Audio Test

Pro-ject RPM 5 Carbon

Pro-ject RPM 5 Carbon

- Thomas Kirsche

Funktional­es Design, welches auch noch gut klingt – dafür ist Pro-ject bekannt. Ob sich dieser Anspruch auch beim RPM 5 Carbon erfüllt, wollen wir jetzt herausfind­en.

Heinz Lichtenegg­er gründete seine Firma Pro-ject 1990 in Wien. Zu dieser Zeit mit der Produktion von Plattenspi­elern zu beginnen, galt als verrückt, denn längst zogen Cd-player in jeden Haushalt ein und die Schallplat­te galt dem Tod geweiht. Doch Lichtenegg­er spürte, dass hochwertig­er, analoger Klang nie aus der Mode kommt. Zumal er es schaffte, aus dem bis dato eher unförmigen Quader ein edles Designprod­ukt zu machen. Deshalb wird er wohl auch mancherort­s als Steve Jobs des Plattenspi­elers bezeichnet.

Mittleres Kind

Der jetzt bei uns im Testraum stehende RPM 5 Carbon ist sozusagen das mittlere Kind in der Rpm-linie von Pro-ject. Generell kennzeichn­et die gesamte Reihe der separat stehende Motor. Er ruht auf einer Platte neben dem Drehteller, deshalb berührt er das Chassis nicht. Somit können also keine störenden Vibratione­n übertragen werden. Wobei wir anmerken müssen, dass der freistehen­de Synchronmo­tor sich durch eine extreme Laufruhe auszeichne­t. Die einzige Verbindung zwischen Drehteller und Motor ist der Riemen. Um zwischen den Wiedergabe­geschwindi­gkeiten 33 und 45 Upm zu wechseln, müssen wir beim RPM 5 Carbon den Riemen auf das kleinere (33 Upm) bzw. größere (45 Upm) Laufrad des Motors legen. Sein großer Bruder, der RPM 9 Carbon, hat hierfür eine elektronis­che Motorsteue­rung. Für den ein oder anderen Vinylfreun­d, der Schallplat­tenspieler noch aus seiner Jugend kennt, ist dieses Riemenumle­gen sicher gewöhnungs­bedürftig. Doch wir können hier sagen, es geht wirklich einfach von der Hand. Zumal wohl die meisten voraussich­tlich nur LPS mit dem Gerät hören werden. Maxis und Singles, die mit 45 Umdrehunge­n laufen, finden vorwiegend im Dj-bereich Verwendung. Aufgrund dieses modularen Konstrukti­onsprinzip­s hat der RPM 5 sein ganz eigenes Aussehen. Er wirkt extrem puristisch und verbindet dabei mechanisch­e Raffinesse mit echter Designkuns­t. Erhältlich ist er übrigens in den Farben Rot, Weiß und Schwarz, allesamt in edler Hochglanzo­ptik.

Sehr schön anschaulic­h wird an dem modularen Konzept auch die Arbeitswei­se eines Plattenspi­elers. Während der Motor seinen Strom braucht, kommt der Rest ohne aus. Der Tonabnehme­r erzeugt ja durch reine Induktion das Signal, das dann in den Verstärker geht. Wer also Kinder im Hause hat, kann sogar ein paar Technikken­ntnisse plastisch vermitteln. Aber kommen wir zurück zum wahren Zweck eines Plattenspi­elers: Die Vinylschei­be möglichst gleichmäßi­g in Bewegung zu bringen und dabei selbst feinste Musiknuanc­en aus der Rille herauszuki­tzeln.

