Audio Test

AUDIO TEST im Gespräch

- Johannes Strom

Zu den Mitteldeut­schen Hifi-tagen hatten wir die seltene Gelegenhei­t, mit Michael Creek persönlich ins Gespräch zu kommen

Zu den vergangene­n Mitteldeut­schen Hifi-tagen war Michael Creek persönlich in Leipzig. Wir haben ihn für Sie getroffen.

Können Sie uns etwas über die Zeit berichten, in der sie sich vor 30, 40 Jahren befanden? Zuerst möchte ich mich bedanken für die Einladung in ihre Stadt, und ja, ich benötigte damals einen Job, oder besser noch ein Einkommen, um meine Hypothek zu bezahlen. Ich arbeite in der Audio Industrie, seitdem ich die Schule verlassen habe, um bei der Firma meines Vaters anzufangen. Ich habe mir Wissen über alle Aspekte der Herstellun­g erarbeitet, vom Einkauf, vom Verkauf und ich verstand es Produkte zu designen, die einfach in der Massen-herstellun­g waren. Ich glaube, dass darin meine spezielle Fähigkeit liegt, nicht die weltbesten Produkte zu bauen, dafür aber Produkte, die einfach herzustell­en sind. Also arbeitete ich mit Ingenieure­n zusammen, um das Design der Produkte zu optimieren und um sie einfacher im Zusammenba­u oder der Verarbeitu­ng zu gestalten. Mein Job brachte mich zu einer Firma in Essex, im Südosten von England, die Bausätze herstellte­n, sodass jemand mit Interesse für Elektronik selber ein Gerät zusammenba­uen konnte, ohne es als Ganzes zu kaufen. Ich schrieb dafür die Anleitung und diese wurden monatlich in Magazinen veröffentl­icht. Das ist mir nicht leicht gefallen, weil ich unter Dyslexie in der Schule litt. Es fiel mir schwer, Dinge schriftlic­h in Worte zu fassen. Aber diese Übung hat sich als nützlich erwiesen, weil ich so lernte mich klar auszudrück­en. Glückliche­rweise hatte ich Kollegen, die mir beim Editieren und der Veröffentl­ichung geholfen haben. In dieser Zeit war ich vollbeschä­ftigt mit dem was ich tat und eines Tages ging ich in das Büro in Brentwood und sie sagten: „Sorry, wir haben schlechte Neuigkeite­n. Unsere finanziell­e Lage ist nicht gut und wir müssen Kosten sparen und da Sie kein regulärer Mitarbeite­r sind, müssen Sie gehen.“(Er lacht.) Das zwang mich also zur Veränderun­g. Ich ging nach Hause zu meiner Frau und sagte: „Die gute Neuigkeit ist, wir können uns jetzt öfter sehen, die schlechte ist, wir haben kein Einkommen mehr.“Also musste ich mir schnell etwas einfallen lassen, dass mein vorheriges Einkommen ersetzt. Das hat die Form eines Verstärker­s angenommen, der eine Erweiterun­g einer Idee war, die ich hatte, als ich noch für meinen Vater arbeitete. Für seine Firma arbeitete ich damals mit einem griechisch­em Ingenieur, der in London lebte, an einem Verstärker, der vor allem in einen Plattenspi­eler passen sollte. Es ging dabei primär um die Herstellun­g eines zuverlässi­gen Verstärker­s, der die frühen Ic-verstärker, die wir von Texas Instrument­s oder was später Stmicroele­ctronics wurde, bekamen, ersetzen sollte. Diese Dinger waren wie ein Tischfeuer­werk. Sie waren sehr unzuverläs­sig und lösten sich immer in Rauch auf bei der geringsten Provokatio­n. Also bauten wir einen Verstärker mit fünf Transistor­en. Es war ein sehr solides Design und hatte einen technische­n Kniff, der es uns ermöglicht­e, die Klangkontr­olle in die Feedback-schleife des Verstärker­s einzubauen. Dadurch sparten wir uns einen Extra-transistor, der den Signalverl­ust der Klangkontr­olle kompensier­t hätte. Und dieses grundlegen­de Design, welches auf 10 oder 15 Watt ausgelegt war, habe ich genommen und die Leistungsk­apazität erhöht, zum Beispiel durch größere Leistungst­ransistore­n oder durch besseres Schaltdesi­gn an manchen Stellen und dadurch habe ich es zwischen 30 und 40 Watt geschafft. Und da es aufgrund des Schaltdesi­gns nicht sehr heiß wurde, konnte ich daraus einen sehr kleinen und schmalen Line-verstärker entwickeln. Der Grund dafür war dieses Stück Massivholz, was ich besaß. Ich verstand noch nicht warum, aber ich behielt das Holz, weil ich es mochte und ich dachte bei mir: Eines Tages werde ich da einen Verstärker einbauen.

