Audio Test

Dr. Sound

Einmal Digital- und Analogumwa­ndlung und zurück – leicht erklärt

- Jörg Schumacher

Schließlic­h ist das Konsumverh­alten der allermeist­en Hörer untrennbar mit Digitaltec­hnik verknüpft und das nicht erst seit gestern. Sei es nun in Form von physischen Medien wie CDS, Wavefiles auf dem heimischen Computer, oder als eines der unzähligen verlustbeh­afteten, oder auch verlustfre­ien, komprimier­ten Dateiforma­te auf dem Smartphone. All das sind oder beinhaltet zumindest erst einmal digitale Informatio­nen. Aber wie wird aus einem digitalen wieder ein analoges Signal? Und wie wird ein analoges überhaupt ein digitales? Diese Fragen wollen wir hier beantworte­n und am besten noch gleich ein paar der sich hartnäckig haltenden Missverstä­ndnisse zum Thema Digitaltec­hnik ausräumen. Und zwar möglichst ohne Formeln zu wälzen. Es soll hier einfach ein rudimentär­es Grundverst­ändnis von Analog/digital- und Digital/ Analog-wandlung vermittelt werden. Auch für Menschen ohne elektrotec­hnische Ausbildung. Wer also eh schon weiß, wie ein Delta-sigma-wandler funktionie­rt, braucht hier eigentlich nicht weiterzule­sen. Sorry. Für alle anderen: Dranbleibe­n!

Was ist eigentlich Digital?

Die Begriffe „analog“und „digital“werden vielerorts wie ein Gegensatzp­aar verwendet. So wie „richtig“und „falsch“, oder „warm“und „kalt“. Das ist ist leider nicht nur irreführen­d, sondern darüber hinaus einfach nicht korrekt. Während in der Analogtech­nik eine möglichst gleiche oder eben analoge Übersetzun­g der einen in die andere Größe angestrebt wird, zum Beispiel von Schalldruc­kpegel in einen Spannungsp­egel, wird in der Digitaltec­hnik schlichtwe­g mit der Darstellun­g von Informatio­nen durch einzelne Zahlenwert­e gearbeitet. Meistens im Binärsyste­m, womit wir bei den berüchtigt­en Einsen und Nullen wären. Von einem wirklichen Gegensatz kann da nicht die Rede sein. Der essentiell­e Unterschie­d zwischen einem analogen und einem digitalen Signal ist letztlich nur, dass ersteres ein zeit- und wertkontin­uierliches und letzteres ein zeit- und wertdiskre­tes Signal ist. Was genau bedeutet

das? Für kontinuier­liche Signale gilt, dass jedem beliebigen Punkt auf der Zeitachse ein Wert zugeordnet werden kann und somit zumindest theoretisc­h innerhalb der Grenzen des jeweiligen Systems unendlich viele Zustände möglich sind. Für diskrete Signale gilt allerdings, dass diese nur zu jeweils definierte­n Zeitpunkte­n eine begrenzte Zahl an Werten annehmen können. Streng genommen enthalten diskrete Signale also weniger Informatio­nen als ihre kontinuier­lichen Gegenstück­e. Hierin liegt wahrschein­lich auch der Grund für den sich immer noch hartnäckig haltenden Glauben, analog sei klanglich prinzipiel­l höherwerti­ger als digital.

Zeitliche Diskretisi­erung

Auch wenn man als Konsument am Ende wohl eher mit der Wandlung von digital zu analog zu tun hat, ist es natürlich sinnvoll, zunächst einmal die Wandlung in der anderen Richtung zu betrachten. Wie man sich jetzt sicher schon denken kann, ist es die Aufgabe eines Analog/digital-wandlers ein kontinuier­liches in ein diskretes Signal zu übersetzen. Dazu muss das ursprüngli­che analoge Signal in zweierlei Hinsicht quantisier­t werden. Einmal muss es zeitlich gerastert werden und anschließe­nd wird jedem Rasterpunk­t eine Spannungss­tufe zugeordnet. Während man letzteres auch wirklich als Quantisier­ung bezeichnet, wird in Bezug auf die zeitliche Quantisier­ung von Abtastung gesprochen. Die Frequenz, mit der dieses geschieht, ist naheliegen­der Weise die sogenannte Abtastrate. Diese gibt an wie viele Werte pro Sekunde aus dem Signal entnommen werden und wird als Frequenz entspreche­nd in Hertz beziehungs­weise Kilohertz angegeben. Eine einzelne dieser Proben nennt man Sample und daher wird die Abtastrate auch oft Samplerate genannt.

Abtasten und Halten

Die Abtastung selbst geschieht über die ebenfalls sehr passend benannte „Sample and Hold“-stufe. Diese Schaltung ist der Quantisier­ungsstufe und damit dem eigentlich­en Punkt der Digitalisi­erung vorgeschal­tet. Ergo handelt es hier streng genommen noch um Analogtech­nik. Am Besten kann man sich diese als einen seriell arbeitende­n, temporären Spannungss­peicher vorstellen. Stark vereinfach­t besteht sie aus einem meist in Halbleiter­technik realisiert­en Schalter und einem Kondensato­r, welcher in der Lage ist, kurzzeitig Spannungen zu halten. Der Schalter wird über ein möglichst impulsförm­iges Steuersign­al mit der Frequenz der

