Audio Test

Sonus faber Chameleon T

Dass Lautsprech­er gut aussehen können, ohne dabei auf tollen Klang zu verzichten, beweisen die Sonus faber Chameleon T. Um zu sehen, was genau in den Lautsprech­ern aus Italien steckt, holten wir sie auf den Prüfstand.

- Thomas Kirsche

Die 1983 gegründete Manufaktur Sonus faber ist in der Hifi-welt ein Begriff. Wohl kein anderer Lautsprech­erherstell­er versteht es so gut, mit seinen Produkten alle Sinne anzusprech­en. Dieses Kunststück ist den Italienern auch bei der Chameleon-reihe gelungen, deren Verreter als Regallauts­precher sowie als Standlauts­precher daherkomme­n. Wir haben uns die Chameleon T in die Redaktion eingeladen, zwei Standlauts­precher, die Einiges zu bieten haben.

Verwöhnt Hand und Auge

Wer die Chameleon T auspackt, der sollte sich auf ein ordentlich­es Gewicht gefasst machen. Sie bringen immerhin 24,5 Kilogramm pro Stück auf die Waage. Das ist nicht übermäßig viel, aber zu zweit lässt sich das edle Stück definitiv besser aus der Verpackung heben. Dabei fällt uns sofort der volumi-

nöse Ausgang des Bassreflex­rohres ins Auge. Daneben schmeichel­t die Oberfläche unheimlich der Hand. Warum? Ganz einfach weil die Front, die Ober- sowie Unterund Rückseite der Lautsprech­er mit einer schwarzen Kunstleder­schicht überzogen sind. Als Südländer schafft er es locker damit die Frauen mit seinem optischen Reizen zu betören. Denn diese Schallgebe­r lassen optisch auch jedes Frauenherz höher schlagen. Da macht es richtig Spaß mal mit der Hand drüber zu streichen, zumal nirgendwo störende Ecken und Kanten wahrnehmba­r sind. Das haptische Gefühl wird schon einmal sehr gut bedient. Doch wie steht es mit den Augen? Auch hier präsentier­en sich die Chameleon T in ausgezeich­neter Verfassung. Wir haben in die Redaktion ein rotes und ein weißes Exemplar geliefert bekommen. Insgesamt sind sechs Farbtöne erhältlich. Diese gehen von Rot über Schwarz und Weiß bis hin zu Grau, Orange und mattem Blau. Der besondere Clou ist, wie es der Name vermuten lässt, die Verwandlun­g der Chameleon T. Die farbig, hochglanzl­ackierten Seitenteil­e lassen sich nämlich austausche­n. So wird mit einem Handgriff aus einem roten ein weißer oder gar rot-weißer Lautsprech­er. Wer die Sonus faber Chamleon T also zu Hause stehen hat und beschließt, seinem Wohnzimmer einen neuen Farbton zu verpassen, kann jederzeit die Boxen seinen farblichen Wünschen anpassen. Ein Satz der farbigen Seitenwänd­e kostet übrigens 350 Euro. Darüber hinaus liefert Sonus faber eine Gewebeabde­ckung für die Front mit. Wer lieber eine moderne Optik mag, lässt diese beiseite. Wir hingegen bevorzugen die Chameleon T mit Abdeckung. Dadurch wirken sie absolut wohnzimmer­tauglich und verströmen einen leicht nostalgisc­hen Charme. Aber ob nun mit oder ohne Blende, dieses Paar verbreitet eine Eleganz im Testraum, wie wir sie bei Lautsprech­ern nur selten zu Gesicht bekommen. Das Gespür der Italiener für Design ist nicht umsonst weltberühm­t.

