Sport frei!
Ob unterwegs oder beim Sport, In-ear Kopfhörer sind klein, handlich und transportabel. Leider schlägt sich das oft in der Klangqualität nieder. Wir haben fünf Modelle auf Herz und Nieren getestet und festgestellt: Platzsparen kann auch gut klingen.
Im Bereich von High-end-audioprodukten wird selten über die kleinen Kopfhörer gesprochen, die wie Ohropax im Gehörgang sitzen. Dabei haben diese genau den Vorteil, dass sie unmittelbar am Trommelfell sitzen und den Schall von außen am effektivsten abdämpfen. Während der Klangwiedergabe kann der Ohrstöpsel, dank der unmittelbaren Nähe, das Trommelfell unter Verwendung von wenig Energie in Schwingung versetzen. Dadurch sind sie besonders gut für transportable Musikgeräte geeignet. Wichtig ist allerdings die Passform. Fest im Gehörgang müssen sie sitzen, damit keine Frequenzen verloren gehen. Rutscht der Ohrhörer aus dem Ohr heraus, klingt die Musik stumpf und verliert die Bässe. Unwahrscheinlich wichtig ist es, bei dieser Art der Kopfhörer auf die Lautstärke zu achten. Weil der Klang direkt in den Gehörgang fließt, kann dieser leicht unwiederbringlich geschädigt werden.
AKG N40
Wir beginnen mit den teuersten Gehörganghörern dieses Tests. Stolze 400 Euro kostet der N40 von AKG by Harman mit einer Impedanz von 20 Ohm. Dafür bietet er Einiges. Im Lieferumfang befinden sich neben zwei Kabeln, einem hochwertigen Transportetui, vier unterschiedlichen Ohrpass-bezügen und weiterem Zubehör auch 3 Klangfilter. Diese lassen sich mit etwas Fingerspitzengefühl an den Ohrstöpseln anbringen und verstärken somit tiefe, mittlere oder hohe Frequenzen. Nicht nur mit dieser technischen Finesse hat das ursprünglich Wiener Unternehmen, dass bald sein 60. Gründungsjubiläum feiert, den N40 ausgestattet. Ein
hybrides Lautsprechersystem, bestehend aus Balance-armature und dynamischen Treibern, teilt die Wiedergabebereiche clever unter sich auf. Elektrodynamische Lautsprecher arbeiten bekanntlich unter Verwendung der Wechselwirkung zwischen Magnet und einem stromdurchflossenen Leiter wie einer Spule. Dabei entsteht die sogenannte Lorentzkraft, welche die Spule und damit die Membran bewegt. Im Tieftonbereich entstehen sehr einheitliche Schwingungen, die mit steigender Frequenz leider unkoordinierter werden. Deswegen sorgen beim N40 dynamische Treiber für einen tiefen, klaren Bass und der ausbalancierte Magnetanker übernimmt die Höhen. Diese kleinen rechteckigen Treiber sind extrem platzsparend und es wird ihnen meist ein Frequenzbereich zugeschrieben. Eine stromdurchlaufene Spule wird bei diesem Prinzip an einem Anker befestigt, der in neutraler Position ruht. Fließt Strom, wird der Anker im Umfeld eines Permanentmagneten auch magnetisch und bewegt sich wie eine Membran. Im Gegensatz zu dynamischen Treibern sind Balanced-armature sehr teuer und sind meist für ausgezeichnete Höhen zuständig. Weil sie die Luft von außen nicht abhalten können, klingen Bässe weniger kraftvoll. Insgesamt werden Frequenzen von 10 Hertz bis 40 Kilohertz abge- deckt. Auch optisch hat der N40 einiges zu bieten und überzeugt als silberner Knopf im Ohr. Dank der unterschiedlichen Ohrpassbezüge lässt sich der Gehörgang fast vollkommen von Außengeräuschen abdichten und schafft ein tolles Klanggefühl.
Gut gefiltert
Lohnen sich die Klangfilter nun wirklich oder sind sie nur ein nettes Gimmick? „Easy Lover“von Phillip Bailey und Phil Collins von Genesis klingt mit dem Reference-filter dynamisch und kraftvoll. Das Highlight des Hits, die hohen Töne der beiden Ausnahmetalente, werden weich und dennoch gut hörbar wiedergegeben. Die Mitten in Form von E-gitarre und
E-piano klingen ausgeglichen und schaffen einen klangvollen Hintergrund. Genauso gut, aber nicht zu stark klingen die Bässe und schaffen ein tolles Raumgefühl. Diese Dynamik verändert sich mit Wechseln zum Bass-boost-filter etwas. Nun tritt der Bass etwas mehr hervor und die Mitten ein
kleines Bisschen zurück. Ausgewirkt hat sich das besonders auf das Gitarrensolo, das etwas zarter aber auch kraftloser klingt, als mit dem Reference-filter. Der Gesang wird dennoch nicht übertönt. Wer mehr Bass möchte, bekommt ihn also, muss aber Abstriche in den Mitten machen. Unter Verwendung des Highboost-filters konnten wir wieder eine kleine Änderung vernehmen. So treten die Bässe nun zurück und die Höhen strahlen umso mehr. Das geschieht in diesem Falle nicht auf Kosten der Mitten, somit schindet das Gitarrensolo ordentlich Eindruck.
