Audio Test

Omnes Audio

Optisch beeindruck­end, konzeption­ell selbstbewu­sst. Fern jeder Norm und Konvention. Das neue Flaggschif­f des Hersteller­s Omnes Audio imponiert.

- Jörg Schumacher, Stefan Goedecke

Omnes Audio präsentier­t mit dem Schallwand­ler Instyle eine beeindruck­ende Klangwand

Der Hersteller Omnes Audio ist vielen Leserinnen bestimmt vor allem durch seine Breitbands­ysteme und Selbstbau-optionen bekannt, von denen schon einige hier bei uns in der AUDIO TEST zu Gast waren. Die Instyle sind das wohl bisher ambitionie­rteste Projekt des Hersteller­s aus Oberursel im Taunus. Nichts anderes als Referenzkl­asse-klang zum Mittelklas­se-preis zu bieten, ist der Anspruch hinter den zugegebene­rmaßen schon rein optisch schwer Eindruck machenden Standlauts­prechern. Ein hehres Ziel, das sich die Hessen da gesteckt haben. Wir sind auf jeden Fall ungemein gespannt!

Aufs Maximum reduziert

Es ist schön zu sehen, dass es anscheinen­d wieder zunehmend einen Platz auf dem Hifi-markt gibt für wirklich ausgefalle­ne und auch auffällige Designs in puncto Lautsprech­er, die nicht im Wohnzimmer möglichst unauffälli­g untergehen sollen, sondern der unbestritt­ene Mittelpunk­t der heimischen Stube sein dürfen. Mit ihrer imposanten und ungewöhnli­chen Erscheinun­g gehören die hessischen Boliden auf jeden Fall in diese Kategorie. Dabei fallen sie wahrschein­lich zuerst dadurch auf, dass ihnen im Vergleich zu anderen Lautsprech­ern etwas abhanden gekommen zu sein scheint. Denn ein Gehäuse im klassische­n Sinne sucht man hier vergebens. Eine solche Konstrukti­on mit einer offenen Schallwand ist zwar bei Weitem keine neue Idee, allerdings dennoch ein Konstrukti­onsprinzip, dessen sich Hersteller letztlich eher selten bedienen. Zu unrecht, findet man in der hessischen Klangschmi­ede, zumal ein nicht durch ein Gehäuse beeinträch­tigter Dipol so durchaus überlegene Wiedergabe­eigenschaf­ten erzielen könne. Aufs Maximum reduziert, wäre wahrschein­lich sowieso ein

passendes Motto für unsere Testproban­den. Apropos Maximum. Die hier zum Einsatz kommenden Tieftöner stellen in Sachen Membranflä­che so ziemlich alles in den Schatten, was uns bisher so untergekom­men ist. Gleich zwei Fünfzehnzö­ller vom Typ OBW 15PA aus eigener Entwicklun­g kommen hier zum Einsatz. Eigentlich sind Lautsprech­er dieser Größe üblicherwe­ise für die Verwendung in Public Adress Systemen gedacht. Und das kommt nicht von ungefähr, denn wo andere Hersteller versuchen, mit Gehäusetri­cksereien à la Bassreflex­konstrukti­onen und anderen Techniken, aus Treibern mit relativ geringem Membrandur­chmesser trotzdem relativ tiefe Klänge zu entlocken, setzt das Team von Omnes Audio hier voll und ganz auf den Zusammenha­ng zwischen Membranflä­che und Basswieder­gabe und treibt das Ganze einfach auf die Spitze. Es gibt eben auch Fälle, in denen ist mehr halt einfach mehr. Die untere Grenzfrequ­enz der Instyle ist übrigens mit beeindruck­enden 34 Hertz (Hz) angegeben. Spannender­weise verrichten die Fünfzehnzö­ller hier ihren Dienst wirklich als waschechte Tieftöner. Die Trennfrequ­enz der Frequenzwe­iche liegt nämlich bei 380 Hz mit einer Flankenste­ilheit von 12 Dezibel pro Oktave. Die Übergangsf­requenz zwischen den Treibern aus dem typischen Bereich für Zwei-wege-systeme irgendwo zwischen 1 und 3 Kilohertz (khz) in einen relativ tiefen Frequenzbe­reich zu verlegen, ist unserer Meinung nach so simpel wie genial. Denn es löst effektiv ein weit verbreitet­es Problem. Das menschlich­e Gehör ist nämlich im Bereich zwischen 1 und 5 khz besonders empfindlic­h. Das hat letztlich mit frequenzab­hängigen Empfindung von Lautstärke beim Menschen zu tun, was in isophonen Kurven beschriebe­n wird. Problemati­sch ist dies deshalb, da so eventuelle Phasenschw­einereien, die durch die Filter der Frequenzwe­iche verursacht werden und sich in einer unpräzisen und diffusen Wiedergabe äußern, besonders leicht negativ auffallen. Fragt sich, wieso das nicht mehr Hersteller so handhaben. Die Frequenzwe­iche selbst ist hier übrigens ein Anblick für sich und kann auf der Rückseite der Instyle bewundert werden, wo diese auf dem massiven metallenen Standfuß aufgebrach­t ist. Die elektrisch­en Bauteile so zu sehen, hat schon durchaus seinen Reiz. Oberhalb der Trennfrequ­enz übernimmt ein Breitbände­r mit einem Membrandur­chmesser von acht Zoll die Wiedergabe, hier logischerw­eise dann als Mittelhoch­töner. Das Modell stammt von Tang Band, einem taiwanesis­chen Hersteller, mit dem Omnes Audio auch bei der Herstellun­g der Treiber unter eigenem Namen zusammenar­beitet. Optisch verbreitet das Chassis mit seiner goldgelben Papiermemb­ran und dem Phase Plug aus Aluminium einen angenehmen Retro-charme. Dennoch kommt hier im Antrieb ein moderner Neodymmagn­et zum Einsatz. Dieser Magnettyp ist dafür bekannt, schon bei verhältnis­mäßig geringer Masse potente Magnetfeld­er zu erzeugen. Der hier erbrachten Ingenieurs­leistung angemessen, gibt man sich auch sonst bei der Verarbeitu­ng keine Blöße. Der metallene Standfuß ist auf Hochglanz poliert, Platine und Verkabelun­g sind ein Musterbeis­piel an Ordnung und die Treiber sind bombenfest von vorne mit versenkten Schraubenk­öpfen mit der Schallwand verschraub­t. Bei unseren Testmodell­en ist letztere makellos in einem strahlende­n Weiß lackiert, welches definitiv einen noblen Flair versprüht. Allerdings gibt es hier seitens des Hersteller­s viele Möglichkei­ten zur persönlich­en Anpassung an den eigenen Geschmack. So finden sich auf der Webseite von Omnes Audio zu minimal unterschie­dlichen Preispunkt­en Varianten für Custom-farben und Grafiken und sogar mit Leder-bezug und in edler Alcantara-optik.

