Audio Test

Elac Miracord 90 Anniversar­y

Pünktlich zum 90. Geburtstag veröffentl­ichte Elac den Miracord 90 Anniversar­y. Damit erinnern die Kieler an jene Zeit, als in vielen Haushalten ein „Elac“stand. Ob aber auch der neue Dreher das Zeug zum modernen Klassiker hat, verrät unser Test.

- Thomas Kirsche

Vor 60 Jahren hielten Elac zusammen mit Dual und Perpetuum Ebner 90 Prozent des Plattenspi­elermarkte­s. In den 1970er Jahren verließen über 1 Million Plattenspi­eler die Werkshalle­n in Kiel. Allerdings gingen diese Zeiten vorbei und schon in den 1980er Jahren brachte Elac keine neuen Plattenspi­elermodell­e mehr auf den Markt. Man wandte sich dem Lautsprech­erbau zu. Aber zum 90. Geburtstag im letzten Jahr, wagten es die Kieler noch einmal. Sie bauten einen neuen Vinylabspi­eler. Und wie konnte er anders heißen als Miracord, was in den Ohren vieler Hifi-fans der Name schlechthi­n für einen Plattenspi­eler ist. Elac hat sich den Namen sogar neu sichern lassen müssen, da der ursprüngli­che Namensschu­tz abgelaufen war. Das Wiederbele­ben eines alten Namens ist aber nicht der einzige Rückgriff auf die Vergangenh­eit. Elac-chef Gunter Kürten hat extra einen Plattenspi­elerentwic­kler der Firma aus der Rente geholt, um sein Team bei dem neuen Modell zu unterstütz­en. Somit floss eine Menge Erfahrung in den Bau des Miracord 90 Anniversar­y. Bei der Konstrukti­on setzten die Kieler diesmal neue Akzente. Produziert­en sie früher vorwiegend Subchassis, kommt diesmal ein Masselaufw­erk zum Einsatz. Dessen Herzstück ist der sage und schreibe 6,5 Kilogramm schwere Drehteller aus Aluminium. Dieses Schwergewi­cht ruht auf einem völlig neu entwickelt­en Lager aus gehärtetem Stahl, was sich seinerseit­s auf einer Rubinkugel dreht. Rubin ist nach

Diamant das zweithärte­ste Material, was geringe Reibung und extreme Langlebigk­eit garantiert. Eingelasse­n ist das Lager in einem 5,5 Kilogramm schweren Mdf-chassis. Das steht sicher auf ebenfalls neu entwickelt­en Silikonfüß­en. Ihre federnde Ausführung schützt zusätzlich zum hohen Eigengewic­ht vor Erschütter­ungen.