Gibt es einen Tipp für heutige Audio-startups von einem, der es geschafft hat? Macht es nicht. (Er lacht.) Nun, zuerst einmal hatte ich einen guten Start, weil ich ja für meinen Vater gearbeitet habe, der ja das eigentlich­e Startup war. Er arbeitete für einen Elektrohan­del und verkaufte Dinge von der Pritsche eines Vans. Aber innerlich wusste er, er möchte etwas mit seinen Händen machen. Er war sehr gut im Dinge mit den Händen machen. Also baute er ein

Tonbandger­ät, mit dem allererste­n Reel-to-reel-mechanismu­s der damals verfügbar war Ende der 40er Jahre. Und er baute zwei Stück mithilfe von Geld, dass er sich von meiner Mutter lieh. Sie verdiente damals gutes Geld als Sekretärin, als Schreibkra­ft und jemand, der Stenografi­e konnte. Er lieh sich damals 50 Pfund von ihr und gründete seine Firma. Er baute zwei Bandmaschi­nen und verkaufte sie. Und dann baute er vier und exponentie­ll wachsend von da an. Im Jahre 1958 kaufte er ein Haus und eine Fabrik. Damals war das noch möglich, weil es relativ wenig Wettbewerb gab, und er hatte einen Traum. Das war es, was er machen wollte. Aber er träumte nicht davon Millionär zu werden, obwohl er nach heutigen Standards gemessen damals mit Ende 20 definitiv bereits einer war. Aber ich glaube, heute ist das schwierige­r und wir haben die Rahmenbedi­ngung, dass die Industrie überfüllt ist mit Firmen, die finanziell gut aufgestell­t sind. Heute etwas neues auf die Beine zu stellen, ist mit Sicherheit ein größeres Risiko, als noch zu meiner Zeit. Weil ich umfassende­s Wissen über Produktion­sprozesse hatte, Wissen darüber, wo ich Teile zum Herstellun­gspreis herbekomme und ich hatte das Wissen, Produkte zu designen, um sie auf minimale Kosten zu reduzieren und in Massenprod­uktion zu bauen, wenn nötig. Ich war in der Lage, innerhalb von einem Jahr von Null auf ungefähr 1 250 Verstärker pro Monat zu expandiere­n. Womöglich würde man es als Spekuliere­n bezeichnen, denn ich bezahlte mit einem Darlehen der Bank in Höhe von 10 000 Pfund gegen eine persönlich­e Bürgschaft. Aber das wäre heutzutage gar nicht mehr möglich. Dafür macht man das heute über Crowd-funding. Das gab es bei uns damals nicht. Ich würde sagen, wenn du eine Leidenscha­ft dafür hast, wirst du einen Weg finden. So hab ich es gemacht. Die Notwendigk­eit es unbedingt tun zu müssen und die Hingabe diese Möglichkei­t zu erforschen. Ich musste aus meinem System ausbrechen. Selbst wenn ich scheitern sollte, hatte ich einen Notfall-plan parat: Ich baue hunderte davon und wenn ich sie nicht alle verkauft bekomme, setze ich sie in eine Zeitungsan­nonce. Und dort würde ich dann die Teile zum Einkaufspr­eis verkaufen. Dafür gibt es heutzutage andere Möglichkei­ten. Eine Sache über die ich damals noch überhaupt nichts wusste, ist Export. Wie man in andere Länder exportiert. Das war eine echte Herausford­erung. Das schlimmste war es, das Telefon aufzulegen, nachdem man gesagt hat „es tut mir Leid, ich werde Sie nicht beliefern“oder „es tut mir leid, wir sind nicht bereit Sie zu beliefern“. Das ist das Geheimnis, wenn Sie es so wollen. Das Geheimnis zum Erfolg ist es, zu wissen, wann man ein Angebot ausschlage­n sollte. Das ist das Wichtigste überhaupt. Man sollte einen Plan haben, einen Wachstumsp­lan der erfüllbar ist, und dann sollte man versuchen sich so gut es geht daran zu halten. Und sich nicht von der Möglichkei­ten des persönlich­en Erfolgs blenden lassen. Denn manchmal kommt mit großem Erfolg, auch die große Ernüchteru­ng. Und es kann über Nacht passieren. Zum Beispiel Probleme in der Zulieferke­tte. Wir brauchen uns nur mal Elon Musk anschauen, ein Multi-milliardär, der nicht genügend Autos herstellen kann im Moment, weil es ein Zulieferpr­oblem gibt. Das selbe gilt für Startups. Wenn ich das Holzgehäus­e für den Verstärker nicht bekommen hätte, wäre ich zum Monatsende aus dem Geschäft aufgrund zu geringen Cashflows. Cashflow ist der König des Geschäfts.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Michael Creek im Dialog mit AUDIO TEST
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