KEF Blade 2
Die britischen Lautsprecherproduzenten von KEF gehen gerne neue Wege. Diesmal haben sie sich aber ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. In puncto Design und Sound sind die Blade Two ein gewagtes Experiment. Eins ist aber sicher: Die Blade Two sind in bei
Schon bei der Anlieferung sorgen die KEF Blade Two für große Augen. Mannshohe Kartons stehen da vor einem. Öffnet man die Verpackung, ist man bereits das erste und zweite Mal verdutzt. Zum einen, weil die Verpacker bei KEF die Kartonage selbst handgefertigt mit ihrem Emblem verzieren, zum anderen, weil die Briten es dem Kunden überraschend leicht machen, diese Giganten aus ihrer Hülle zu befreien. Ein Schaumstoffhelm sitzt auf der spitz zulaufenden oberen Partie, damit ja nicht schon ein optischer Makel beim Transport entsteht, bevor man das erste Mal in den akustischen Genuss der Luxuslautsprecher kommt. Ein Bett aus gleichem Material schützt den Fuß und lässt die immerhin 35,3 Kilogramm schweren Kolosse sanft aus dem Karton gleiten. Wir haben selten so einen einfachen Aufbau von Standlautsprechern gehabt, wie in diesem Fall.
Postmoderne trifft Star Trek
Hat man die Blade Two dann erst einmal aufgestellt, erschlägt der erste Eindruck förmlich das Auge des Betrachters. Denn so etwas haben die meisten von uns noch nicht gesehen. Keilförmige Giganten aus Kunststoff, erhältlich in sieben ziemlich poppigen Farben von „racing red“bis „warm metallic grey“begeistern und irritieren optisch gleichermaßen. Die Farbe unserer getesten Version ist „frosted blue“. Die zur Verfügung gestellten Lackierungen erinnern alle ein wenig an die Farbgebung von Star Trek-interieur. Das mag erstmal ein bisschen altmodisch klingen, aber solche Farbtöne sucht man vergebens im Segment, in dem sich die KEF Blade Two bewegen. Auffallen um jeden
Preis, scheint die Devise bei KEF zu lauten. Das geht beim Design des Chassis nahtlos weiter. Das ist einer dieser post-modernen Olympiafackeln nicht unähnlich. Sie soll aber eigentlich einer Skulptur des Bildhauers Constantin Brancusi namens „Vogel im Raum“nachempfunden sein. Nicht, dass die britische Lautsprechermarke bisher ein konservatives Design an den Tag gelegt hätte. Aber das, was sie hier präsentieren, ist dann doch noch einen guten Schritt gewagter. Selten zuvor ließ eine Hifischmiede ihre Designer sich an einem Modell derartig austoben.
Das einzig Konventionelle
Eine einzige scharfe Kante gibt es, die sich von der Hinterseite bis zur runden Spitze und wieder gen Boden zurückschwingt. Die rund gebogene Frontpartie mit einer Höhe von fast anderthalb Metern (146 cm) beherbergt nur einen einzigen Töner. Dafür verteilen sich die vier Tieftöner gleichmäßig auf die sich verjüngenden Flanken des Korpus – ein äußerst ungewohnter Anblick. Überraschend schlank mutet dann auch die Rückseite an. Die (Bananenstecker-)anschlüsse sind wie gewohnt im untersten Teil des Lautsprechers. Sie sind wohl das einzige konventionell positionierte Element – über ihnen eine erste Bassreflexöffnung, eine weitere im oberen Teil des Hecks. Die Schallabsonderung in alle Richtungen führt dazu, dass man die Lautsprecher besser etwas weiter im Raum positioniert, also generell auch ein Stückchen weiter in Fokus rückt. In jeglicher Hinsicht sind die Blade Two also Kandidaten fürs Rampenlicht.
