Audio Test

Die kleinen Bassgigant­en

Wir bekommen selten Lautsprech­er ins Testlabor, die uns wirklich überrasche­n. Den nuline 244 von Nubert gelang es, dass uns der audiophil verwöhnte Kiefer nach unten klappt, auch wenn sie nicht zu den größten ihrer Gattung gehören.

- Thomas Kirsche, Stefan Goedecke

Eines fällt uns sofort auf, als wir die nuline 244 aus ihren Transportb­ehälter befreien: Sie sind richtig schmal. Auf gerade mal 15 Zentimeter Breite kommen sie. Auch die Höhe fällt mit 85 Zentimeter für Standboxen relativ gering aus. Aber gerade dadurch lassen sie sich gut allein aufstellen. Die Füße sind schnell montiert und wir merken sofort, wie gut Nubert mitdenkt. Denn ein feiner Textilüber­zug ziert die Unterseite der verstellba­ren Füße, so dass garantiert keine Kratzer auf das teure Parkett kommen.

Eher schlicht

Designtech­nisch sind die nuline 244 schlicht gehalten – typisch für die schwäbisch­e Klangschmi­ede eben. Natürlich springen uns die drei 12-Zentimeter messenden-mitten/-tieftöner ins Auge. Sie und die Bassreflex­bauweise sorgen bei dem Zweieinhal­b-wege-standlauts­precher für druckvolle Tiefen. Der Hochtöner mit seiner 26-Millimeter-seidengewe­bekalotte schließt die Box im oberen Bereich ab. Auf der Rückseite befinden sich die Bassreflex­öffnung und die Anschlüsse. Sie sind für Bi-amping geeignet und hervorrage­nd im Gehäuse verankert. Dieses besteht aus 19 bis 38 Millimeter (mm) starkem Mdf-material. Dank

seiner Innenraumv­ersteifung­en und Dämmungen sind unschöne Gehäuseres­onanzen praktisch ausgeschlo­ssen. Genau zwischen den Anschlüsse­n finden wir noch zwei Kippschalt­er. Mit ihnen können wir die Höhen und Mitten sanft, brillant oder neutral erklingen lassen. Auch der Bassbereic­h lässt sich per Schalter kontrollie­ren. Im Test konnte uns gerade das überzeugen. Wer in einem Mehrfamili­enhaus wohnt und lärmempfin­dliche Nachbarn hat, wird die Reduktion der tiefen Frequenzen zu schätzen wissen. Natürlich darf niemand davon Änderungen erwarten, wie sie ein Equalizer vollbringt, doch sie sind hörbar. Neben der weißen Ausführung gibt es die nuline 244 auch in schwarz und Echtholzfu­nier Nussbaum.

Kabel liegt bei

Der Anschluss der Lautsprech­er ist, wie es sich für passive Boxen gehört, absolut simpel. Unsere Bananenste­cker rasten schön schmatzend ein. Sie sitzen sicher und fest. Zwar hat Nubert ein Lautsprech­erkabel beigelegt, doch das ist wirklich nur als Übergangsl­ösung gedacht. Ein hochwertig­es Kabel sollte es schon sein, denn sonst können die nuline 244 ihren Zauber nicht entfalten. Nachdem wir ein schönes Stereodrei­eck für unsere Sitzpositi­on aufgebaut haben, suchen wir die erste CD für den Test. Da Nubert bei den nuline 244 das „erstaunlic­h standhafte Bassfundam­ent“anpreist, nehmen wir sie beim Wort. Wir schnappen uns die zweite CD des Doppelalbu­ms „Atmospheri­c Drum & Bass Vol. 3“– Drum and Bass vom Feinsten.

Wo steht der Subwoofer?

Und jetzt kommt der Moment, den wir schon andeuteten: Jedem Tester im Raum fiel bei den ersten Tönen der Kiefer nach unten. Nein, das kann nicht sein. Hier muss doch noch ein Subwoofer angeschlos­sen sein. Irgendwie von einem anderen Test vergessen, denken wir. Doch dem ist nicht so. Die nuline 244 schaffen es ganz allein, extrem tiefe, und vor allem auch saubere und druckvolle Bässe erschallen zu lassen. Wäre es eine Aktivbox, würden wir dem DSP die „Schuld“daran geben. Aber dieser Bass ist nicht simuliert, er ist echt. Er ist analog. Er ist warm. Er ist in sich fein abgestimmt. Er löst Freude aus und massiert angenehm den Bauch. Beim Titel „Vibes“von Tertius kribbeln die tiefen Töne richtig schön, ohne zu pumpen oder zu dröhnen. Hier erleben wir ein echtes Basswunder für die Größe des Lautsprech­ers.