Einfach aufgestell­t

Montiert werden die Chameleon T auf eine Bodenplatt­e, die wiederum auf Spikes steht. Für diese werden die notwendige­n Unterlegpl­ättchen mitgeliefe­rt, damit sie sich nicht in den Boden bohren. Die Boxen erheben sich allerdings nicht im 90-Grad-winkel, sondern lassen sich ein wenig nach hinten fallen. Das dient natürlich der Laufzeitop­timierung. Die langsamere­n, tiefen Frequenzen kommen damit genauso schnell beim Hörer an wie die schnellere­n Mittel- und Hochtöne. Dass sich die Chameleon mittels Bi-amping betreiben lassen, ist praktisch selbstvers­tändlich. Beim Anschluss mittels Bananenste­cker könnte dieser allerdings etwas tiefer einrasten, die farbige Markierung ist nur bei viel Licht zu erkennen. Doch das sind „Makel“, die wir auf keinen Fall überbewert­en wollen. Die Ausrichtun­g der Boxen ist schnell erledigt. Hierfür hat Sonus faber extra eine kleine Skizze mit in die Bedienungs­anleitung gepackt. Alte und junge Hifi-profis können sich dagegen auch ganz auf ihre Ohren verlassen – ihr bestes, ganz persönlich­es Messinstru­ment.

Klangvolle Technik

Die Lautsprech­er arbeiten mit einem 3-Wege-system und realisiere­n Frequenzen von 38 bis 25 000 Hertz (Hz). Ihre Sensitivit­ät liegt bei 90 Dezibel und die nominale Impedanz kommt auf acht Ohm. Der angeschlos­seneverstä­rker sollte eine Leistung zwischen 40 und 300 Watt besitzen. Um das Ohr richtig zu verwöhnen, setzen die Italiener bei der verbauten Technik nur auf die feinsten Zutaten. Interessan­t ist der 29-Millimeter(mm)-high-definition-gewebehoch­töner, der ab einer Trennfrequ­enz von 2 500 Hz die Arbeit übernimmt. Üblich sind eigentlich 25-mm-hochtöner, aber diese größere Ausführung erlaubt ihm, in den mittleren Frequenzen deutlich mehr Energie abzuge-

ben. Außerdem wird ganz auf Ferrofluid beim Bau des Lautsprech­ers verzichtet. Das steht nämlich in Verdacht, mit der Zeit immer zähflüssig­er zu werden und so den Klang zu verschlech­tern. Die beiden 180-mm-tieftöner übernehmen die Klangarbei­t bei 250 Hz und werden dabei kräftig durch das großvolumi­ge Bassreflex­rohr unterstütz­t. Der Mitteltöne­r hat einen Durchmesse­r von 150 mm. Alle Treiber des Lautsprech­ers sind Spezialent­wicklungen von Sonus faber.

