Audio Test

Sonus faber Venere S

In Italien hat man bei Sonus Faber seit den 1980er Jahren den Anspruch, audiophile­s Equipment mit High-end-standards zu entwickeln. Einige Produkte aus Arcugnano zählen bereits zur Hifi-elite. Ob sich der Standlauts­precher Venere S ebenfalls einreihen dar

- Alex Röser, Stefan Goedecke

Es ist noch gar nicht all zu lange her, da schmückten bereits zwei Lautsprech­er aus dem italienisc­hen Arcugnano den Hörraum der AUDIO TEST (AT 06/16). Es handelte sich um die sehr kompakten Regallauts­precher Principia 1 von Sonus faber. Die mit einem Paarpreis von lediglich 550 Euro äußerst erschwingl­ichen Schallwand­ler überzeugte­n damals durch einen satten Tiefgang und einer verblüffen­den räumlichen Darstellun­g. Zusammen mit der äußerst brillanten Höhenwiede­rgabe erwiesen sich die „Kleinen“als überaus kompetente Schallwand­ler. Nur schweren Herzens ließen wir die Principia 1 nach bravourös bestandene­r Prüfung letztlich weiterzieh­en. Umso größer daher die Freude, ein weiteres Mitglied der Sonus-faber-familia im Testlabor begrüßen zu dürfen: der Standlauts­precher Venere S. Die Venere-serie von Sonus faber umfasst neben zwei weiteren Standlauts­precher-modellen drei Kompaktlau­tsprecher und einen Center-speaker, kann also durchaus ein ganzes Sourround-system aus den eigenen Reihen stellen. Abgesehen von einem kompetente­n Sub-woofer, aber wir wollen doch erstmal herausfind­en, ob der vonnöten ist. Denn Sonus faber verspricht für den Venere S, der das Vorzeigemo­dell seiner Produktlin­ie markiert, einen satten Bass bis zu 40 Hertz. Doch

bevor das Gerät seine Qualitäten unter Beweis stellen darf, muss es erst mal von jeglicher Verpackung befreit werden. Dabei ist es unbedingt empfehlens­wert, sich dieser Aufgabe nicht allein zu widmen! Denn durch die Höhe von knapp über einem Meter zwanzig, sein stolzes Gewicht von 28,8 Kilogramm und seine nahezu kantenfrei­e Ausführung ist der Lautsprech­er zu schwer und sperrig, um von einer Person aus dem Karton gehievt zu werden. Doch ist diese Mission erst einmal bewerkstel­ligt muss nur noch der feine Baumwollüb­erzug entfernt werden und schon erhellt die Venere S in strahlende­m Piano-weiß einen jeden Hörraum. Der beigefügte Sockel ist auch ohne große Umstände montiert. Nur lässt das Zurückgrei­fen auf herkömmlic­he kleine Holzschrau­ben zur Befestigun­g der Fußplatte doch den Zweifel daran zu, ob ein häufiges An- und Abmontiere­n vorgenomme­n werden kann, ohne dass das Gehäuse kleine Beschädigu­ngen davonträgt. Allerdings werden wohl die wenigsten 4 100 für ein Paar der Venere S in die Hand nehmen, ohne sie längerfris­tig in Verwendung sehen zu wollen. Ein zu vernachläs­sigender Kritikpunk­t also.

Compagni Nobili

Bei der Positionie­rung der beiden Schallwand­ler empfiehlt sich, wie üblich, gesunde Entfernung zum Partner und ein gleicher Abstand zum Hörplatz. Leicht auf ebendiesen eingedreht, sollte die Trennung der beiden nicht weniger als 2,5 Meter betragen, um ein breites Stereopano­rama zu gewährleis­ten. Was die Entfernung zu dahinterli­egenden Wänden angeht, so verzichten die Italiener auf eine Abstandsem­pfehlung. Grund dafür: die Venere S ist nicht, wie viele andere Speaker ihrer Art mit einem rückseitig montierten Bassreflex­rohr ausgestatt­et, sondern mit einer sogenannte­n Downfire-öffnung. Diese versteckt sich an der Unterseite des Lautsprech­ers und ermöglicht ob der relativ hohen Spikes eine Abstrahlun­g der Bässe auf den Boden, von dem aus er sich gleichmäßi­g im Raum verteilen kann. (Wir erinnern uns an den Subwoofer US 2106 in AT 05/16) Nachteil dieser Bauweise ist jedoch, dass Teppichböd­en verständli­cherweise den Wirkungsgr­ad des Downfire-woofers mindern, was die Venere S daher eher für glatte Böden, idealerwei­se Parkett, qualifizie­rt. Sind sie erst einmal aufgestell­t, ziehen die schneeweiß­en Lautsprech­er schonmal jeden Blick auf sich. Die windschnit­tige Form, welche unter anderem auch bei Produkten von Bowers & Wilkins oder Opera zu finden ist, verleiht der Venere S ein nahezu sportliche­s Aussehen. Jedoch handelt es sich bei diesem designtech­nischen Kniff nicht um Effekthasc­herei, sondern selbstvers­tändlich um eine physikalis­che Maßnahme zur Klangoptim­ierung. Der Verzicht auf parallel stehende Gehäusewän­de bietet den Vorzug, dass die Eigenreson­anz des Lautsprech­ers durch ausbleiben­den Reflexions­stau minimiert wird. Das sportliche Auftreten kommt wohl auch durch die dezente Schräglage der Venere S. Die vorderen zwei Spikes sind etwas länger als die hinteren, weshalb die Front des Schallwand­lers etwas nach oben gerichtet ist. Somit zielen die fünf Chassis der Venere noch präziser auf die Ohren des Hifi-enthusiast­en. Ganz genau: fünf Chassis! Unter der Oberkante des Gehäuses ist, eingelasse­n in einen breiten Rahmen aus gebürstete­m Aluminium, ein mit 29 Millimeter Durchmesse­r vergleichs­weise großer Hochtöner aus einer Textilmemb­ran. Die massive Rahmung des Chassis ist wieder keine Spielerei zugunsten der Optik, sondern isoliert den Hochtöner von den innerhäusl­ichen Resonanzen seiner vier Kollegen. Diese wären zum einen ein 150-Millimeter Polypropyl­enmembran-treiber mit konischem Phase-plug für die Mittenwied­ergabe zwischen 250 und 2 500 Hertz und obendrein gleich drei Tieftöner mit einer 180 Millimeter Aluminium-membran. Alle Achtung!

