Kino für die Ohren
Genug der Theorie, denn was ein Schallwandler kann, wird immer noch durch den Ton und nicht das Datenblatt entschieden. Wir fangen gemächlich an mit der „Suite Bergamasque“, besser bekannt als „Claire de Lune“von Claude Debussy. Die äußerst getragene, stellenweise fast elegische Interpretation von Kathia Buniatishvili aus dem Jahr 2014 soll ein Gefühl von der dynamischen Qualität des BA71 vermitteln. Schafft er es, die sehr farbenreiche Ausgestaltung des Klavierstücks auch in den sehr feinen, kaum intendierten Pegelschwankungen stabil und ausgewogen darzustellen? Ganz klar: Ja. So einfach kann es manchmal sein. Mit einem Selbstbewusstsein, als sei der BA71 selbst ein Steinway, gibt der Standschallwandler eine entzückende Darbietung zum Besten. Wir wollen wissen, was der Ambience-töner zu bieten hat, und drehen ihn unverhohlen bis zum Anschlag auf. Tatsächlich eröffnet der rückseitige Hochtöner eine ganz neue Ebene im Klangbild. Nicht mehr auf das bloße Stereopanorama begrenzt zu sein scheinend, nuanciert der Burmester BA71 das Klangbild nun mit einem imaginären Raum. Lag der Fokus vor Konsultation der Ambience-funktion nur auf dem Klavier, so gewinnt nun der Konzertsaal, in welchem die Aufnahme gemacht wurde, an Relevanz. Nicht, dass eine alles vernebelnde Hallfahne das Augenmerk von Debussys Komposition rauben würde. Nein, ganz im Gegenteil. Die Musik wird lebendig. Durch den Raum, der dem Hörer ja quasi „vorgegaukelt“wird, dadurch, dass der Klang zusätzliche Reflexionen durchlaufen muss. Eine wirklich famose Sache, dieser zusätzliche Hochtontreiber. Aber wie sieht es aus mit enger geschnürten Klangpaketen? Bei Portisheads „Sour Times“ist durchaus mehr spektrale Bandbreite aufgetragen. Auch hier meistert der Schallgeber seine Prüfung mit Bravur. Das Picking der leicht verzerrten Bassgitarre klingt reibend und direkt und obendrein präzise artikuliert. Leicht modulieren die Oboen – weit hinten im Mix lokalisierbar. Ganz klar legt der BA71 hier eine vorbildliche Leistung in Puncto Räumlichkeit aufs Parkett. Die Drums erklingen wunderbar emanzipiert. An dieser Stelle wird es paradox: Der Lofi-sound, der Gitarre und Schlagzeug aufproduziert wurde, klingt wunderbar authentisch, der Rauschanteil lässt die Aufnahme rau und erdig wirken. Die Stimme Sängerin Beth Gibbons klingt vereinnahmend rauchig, der leichte Vibrato klingt genuin schwermütig. Der BA71 macht einfach Freude. Es ist weniger das Hören der Musik, als das Erkunden akustischer Tiefen in Stücken, die man schon lange zu kennen glaubt, was den BA71 zu einem wahren Erlebnis macht. Auch bei „White Pulse“von John Carpenter ist es wieder mehr ein „Sehen mit dem Ohr“als alles andere. Das hohe Arpeggio vom E-piano ist sehr weit vorne oben platziert, die Streicher hingegen weiter mittig dahinter. Bei dieser sehr klangmächtigen Komposition dominieren die Mitten zwar etwas, aber das tut dem gesamten Hörerlebnis partout keinen Abbruch. Es ist einer dieser Tests, die man nicht beenden möchte.
FAZIT
Mit dem Standlautsprecher BA71 ist Burmester mal wieder ein wahres Meisterwerks gelungen – soviel ist sicher. Die akribische Verarbeitung der einzelnen Komponenten und die geduldige Abstimmung der Treiber spiegelt sich sehr deutlich im Klangbild wieder. Was die räumliche Performance des Lautsprechers angeht, so wird es kommenden Produkten schwer fallen, ihm das Wasser zu reichen. Nun ist der Standlautsprecher mit seinen 16 000 Euro Stückpreis wahrlich kein Schnäppchen, soviel ist klar. Aber für einen wahren Hifi-liebhaber stellt er eine absolut langlebige Investition dar, die wohl auch den Kindeskindern noch sehr große Freude bereiten können wird.
BESONDERHEITEN
• sehr penible Auswahl der Treiber • Ambience-hochtöner an der Rückseite • Tiefmitteltöner in eigenen Gehäusen im Gehäuse +spektrale Ausgewogenheit +Räumlichkeit +Verarbeitung – einzig der Preis...
Vorteile Nachteile