| Vier Wege
Endlich – Die neue Arcona-serie aus dem Hause Gauder Akustik ist da! Und ihr Team-leader lässt uns wieder einmal aufhorchen: AMT im Mittelton? Doppelbassreflex? Was hat Dr. Roland Gauder da wieder ausgeheckt?
Jede Menge Erfindergeist verspricht Gauder Akustik mit der Arcona 200
Ich baue einen Speaker und packe rein: vier Frequenzweichen, fünf Treiber, zwei Bassreflexkanäle und das alles in ein stabiles Gehäuse – fertig ist die Arcona 200. Ganz so einfach ist es natürlich bei weitem nicht. Denn es handelt sich beim Flaggschiff der Arcona-serie immerhin um einen Schallwandler aus der
Feder Herrn Dr. Roland Gauders. Promoviert hat der Mitinhaber, Chefentwickler und Namensgeber von Gauder Akustik schließlich nicht, um Do-it-yourself-lautsprecher à la Garagentüftler zu entwerfen. Bewiesen hat er das auch zur Genüge. So erinnern wir uns kurz daran, wie der hünenhaften Berlina RC8 erst im Frühjahr diesen Jahres (Ausgabe 04/17) das Unmögliche gelang: eine Bestnote in der AUDIO TEST. Satte 99 Prozent räumte das Wunderwerk im Test ab! Als herausstechende Besonderheit der Berlina tat sich das blickfangende Gehäuse hervor, welches aus einzelnen Keramikrippen aufgeschichtet wird.
Dieses konzeptionstechnische Schmankerl ist das Markenzeichen der Berlina-serie und somit bei den Arcona-modellen nicht anzutreffen. Aber auch hier sticht zumindest beim Vorzeigemodell der Produktreihe aus der preislichen Mittelklasse sofort etwas ins Auge: entgegen gängiger Treiberkunde setzt Gauder Akustik bei der Arcona 200 auf zwei Air-motion-transformer (AMT). Dabei bespielt der größere der beiden den ansonsten Tauchspulen vorbehaltenen Mitteltonbereich. Ein AMT wird unter Liebhabern für seinen hohen Wirkungsgrad, große Impulstreue und äußerst feinauflösende Wiedergabe geschätzt. Diese erhält er durch das gleichmäßige Schwingungsverhalten der wie Ziehharmonika gefalteten Membran, welche die Luft durch abwechselndes „Pusten und Anziehen“in Schwingung versetzt. Dass der signalinduzierende Draht über die gesamte Membran hinweg verläuft, lässt den Treiber sehr feinfühlig und eben gleichmäßig einschwingen. Elac und Adam schwören in ihren Aktivlautsprechern auf AMTS, Burmester verbaut in seiner BA71 sogar zwei Magnetostaten – zum vorderen Hochtöner ein zusätzlicher an der Rückseite für die beeindruckende Räumlichkeit des Luxus-speakers.
Tradition trifft Innovation
Dabei wurde der AMT bislang allerdings durchweg als Hochtöner eingesetzt – nun prangt er hier leib-und wahrhaftig zwischen Hochtöner und – hoppla, einem weiteren Mitteltöner in Form eines Tauchspulenlautsprechers! Nach dem Motto „doppelt hält besser“? Nicht ganz. Denn der Magnetostat spielt zwar ungewöhnlich tief für einen AMT,
allerdings nur bis knapp 800 Hertz (Hz), was als Trennfrequenz zum Tieftöner wiederum zu hoch angesetzt ist. Daher kommt der 17 Zentimeter (cm) messende Tiefmitteltöner quasi als Aushilfe ins Team. Dieser geht bis zur unteren Trennfrequenz von nur 34 Hz dafür absolut in die vollen. Wie bei Gauder Akustik üblich, sind die Übernahmebereiche zwischen Treibern verschwindend klein gehalten. Mit einer Flankensteilheit von über 50 Dezibel (db) pro Oktave wird hier das Spektrum in seine verschiedenen Bandpass-filter geteilt. Wie nicht anders zu erwarten war, wurde die Aufarbeitung der Frequenzweiche mit besonders viel Fingerspitzengefühl durchgeführt. Auf vier separaten Platinen, eine pro Weg, sind die einzelnen Weichen aufmontiert. Kondensatoren, Spulen und Widerstände bezieht Gauder hier von Mundorf und IT. Somit erklärt sich auch der stolze Preis, den Gauder Akustik für seine Arcona-serie ansetzt. Mit 13 400 Euro gehört die Arcona 200 im Gegensatz zu ihren Geschwistern nicht mehr zur Mittelklasse. Allerdings sind wir großzügige Erschwinglichkeit von Gauder Akustik auch nicht wirklich gewohnt. Doch zurück zum Gerät. Im Innern des Mdf-gehäuses finden wir eine klassische Trennung der einzelnen Treibersektionen. Zum einen versprechen die Trennplatten eine akustische Entkopplung der Chassis zugunsten minimierter gegenseitiger Einflussnahme, zum anderen wird das Gehäuse zusätzlich versteift und läuft daher weniger Gefahr, durch Eigenresonanz das Klangbild zu verfälschen. Die Frequenzweiche ist hinter den Tieftönern verbaut, welche durch kreisrunde Öffnungen in ihrer Kammerwand eine direkte Verbindung zu den beiden Bassreflexöffnungen besitzen. Ganz genau – zwei Bassreflexkanäle. Beide sind eng gehalten und dicht nebeneinander positioniert, was vermuten lässt, dass die Arcona 200 mit einigem Punch aufspielen wird, ohne dass ihr Klang im Tiefgang zerläuft. Dies soll nun der Praxistest erweisen.