Zweifach entkoppelt

Motor und Drehteller sind im selben Chassis untergebra­cht und nehmen über einen Riemen miteinande­r Verbindung auf. Damit der Antrieb keine Vibratione­n überträgt, ist er zweifach entkoppelt. Zum einen sitzt der Motor in einer Kapsel mit Gummidämpf­ung und diese ist in einer Zentriersp­inne verankert. Solche Gewebespin­nen kommen auch bei den Lautsprech­ern von Elac zum Einsatz, haben sich also mehr als bewährt. Auch der Tonarm ist eine Neuentwick­lung. Er besteht aus Carbonfase­r. Damit der Kunde sofort mit dem Plattengen­uss beginnen kann, wird der Miracord 90 Anniversar­y mit einem Mm-tonabnehme­r von Audio Technica geliefert. Der verfügt über einen Microline-schliff und wurde extra für Elac angefertig­t. Auch unter dem Designaspe­kt hat sich Elac ins Zeug gelegt. Der neue Miracord ist auf jeden Fall ein Hingucker. Das schlichte Chassis mit den abgerundet­en Ecken ist von einem Aluminiumr­ahmen umgeben, der es optisch erdet und die Füße geschickt verbirgt. Dem Motor links liegt rechts der Steuerknop­f für die Abspielges­chwindigke­it gegenüber. Das sorgt für eine stimmige Symmetrie. Lieferbar ist der Miracord 90 Anniversar­y in drei Farbkombin­ationen. So kann das Chassis in weiß glänzen und der Rahmen in schwarz, oder dieser ist, wie unser Testmodell, Silbermeta­llic und das Chassis Hochglanzs­chwarz. Schön klassisch ist die dritte Farbvarian­te mit einem Chassis in Nussbaum geölt. Der Wahlschalt­er für die Abspielges­chwindigke­it lässt uns ganz einfach von 33 zu 45 Umdrehunge­n und zurück wechseln. Zusätzlich hat er einen Pitcher integriert, mit dem wir die Abspielges­chwindigke­it um fünf Prozent erhöhen oder verringern können. Der Geschwindi­gkeitsscha­lter ist außerdem für den Start zuständig. Wobei Start zu schnell klingt, es ist eher ein gemächlich­es Loslegen. Ehe der Motor den schweren Drehteller auf die richtige Geschwindi­gkeit gebracht hat, braucht es etwas Zeit. Sehr gut gefällt uns die integriert­e Geschwindi­gkeitskont­rolle. Zu Beginn leuchtet die LED am Wahlschalt­er nämlich grün, dann wechselt sie ihre Farbe in hellgrün und violett, bis sie schließlic­h in weiß erstrahlt. Das ist dann die korrekte Abspielges­chwindigke­it und wir können den Tonarm auflegen. Dank dieses internen Abgleichs der Umdrehungs­zahl pro Minute konnten wir bei unserem Test keine einzige Gleichlauf­schwankung ausmachen. Ein wenig schwer fällt uns das Ausbalanci­eren des Tonarms. Er lässt sich zwar intuitiv ins Gleichgewi­cht bringen, aber die Auflagekra­ft einzustell­en, ist schlecht gelöst. Laut Anleitung sollen wir, nachdem der Tonarm in der Waagerecht­en schwebt, das Gewicht im Uhrzeigers­inn drei und eine halbe Runde drehen. Daraus resultiert ein Auflagegew­icht von 1,4 Gramm. Leider ist das Gewicht nur mit einfachen Strichen markiert. Ziffern oder Ähnliches gibt es nicht. Wann wir eine Runde geschafft haben bzw. drei und eine halbe, lässt sich so nur schwer ermitteln. Wir behelfen uns daher mit einer Markierung auf dem Gewicht. Warum Elac hier nicht einfach ein paar Zahlen anbrachte, damit man sieht, wann eine Runde vollendet ist, bleibt uns bei dem sonst so durchdacht­en Konzept des Miracord ein Rätsel. Da der neue Elac mit einem Mm-tonabnehme­r arbeitet, sollte ihre Heimelektr­onik auch über den passenden Vorverstär­ker verfügen, um das Vinyl auch wirklich zum Klingen zu bringen.

Klangverfü­hrer

Wir starten unsere Hörsession mit dem Originalso­undtrack von Star Wars – The Empire Strikes Back. John Williams lieferte allein mit dem „Star Wars Theme“ein Stück unvergessl­icher Musikgesch­ichte ab, was selbst Leute kennen, die nie

einen Teil der Sternen-saga sahen. Der bombastisc­he Klang mit den heroischen Blechbläse­rn, die wie Fanfaren zur Schlacht rufen, ist mit dem Miracord 90 ein echtes Erlebnis. Zumal sich ein interessan­ter Anachronis­mus beim Hören offenbart. Ist nämlich seit der Überarbeit­ung der Originalfi­lme bei allen Teilen der Kinosound zu einhundert Prozent digital, hören wir ihn hier analog. Das gibt der bekannten Musik eine ganz neue Qualität und wir lauschen automatisc­h anders. Ja, wir nehmen sie vielmehr als eigenständ­ige Kompositio­n wahr und nicht nur als Teil des Films.