Lieferumfang
Soweit, so spektakulär. Aber auch die Materialien sind außergewöhnlich. Das Chassis ist aus einem hochdichten Kunstharzschaum, der erst die außergewöhnliche Formgebung ermöglicht. Mit herkömmlichen Kunststoff wäre dies wahrscheinlich unmöglich. Bei einer Metallkonstruktion wären wahrscheinlich Gewichtsprobleme zu verzeichnen gewesen. Beim Design wurde jedoch nicht nur Wert auf optische Stimmigkeit gelegt. Material und Form der Lautsprecher sollen vor allen anderen Aspekten dem Sound dienlich sein. Die seitlich eingelassenen Speaker sind in speziell angefertigten separaten Einhäusungen untergebracht. Dies dient der Verhinderung von unschönen Interferenzen zwischen verbauten Elementen. Leider finden wir jedoch einen kleinen Makel an den Blade Two, der nichts mit dem Klang zu tun hat: die Gummierung der Ränder der Töner. Diese besitzt einen kleinen Nachteil. Sie wirkt magnetisch auf Staub. Vielleicht hat KEF aus diesem Grund auch maßangefertigte, cremefarbene Stoff-überzüge für die Blade Two mitgeliefert. Wer keine Skrupel hat, den Design-klangwundern einen Pyjama an-, beziehungsweise
eher überzuziehen, der kann sich auf diese Weise vor ausgiebigen Staubwischeskapaden behüten.
Eigenwillige Bauweise
Die ungewöhnliche Anordnung der Töner und Öffnungen haben wir bereits erwähnt. Jedoch dient diese nicht der Optik, sondern ist soundtechnisch bis ins letzte Detail durchdacht. Bei den Blade Two handelt es sich um Passivlautsprecher. Sie sind vorwiegend für den akustischen Genuss, denn für funktionelle Aspekte konzipiert. Ihr Klang ist aber aktiven Modellen nicht unähnlich. Was bei diesen per Chipsteuerung funktioniert, erreichten die KEF jedoch allein durch ihre Bauweise. Die vier seitlichen Tieftöner sorgen dafür, dass sich die Bässe gleichmäßig im Raum ausbreiten. Sie sind alle jeweils in separaten Kammern untergebracht, damit sie möglichst wenig bis gar keine Wechselwirkungen mit den anderen Treibern eingehen können. Frontal sind Mittel- und Hochtöner in einem Element vereinigt. Dies sorgt für eine gemeinsame Schallquelle und bewirkt eine vollkommen übereinstimmende Ausgabe der Mitten und Höhen. Eine Art Metallblüte auf dem Höchtönerteil sorgt dafür, dass sich die Schallwellen gleichmäßig ausbreiten. Dies hat zur Folge, dass der Winkel sich vergrößert, in dem man den optimalen Sound genießen kann. Kef-freunde kennen diese Technologie unter dem Namen Uni-q. Die Punktschallquelle ist zweifelsohne eine der wichtigsten Innovationen von KEF, die auch bei den Blades verbaut ist. Und selbst den Anschlüssen hat KEF eine Sonderbehandlung zukommen lassen. Zwar sind diese ausschließlich auf Bananenstecker ausgelegt. Dafür sind die entsprechenden Anschluss-terminals und Frequenzweichen nicht auf einer Platine montiert, sondern per Hand verdrahtet worden – wo findet man diese Liebe zum Detail heutzutage noch?