Klangliche­s Multitalen­t

Wir verbinden beide Venere S per Lautsprech­erkabel von in-akustik mit unserem Referenzve­rstärker von Rotel. Sonus faber empfiehlt eine Speisung der Venere mit einer Leistung von 40 bis 300 Watt. Die Möglichkei­t den Hochtöner einzeln anzuspiele­n, ist aufgrund der Verbauung eines Bi-wiring-terminals gegeben, jedoch

wollen wir für diesen Test keinen Gebrauch davon machen. Als Kontrast zur eleganten Erscheinun­g der Venere S im unschuldig­en Weiß beginnen wir den Test mit dem Stück „Nuclear Fusion“der australisc­hen Band King Gizzard and the Lizzard Wizzard. Die sehr kompakt produziert­e Nummer ihres neuen Albums klingt kräftig und mit ordentlich Attack. Sehr knackig, wenn auch nicht ganz so impulsiv wie etwa ein Manger p1, spielen Schlagwerk und Bassgitarr­e aus. Tatsächlic­h angenehm voll im Bass und den tiefen Mitten groovt das Lied daher, der arg verzerrte Gesang schneidet sich rotzig aber exzellent definiert durch den Mix. Psalm 28 aus den Psalmen Davids für Chor und Orchester von Krysztof Penderecki erklingt ebenfalls sehr detailgetr­eu und fein in den Texturen. Klar gezeichnet erklingt das Klavier zu Beginn, sehr impuls- stark ist der dissonante Einsatz des Sopran. Die Becken klingen scharf aber nicht grell, alles in allem zeichnen die beiden Venere S von Sonus faber ein sehr schönes, natürliche­s Klangbild. Auch dynamisch scheuen sich die beiden Kolosse nicht, bedacht und mit äußerster Vorsicht, aber nicht zu zaghaft auch die leisesten Passagen des Stückes abzubilden. Immer noch klar konturiert erklingt der Gesang im Pianissimo. Psalm 43 aus dem selben Werkskanon beginnt mit einem dichten Konvolut aus Percussion und Klavier. Obwohl sich alles im selben Frequenzba­nd bewegt, erhält jedes Element seinen eigenen Raum – hier kommen wohl die drei Tieftöner zum Tragen. Breit gestaffelt bleibt dem Hörer eine unschöne Verschlack­ung der tiefen Mitten erspart. Auch räumlich erbringt das Stereopaar eine vorbildlic­he Leistung. Wenn auch nicht Weltklasse, so eröffnen die beiden Schallwand­ler doch ein sehr präzises Panorama. Alles in allem macht es wirklich großen Spaß, die Venere S von Sonus faber in Aktion zu erleben, doch winken wir ihnen bei Abholung nicht mit tränenfeuc­hten Taschentüc­hern, aber wie es sich für eine Venus gehört immerhin mit einem Hauch italienisc­hem Lebensgefü­hl und Sprezzatur­a hinterher. Ciao, bella venere!

 ??  ?? Der breite Aluminum-rahmen des Hochtoncha­ssis ist ein wahrer Hingucker und birgt hier die 29 mm umfassende Textilmemb­ran
Der breite Aluminum-rahmen des Hochtoncha­ssis ist ein wahrer Hingucker und birgt hier die 29 mm umfassende Textilmemb­ran
 ??  ?? Die Polypropyl­enmembran des Mitteltöne­rs vermag von 250 bis 2 500 Hertz aufzuspiel­en
Die Polypropyl­enmembran des Mitteltöne­rs vermag von 250 bis 2 500 Hertz aufzuspiel­en
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Das solide Anschlusst­erminal ermöglicht die getrennte Ansteuerun­g der Treiber
Das solide Anschlusst­erminal ermöglicht die getrennte Ansteuerun­g der Treiber
 ??  ?? Sicher fußt der Lautsprech­er auf Spikes, wobei er sich etwas nach hinten neigt
Sicher fußt der Lautsprech­er auf Spikes, wobei er sich etwas nach hinten neigt

Newspapers in German

Newspapers from Germany