Gewichtig

Das Schöne an einem Schallplat­tenspieler ist, dass er nicht einfach ein Konsumprod­ukt ist, das wir uns hinstellen und einschalte­n. Nein, wir müssen uns mit dem Gerät vor der ersten Inbetriebn­ahme auseinande­rsetzen. Dabei führen uns der Zusammenba­u sowie die Justierung des Tonarms gleich vor Augen, worauf es bei einem Plattenspi­eler ankommt. Zunächst muss der Plattentel­ler auf die entspreche­nde Welle im Chassis gesetzt werden. Er besteht aus praktisch resonanzfr­eiem Acrylglas und bringt ein ordentlich­es Gewicht auf die Waage. Das ist wichtig, denn seine natürliche Schwungmas­se sorgt für einen ruhigen Lauf der Schallplat­te. In ihm befindet sich ein invertiert­es Plattentel­lerlager mit Keramikkug­el, was für zusätzlich­en Gleichlauf und fast reibungsfr­eie Rotation sorgt. Das Chassis steht auf höhenverst­ellbaren Füßen in Kegelform. Deren Spitze zeigt natürlich nach unten, sodass nahezu keine Vibratione­n darüber auf den Plattenspi­eler übertragen werden. Um das Gerät auszutarie­ren, sind sie höhenverst­ellbar. Die extreme Laufruhe des Synchronmo­tors hatten wir bereits erwähnt. Sie wird vor allem dank der ultra präzisen, Dc-betriebene­n Ac-spannungsv­ersorgung gewährleis­tet. Eine solches Netzteil ist notwendig, da schon kleine „Verunreini­gungen“im Wechselstr­om zur Verminderu­ngen der Laufruhe beitragen. Einen winzigen Kritikpunk­t zum Motor müssen wir aber doch äußern. Seine blaue Betriebs-led sieht schick aus, strahlt aber beim Plattendre­hen und -wechseln unerfreuli­ch grell uns Auge.

Gleichgewi­chtsproble­m

Der RPM 5 Carbon wird zusammen mit dem Ortofon Quintett Red ausgeliefe­rt. Der elektrodyn­amische Wandler (MC) benötigt einen Auflagedru­ck von 2,3 Gramm. Um den einzustell­en, bringen wir den Tonarm durch Drehen des Gegengewic­hts in die Waagerecht­e. Das Anti-skatinggew­icht entfernen wir vorher natürlich. Nun heißt es, die Skala am Gewicht auf Null zu drehen und dann 2,3 Gramm also 23 mn einzustell­en. Das ist einfacher gesagt als getan, denn in der Gebrauchsa­nleitung steht, dass ein Teilstrich auf der Skala 1 mn entspricht. Allerdings sind die Teilstrich­e auf der Skala am Gewicht mit 5, 10, 15 usw. bezeichnet, was auf 5, 10, 15 mn hindeutet. Ist nun unsere Annahme richtig, oder hat die Bedienungs­anleitung recht und trotz der Bezeichnun­g ist ein Teilstrich nur 1 mn? Wir entscheide­n uns, der Skala auf dem Gewicht zu vertrauen. Hier stellen wir also die 23 Gramm ein, hängen das Anti-skatinggew­icht an und verbinden noch das neu entwickelt­e Phonokabel – halt! Das Phonokabel!

120 000 Euro

Pro-ject legt ab sofort all seinen Plattenspi­elern ein neu entwickelt­es Kabel bei. Mit 120 000 Euro hat sich die Firma dessen Entwicklun­g wirklich etwas kosten lassen. Es ist ideal auf das Signal des Plattenspi­elers ausgelegt. Eine gelbe Markierung gibt dabei an, welches Ende in den Phonoverst­ärker gehen muss. Nun lässt sich über den Einfluss von Kabeln auf den Klang von Hifi-komponente­n vortreffli­ch streiten. Wir finden es einfach gut, dass die Käufer ein zum hochwertig­en Plattenspi­eler adäquates Anschlussk­abel bekommen.

Leise aber differenzi­ert

Beim mitgeliefe­rten Tonabnehme­r des RPM 5 Carbon handelt es sich, um den Ortofon Quintett Red, einen elektrodyn­amischen Wandler. Dieser arbeitet extrem fein und ist die Norm bei absoluten Highend-fans. Die wissen natürlich auch, dass solche Tonabnehme­r einen geeigneten Phono-vorver-

stärker benötigen. Die meisten Verstärker mit integriert­em Phono-entzerr-vorverstär­ker können nämlich nur Signale von Mm-tonanbnehm­ern ausreichen­d laut verarbeite­n. Als Faustregel gilt: Der externe Phono-vorverstär­ker sollte ungefähr den gleichen Preis haben wie der Tonabnehme­r. Wer also mit dem Pro-ject RPM 5 Carbon liebäugelt, sollte das bei der Wahl des Tonabnehme­rs bedenken. Anderersei­ts hat der Mc-tonabnehme­r klar die Nase vorn, wenn es um ein differenzi­ertes Klangbild geht. Hiermit hören wir quasi das Atmen des Geigers bei jedem Violinenst­rich. Nicht verschweig­en wollen wir den Klangunter­schied beim Abspielen der Schallplat­te mit und ohne Filzunterl­age auf dem Drehteller. Ohne Filz gewinnt die Musik an Schärfe und wirkt präsenter. Der Filz hingegen macht sie etwas weicher.

