EINE HOCHBURG DER KULTUR, DIE SICH AUF DIE ZUKUNFT VORBEREITET
Antonio Danieli ist Generaldirektor der Golinelli-stiftung, die von Marino Golinelli gegründet wurde. Sie hat das Ziel, Bildung, Ausbildung und Kultur für das intellektuelle Wachstum junger Menschen von heute zu fördern. Ein Engagement, das sich mit der E
In einer Szene von Paolo Sorrentino’s Film „Youth - La giovinezza“versucht Harvey Keitel einer jungen Drehbuchautorin zu erklären, wie sich der Blick auf das Leben von der Jugend zum Alter hin verändert. Dafür gebraucht er die Metapher eines Fernglases und zeigt wie dieses in der Jugend richtig verwendet wird, da wir aus nächster Nähe das betrachten, nach dem wir suchen - die Zukunft. Im Alter wird es genau im Gegenteil verwendet und zeigt uns die Vergangenheit weit weg. Eine Überlegung, die nicht auf den Fall von Marino Golinelli zutrifft, dem 96-jährigen Unternehmer aus der Emilia Romagna mit einem jung gebliebenen Geist. Er ist weit mehr als das, was man von Kollegen älterer Generationen erwarten würde: seine Vision des Lebens ist ständig nach Vorne gerichtet, auf eine Zukunft, die unmittelbar bevorsteht und die genau aus diesem Grund interpretiert und verstanden werden muss. Denn obwohl er bereits einen langen Lebensweg hinter sich hat, hat dieser self-made Mann keinerlei Intention, sich auszuruhen. Aus einer armen Familie aus dem Norden Modenas stammend, gründete Golinelli nach seinem Pharmazie Studium aus eigenen Stücken sein erstes Unternehmen. Der Anfang einer Geschichte, die später zur Gründung des heutigen Alfasigma, dem Pharmazie-riesen führte, mit einem Jahresumsatz von 900 Millionen Euro.
Begeistert von Kunst und Kultur gründete er im Jahr 1988 die Golinelli-stiftung in Bologna, ein einzigartiges Beispiel einer vollfinanzierten Privatstiftung in Italien, das vom amerikanischen Modell philanthropischer Stiftungen inspiriert wurde. Eine wahre Kulturhochburg für junge Menschen, die sich im Jahr 2015 mit der Einweihung des Zentrums Opificio Golinelli erneut vergrößerte. Die Institution befindet sich an jenem Ort, an dem einst die Sabiemgießerei war. Aber die Veränderungen sind damit
„Wir haben uns seit jeher der Thematik der voranschreitenden Zukunft gewidmet und versucht, diese durch die Verbindung von Kunst und Wissenschaft zu hinterfragen“
noch nicht fertig: Am 11. Oktober 2017, am 97. Geburtstag des Unternehmers, wird ein weiterer Bereich der Stiftung, das Golinelli Zentrum für Kunst und Wissenschaft, eröffnet. Diese von Mario Cucinella entworfene Gebäudestruktur wird auf dem Gelände vor dem Opificio Zentrum errichtet und soll mit ihrem starken künstlerischen und symbolischen Charakter, die gesamte Anlage vervollständigen. Ein Ort an dem Bildung, Ausbildung und Kultur gefördert wird, um das intellektuelle und ethische Wachstum Jugendlicher und der Gesellschaft im Allgemeinen zu unterstützen. All das mit dem Bestreben, zu einer nachhaltigen Entwicklung Italiens beizutragen. Eine Aufgabe, die Antonio Danieli, seit 2011 Generaldirektor der Stiftung, anvertraut ist. Eine Verpflichtung, der er auf leidenschaftliche Weise nachkommt, unterstützt durch seine zahlreichen Erfahrungen in sozialen und gemeinnützigen Unternehmen. Er hat uns auf den aktuellsten Stand der Dinge gebracht und erklärt, was man sich von den Neuheiten der Stiftung erwarten kann.
Welche Aktivitäten sind für den neuen Kunst- und Wissenschaftsbereich des Golinelli-zentrums Opificio geplant?
Kunst und Wissenschaft sind die Eckpfeiler der Golinelli-stiftung. Wir haben uns immer der Thematik der voranschreitenden Zukunft gewidmet und versucht, diese durch die Verbindungen von Kunst und Wissenschaften zu hinterfragen. Als Teil des Entwicklungsplans von unserem jüngsten Projekt Opus 2065 war es entscheidend, einen Ort zu kreieren, der den Opificio Golinelli vervollständigen würde, der mit allen anderen Bereichen in Wechselwirkung treten würde. Das Zentrum ist für Projekte wie Ausstellungen, Workshops und Messen entstanden, aber wird auch
ein Ort sein, welcher der Forschung gewidmet ist. So steht auf der einen Seite die kulturelle Aktivität, die darauf abzielt, Menschen auf internationaler Ebene einzubeziehen, um über die Zukunft der Menschheit nachzudenken (wobei auch die Kreativität stimuliert werden soll), andererseits wird es auch immer erzieherische und gestalterische Aktivitäten geben. Das Ziel, das wir anstreben ist, in diesem Zentrum menschlichen Wegen, auf denen wir uns bewegen, zu folgen, um somit Bildung und Unternehmertum zu stimulieren, was später im Opificio Zentrum gemeinsam ausgebaut werden kann. Dies ist ein herausforderndes, aber auch ein konkretes Ziel: Kultur auf hohem Niveau, Lehre und Ausbildung und Ansporn zum Unternehmertum.
