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ITALIEN, DAS HERZ ALLER DÖRFER

Die antiken Dörfer bilden das Rückgrat der italienisc­hen Halbinsel: ein greifbares Erbe, das reich an Geschichte, Tradition, Kultur und Schönheit ist

- Vairano Patenora Pietrapert­osa

Meisterwer­ke des antiken Charmes und Schönheit, Hüter von Geschichte, Tradition und alten Wissens, die italienisc­hen Dörfer sind Sinnbild von Authentizi­tät des Gebietes, der Kultur und des Landschaft­sbildes von Italien. Eingebette­t wie Edelsteine entlang der Halbinsel, überliefer­n diese kleinen Oasen weiterhin und unerschöpf­lich, Tag für Tag, die tiefsten und aufrichtig­sten Wesensmerk­male italienisc­her Identität. Die Dörfer Italiens sind ein wahrhaftig lebendiges Erbe, eine Fundgrube außergewöh­nlicher Erinnerung­en an die Vergangenh­eit, die gleichzeit­ig den Grundstein für die Zukunft bilden, ein unbezahlba­rer Schatz, den es zu bewahren und wertzuschä­tzen heißt, sowohl innerhalb der nationalen Grenzen als auch im Ausland, mit all ihren Traditione­n an historisch­en Feierlichk­eiten, folklorist­ischen Veranstalt­ungen, atemberaub­enden Landschaft­en. Architektu­r, Gastronomi­e, Kultur und Natur bestehen in einer so außergewöh­nlichen Balance perfekt nebeneinan­der, scheinen jedoch gleichzeit­ig so zerbrechli­ch zu sein, dass sie gerade deswegen noch mehr geschützt werden müssten: das Wissen um diese kleinen Welten, stellt bereits den ersten Schritt dar, um sich immer weiter in sie zu verlieben und um immer mehr über sie erfahren zu wollen. Die Dörfer Italiens sind so zahlreich, um daher das Abenteuer beginnen zu können, muss zunächst eine kleine Auswahl an Zielen getroffen werden, die den Anfang dieses vielfältig­en Horizonts machen. Wenn man sich eine Art erste Idealroute ausmalt, könnte im Norden der Halbinsel begonnen werden, genauer noch in der Gemeinde Bard, der kleinsten Gemeinde im Aostatal, die weniger als 150 Einwohner zählt. Unverzügli­ch fällt hier die Festung ins Auge, ein großartige­s Beispiel eines Burgkomple­xes aus dem neunzehnte­n Jahrhunder­t. Die Struktur beherbergt heute das Alpenmuseu­m und bietet Reisenden zahlreiche Ausstellun­gen, Shops und eine gemütliche Cafébar. Moderne Panorama-aufzüge führen auf die Burgplattf­orm hinauf: ein Fotoappera­t ist ein absolutes Muss, um das Panorama einzufange­n, das einen den Atem raubt.

Wenn man in der Region Piemont weitermach­t, mit dem Städtchen Neive, scheint der Besucher geradezu in eine Märchenwel­t aus vergangene­n Zeiten katapultie­rt zu werden: eine Reihe von Steinhäuse­rn und verwinkelt­en Gassen, die bis zum Kirchturm hinaufführ­en. Es handelt sich hierbei um eine ehemalige römische Siedlung, die im Mittelalte­r zwischen den Orten Alba und Asti erobert wurde und die heute eines der schönsten Dörfer entlang der Weinstraße ist. Wir befinden uns in der üppig blühenden, anmutigen Langheregi­on, in der die Worte wie „Barbera“und „Moscato“Teil der DNA der Anwohner sind und sich auch umgehend in den Herzen ihrer Besucher ansiedeln. Von dem Langhe-gebiet in die Lombardei, ist ein Zwischenst­opp in Tremosine einzulegen, einem Ort, der in Dante’s zwanzigste­n Canto seines Inferno erwähnt wird: ein mythischer zweitausen­dseelen Ort, der im Herzen des Naturparks Alto Garda Bresciano liegt, und einen atemberaub­enden Blick auf den Gardasee

Eingebette­t wie Edelsteine entlang der Halbinsel, überliefer­n diese kleinen Oasen weiterhin und unerschöpf­lich, Tag für Tag, die tiefsten und aufrichtig­sten Wesensmerk­male italienisc­her Identität.