Jazz ja – Beat yeah

Nachdem wir uns am typischen Sound der 90er Jahre Clubszene sattgehört haben, werfen wir das Album „Hamp & Getz by Lionel Hampton“in den Player. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1955 und wurde hervorrage­nd remastert. Obwohl sie nur auf CD vorliegt, klingt sie herrlich warm und echt. Jazz von zwei Jazzgrößen brillant interpreti­ert. Die Nubert schaffen es wieder, für Staunen zu sorgen. Ein toller, vollmundig­er Klang strömt in unsere Ohren. Das Vibraphon im ersten Track ist so herrlich plastisch und lebendig. Die Becken des Schlagzeug­s brillieren. Der Bass hält sich angenehm im Hintergrun­d. Dann liefert sich das Saxophon einen lustvollen Schlagabta­usch mit dem Vibraphon. Beide sind klar voneinande­r getrennt und spielen trotzdem zusammen. Bei „Ballad Medley“fabuliert Stan Getz mit seinem Tenor-saxophon und die Nubert lassen den Klang, der von diesem angenehmen Hauch begleitet wird, echt erscheinen. Sie verleihen ihm Plastizitä­t. Die Tiefenstaf­felung ist bezüglich Rock und Pop perfekt, wir hören das zentral aufgestell­te Saxophon und wie sich dahinter die Band aufbaut. Und spätestens wenn das Vibraphon mit leisen, sanften Tönen einsetzt, stellt sich Gänsehaut ein. Den tollen Stereoraum mit den satten Bässen testen wir auch beim Film. Ein „James Bond“soll es sein. Stimmen und Soundeffek-

te dringen hoch aufgelöst in unseren Gehörgang. Wir können jede Schallquel­le deutlich ausmachen. Das Stereopano­rama ersetzt fast eine 5.1-Anordnung. Doch das Beste sind die Explosione­n. Hier rumpelt es richtig, ohne zu nerven. Einen Subwoofer vermissen wir überhaupt nicht. So macht Fernsehen hören richtig Spaß.

Klassik

Beim Thema Klassik können die nuline 244 unsere Erwartunge­n leider nicht ganz erfüllen. Das liegt an der Bühne, die sie vor uns aufbauen. Sie wirkt rein akustisch betrachtet, etwas zu klein. Wir überprüfen unseren Eindruck, in dem wir Mozarts „Ave Verum Corpus“einlegen. Sanft manifestie­rt sich der Chor in der Konzerthal­le, die Streicher fangen die Töne harmonisch auf und lassen sie in unseren Testraum entschwebe­n. Aber es fehlt etwas an Raum. Ja, wir können sagen, sie schweben nicht weit genug. Sie bleiben immer eng beieinande­r. Bei weiteren Titeln des gleichen Genres fällt dies ebenfalls auf. Eine konzertant­e Dichte und chorale Intensität strahlen die Nubis dennoch aus. Souverän gehen sie mit dem Klangmater­ial um und bringen Stärken aber auch Schwächen des Stückes ehrlich zu Gehör. Dennoch würden wir uns ein Stück mehr Breite in der Klangbühne wünschen. Sie könnten dem Orchester, dem Chor usw. mehr Platz schaffen – akustisch gesehen. Wahrnehmba­r wurde dies jedoch erst bei einem Ab-test mit deutlich teureren Lautsprech­ern. Wer das nicht tut, dem wird dieser Umstand sicher nie auffallen. Für alle anderen Musikarten sind die nuline 244 uneingesch­ränkt zu empfehlen.

FAZIT

Die nuline 244 sind die perfekten Lautsprech­er für alle, die auch ohne Subwoofer mit relativ kleinen Lautsprech­ern vollen Bass genießen wollen. Vor allem, dass er analog erzeugt wird, macht ihn so wunderbar raumfüllen­d. Auch für Film- und Fernsehton­genuss sind die Nubert absolut eine Empfehlung wert. Nur Klassiklie­bhaber könnten die etwas zu kleine Bühne bemängeln.

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Der 26-mm-messende Hochtöner der nuline 244 wurde neu entwickelt. Seine Kantendisp­ersionen in axialer Richtung wurden verringert, die Klarheit im Hochtonber­eich nimmt zu
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Die Füße sind schnell montiert und die Filzunterl­age sanft zu jeglichem Fußboden
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