KEF stößt in neue Welten vor
Durch ihre einzigartige Bauweise schaffen es die Blade Two einen äußerst hohen Authentizitätsgrad zu erreichen. In den mittleren Frequenzen bewegt man sich nah am Realismus. Die Höhen sind punktgenau, aber wirken nicht übertrieben. Die Tiefen sind sehr kräftig. Die gleichmäßige Frequenzausbreitung lässt den Bass an jedem Punkt des Raums mit enormer Stärke und Definition
wirken. 400 Watt Gesamtleistung stehen zur Verfügung. Gemeinsam entsteht ein Raumklang, der seines gleichen sucht. Manchmal sind es die auf den ersten Blick verschrobenen Entwürfe, die die beste Lösung auf der Suche nach neuen Ansätzen darstellen. Und das auf einem ohnehin schon recht gut bestellten Feld, wie das bei Oberklasse-hifi-produkten der Fall ist. KEF provoziert mit ihrer neuesten Errungenschaft die Konkurrenz und das Publikum, reizt Augen, wie Ohren. Eigentlich werden alle Sinne beansprucht, denn manchmal hat man das Gefühl den Sound sprichwörtlich zu fühlen. Getreu dem Motto: Schaut her, was bei uns so passiert. Und bei KEF scheint viel los zu sein. Soundtüftler und Designabteilung dürften auf jeden Fall gehörigen Spaß an der Entwicklung der Blade Two gehabt haben. Speziell am Beispiel von amerikanischen Hiphop kann man es sehr deutlich machen, dass sich KEF bei den Blade Two einen universellen Sound zum Ziel gesetzt hat. Wenn man basslastigere Eastcoast-perlen wie Nas oder Method Man anhört, packt einen der Rhythmus direkt, die Mittelund Hochtönereinheit setzt aber auch die Soulsamples mit ihren vielen Streichern perfekt um. Es scheint ihnen ein Kinderspiel zu sein die Gegensätze auszubalancieren. Aber auch unabhängig davon, ob man Electro oder Klassik bevorzugt, bedienen KEF so ziemlich jede Neigung des Hörers. Besonders bei Live-aufnahmen reibt man sich nicht nur einmal verwundert die Augen, ob des Trugschlusses, man säße direkt im Publikum. Ein Mitschnitt wie zum Beispiel vom Opernfestival aus der antiken Arena in Verona taucht leibhaftig vor dem geistigen Auge auf. Da braucht man für das ganze Schauspiel gar nicht mehr die Bluray-fassung. Es reicht, wenn man schlichtweg die Augen beim Hören schließt. Hierbei sind dann die Höhen und Mitten absolut in ihrem Element. Egal welcher Probe man die Blade Two unterzieht, sie klingen einfach äußerst natürlich und bestechen in ihrer Klarheit.
Qualität kostet
20 000 Euro kostet ein Paar der Blade Two, der kleinen Schwester der Blade, die mit ca. 25 000 Euro zu Buche schlagen. Das ist schon mal allerhand. Ein Vergleich fällt uns schwer, da die Lautsprecher in dieser Form einfach alternativlos sind. Das Klangniveau ließe sich jedoch auch mit Aktivlautsprechern der gleichen Klasse annähernd erreichen, jedoch ist dies nicht jedermanns Sache. Natürlich wird sich hier jeder zwei Mal überlegen, ob er das Geld für ein Lautsprecherpaar oder doch besser für einen Kleinwagen in die Hand nimmt. Wer jedoch das Besondere sucht, ist mit den Blade Two eindeutig besser bedient als mit einem 08/15-Auto von der Stange.
FAZIT
Die neuen Standlautsprecher der Briten überzeugen mit einem großarten Klangbild. Die Ausgewogenheit, der Tonwiedergabe und die exzellente Räumlichkeit sind sehr beeindruckend. Sicherlich sind die Blade Two optisch gewöhnungsbedürftig. Man kann das Design lieben oder auch nicht. Wer es mag, der kann auf einen Streich auch gleichzeitig seine Ohren verwöhnen. Das nötige Kleingeld implizierend, kann man sich beim Kauf sicher sein, dass man zu einer ganz kleinen Gruppe von audiophilen Menschen gehört, die nicht nur Lautsprecher der absoluten Referenzklasse ihr Eigen nennen, sondern auch noch mutig sind, was optische Reize angeht. Design, Technik, aber auch der Preis suchen selbst in Luxuskreisen ihresgleichen. „Well done, KEF!“
BESONDERHEITEN
• Töner strahlen in vier verschiedene
Richtungen • Mittel- und Höchtöner in einer Einheit • Waage in der Fußplatte