Canton A 45
Wer macht sich zu einem Jubiläum nicht gern mal selbst eine Freude? Mit dem Standlautsprecher A 45 hat Canton sich selbst und seinen Fans ein großes Geschenk gemacht – das Unternehmen aus dem Taunus feiert schließlich dieses Jahr seinen 45. Geburtstag!
Dass wir in der Redaktion der AUDIO TEST mittlerweile auch persönlich große Fans der Lautsprecherschmiede Canton sind, ist ein offenes Geheimnis. Schon einige Male ist Canton im laufenden Jahr bei uns zu Gast gewesen und hat immer tolle Produkte im Gepäck gehabt. Dabei hatten unsere Prüfer kaum etwas zu beanstanden. Mit dem 9 K und dem 3 K hatten wir sowohl Kompakt- als auch Standlautsprecher der Reference Serie im Test, beide machten sich um ihre Rolle als Vorzeigemodelle verdient. Zuletzt hatten wir den kleinen AM 5 im Rahmen unseres Aktivlautsprecher-spezials ins Labor bestellt, wo er mit weit hochpreisigeren Konkurrenten, etwa von Elac oder KEF, mitzuhalten wusste. Dass wir es uns daher nicht nehmen lassen wollen, auch Cantons Jubiläumsmodell einem Test zu unterziehen, ist daher wohl selbstverständlich. Mit dem A 45 (das A steht hier für Anniversary, zu deutsch Jubiläum) hat man sich in Weilrod selbst ein kleines Geburtstagsgeschenk gemacht. Auf dem Markt ist der elegante Standlautsprecher noch gar nicht. Umso mehr freuen wir uns daher, dass uns Frank Göbl, Chefentwickler bei Canton, das mit 1 500 Euro Stückpreis wieder sehr
erschwingliche Geburtstagsmodell persönlich in der Redaktion vorbeibringt. Und das während seines Urlaubs! Mit dem A 45 möchte man bei Canton offensichtlich allen eine Freude machen. Denn trotz des sehr bescheidenen Preises, der hier aufgerufen wird, greift man für den A 45 teilweise auf Technik aus den Reference-lautsprechern zurück.
Erfinderisch und stilbewusst
So sind auch die Tief- und Mitteltontreiber des A 45 mit einer Membran aus Aluminium-keramik-wolfram ausgestattet. Wer an den Bericht über die Reference 3 K aus dem Heft 3/2017 zurückdenkt, wird sich an die Besonderheit um diese Chassis erinnern. Zur Auffrischung: In einem Oxidationsverfahren wird hier die Molekularstruktur beider Seiten der Aluminium-membran zu jeweils 20 % der Molekularstruktur von Keramik angeglichen. Anschließend wird die Membran in einem vierzigminütigen Elektrolyseprozess mit Wolfram angereichert. Dadurch erhält die Membran eine immense Steifigkeit und bleibt trotzdem federleicht, sodass ein impulsfreudiges und originalgetreues Aufspielen gewährleistet ist. Die Treiber sind dabei in zwei
getrennten Kammern verbaut. Das Gesamtvolumen des Gehäuses von 64 Litern (l) verteilt sich somit auf eine 9 l fassende Kammer für den 180 Millimeter (mm) weiten Mitteltontreiber und eine Kammer von 55 l Fassungsvermögen für Hochtöner und die drei Basstreiber, welche im Durchmesser ebenfalls 180 mm messen. Der Hochtöner kommt mit seiner Aluminiumoxid-keramik-kalotte von 25 mm. Die einzelnen Treibereinheiten haben bei den vorangegangenen Tests der Reference-speaker bereits eine sehr gute Figur gemacht. Jedoch markieren diese weder bei Lautsprechern aus Cantons Reference-serie, noch bei den Anniversary 45 das Kernstück der Entwicklung. C antons Philosophie zufolge begehen Lautsprecher hersteller oft den Fehler, die Konzipierung eines Speakers bei Gehäusedesign und Treiberbau zu beginnen. Somit falle der Frequenzweiche im Umkehrschluss meist lediglich die Rolle des letzten Problemlösers zu. Bei Canton wiederum wird die Frequenzweiche nicht als bloßes „Fix-it-device“betrachtet, sondern direkt von Anfang an mit der gleichen Sorgfalt und dem hohen Anspruch bedacht wie die übrigen Komponenten des Schallwandlers. Dabei kommen beim A 45 sowohl Metalloxid-widerstände, als auch Luftspulen-induktoren für die Zuspielung des Hochtöners, Luftspulen- und Ferritkern-induktoren im Mitteltonbereich und Ferritkern-induktoren im Bass zum Einsatz – wieder ähnlich zu den Reference 3 K. Bei einer Trennfrequenz von 3 000 Hertz (Hz) übernimmt der Aluminiumoxid-keramik-hochtöner mit einer Flankensteilheit von 18 Dezibel (db) pro Oktave. Dabei könnte der Mitteltöner noch einiges mehr: dank der speziellen Materialwahl und der dreifachen Wölbung (die Membran des AM-180 wölbt sich entlang drei verschiedener Radien) bricht die Membran erst bei sage und schreibe 8 000 Hz – also weit außerhalb seines eigentlichen Zuständigkeitsbereich es. Gen Frequenzkeller schaltet sich ab 220 Hz der AW-180 Tieftöner ein. Hier kommt außerdem ein weiterer technologischer Kniff aus dem Hause Canton ins Spiel. Die Displacement Control, bzw. Dc-technologie beschreibt eine Schaltung, welche In frasc hall frequenzen aus dem Frequenz keller filtert. Freilich sind In fra schallwellen nicht für den Menschen hörbar, dennoch sorgen sie für unerwünschte Verzerrungen im Bass, da eine Membran natürlich versucht alles wiederzugeben, ganz gleich ob Mensch es hört oder nicht.