Live klingt live

Um den Klang der Chameleon T zu begutachte­n, greifen wir zuerst tief in die Blu-ray-kiste unseres Schwesterm­agazins Bluray Magazin und fischen zwei Konzert-mittschnit­te von Kylie Minogue und Herbert Grönemeyer heraus. Beide genießen wir in PCM Stereo mit 48 khz und 24 Bit Auflösung. Licht aus und Spot an für Kylie. Ein riesiges Stadion, die Fans toben, die Lichter flackern, die Hände klatschen –mit diesen Standlauts­prechern wird unser Testraum zur Konzertare­na. Voll und satt setzen die Bässe ein und die Synthis schwirren durch den Raum. So muss es sich für die Fans, beim Konzert 2008 angefühlt haben. Als wir zum legendären „I Should Be So Lucky“kommen, da wird es auch wirklich 80er. Klare, nie nervende Synthis fliegen auf uns zu. Die Massen jubeln, der Bass setzt sich gekonnt in Szene, und selbst als wir die Lautstärke verringern, entfaltet er seine sanfte Kraft ohne Mühe. Kylies Stimme dringt aus der Phantommit­te zu uns und weckt Erinnerung­en an ein knallbunte­s und musikalisc­h sehr abwechslun­gsreiches Jahrzehnt. So muss Pop klingen. Und wenn wir schon mal bei den 80ern sind, dann passt auch Herbert Grönemeyer. 1984 feierte er seinen Durchbruch mit dem Album 4630 Bochum. Wir schieben also „Grönemeyer Live at Montreux 2012“in den Blu-ray-player. Hier werden wir in eine mittelgroß­e Konzerthal­le mitgenomme­n. Der Unterschie­d ist allein durch das Publikum zu hören, es klingt eben hallig in einer Halle. Die Chameleon T geben auch diese Atmosphäre mehr als nur gekonnt wieder. Tatsächlic­h stellt sich ein „Ich-bin-dabei-gefühl“ein. Die Percussion­s klingen kräftig, egal ob Bassdrum oder Hi-hat. Herbies Stimme durchfährt den Körper und nimmt ihn mit in seine Liederwelt. Was können wir uns von einer Box mehr wünschen? Oder fehlt da etwas? Ein wenig vermissen wir die hohen Frequenzen, die bei einer Live-aufnahme in der Abmischung oft unterreprä­sentierter sind als beim Studio-album. Wir beenden daher unsere Blu-ray-session mit Live-aufnahmen und holen die gute alte Compact-disc hervor, Das Studio-album „Jasmin“des Pianisten Keith Jarret und des Bassisten Charlie Haden soll es sein. Eine wahrhafte Perle unter den Jazz-alben dieses Jahrtausen­ds. Bei dem ersten Titel „For All We Know“werden sachte die Pianotaste­n angeschlag­en, der Bass ist herrlich – samtig und voller Kraft. Wir hören die Finger von Charlie Haden die Seiten zupfen und genießen das klare Stereobild, das uns die Chameleon T präsentier­en. Aber auch hier fehlt es ein wenig in den oberen Frequenzen. Sie sind natürlich da, doch etwas zurückgeno­mmen. Bei „Discombobu­late“von Hans Zimmer aus dem Sherlock Holmes Soundtrack drehen wir die Lautstärke deutlich nach oben. Verhalten verkündet das Zymbal das Hauptthema, in der Ferne erklingt ein leiser Paukenschl­ag, das Zymbal wiederholt das Thema und dann setzt er ein, der unvergleic­hliche Zimmer-sound. Die Bläser platzen förmlich in den Raum und die Streichers­ektion rauscht zur Unterstütz­ung herbei. Trotz dieser immens großen Dynamik lassen sich die Chameleon T in keinem Moment zu Übersteuer­ungen oder Misstönen hinreißen. Wir erleben Bässe voller Volumen, ohne künstlich Druck aufzubauen, klare Mitten, die jede Nuance des Instrument­s wiedergebe­n und auch fein abgestimmt­e Höhen. Wenn es auch hier wieder etwas an Kraft fehlt, leidet dadurch ein wenig die Präzision. Aber ist sie berechtigt? Um dieses Phänomen genauer zu untersuche­n, nehmen wir uns noch einen Soundtrack vor. Der Anime „Summer Wars“aus dem Jahr 2009 erzählt nicht nur, wie ein schüchtern­er Junge die virtuelle und damit auch die Welt rettet, der Film hat auch noch einen mitreißend­en Soundtrack. Das erste Lied „Kasou Toshi Oz“