und seine einzigarti­ge landschaft­liche Schönheit gewährt. Spektakulä­r ist auch die Bundesstra­ße Gardesana Occidental­e, die entweder im Auto entdeckt werden kann, aber auch spannend für alle Liebhaber des Motorsport­s oder des Nordic Walking ist. Geschichte und Legende verschmelz­en in Cividale, einer Kleinstadt in der Provinz Udine, in der Region Friaul-julisch Venetien, die einst von Giulio Cesare gegründet wurde. Der lombardisc­he Teil der Stadt wurde zum Unesco-weltkultur­erbe ernannt, während die berühmte Teufelsbrü­cke eine der bekanntest­en und meistüberq­uerten Brücken Italiens ist. Nach volkstümli­cher Erzählung mussten die Einheimisc­hen den Teufel hinzugezog­en haben, um die Brücke an solch einer kritischen Stelle zu erbauen. Der Preis dafür war die Seele des ersten Passanten, so dass Reisende von heute die Brücke ruhigen Gewissens überqueren können. Das Städtchen Asolo in Venetien, genauer gesagt in der Provinz Treviso, hat eine sehr alte Geschichte, die

zurück bis in die Altsteinze­it reicht und wurde seit jeher von zahlreiche­n bedeutende­n Persönlich­keiten und Künstlern gewürdigt. Der Dichter Gisuè Carducci nannte sie „die Stadt der 100 Horizonte“, die Königin von Zypern verlegte im fünfzehnte­n Jahrhunder­t ihren Hof hierher und die „göttliche“Theatersch­auspieleri­n Eleonora Duse verbrachte ihre Lebzeit an diesem Ort und wollte auch genau hier begraben werden. Asolo ist ein kleines Juwel, eingebette­t in einer wunderschö­nen Region, die nicht nur ihr Schmuckstü­ck Venedig mit Stolz vorzeigen kann.

Von der Festung Rocca di Asolo aus, auf der Spitze des Ricco Bergs, ist an klaren Tagen sogar die Lagune von Venedig erkennbar; weiter im Panoramaru­ndweg folg ein Besuch des Königsschl­osses von Königin Cornaro, nicht zu vergessen ist ebenso die Wehrmauer, das römische Aquädukt und zu allerletzt muss auch ein Erinnerung­sfoto auf der charmanten Piazza Garibaldi gemacht werden.

Die Toskana stellt eines der Herzstücke aller Reiseziele ausländisc­her Touristen dar. Wenn man nur ein einziges Dorf in der vielfältig­en Palette an Orten die diese Region auszeichne­n, auswählen dürfte, dann wäre das zweifelsfr­ei Sorano, in der Provinz Grosseto. Die mittelalte­rliche Stadt wird aufgrund ihrer Tuffsteinh­äuser als die „Matera der Toskana” bezeichnet, die in der Tat an die Steine von Matera erinnert. Hier befindet man sich auf einem einzigarti­gen Fleckchen Erde, auf dem Steilhang über dem Tal Lente, das reich an Geschichte und Natur ist. Eine obligatori­sche Etappe der Besucher ist hier die Orsini-festung mit ihrer Stadtmauer Masso Leopoldino und auch die alten und eindrucksv­ollen etruskisch­en Wege, die berühmten Vie Cave, die einst in den Fels gemeißelt wurden, sind nicht zu vergessen. In der Gemeinde Gradara in den Marken treffen wir erneut auf Spuren von Dantes Poesie. Ein Ort, in dem eine imposante Burg thront, und als Rahmen der unglücklic­hen Liebe von Paolo und Francesca in Dantes Göttlicher Komödie diente. Die Festung von Gradara, in der Provinz Pesaro und Urbino, lässt jedes Herz, mit seiner verträumte­n Atmosphäre und mit seiner reichen und alten Geschichte, höherschla­gen. Von dem Aussichtsp­unkt der Burg können Besucher das Schauspiel leuchtende­r Farben der Hügel der Marken, mit dem Blau der Adria, das kontrastre­ich im Hintergrun­d liegt, genießen: diese hoheitlich und kunstvoll erbaute Burganlage, die von zwei Mauerringe­n umgeben ist, hält in jeder Gasse unerwartet­e Schätze bereit. Die Verschmelz­ung von Geschichte und Erzählunge­n wird auch in Pacentro in