Canton kann was
Nicht ganz der freudigen Jubiläums stimmung entsprechend beginnen wir den Praxistest der A 45 mit der Auseinandersetzung des Großmeisters Leonard Cohen mit seinem nahenden Lebensende. „You Want It Darker“, die erste Nummer seines letzten und gleichnamigen Albums ist eine düstere Ode an das Nachleben. Tatsächlich starb der Kanadier wenige Wochen nach der Veröffentlichung dieser sehr emotionalen Scheibe. Sehr warm strömt der sonore Männerchor aus den Klanggebern in unseren Hörraum, bis mit ordentlich Attack Schlagzeug und Bassgitarre hinzustoßen. Dabei werden die Bässe, wie wir es von Canton kennen, ordentlich trocken und scharf angeboten. „Magnified, sanctified“singt der Chor zum Ende der Strophe und entlädt sich fordernd bis in die letzte Ecke unseres Hörlabors. Es ist beeindruckend, wie der A 45 es hierbei schafft, die tief röhrende Stimme Cohens so klar von dem ebenfalls überaus sonor gehaltenen Arrangement des Titels zu differenzieren. Alles hebt sich hier wunderbar voneinander ab und lässt sich Raum, um sich in den richtigen Momenten gar noch weiter von einander zu lösen und das
akustische Panorama in die Tiefe zu erweitern. Ganz anders kommt hier „Harry‘s House-centerpiece“von Joni Mitchell daher. Schon ab den ersten gedämpften Tönen der Bläser entfaltet sich das Stück mit einer lieblichen Leichtigkeit, alle Klänge ergießen sich unbeschwert aus den Klanggebern. Dabei heben sich die einzelnen Stimmgruppen deutlich vernehmbar auf der Vertikalen voneinander ab. Tänzelt die Rhythmusgruppe auf Kniehöhe durch den Raum, so schwirren Trompeten um die Stimme Mitchels ungefähr auf Augenhöhe. Ob hier die Anordnung der Treiber Einfluss auf unsere räumliche Wahrnehmung nimmt? Es macht wirklich Freude, auf diesen Schallwandlern diesem leichtfüßigen Stück zu lauschen. Gitarren und Keys flirren fantastisch über die Bühne, welche beim A 45 wunderbar weit in die Breite geht. Nicht zuletzt wird das an dem pedantisch ausgemessen und präzise gefrästen Waveguide des Hochtöners liegen. Außerdem empfiehlt es sich bei den A 45, diese nicht zu sehr auf den Hörplatz einzuwinkeln, sondern nahezu parallel zu einander zu positionieren. So entfächert sich das Klangbild um ein Weiteres im Raum. Als in der Bridge das strahlende Barpiano einsetzt, fällt es uns sichtlich schwer, uns nicht voll und ganz der Performance hinzugeben und im Hörraum mitzutanzen.
Gelungener Geburtstag
Es lässt sich nicht abstreiten, dass Canton bereits wusste, wie man einen fähigen Lautsprecher auf die Beine stellt. Doch dass man es im Taunus immer wieder schafft, für wirklich wenig Geld Geräte auf den Markt zu bringen, welche absolut mit ihren Mitstreitern aus oberen Ligen Schritt halten können, ist schon sehr beeindruckend. Nachdem sich die Reference 3 K zuletzt Schulter an Schulter mit den 803 Diamond von B&W mit Bravour geschlagen haben, kann sich nun auch Cantons A 45 mit Stolz geschwellter Brust feiern lassen. Alles Gute zum Geburtstag, Canton!
FAZIT
Gemäß unseren Erwartungen entpuppt sich der Standlautsprecher A 45 von Canton als ein überaus fähiger Schallwandler. Dass man für das Jubiläumsmodell auf Technik der Reference-serie zurückgreift, lässt sich klanglich schnell feststellen, auch wenn es keinen großen Einfluss auf die Preisgestaltung des A 45 hat.