitz vermittelten Vermögens und Verwaltungsrechten bei versierter anwaltlicher Begleitung Sonderrechte etwa gegenüber dem Vorstand verhandeln. Investoren mit einem hohen Bewusstseinsniveau können auf diese Weise gerade solche Unternehmen als Investitionstarget selektieren, die den ökologisch-
ethischen Prinzipien nicht gerecht werden. Sie können so über die Hauptversammlung bzw., je nach Umfang ihrer Sonderrechte im direkten Dialog mit dem Vorstand unmittelbar auf die Ausrichtung des Konzerns einwirken. Eine weitere Alternative ist die prinzipiengesteuerte Startupfinanzierung, wobei sich der Investor zur Sicherung der Umsetzung der ethisch-ökologischen Kriterien umfassende Mitbestimmungsrechte sichern sollte. Nach meiner Meinung stellt dies die wirkungsreichste Variante dar, da sie dem Investor ein Höchstmaß an Kontrolle überlässt und ferner weitere Selektionsmerkmale zulässt. Der so motivierte Investor wird unter anderem auch im Rahmen persönlicher Gespräche mit den Startup-gründern deren Bewusstseinsniveau und ernsthaftes Bekenntnis zu den ethisch-ökologischen Prinzipien überprüfen können. Auf umweltrechtlicher Ebene zu erwähnen sind die globalen Bemühungen, dem Klimawandel durch umweltrechtliche Vorschriften entgegenzusteuern. Zentrales Element der Klimaschutzpolitik der Europäischen Union stellen die Richtlinien zum Emissionshandel dar. Sie sind elementarer Bestandteil des Klimaschutzpakets der Europäischen Union. Schon eine oberflächliche Analyse zeigt allerdings, dass die Implementierung eines effektiven rechtlichen Schutzsystems eine hochkomplexe, kaum zu bewältigende Aufgabe darstellt. So werden von den genannten Richtlinien ca. 50 % der Treibhausgasemissionen gerade nicht erfasst. Angesichts dieser Ineffizienz wird vielfach aus Fachkreisen gefordert, eher den Verbrauch von fossilen Brennstoffen massiv steuerlich zu belasten und regulatorische Instrumente wie die Festsetzung von Emissionsgrenzwerten und die Pflicht zur Mindestnutzung erneuerbarer Energiequellen etc. zumindest überall dort einzusetzen, wo dies angesichts der zur Verfügung stehenden Technik möglich ist, so unter anderem Frau Professor Dr. Astrid Epiney, LL.M. in der Zeitschrift für Umweltrecht 2010, Heft 5, Seite 236. Schon diese kurze Betrachtung offenbart, dass es einer tiefgreifenden Bewusstseinswende bedarf. Angesichts der aufgezeigten Schwierigkeiten und Grenzen der staatlichen Steuerungsmöglichkeiten ist jeder einzelne aufgerufen, dem Prozess der Überschreitung der Wachstumsgrenzen im Rahmen seiner Möglichkeiten entgegen zu wirken. Folgt man der Reinkarnationslehre, nicht nur zu Gunsten der kommenden Generationen, sondern für jeden von uns ganz persönlich.