Robuster Sound mit feiner Note
Beim Aufstellen der Arcona 200 ist dringend davon abzuraten, den Lautsprecher in Kipp-und-drehtechnik zu bewegen. Bei den meisten Standlautsprechern ist dies zwar eine nützliche Methode, schweres Gerät ohne weitere Hilfe auszurichten, jedoch steht die Arcona 200 nicht direkt auf am Gehäuse montierten Spikes, sondern so genannten Spike-extendern. Diese dünnen Ärmchen sind lediglich zweimal am Gehäuse verschraubt und drohen zu brechen, lastet zu viel Gewicht auf einem Fuß. Außerdem empfiehlt es sich, ob der beiden
Downfire-kanäle, den Schallwandler auf hartem Untergrund zu positionieren, da zum Beispiel Teppichboden nach unten austretende Bassfrequenzen einfach absorbiert. In Sachen Neigung auf den Sweet Spot und Abstand zueinander und umliegenden Wänden ist es wie immer ratsam, über einiges Rumprobieren die ideale Aufstellung für eigene Vorlieben und den heimischen Hörraum zu finden. Wir entscheiden uns für eine nahezu parallele Aufstellung in ca. 2,5 m Abstand von einander und 1,5 m zur dahinter liegenden Wand. In ihrem weißen Klavierlack sind die beiden Klanggeber nun echte Hingucker. Durch ihre nach hinten zulaufende Tropfenform wirkt die Arcona 200 äußerst schnittig. Außerdem sehen wir hier einen weiteren Kniff zur Klangoptimierung: das Verhindern stehender Wellen durch den Verzicht auf parallele Gehäusewände. Rein optisch weiß unser Testmuster auf ein tolles Hörerlebnis einzustimmen. Besonders der große AMT lässt auf eine beeindruckende klangliche Darbietung hoffen. So beginnen wir mit „Paper Trails“, einem Titel des Us-amerikanischen Duos Darkside mit Shooting Star Nicolas Jaar. Die stark komprimierte Midtempo-nummer treibt mit Harringtons bluesigen Gitarrenlicks, einer subtil stampfenden Bass Drum und Jaars coolen, sonoren Gesang einen entspannten Groove in unseren Hörraum. Den Erwartungen entsprechend geschieht das sehr kraftvoll und dennoch detailgetreu. Wunderbar übersetzen die beiden AMTS den röhrend nölenden Gitarrensound. Der Bass kommt sehr scharf und klar geschnitten. Vor allem Jaars Stimme wird obertonreich hauchig bis in die Lippen wiedergegeben. Hier macht sich das Zusammenspiel zwischen Air-motion-transformer und Gauder Akustiks patentierter Xpuls-membran absolut bezahlt. Diese besondere Membran ist zwar zwecks Firmendiskretion nicht in allen Details erschlossen, jedoch lässt sich zum Material eine kurze Erklärung verlieren. Für die Arcona-serie entwickelte Dr. Gauder eigens eine Aluminiummembran, welche rückseitig mit Polymer angereichert ist, wodurch die Membran Härte generiert und gleichzeitig leichtfüßig bleibt. Leichtfüßig wie Chris Tiles Gitarrenspiel in „Don‘t Think Twice It’s Alright“, im Original von Bob Dylan, in dieser Version mit dem virtuosen Jazzpianisten Brad Mehldau. Beschwingt trägt die Arcona 200 zu Beginn Mehldaus Klavierspiel zu Ohr. Sehr luftig bleibt der Klang, als Tile mit seinem herrlich frechen Gitarrenspiel einsetzt. Hinzu kommt dessen leicht kehliger Gesang, der das gesamte Klangbild äußerst sommerlich daherkommen lässt. Wie die Arcona 200 hier auch die feinsten Nuancen herauszuarbeiten weiß, ist schwer beeindruckend, wenngleich auch wenig überraschend für einen Schallwandler von Gauder Akustik.