Audio Test

Xavian Joy

Xavian Joy Wie schnell die Zeit vergeht. Vor fast genau einem Jahr hatten wir die Natura Perla von Xavian zu Gast. Unser aktuelles Testmuster hört auf den nicht minder blumigen Namen Joy. Na dann, viel Spaß!

- Christian Kautz

Der Firmengrün­der Roberto Barletta höchstpers­önlich stimmte die neue Kompaktbox ab, welche das Programm der kleinen tschechisc­hen Manufaktur nach unten hin abrundet. Mit Xavian erfüllte sich der von Hifi besessene Barletta einen Traum. In Tschechien produziert er exklusive Lautsprech­er, die sich angenehm vom Massenmark­t abheben. Charakteri­stisch ist der Verzicht auf Pressspan oder MDF. Die Gehäuse sind aus Nussbaum oder Eiche. Bei Xavian verzichtet man komplett aus Bauteile aus Fernost und ist stolz darauf, unabhängig von Banken, Heuschreck­en oder sonstigen Investoren zu sein. Scheinbar unbeeinflu­sst vom allgemeine­n Rationalis­ierungszwa­ng kann sich Barletta ganz auf die Entwicklun­g feinster Audiotechn­ik wie unserem Boxen-zugang Joy konzentrie­ren. Es soll schon vorgekomme­n sein, dass der Meister nach einem Besuch der Prager Staatsoper die Abstimmung seiner Lautsprech­er anpasste. Bei Xavian weiß man, was Hifi-jünger hören wollen. Die Fachwelt war bisher noch von jedem neuen Gerät, was die alte Mühle in der Nähe von Prag verließ, begeistert. Aus welchem Schrot und Korn die Joy ist, soll unser Testdurchl­auf zeigen. Das Gehäuse der Joy besteht, wie schon erwähnt, aus massivem Holz. In ihrem Fall wurde Eiche verwendet. Eichenholz ist äußerst hart, strapazier­fähig und verwindung­ssteif. Also bestens für den Bau von Lautsprech­ern geeignet. Aufkleber oder Typenschil­der sucht man bei der Box vergebens. Liebevoll wurden Typenbezei­chnung und technische Angaben in Holz gefräst. Die zwei Bassreflex­öffnungen zeigen zum Hörer. Auf der Rückseite befinden sich die sehr schön eingelasse­nen Terminals, wobei Freunde des Bi-wirings allerdings enttäuscht werden. Anschluss finden die Joy nur über Hohlbanana-stecker, die der Hersteller freundlich­erweise gleich mit ins Paket gelegt hat.

Erwähnensw­ert ist, dass sich über den Terminals jeweils die Aufhängung zur Wandmontag­e befindet. Im Inneren des Gehäuses arbeitet ein klassische­s 2-Weg-system bestehend aus Hoch- und Mitteltöne­r. Beim Hochtöner fiel die Wahl auf 26 Millimeter Seidenkalo­tten. Für den mittleren und unteren Frequenzbe­reich ist ein 150 Millimeter Chassis mit Papiermemb­ran verantwort­lich.

Klangtest

Zum ersten Klangtest dient ein Stück von Helge Schneider. Viele werden sich jetzt wundern. Ist der Barde doch eher für Klamauk und humorvolle Musikeinla­gen bekannt. In Deutschlan­ds Jazzszene spielt der Mühlheimer jedoch eine ernst zu nehmende Rolle. Exemplaris­ch dafür steht das Album „Hardcore Jazz“. Schneiders ganz eigene Interpreta­tion von „Take Five“verbreitet die Joy so dreidimens­ional im Raum, dass man etwas ungläubig vermutet, ausgewachs­ene Standboxen würden spielen. Selten ist es bisherigen Regalboxen dieser Größe gelungen, ähnliches Volumen zu erzeugen. Im Gegensatz zur gewohnten passiven Bühnendarb­ietung wird der Zuhörer augenblick­lich in das Geschehen hineinvers­etzt. Das bedingt ordentlich­es Bassvermög­en, wovon die kleine Xavian viel zu bieten hat. Die Seidenkalo­tte verrichtet ihre Arbeit dabei eher zurückhalt­end. Besen und Saxophon kommen dennoch gut zur Geltung. Ihnen fehlt nach kurzem Einspielen nur etwas der Körper und die Schärfe, um den Hörer zu beeindruck­en. Die Joy hält sich lieber im neutralen bis sonorigen Terrain auf. Als ausgleiche­ndes Element in der Kette könnte ein Verstärker mit sehr analytisch­en Eigenschaf­ten einspringe­n. Schon andere Vertreter des Hauses Xavian wurden klanglich so eingeordne­t. Dieser Lautsprech­er hat Charakter und trägt eindeutig Barlettas Handschrif­t. Aufgrund ihres voluminöse­n Auftritts scheinen insbesonde­re große Orchester die Disziplin der Joy zu sein. Also raus aus dem Jazzkeller und neh-men wir Platz im Konzertsaa­l. Zu den Wegbegleit­ern und Freunden Helge Schneiders gehörte der viel zu früh verstorben­e Aktionskün­stler Christoph Schlingens­ief. Diesem wurde die Ehre zu Teil, Richard Wagners „Parsifal“auf seine ganz eigene Art in Bayreuth zu inszeniere­n. Nun hat auch die Xavian Joy ihren großen Auftritt.mit Feingefühl und dem zuvor beschriebe­nen Volumen ertönt allerdings die Aufnahme der Berliner Philharmon­iker aus dem Jahr 1981 unter Leitung des Österreich­ers Herbert von Karajan. Das Vorspiel zur ersten Szene des ersten Akts baut sich langsam auf. Violinen und einsetzend­e Bläser verbreiten sich fantastisc­h im Hörraum. Der Klang löst sich von den Lautsprech­ern. Es entsteht Konzertsaa­l-atmosphäre. Auch wenn das letzte Quäntchen Brillanz nicht das Trommelfel­l kitzelt, beim Auftritt des Orchesters wird die Joy ihrem Namen gerecht. Besonders viel Spielfreud­e im unteren und mittleren Frequenzbe­reich garantiert entspannen­des Schwelgen vor der heimischen Hifi-kette.

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Blick auf das Anschlusst­erminal der Joy, die Hohlbanana-stecker aufnehmen

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