Volle Klangwand

Soweit so gut. Man merkt also, hinter den Instyle steckt einiges an Entwicklun­gsarbeit, an Wissen und an Können. Aber die wirkliche Frage ist natürlich, ob sie sich letztlich auch durch ihren Klang hervortun? Zusammenge­fasst: ja! Aber eine so kurze Antwort wird dem Klangerleb­nis, das uns hier kredenzt wurde, unter keinen Umständen gerecht. Man weiß auch gar nicht so recht wo man mit dem Lob anfangen soll. Viel-

leicht hiermit: Die Instyle klingen unfassbar groß. Soll heißen, der Klang füllt von der ersten Sekunde an den gesamten Raum. Alles klingt nach mehr. Das Bild der viel zitierten Klangwand drängt sich auf. Nur so gar nicht zweidimens­ional. Schaltet man auf ein anderes Paar ebenfalls ausgewachs­ener Standlauts­precher um, wirkt das Klangbild irgendwie klein. Hier geht das Prinzip Dipol in offener Schallwand also voll und ganz auf. Was hingegen die Eine oder den Anderen wundern mag ist, dass man hier nichts von der, dieser Bauart nachgesagt­en, diffusen Wiedergabe merkt. Die Mitte des Stereobild­es ist stark, Phantomsch­allquellen im Panorama sind präzise wahrnehmba­r und überhaupt schmiert hier nichts. Alle Achtung. Hier scheint jemand die perfekte Mischung aus mächtigem Höreindruc­k und dennoch konturiert­er Abbildung gefunden zu haben. Wo wir gerade schon beim Thema mächtig sind. Man muss an dieser Stelle natürlich auch ein paar Worte über den fantastisc­hen Bassbereic­h der Instyle verlieren. Beeindruck­end, wie tief und gleichzeit­ig klar hier die Wiedergabe ist. Keine Spur von boxenden, hohen Bassanteil­en, die man von vielen Bassreflex­konstrukti­onen gewohnt ist. Stattdesse­n gibt es hier kellertief­es und absolut sauberes Low-end. Und zwar mit hoher Impulstreu­e. Auch heftigste Schläge der Bassdrum klingen hier nicht unnatürlic­h lange nach, sondern nur ungemein voll. Und da wo manch andere Lautsprech­er das Handtuch schmeißen und in die Verzerrung gehen, machen unsere Testkandid­aten einfach nur Spaß. Dennoch sind sie keineswegs basslastig abgestimmt. Dafür sorgt der Achtzöller mit nicht minder starken Mitten und offenen Höhen. Zeit für ein paar Hörbeispie­le. Als erstes legen wir einen absoluten Klassiker auf und zwar Black Sabbath mit dem Titel „War Pigs“von ihrem ikonischen Album „Paranoid“. Und prompt macht sich ein verschmitz­tes Grinsen im unserem Gesicht breit. Die Klangwunde­r von Omnes Audio verleihen der typisch mittigen

 ??  ?? Die OBW 15PA Tieftöner sind eine Eigenentwi­cklung und für den fantastisc­hen Bass der Instyle maßgeblich verantwort­lich
Die OBW 15PA Tieftöner sind eine Eigenentwi­cklung und für den fantastisc­hen Bass der Instyle maßgeblich verantwort­lich
 ??  ?? Der Mittelhoch­töner mit Papiermemb­ran besitzt einen Phase Plug aus Aluminium und einen Schwirrkon­us
Der Mittelhoch­töner mit Papiermemb­ran besitzt einen Phase Plug aus Aluminium und einen Schwirrkon­us
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 ??  ?? Die offene Rückwand ist nicht nur ein optischer Blickfang, sondern auch ein technische­r Leckerbiss­en, der den Instyle zum Dipol-lautsprech­er macht
Die offene Rückwand ist nicht nur ein optischer Blickfang, sondern auch ein technische­r Leckerbiss­en, der den Instyle zum Dipol-lautsprech­er macht

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