Dr. Sound
Einmal Digital- und Analogumwandlung und zurück – leicht erklärt
Schließlich ist das Konsumverhalten der allermeisten Hörer untrennbar mit Digitaltechnik verknüpft und das nicht erst seit gestern. Sei es nun in Form von physischen Medien wie CDS, Wavefiles auf dem heimischen Computer, oder als eines der unzähligen verlustbehafteten, oder auch verlustfreien, komprimierten Dateiformate auf dem Smartphone. All das sind oder beinhaltet zumindest erst einmal digitale Informationen. Aber wie wird aus einem digitalen wieder ein analoges Signal? Und wie wird ein analoges überhaupt ein digitales? Diese Fragen wollen wir hier beantworten und am besten noch gleich ein paar der sich hartnäckig haltenden Missverständnisse zum Thema Digitaltechnik ausräumen. Und zwar möglichst ohne Formeln zu wälzen. Es soll hier einfach ein rudimentäres Grundverständnis von Analog/digital- und Digital/ Analog-wandlung vermittelt werden. Auch für Menschen ohne elektrotechnische Ausbildung. Wer also eh schon weiß, wie ein Delta-sigma-wandler funktioniert, braucht hier eigentlich nicht weiterzulesen. Sorry. Für alle anderen: Dranbleiben!
Was ist eigentlich Digital?
Die Begriffe „analog“und „digital“werden vielerorts wie ein Gegensatzpaar verwendet. So wie „richtig“und „falsch“, oder „warm“und „kalt“. Das ist ist leider nicht nur irreführend, sondern darüber hinaus einfach nicht korrekt. Während in der Analogtechnik eine möglichst gleiche oder eben analoge Übersetzung der einen in die andere Größe angestrebt wird, zum Beispiel von Schalldruckpegel in einen Spannungspegel, wird in der Digitaltechnik schlichtweg mit der Darstellung von Informationen durch einzelne Zahlenwerte gearbeitet. Meistens im Binärsystem, womit wir bei den berüchtigten Einsen und Nullen wären. Von einem wirklichen Gegensatz kann da nicht die Rede sein. Der essentielle Unterschied zwischen einem analogen und einem digitalen Signal ist letztlich nur, dass ersteres ein zeit- und wertkontinuierliches und letzteres ein zeit- und wertdiskretes Signal ist. Was genau bedeutet
das? Für kontinuierliche Signale gilt, dass jedem beliebigen Punkt auf der Zeitachse ein Wert zugeordnet werden kann und somit zumindest theoretisch innerhalb der Grenzen des jeweiligen Systems unendlich viele Zustände möglich sind. Für diskrete Signale gilt allerdings, dass diese nur zu jeweils definierten Zeitpunkten eine begrenzte Zahl an Werten annehmen können. Streng genommen enthalten diskrete Signale also weniger Informationen als ihre kontinuierlichen Gegenstücke. Hierin liegt wahrscheinlich auch der Grund für den sich immer noch hartnäckig haltenden Glauben, analog sei klanglich prinzipiell höherwertiger als digital.
Zeitliche Diskretisierung
Auch wenn man als Konsument am Ende wohl eher mit der Wandlung von digital zu analog zu tun hat, ist es natürlich sinnvoll, zunächst einmal die Wandlung in der anderen Richtung zu betrachten. Wie man sich jetzt sicher schon denken kann, ist es die Aufgabe eines Analog/digital-wandlers ein kontinuierliches in ein diskretes Signal zu übersetzen. Dazu muss das ursprüngliche analoge Signal in zweierlei Hinsicht quantisiert werden. Einmal muss es zeitlich gerastert werden und anschließend wird jedem Rasterpunkt eine Spannungsstufe zugeordnet. Während man letzteres auch wirklich als Quantisierung bezeichnet, wird in Bezug auf die zeitliche Quantisierung von Abtastung gesprochen. Die Frequenz, mit der dieses geschieht, ist naheliegender Weise die sogenannte Abtastrate. Diese gibt an wie viele Werte pro Sekunde aus dem Signal entnommen werden und wird als Frequenz entsprechend in Hertz beziehungsweise Kilohertz angegeben. Eine einzelne dieser Proben nennt man Sample und daher wird die Abtastrate auch oft Samplerate genannt.