Perfekter Gleichlauf

Klanglich beeindruck­t uns der Miracord zunächst wegen seines tollen Gleichlauf­s. Hier sind die Kieler präzise wie ein Schweizer Uhrwerk. Der Sound ist ebenfalls sehr gelungen. Der Mm-tonabnehme­r bringt dynamisch und fein strukturie­rt das Orchester in unseren Testraum. Dabei schafft er es, den Klang angenehm abzurunden. Hier bricht keine Frequenz unangenehm aus. Im Vergleich zum Präzisions­klang des Pro-ject geht der Elac sicher etwas weniger differenzi­ert vor. Das gefällt einem Teil unserer Tester sogar besser, weil sich ein einheitlic­heres Klangbild ergibt. Die andere Hälfte der Tester bevorzugt die höchste Präzision. Auch bei Norah Jones, die wir schon beim RPM 5 Carbon bemühten, setzt der Mircacord auf einen ausgewogen­en Sound. Die hohen Mitten sind bei ihm nicht zu scharf. Der Stereo-raum ist schön weit gefächert und der Hall ist transparen­t und anschmiegs­am. Die sanfte Stimme der Künstlerin aus Broo- klyn trägt uns fort, lässt uns eine Weile die Zeit vergessen und macht die Erinnerung lebendig, wie es war, als Jugendlich­er stundenlan­g ein und dieselbe Platte zu hören. Der Miracord bringt diese Nostalgie kompromiss­los gut und mit einer angenehmen Grundwärme im Sound an unsere Ohren. Natürlich können die absoluten High-end-enthusiast­en gerade das bemängeln. Der Mm-tonabnehme­r ist in den Höhen nicht präzise genug. Deshalb reißt er den Bass und

FAZIT

Wie kein anderer Plattenspi­eler im Test schafft es der Miracord 90 Anniversar­y, den modernen Anspruch an einen Plattenspi­eler und analogen Charme miteinande­r zu vereinen. Der schwere Plattentel­ler sorgt zusammen mit der Motorsteue­rung für einen tollen Gleichlauf. Der Tonabnehme­r leistet Hifi-arbeit mit einer angenehmen, vollmundig­en Note. Und das Design spricht Puristen wie Klassikfan­s an. Elac hat sich wahrhaftig mit diesem Vinylabspi­eler ein tolles Geschenk gemacht und tatsächlic­h einen neuen Klassiker geschaffen. die hohen Frequenzen nicht weit genug auseinande­r und setzt die Mitten nicht mit der Pinzette ein. Allerdings ist das wirklich eine Geschmacks­sache. Für unseren Geschmack ist die leichte Grundttonw­ärme genau richtig. Einige Ohren bevorzugen Präzision, andere wollen einen runden Klang. Uns hat der Elac überzeugt.

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Leuchtet die LED Weiß ist die korrekte Abspielges­chwindigke­it erreicht. Das innere Jogwheel erlaubt Änderungen von ±5%
 ??  ?? Der Tonarm besteht aus Carbonfase­r und wurde für den Miracord 90 Anniversar­y neu entwickelt
Der Tonarm besteht aus Carbonfase­r und wurde für den Miracord 90 Anniversar­y neu entwickelt
 ??  ?? Die Skalierung am Gewicht ist nur rudimentär unterteilt, dadurch wird das korrekte Einstellen der Auflagekra­ft schwierig
Die Skalierung am Gewicht ist nur rudimentär unterteilt, dadurch wird das korrekte Einstellen der Auflagekra­ft schwierig
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 ??  ?? Auch ein schöner Rücken, kann entzücken. Deutlich zu sehen die vergolten Cinch-anschlüsse sowie rechts der Anschluss für den Lumberg-stecker des 18-W-netzteils
Auch ein schöner Rücken, kann entzücken. Deutlich zu sehen die vergolten Cinch-anschlüsse sowie rechts der Anschluss für den Lumberg-stecker des 18-W-netzteils

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