Ihr Projekt ist sehr zukunftsorientiert, versucht sich die Zukunft vorzustellen und zu interpretieren. Wie kann die Stiftung Jugendliche, die Ihre Räumlichkeiten besuchen, vorbereiten, der Zukunft auf beste Art und Weise entgegenzutreten?
Es gibt zwei Dimensionen: Forschung und Bildung. Diese sind für uns eng miteinander verknüpft. Die Stiftung hat eine Reihe an Aktivitäten geschaffen, für die ganz Jungen bis hin zu Universitätsstudenten. Wir versuchen, die Entwicklung dieser jungen Leute zu begleiten. Unsere Forschungsarbeiten haben fast schon das Ziel, ein neues Unterrichtsfach zu schaffen. Im Bereich der Kunst und der Wissenschaft warten wir nur auf den richtigen Zeitpunkt, um eine Doktorandenstelle aufzubauen: heutzutage gibt es noch keinen Weg, der uns ermöglichen könnte, eine Schule zu gründen. Darum versuchen wir mit einigen Kontakten so etwas wie einen Vertiefungszweig aufzubauen, der irgendwann zur Gründung einer Akademie führen könnte oder zu etwas, das Ähnlichkeit mit einem Kulturforschungszentrum hat. All das hängt mit der Bildungsarbeit zusammen, die wir verfolgen, welche theoretische Erfahrungen mit praktischen in Werkstätten verbindet. Diese Vision ist in Italien ziemlich neu, neu und notwendig.
Gibt es Ihrer Meinung nach einen Mangel im Schulwesen was die Bildung unserer Jugendlichen anbelangt?
Die Golinelli-stiftung existiert seit 30 Jahren. Eine lange Zeit über, bis in das Jahr 2015, hatte die Stiftung einen eher subsidiären Ansatz, typisch für den sozialen Bereich Italiens. Seit der Gründung des Opificio Zentrums hat sich die Stiftung jedoch entschlossen, nicht länger subsidiär zu sein, also nicht mehr die Lücken des Schulsystems zu füllen, sondern sich an einen Tisch mit den Institutionen zu setzen und mit diesen Arbeitsprotokolle zu teilen, um konkrete Wege für die jeweilige Rolle des anderen zu finden. Für uns ist das von grundlegender Bedeutung denn wir glauben, dass
wir positiv auf den öffentlich-privaten Dialog sowie auf die Entwicklung unseres Landes einwirken können. Darüber hinaus, wie Golinelli bereits seit 30 Jahren zu sagen pflegt, wurde erkannt, dass es notwendig ist, den seit Jahrzehnten existierenden Bildungsweg weiter zu entwickeln. Um bis zum inhaltlichen Kern vorzudringen: ich denke beispielsweise an die Wichtigkeit, digitale Kultur zu verbreiten. Auch die Lehrer müssen sich weiterentwickeln, obwohl viele von ihnen auch mehr Unterstützung und Hilfe verdient hätten. Vielleicht würde ich zudem sagen, dass der traditionelle Schulansatz ein wenig zu theoretisch ist: Theorie und Praxis müssen vereint werden. Inhalt ändert sich schnell, aber der Mensch, mit seinen Besonderheiten und seiner Phantasie, der nicht: an diesen Ansätzen müssen wir stark arbeiten.
Was können wir von der Struktur des Kunst- und Wissenschaftszentrums, das von dem Architekten Mario Cucinella geschaffen wurde, erwarten?
Mario hat von Anfang an unsere Ziele verstanden. Seine stilistische Handschrift ist seit jeher mit sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit verbunden. Wenn wir über die Zukunft sprechen, dann denken wir an eine nachhaltige Zukunft und somit haben wir uns, aus unserer kulturellen Perspektive heraus, wie automatisch an ihn gewandt. Das Zentrum musste strukturelle Einfachheit mit der eindrucksvollen Kraft der gesamten Stiftung verbinden. Der Ort, den es zu entwerfen galt, musste anpassungsfähig und multifunktional sein. Metaphorisch sollte ein inneres Herz dargestellt werden, umgeben von einer äußeren netzartigen Struktur. Das ist sicherlich eine sehr ausdrucksstarke Metapher und gleichzeitig Schlüsselrolle unserer Stiftung: kontinuierliche Veränderungen, denn unsere Mission ist die der ständigen Erneuerung und Forschung. Wir sind mit Marios Konzept mehr als zufrieden.
Unter den letzten Neuheiten befindet sich auch der Utopia-fonds. Worum geht es dabei?
Dieser Fonds ist mit einem spezifischen Ziel entstanden: neue unternehmerische Aktivitäten im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden zu unterstützen. Dabei gibt es einige Besonderheiten, von denen wir uns erhoffen, dass sich im Vergleich zu den bisherigen neue Türen und Schranken eröffnen. Einerseits ist dieser Fonds ein finanzielles Instrument, andererseits jedoch ist er eine formatives Element für Startups, die nicht nur im digitalen Bereich, sondern auch im Bereich wissenschaftlicher Forschung tätig sind. Wir werden auch versuchen nicht nur die „schlauen Köpfe“Italiens anzusprechen, sondern möchten Menschen aus verschiedenen Ländern anziehen und somit eine Art Silicon Valley Made in Italy aufbauen. Wir haben in Principia Sgr einen idealen Partner gefunden, der sehr aufgeschlossen für diese Art von Vision ist. Wir träumen davon, dass im Opificio Golinelli ein immer fruchtbarer Boden für Kultur geschaffen wird und dass ein idealer Ort entsteht, an dem Entwicklung vorangebracht wird.