Abtasten und Halten
Die Abtastung selbst geschieht über die ebenfalls sehr passend benannte „Sample and Hold“-stufe. Diese Schaltung ist der Quantisierungsstufe und damit dem eigentlichen Punkt der Digitalisierung vorgeschaltet. Ergo handelt es hier streng genommen noch um Analogtechnik. Am Besten kann man sich diese als einen seriell arbeitenden, temporären Spannungsspeicher vorstellen. Stark vereinfacht besteht sie aus einem meist in Halbleitertechnik realisierten Schalter und einem Kondensator, welcher in der Lage ist, kurzzeitig Spannungen zu halten. Der Schalter wird über ein möglichst impulsförmiges Steuersignal mit der Frequenz der
Abtastrate kontrolliert. Zu Beginn jeder Abtastperiode nun schließt sich der Schalter. Dadurch wird die in diesem Moment eingangsseitig anliegende Spannung des zu wandelnden Signals am Kondensator angelegt, welcher diese so entnommene Spannungsprobe speichert bis der nachfolgende Quantisierer dieser einen Zahlenwert zugeordnet hat. Der Schalter öffnet sich am Ende des Steuerimpulses wieder und verbleibt in diesem Zustand bis zum Ende der Abtastperiode, also der nächsten Probeentnahme. Durch die periodische Wiederholung dieses Vorgangs wird das kontinuierliche Signal zeitlich diskretisiert. Ein Faktor der dabei kritischen Einfluss auf die Qualität der Wandlung hat, ist die Dauer des Ladevorgangs des Kondensators während dem der Schalter logischer Weise geschlossen bleiben muss. Fachlich präzise spricht man hier von der Apertur. Je mehr Zeit hier vergeht, desto stärker findet eine Mittelung der anliegenden Spannung statt und desto mehr entfernt man sich vom eigentlichen Ideal der punktuellen Probeentnahme. Das kann besonders bei schnellen Veränderungen im Signal zu Problemen führen, da so hochfrequente Signalanteile verloren werden. Es kann also schon vor der eigentlichen Quantisierung zu Ungenauigkeiten hinsichtlich der Erfassung der Spannungswerte kommen.
Zittern neben dem Takt
Und als ob das nicht schon genug wäre, gibt es darüber noch ein Phänomen – bekannt als Jitter. Das kommt aus dem Englischen und lässt sich hier grob mit „Taktzittern“übersetzten. Gemeint sind damit minimale Schwankungen in der Abtastfrequenz. Dieses Problem kann auch abseits der A/d-wandlung an vielen Punkten in digitalen Schaltungen auftreten. Zustande kommen diese Schwankungen, wenn das Signal des Taktgebers verrauscht oder anderweitig gestört wird. Zum Beispiel durch Einstreuungen oder Übersprechen innerhalb der Schaltung oder aufgrund von Schwankungen der Betriebsspannung. Jitter kann sowohl die Tiefenstaffelung als auch die Lokalisation bei der Wiedergabe negativ beeinflussen. Durch entsprechendes Schaltungsdesign, kurze Kabelwege bei taktführenden Leitungen und sogenannte Buffer, auch Pufferspeicher genannt, lassen sich diese Effekt jedoch mittlerweile größtenteils minimieren oder gar vermeiden.
Theorem der Abtastung
Aber abseits von der zeitlichen Präzision mit der die Abtastung vorgenommen wird, gibt es noch weitere Punkte, die zu beachten sind. Zwar wurde die Abtast- beziehungsweise Samplerate schon mehrmals erwähnt, nicht aber, was es mit dieser genau auf sich hat. Klar kennt man gängige Werte für Samplingraten. 44,1 Kilohertz (khz) zum Beispiel. Aber wie legt man überhaupt fest, mit welcher Frequenz die Abtastung vorzunehmen ist? Und was sind die Gründe dafür? Die theoretischen Grundlagen sind älter als man denkt. So wurden unabhängig und unwissend voneinander schon 1928 von Harry Nyquist und 1933 von Vladimir Aleksandrovich Kotelnikov die fundamentalen Überlegungen zu einer korrekten Abtastung gelegt. Diese wurden dann 1948 von Claude Shannon in seinem Abtast-theorem, auch Nyquist-shannon-theorem genannt, weiterentwickelt. Dieses besagt, dass ein bandbegrenztes Signal eindeutig beschrieben werden kann, wenn mehr als zwei äquidistante Funktionswerte pro Schwingungsperiode eindeutig definiert sind. Die Konsequenz daraus ist nun folgende: Die Abtastrate muss mehr als doppelt so groß sein, wie die höchste im abzutastenden Signal enthaltene Frequenz. Der menschliche Hörbereich erstreckt sich bis etwa 20 khz woraus sich ergibt, das die Samplerate über 40 khz liegen muss um die Einhaltung des Theorems zu gewährleisten. Aber wieso liegt die niedrigste heutzutage gängige Samplerate bei 44,1 khz? Und was genau passiert eigentlich wenn man sich nicht an die genannten Regeln hält? Das und mehr klären wir dann bei der nächsten Aufführung von Dr. Ton. Wem bis dahin langweilig ist, der kann ja solange den Genossen Kotelnikov googlen...