Byron BTA wireless
Pünktlich zur Vorstellung des neuen iphone 7 ohne Kopfhöreranschluss brachte Beyerdynamic gleich drei neue In-ohr-kopfhörer heraus. Den Hochwertigsten davon gibt es für rund 200 Euro. Für Apple Geräte beinhaltet der BTA Aac-codec, um auch ohne den Headphone-jack nicht auf verlustfreie Musik verzichten zu müssen. Der Byron BTA ist ein Bluetoothkopfhörer und verwendet dazu unter anderem Qualcomm aptx. Diese Audiotechnologie wird von 30 000 Radiostationen und 20 000 Kinos weltweit verwendet. Sie ist Meister darin, große Datenmengen zu komprimieren und am anderen Ende wieder sauber und fast verlustfrei aufzubereiten. Einzig die beiden Ohrstöpsel sind mit Kabel verbunden, das ganz locker vor oder hinter dem Kopf getragen werden kann. Zusätzlich zu aptx hat Beyerdynamic in diesem teuersten Byron Modell einen digitalen Signalprozesser verbaut. Zahlreiche Funktionen wie Echo- und Rauschunterdrückung, Dynamikkomprimierung und eine möglichst verlustfreie Verarbeitung von digitalen Signalen zeichnen den DSP aus. Beyerdynamic will eine Musikwiedergabe wie mit kabelgebundenen In-ohr-kopfhörern ermöglichen. Eine weitere Besonderheit des BTA ist die Möglichkeit, in nur 90 Minuten den 7,5-Stunden-akku
wieder komplett aufzuladen. Eine Schnellladeschale für die Fernbedienung am Kabel wird via USB mit Laptop oder ähnlichen Geräten verbunden und die Kopfhörer werden aufgeladen. Über diese Fernbedienung ist es auch möglich, die Lautstärke zu ändern, Lieder zu überspringen oder anzuhalten und Anrufe anzunehmen. Ein integriertes Freisprechmikrofon macht dabei Telefonate möglich. Der Byron BTA bietet die Möglichkeit, die Ohrstöpsel gegen kleinere und größere Modelle auszuwechseln und sogenannte „Ohr-haken“hinter den Silikon-ohrpassstücken anzubringen. Für viel-bewegte Menschen ist das ein Muss, denn damit rutscht der BTA nicht von den Ohren. Für sehr viel Bewegung im Sport ist dieser Kopfhörer dennoch nicht geeignet, ein Ohrbügel bietet hier mehr Sicherheit. Die Qualität der Kopfhörer sieht man dem Aluminiumgehäuse mit Magnethaltesystem auf jeden Fall an. „Another Brick in the Wall” von Pink Floyd klingt, wie zu erwarten war, hochwertig. Der Frequenzbereich von 10 Hertz bis 25 Kilohertz wird hör- und spürbar ausgenutzt. Einzig der Bass ist uns teilweise zu betont und wir müssen die Lautstärke etwas herunterschalten, was sich wiederum auf den Gesamtklang auswirkt. Doch auch wenn wir uns persönlich etwas mehr Platz am Ohr wünschen, so ist der BTA ein wirklich guter Funkkopfhörer. Das Zersplittern von Glas und Mörtel wird als toller Effekt wiedergegeben. Ein leichtes Echo der Sängerstimmen schafft einen etwas mystischen Raumklang. Der Chor aus Kin- derstimmen übertönt die Gitarrenmusik und das Schlagzeug im Hintergrund nicht und der Wechsel zwischen den verschiedenen Instrumenten, Stimmen und Effekten geschieht dynamisch und mühelos.