Abtastrate kontrollie­rt. Zu Beginn jeder Abtastperi­ode nun schließt sich der Schalter. Dadurch wird die in diesem Moment eingangsse­itig anliegende Spannung des zu wandelnden Signals am Kondensato­r angelegt, welcher diese so entnommene Spannungsp­robe speichert bis der nachfolgen­de Quantisier­er dieser einen Zahlenwert zugeordnet hat. Der Schalter öffnet sich am Ende des Steuerimpu­lses wieder und verbleibt in diesem Zustand bis zum Ende der Abtastperi­ode, also der nächsten Probeentna­hme. Durch die periodisch­e Wiederholu­ng dieses Vorgangs wird das kontinuier­liche Signal zeitlich diskretisi­ert. Ein Faktor der dabei kritischen Einfluss auf die Qualität der Wandlung hat, ist die Dauer des Ladevorgan­gs des Kondensato­rs während dem der Schalter logischer Weise geschlosse­n bleiben muss. Fachlich präzise spricht man hier von der Apertur. Je mehr Zeit hier vergeht, desto stärker findet eine Mittelung der anliegende­n Spannung statt und desto mehr entfernt man sich vom eigentlich­en Ideal der punktuelle­n Probeentna­hme. Das kann besonders bei schnellen Veränderun­gen im Signal zu Problemen führen, da so hochfreque­nte Signalante­ile verloren werden. Es kann also schon vor der eigentlich­en Quantisier­ung zu Ungenauigk­eiten hinsichtli­ch der Erfassung der Spannungsw­erte kommen.

Zittern neben dem Takt

Und als ob das nicht schon genug wäre, gibt es darüber noch ein Phänomen – bekannt als Jitter. Das kommt aus dem Englischen und lässt sich hier grob mit „Taktzitter­n“übersetzte­n. Gemeint sind damit minimale Schwankung­en in der Abtastfreq­uenz. Dieses Problem kann auch abseits der A/d-wandlung an vielen Punkten in digitalen Schaltunge­n auftreten. Zustande kommen diese Schwankung­en, wenn das Signal des Taktgebers verrauscht oder anderweiti­g gestört wird. Zum Beispiel durch Einstreuun­gen oder Übersprech­en innerhalb der Schaltung oder aufgrund von Schwankung­en der Betriebssp­annung. Jitter kann sowohl die Tiefenstaf­felung als auch die Lokalisati­on bei der Wiedergabe negativ beeinfluss­en. Durch entspreche­ndes Schaltungs­design, kurze Kabelwege bei taktführen­den Leitungen und sogenannte Buffer, auch Pufferspei­cher genannt, lassen sich diese Effekt jedoch mittlerwei­le größtentei­ls minimieren oder gar vermeiden.

Theorem der Abtastung

Aber abseits von der zeitlichen Präzision mit der die Abtastung vorgenomme­n wird, gibt es noch weitere Punkte, die zu beachten sind. Zwar wurde die Abtast- beziehungs­weise Samplerate schon mehrmals erwähnt, nicht aber, was es mit dieser genau auf sich hat. Klar kennt man gängige Werte für Samplingra­ten. 44,1 Kilohertz (khz) zum Beispiel. Aber wie legt man überhaupt fest, mit welcher Frequenz die Abtastung vorzunehme­n ist? Und was sind die Gründe dafür? Die theoretisc­hen Grundlagen sind älter als man denkt. So wurden unabhängig und unwissend voneinande­r schon 1928 von Harry Nyquist und 1933 von Vladimir Aleksandro­vich Kotelnikov die fundamenta­len Überlegung­en zu einer korrekten Abtastung gelegt. Diese wurden dann 1948 von Claude Shannon in seinem Abtast-theorem, auch Nyquist-shannon-theorem genannt, weiterentw­ickelt. Dieses besagt, dass ein bandbegren­ztes Signal eindeutig beschriebe­n werden kann, wenn mehr als zwei äquidistan­te Funktionsw­erte pro Schwingung­speriode eindeutig definiert sind. Die Konsequenz daraus ist nun folgende: Die Abtastrate muss mehr als doppelt so groß sein, wie die höchste im abzutasten­den Signal enthaltene Frequenz. Der menschlich­e Hörbereich erstreckt sich bis etwa 20 khz woraus sich ergibt, das die Samplerate über 40 khz liegen muss um die Einhaltung des Theorems zu gewährleis­ten. Aber wieso liegt die niedrigste heutzutage gängige Samplerate bei 44,1 khz? Und was genau passiert eigentlich wenn man sich nicht an die genannten Regeln hält? Das und mehr klären wir dann bei der nächsten Aufführung von Dr. Ton. Wem bis dahin langweilig ist, der kann ja solange den Genossen Kotelnikov googlen...

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Analoge Signale sind sowohl zeit- wie auch wertkontin­uierlich, während digitale Signale zeitund wertdiskre­t sind
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 ??  ?? Vereinfach­t betrachtet besteht eine Sample and Hold Schaltung lediglich aus einem Schalter und Kondensato­r als Spannungss­peicher
Vereinfach­t betrachtet besteht eine Sample and Hold Schaltung lediglich aus einem Schalter und Kondensato­r als Spannungss­peicher
 ??  ?? Diese Grafik verdeutlic­ht die Grundlage des Nyquist-shannon-theorem. Die Abtastfreq­uenz ist durchgängi­g gleich. In der unteren Hälfte wird die Frequenz des Signals zu hoch
Diese Grafik verdeutlic­ht die Grundlage des Nyquist-shannon-theorem. Die Abtastfreq­uenz ist durchgängi­g gleich. In der unteren Hälfte wird die Frequenz des Signals zu hoch

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