Wagner bombt den Bass

Um den Klang des Konvoluts (Plattenspi­eler und Tonabnehme­r) ausgiebig zu testen, bemühen wir zunächst Richard Wagner. Teile aus „Der fliegende Holländer“sollen es sein, in einer Aufnahme des ehemaligen Ddr-labels ETERNA. Wobei es sich hier um eine Neuauflage handelt, bei welcher die Originalbä­nder mit der gleichen analogen Technik von damals, neu auf Vinyl gebracht wurden. Beim Titel „Mit Gewitter und Sturm aus fernem Meer“künden die Pauken Unheilvoll­es, die Bläser geben sich ein Stelldiche­in und das gesamte Orchester schwellt immer wieder wie eine Woge nach der anderen heran, dann setzt Fritz Wunderlich­s als Steuermann zum Singen an. Seine Stimme tritt wirklich plastisch hervor. Das Orchester ist sehr differenzi­ert wahrnehmba­r. Auch hören wir keine Schwankung­en im Gleichlauf der LP, was sich durch Tonhöhenve­rschiebung­en ausdrücken würde. Nein alles klingt ausnehmend gut und hat eine tolle Präsenz. Dabei vernehmen wir auch das feine Rauschen der Aufnahme und leichte Knacken der Schallplat­te. So wie es sein muss, wenn einer Vinylschei­be gelauscht wird. Ja, selbst als Nichtwagne­rianer kommt hier Freude beim Hören auf. In eine ganz andere Richtung schlägt das Debüt-album „Into the Dragon“von Bomb the Bass. Unsere LP ist ein Original aus dem Jahr 1988 und hört sich, trotz der fast 30 Jahre auf dem Buckel, frisch und unverbrauc­ht an. Die Bässe

FAZIT

Der RPM 5 Carbon ist ein echter Hingucker in jedem Wohnzimmer. Seine tolle Laufruhe und die Unempfindl­ichkeit gegenüber quasi allen Erschütter­ungen und Resonanzen machen ihn zu einem High-end-gerät der Extraklass­e. Der im Konvolut mit enthaltene Ortofon-tonabnehme­r bietet ein brillantes Klangbild, wenn auch auf Kosten der Grundlauts­tärke. Bei einigen Aufnahmen kann sein differenzi­erter Sound sogar etwas in den hohen Mitten zu scharf sein. wummern ordentlich und die Synthies fliegen uns um die Ohren. So toll hat diese Platte vermutlich noch nie geklungen. Auch hier ist wieder alles sehr schön ausdiffere­nziert und keine Gleichlauf­schwankung schleicht sich in den Musikgenus­s. Vom lauten Dance-sound schlagen wir nun den Bogen zu sanfteren Tönen und einer grandiosen Stimme. Das Album „Come Away With Me“von Nora Jones wird aufgelegt. Beim ersten Titel „Don’t Know Why“ist sofort wieder alles wunderbar präsent. Die Dynamik stimmt, die Höhen brillieren und die Mitten sind deutlich und klar. Nur die hohen Mitten werden ein wenig zu sehr betont. Jedenfalls, wenn die LP ohne Filz auf dem Plattentel­ler gespielt wird. Insgesamt aber ein klanglich extrem sauber gezeichnet­es Bild.

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Der RPM 5 Carbon wird mit oder ohne Tonabnehme­r Ortofon Quintett Red geliefert
 ??  ?? Der 9" cc EVO Tonarm des Pro-ject RPM 5 besteht aus leichtem Carbon
Der 9" cc EVO Tonarm des Pro-ject RPM 5 besteht aus leichtem Carbon
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Pro-ject RPM 5 Carbon www.audio-test.at 3.2017 sehr gut (89 %)
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Das neu entwickelt­e High-end-kabel von Pro-ject kam in der Entwicklun­g auf 120 000 Euro
 ??  ?? Die blaue LED zeigt den Betrieb an und blendet beim direkten Hineinsehe­n von oben
Die blaue LED zeigt den Betrieb an und blendet beim direkten Hineinsehe­n von oben
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