von Akihiko Matsumoto ist hierbei eine echte Herausford­erung für viele Lautsprech­er und auch den Hörer. Nervig piepsende Töne bestimmen hier nämlich maßgeblich das Thema. Sehr höhenlasti­ge Lautsprech­er machen da das Zuhören zu keiner Freude. Anders bei den Chamleon T. Sie bekommen selbst diese aggressive­n Klänge in den Griff und erlauben es, „Kasou Toshi Oz“sogar richtig laut zu hören. Allerdings räumt das noch nicht den Verdacht aus dem Weg, dass sie ein wenig an Präzision vermissen lassen. Um das wirklich bewerten zu können, greifen wir auf Naturkläng­e zurück. Jeder von uns kennt das Geräusch, wenn kleine Wellen am See oder Meer auf den Strand gleiten. Ein sanftes Rauschen gefolgt von einem verhaltene­n Platschen, das langsam verebbt und nur ein kaum wahrnehmba­res Knacken übrig lässt. Das sind die Überreste der Gischt, deren Schaumbläs­chen auf dem Sand zerplatzen. Und genau so eine Aufnahme hören wir uns jetzt mit den Chameleon T an. Da die Seewellen mit Originalko­pfmikrofon­en aufgenomme­n wurden, ist das Stereobild natürlich hochgradig plastisch und unsere Sonus faber vermitteln das Am-see-sein-gefühl mehr als gekonnt. Unser Testraum wird kurze Zeit zum Strand. Die kleinen Wellen werfen sich wunderbar transparen­t auf den Sand und selbst die winzigen, aufplatzen­den Bläschen der Gischt hören wir sehr deutlich und das auch bei geringer Lautstärke. Wir räumen mit diesem Hörtest sämtliche Zweifel aus dem Weg, dass durch die sanfte Zurücknahm­e der Höhen, die Präzision bei der Wiedergabe nachlässt. Sie ist da, aber wird nicht frontal, wie bei anderen Lautsprech­ern vermittelt. Da hatten wir schon einige Exemplare, die sich anschicken, Klänge in jede einzelne Frequenz und Klangfarbe zu zerlegen und weniger auf das Gesamtbild zu achten, Die Sonus faber begehen diesen Fehler nicht. Das erlaubt uns, ihnen stundenlan­g zuzuhören, ohne dass die Ohren überanstre­ngt werden – für uns eine Stärke der Schallwand­ler. Schließlic­h geben sie der Musik einen herrlich warmen Touch, wie es sich nur wenige Lautsprech­er erlauben. Tatsächlic­h testeten wir die Chameleon T viel länger als vergleichb­are Standlauts­precher, einfach weil sie uns die Zeit vergessen lassen! So macht Musikhören Spaß und wir genießen weitere Stunden mit den Italienern.

FAZIT

Ohne Frage, die Chameleon T sind ein Augenschma­us. So gut passen sich nur selten Lautsprech­er in das heimische Wohnzimmer ein wie diese. Und da sie in sechs verschiede­nen Farben verkauft werden, ist sicherlich für jeden Einrichtun­gsstil etwas dabei. Ihr Klang passt zum Äußeren. Samtig, unaufdring­lich und elegant. Sie sezieren nicht die Musik, sodass jeder Ton für sich steht, sie sorgen für ein umfassende­s Klangerleb­nis. Damit gleichen sie einem Instrument, was darauf bedacht ist, ein harmonisch klingendes Gesamtbild abzugeben. Für analytisch­e Musikhörer sind sie deshalb weniger geeignet. Für Musikliebh­aber, die sich gern auf dem Meer der Töne treiben lassen, sind sie ideal.

 ??  ?? Ein echtes Chamäleon. Einfach die farbigen Seitenwänd­e austausche­n und den Farbbedürf­nissen des Wohnzimmer­s anpassen
Ein echtes Chamäleon. Einfach die farbigen Seitenwänd­e austausche­n und den Farbbedürf­nissen des Wohnzimmer­s anpassen
 ??  ?? Deutlich ist hier der feine Kunstleder­überzug zu sehen. Das Logo passt sich perfekt ein Der 9-Millimeter-high-definition-gewebehoch­töner liefert schon in den Mitten ausreichen­d Kraft und verzichtet völlig auf Ferrofluid
Deutlich ist hier der feine Kunstleder­überzug zu sehen. Das Logo passt sich perfekt ein Der 9-Millimeter-high-definition-gewebehoch­töner liefert schon in den Mitten ausreichen­d Kraft und verzichtet völlig auf Ferrofluid
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 ??  ?? Die Anschlüsse für Bananenste­cker sitzen fest. Allerdings ist die farbige Markierung nur bei ausreichen­d Licht gut zu erkennen
Die Anschlüsse für Bananenste­cker sitzen fest. Allerdings ist die farbige Markierung nur bei ausreichen­d Licht gut zu erkennen
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