Nachgefragt
AUDIO TEST im Gespräch mit dem Klangjongleur von B&O: Geoff Martin
AUDIO TEST sprach mit Geoff Martin, dem Tonmeister von Bang & Olufsen über den „Beosound“, den Einfluss des Konstruktionsmaterials auf den Klang und dänisches Design.
Zunächst eine persönliche Frage. Was macht den perfekten Klang für Sie aus? Das ist schwierig zu beantworten – vielleicht, weil es für mich so etwas wie den perfekten Klang nicht gibt. Wenn ich mir eine Aufnahme anhöre, genieße ich sie aber dann besonders, wenn ich mich nur auf die Musik konzentrieren kann und nicht von akustischen Problemen im Hörraum, seltsamen Artefakten oder Verzerrungen des Lautsprechers oder technischen Fehlern in der Aufnahme abgelenkt werde. Für mich sind diese negativen Einflüsse so störend wie eine Fliege, die während eines Filmes über den Bildschirm läuft.
An wie vielen Projekten arbeiten Sie momentan? Normalerweise bin ich gleichzeitig an zwei bis drei verschiedenen Lautsprecher-projekten beteiligt.
Wieviel Geoff Martin steckt im Beosound 1 und Beosound 2? Beosound 1 und Beosound 2 waren für mich typische Projekte, bei denen ich erst ganz am Ende des Entwicklungsprozesses ins Spiel kam, um mit den Akustik- und DSP- (Digital Signal Processing) Ingenieuren den letzten Feinschliff der Klangfarben vorzunehmen. Zu meinem Job gehört es außerdem, das Verhalten der Lautsprecher im Grenzbereich zu gestalten. Wenn ich Besuchern in Struer meine Aufgabe erkläre, vergleiche ich mich oft mit demjenigen, der nachdem ein Auto gebaut wurde, den Wagen poliert sobald der Lack getrocknet ist.
Worin liegt die Herausforderung in der tonalen Abstimmung? Das Hörerlebnis unserer Kunden soll so nah wie möglich an die Originalaufnahme, die Toningenieure im Studio hörten, heranreichen. Obwohl wir bei allen unserer Lautsprecher dasselbe Ziel verfolgen, erreichen wir diese Vorgaben aufgrund der Abweichung im Design, der Konstruktion und Nutzung der Produkte jedes Mal auf andere Christian Kautz, Stefan Goedecke
Art und Weise. So können wir im Fall eines Ein-punkt-lautsprechers wie des Beosound 1 einige Aspekte des räumlichen Klanges, wie sie einer Stereoaufnahme vorherrschen, nicht wiedergeben. Aber das muss keineswegs heißen, dass Dynamik und Klarheit einer Aufnahme unberücksichtigt bleiben. Der Beosound 2 ist anders. Seine beiden Mitteltöner verbessern die räumliche Wahrnehmung der Aufnahme.
Welche Kompromisse gehen Sie ein, um so vielen Kunden wie möglich ein optimales Sounderlebnis zu bieten? Vorausgesetzt, dass Lautsprecher eine angemessene Qualität haben, sind die schwächsten Glieder der Kette die Aufnahme selbst und die Bedingungen im Hörraum. Das beinhaltet nicht nur die Raumakustik sondern auch die Position der Lautsprecher und des Hörers. Mit jedem Raum verhält es sich anders. Wenn wir unsere Boxen für einen Raum abstimmen „gut
zu klingen“ist das Ergebnis in einer anderen Umgebung vielleicht schlechter. Deshalb gehört es zum Abstimmungsprozess, die Produkte in mindestens vier oder fünf Räumen abzustimmen.
Welchen Einfluss hat dabei das verwendete Material? So weit wie möglich konstruieren wir die Lautsprecher so, dass deren Material keinen Einfluss auf den Klang hat. Wenn ein Gehäuse zum Beispiel aus Kunststoff ist, verwenden wir bestimmte Fasern und Rippen im Innern, um die Steifigkeit zu erhöhen. Damit soll sichergestellt werden, dass das Gehäuse sich nicht wie ein Ballon verhält und mit dem Treibern einen Eigenklang entwickelt. Andererseits hilft uns das verwendete Material sehr. So sind hohe Temperaturen, die innerhalb eines Lautsprechers schnell entstehen können, ein Feind der Soundqualität. Durch die Nutzung von Aluminium für einige unserer Lautsprechergehäuse sind wir im Stande, die Hitze im Innern besser nach außen abzuleiten, um die Temperaturen im Gehäuse zu senken.
Haben sich in den letzten Jahren die Kundenwünsche in Bezug auf das Hörerlebnis gewandelt? Nicht wirklich. Aber wir müssen berücksichtigen, dass die Musik, die sie hören, sich ständig ändert. So hörten zum Beispiel viele Kunden anstatt CDS lange Zeit Mp3files von niedriger Qualität. Auch die Mischung verschiedener Stile hat sich im Laufe der Jahre verändert. Die Bandbreite der Dynamik (der Unterschied zwischen leisen und lauten Stellen innerhalb einer Aufnahme) wurde in den letzten 20 bis 30 Jahren immer geringer. Wir sind aber wieder auf dem Weg zurück zu mehr Dynamikumfang. Wahrscheinlich ist der höhere Dynamikumfang der Lp-version verglichen mit dem digitalen Format einer der Gründe für das Revival der Schallplatte.
Welchen Trend im Markt erwarten Sie? Was wird sich in den nächsten Jahren verändern? Hauptsächlich müssen wir unsere Aufmerksamkeit im Markt dem Trend der Audioqualität schenken. Wenn wir von einem alten Format auf ein neueres wechseln, zum Beispiel Vinyl zu CD, CD zu MP3, kabelgebunden zu kabellos oder physische Formate zum Streaming, wird jedes Format im Verlauf seines Lebenszyklus immer besser. Im Großen und Ganzen verbessert sich die Audioqualität mit der Zeit. Viele behaupteten 1983, dass Digital Audio (mit den ersten CDS) nicht gut klang und haben ihre Meinung seitdem nicht geändert. Nach aktueller Einschätzung könnte das heute Beste nicht mit dem von morgen mithalten. Erinnern wir uns daher an Duke Ellington, der einmal sagte: „If it sounds good, it IS good“. Das stimmt immer, unabhängig davon, was Messwerte, Bitrates oder das Format Dir vormachen wollen.
Vielen Dank für das Interview.