Powerbeats² Wireless
Beats haben sich im Laufe der letzten Jahre bei der Jugend und im Fitnessbereich einen Namen gemacht. Die Kopfhörer gelten eher als Statussymbol und nicht unbedingt als High-end Geräte. Dabei kosten die kabellosen Pow-
erbeats² um die 200 Euro und wurden von der Basketballlegende Lebron James inspiriert. Sie wurden speziell für Hochleistungssport geschaffen, sollen aber dennoch höchste Klangqualität bieten. Um diese zu garantieren, verbaut Beats einen Dual-treiber. Hohe und mittlere Frequenzen werden somit von einem, Bässe von einem anderen Treiber übernommen. Bei beiden dieser Treiber handelt es sich um Neodym-magnet-treiber, also dynamische Lautsprecher. Eine Impedanz von 40 Ohm verlangt der Lithium-ionen Batterie wenig Energie ab und liegt dennoch im höheren Bereich für Inear Kopfhörer. Sport treiben kann man theoretisch bis zu 12 Stunden am Stück, bis die Batterie mit einem Mikro-usb-kabel wieder aufgeladen werden muss. Der Frequenzbereich von 20 Hertz bis 20 Kilohertz deckt fast genau das vom Menschen hörbare Spektrum ab und der Klang könnte so etwas an Fülle verlieren, weil besonders die nicht hörbaren Frequenzen ein tolles Raumgefühl schaffen. Für den Sport sind sie dennoch super geeignet. Mithilfe des Kabelmanagement-clips lässt sich das Kabel sehr gut an den Kopf anpassen und schwingt so nicht im Weg herum. Genauso verhält es sich mit Ohrstöpseln und – bügeln, die individuell an den Hörer angepasst werden können. Dadurch wird ein guter Sitz auch während Sprungübungen garantiert und Außengeräusche werden wirksam gedämpft. Die Powerbeats sind schweißabweisend, aber nicht wasserdicht. Klanglich hauen uns diese Ohrhörer nicht von Hocker. Überraschend gut meistern sie den Acapellagesang von Amacord und das Lied „And So It Goes“wird mit toller Tiefe und Authentizität wiedergegeben. Gefühlvolle Tiefen und kristallklare Höhen stechen einander nicht aus und die Menschlichkeit der Stimmen wird beibehalten, was dem Ganzen etwas Organisches und Emotionales verleiht. Das ultimative Trainingslied „We Will Rock You” von Queen rockt hingegen gar nicht. Schon die Einleitung mit Trommeln und Klatschen klingt flach und klappernd. Zwar ist Mercury klar hörbar, uns aber etwas zu weit weg und auch die gut gespielte E-gitarre kann nicht
durch den Musiknebel dringen.
Zweimal JBL
Zwei weitere Sport-ohrhörer stellt JBL by Harman her. Der Reflect Away Kopfhörer für 200 Euro ist ausschließlich mit Applegeräten über einen Lightning-anschluss verwendbar. Dazu muss sich der Käufer erst einmal die JBL Headphone App herunterladen. Diese Applikation wertet den In-ohr-kopfhörer zusätzlich noch um Einiges auf. So kann nicht nur zwischen Profilen wie „Vocal“oder „Bass“entschieden werden, es können auch Einstellung zur Stärke der Geräuschunterdrückung von Außen getroffen werden. Ob im Fitnessstudio oder auf der Straße, das richtige Maß an Dämpfung kann immer gefunden werden. Wie die anderen Sportkopfhörer ist der Reflect Aware schweißabweisend und obendrein wasserfest. Ergonomische Ohrpassstücke in zwei Größen, sowie reguläre Ohrpassstücke sind im Lieferumfang enthalten. Findet man die richtige Größe, sitzen sie bombenfest und dichten den Gehörgang gut ab. Zehn Hertz bis 22 Kilohertz sollen die 14,8 mm großen dynamischen Treiber frequenziel bieten. Wir sind gespannt und wählen „Back in Black“von ACDC, ein markiges Lied zum Training. Starke, runde Bässe, definierte Mitten und gute Höhen werden vom Kopf- hörer an unsere Ohren geleitet. Zehn Liegestütze, zehn Burpees und zehn Sprünge später sitzen die Ohrstöpsel noch immer fest im Ohr und lassen keine Außengeräusche herein. Wer neben dem Joggen gerne noch etwas von der Umwelt mitbekommen will, kann die Schallunterdrückung natürlich ausschalten. Kleine Mankos hat der Reflect Aware im Falle des Raumklangs und der Mittendarstellung, doch für einen In-ear-kopfhörer klingt er gut. Für fast 100 Euro weniger bekommt man das Bluetooth Pendant zum Reflect Aware. Äußerlich sehr ähnlich und mit gleichem Frequenzbereich gesegnet, gibt es doch gravierende Unterschiede. Im Reflect Mini BT sind viele kleinere 5,8 mm-treiber verbaut und anstatt des Kabels mit Lightninganschluss, befindet sich hier ein hochreflektierendes Kabel zwischen den beiden Ohrstöpseln. Toll ist das für Unterwegs, um sicher anzukommen. Acht Stunden kann man so
fern vom Aufladekabel bleiben und dabei via Fernsteuerung am Kabel auch telefonieren. Schwitzen kann man auch bei diesem Modell ordentlich, ohne es zu beschädigen. Vom Aufbau finden wir dieses Gerät sehr praktisch für Übungen, bei den das Handy nahe abgelegt werden kann. Ohne Kabelsalat trainiert es sich so sehr unkompliziert. Klanglich steht der Reflect Mini BT mit den kleineren dynamischen Treiber natürlich unter dem größeren Modell. So hat der Bass nicht ganz so viel Kraft und darunter leidet auch der Raumklang. Dennoch ist auch hier eine solide Musikwiedergabe möglich.