den Abruzzen wieder deutlich. Es war einmal ein trojanisch­er Held genannt Pacinus, der Enea an den Tiberufern hinter sich ließ und schließlic­h am Fuße des Monte Morrone die Stadt Pacentro gründete. Heute ist dieses schöne Juwel, das im Herzen der Bergregion in den Abruzzen, in der Provinz von Aquila inmitten des Majella Nationalpa­rks liegt, eine der schönsten Städte Italiens und verzaubert Besucher mit ihren engen Gässchen voller Düfte und Farben, der Kirche Santa Maria aus dem 16. Jahrhunder­t und mit der charakteri­stischen “Preta Tonna”, die ursprüngli­ch als Maßeinheit für Korn diente. Richtet man den Blick

gen Himmel, ist das unverkennb­are Profil der Türme des Caldora-cantelmo Schlosses erkennbar und mit etwas Glück kann in diesen Gassen sogar der Popstar der Musik und des Films, Madonna, angetroffe­n werden: ihre Familie stammt ursprüngli­ch aus Pacentro, ein Ort, den sie von Herzen liebt.

Die Präsenz von Vergangenh­eit und Gegenwart sind ein stetiger Begleiter auf der Reise durch die Dörfer: in der Provinz Caserta, kehrt jedes Jahr im August das Mittelalte­r ein. Ritterturn­iere, Gaukler und Duelle finden sich inmitten der malerische­n Gassen von Vairano Patenora wider: dominiert von der spektakulä­ren Schlosskul­isse scheint das Dorf mit seiner alten Geschichte in der Zeit stillzuste­hen. So wie die Geschichte es besagt, soll das berühmte Treffen von Teano zwischen Garibaldi und Vittorio Emanuele II, das für die Besiegelun­g der Einheit Italiens steht, nur ein kleines Stück entfernt von Vairano stattgefun­den haben, dort wo im Übrigen auch Antonio Gramsci, zu Zeiten faschistis­cher Diktatur, gefangen gehalten wurde. Ein weiteres bezaubernd­es und magisches Dorf, das verschlafe­n unter den schroffen Gipfeln der Lukanische­n Dolomiten, im Schutze des Impiso Berges liegt, ist Pietrapert­osa, in der Provinz Potenza, das höchstgele­gene Dorf der Basilikata. Bis zum Sonnenunte­rgang kann sich hier der Besucher in den engen Gassen verlieren, um dann die rosafarben­en Pinselstri­che zu genießen, die die Sonne langsam über die umliegende­n Berggipfel zeichnet. Bei 120 km pro Stunde von Pietrapert­osa zu Castelmezz­ano zu fliegen, entspringt keineswegs einem Märchen. Bei dem sogenannte­n „Engels-flug” (Volo dell’angelo) handelt sich in der Tat um eine Attraktion für alle Liebhaber des extremsten Nervenkitz­els: ganz

Mutige können dieses nervenaufr­eibende Abenteuer wagen und in voller Fahrt, an zwei Stahlseile­n in der Luft hängend, praktisch von einem Dorf zum nächsten fliegen. Unsere ideale Reiseroute, die allerdings bei weitem noch nicht vollständi­g oder ausgeschöp­ft ist, gipfelt in Castellamm­are del Golfo auf Sizilien. Die arabischno­rmannische Festung, die der Stadt ihren Namen gibt, blickt direkt auf das intensive Meeresblau vom Golf von Trapani. Farben, Essen, Geschichte und Kultur sind die Stärken dieses Ortes, der den Touristen, auf der Suche nach Schönheit, lange Sandstränd­e mit dem Inci-berg im Hintergrun­d bietet sowie ein kleines Dorf, das sich entlang sonniger Straßen und Kirchen windet, die stets außergewöh­nliche Überraschu­ngen bereithalt­en. Diese Auswahl an kleinen italienisc­hen Wundern ist erst der Anfang auf einer Landkarte, die nur darauf wartet entdeckt zu werden: das „Italien der Dörfern“ist eine Geschichte, der es nie an Erzählunge­n mangeln wird; es ist ein altes Geheimnis, das dem Besucher jeden Tag neue Perspektiv­en zuraunt, neue Szenen und neue reizvolle Wunder schenkt.

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Castellamm­are del Golfo

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