Zweimal Optoma Nuforce
Sehr schick geht es weiter mit dem Nuforce BE6I und BE Sport3 von Optoma. Den BE6I, eine Weiterentwicklung des BE6 mit ganzen acht Stunden Batterielaufzeit, gibt es in einer matt glänzenden Champagner/weiß Kombination und ganz in schwarz. Sie sind IPX5 zertifiziert, was bedeutet, dass sie Schweiß und Wasser abweisen. Für den Sport sind sie unter anderem auch geeignet, da sie komplett aus Aluminium gefertigt sind und leicht tragbar sind. Geliefert werden sie mit fünf verschiedenen Ohrstöpselpaaren und verschiedenen Größen und Design. Einige davon sind leichter und kürzer um besonders hohen Komfort zu bieten. Die zweite Art ist länger und härter und garantiert eine bessere Geräuschisolation sowie sicheren Halt. Drittens sind sogenannte Comply Ohrstöpsel aus Memory Foam enthalten. Sie werden durch Wärme aktiviert und passen sich individuell an den Gehörkanal an. Wer noch mehr Halt bei sportlichen Aktivitäten benötigt, sollte zusätzlich noch zu den Ohrhäkchen aus Silikon greifen. Nicht nur das Zubehör überzeugt. Im Inneren der Kopfhörer finden wir patentierte Treiber mit zehn Zentimeter Durchmesser. Titan und Magnesium sollen unnötigen Nachhall verhindern und eine hachdünne Nano-schicht aus
Inertmetallkomponenten verfolgt denselben Zweck. Wie üblich, wird auch eine Kupferspule verwendet, um möglichst störungsfreien Klang zu erzeugen. Verbinden kann man sich via Bluetooth ganz leicht mit dem Endgerät. Aptx kann bis 24 Bit auflösen und ist mit den meisten Endgeräten kompatibel. Weiterhin wertet ein Aac-prozessor den Klang von Plattformen wie Internetradio und Youtube auf.wir hören das Instrumentalwerk „Allons“von Pink Floyds letzter CD „The Endless River“. Diese detailreiche Musik ist wirklich schwer wiederzugeben. Dabei geht es besonders um die Gesamtwirkung und damit tollen Raumklang. BE6I schafft das für seine Größe sehr gut. Ruhige Elemente mit zarter Streichermusik, Harfenglissandi und dem fernen Schellen eines Gongs klingt sehr mystisch und erwartungsvoll. Beim Einstieg des Schlagzeugs ändert sich die Dynamik etwas und das Einsteigen Gilmours an der solierenden E-gitarre, verstärkt diese Rhythmik noch mehr. Noch sportlicher ist der BE Sport3 unterwegs. Dynamisch in schwarz mit bunten Ohrpassstücken spiegelt auch sein Design den Begriff Sport wieder. Wie beim großen Bruder finden wir in der Box zahlreiche Ohrstöpselvariationen, diesmal in rot, gelb und schwarz. Anstatt der Memory-foamaufsätzen kommt der BE Sport3 mit Twinblade Silikonaufsätzen daher. Dadurch soll noch besserer Halt beim Sport garantiert werden. Im Aufbau unterscheiden sich beide Nuforce-kopfhörer im Wesentlichen nicht. Nur der Klang unterscheidet sich tatsächlich. So ist dieser In-ear-ohrhörer wirklich für den Sport geeignet. „Doctor Doctor“von UFO hat gewöhnlicherweise einen sehr kräftigen, mitreißenden Klang, der auch mit dem BE Sport3 Spaß macht, aber leider etwas dumpf klingt. Uns reicht der Bass vollkommen aus, Bassgitarre und Schlagzeug übertrumpfen die Mitten und Höhen nicht. Etwas näher und klarer könnte die Stimme des Sängers dennoch herauskommen. Dagegen überzeugen die höheren Klänge der E-gitarre mit Reinheit. Während der langen Laufrunde, wird die reproduzierte Dynamik des Werkes für eine gute Zeit sorgen. Somit können wir an dieser Stelle besten Gewissens unsere Empfehlung aussprechen.