Clearaudio Emotion SE
Wir feiern dieses Jahr das 40. Firmenjubiläum von Clearaudio. Grund genug, einen Klassiker der Franken im Langzeittest zu betrachten. Eine Liebeserklärung…
Als audiophiler Mensch, bei Freunden, auf Messen und nicht zuletzt in der Redaktion kommt man als Audio-autor regelmäßig in den Genuss und Kontakt, mit hochwertigen Plattenspielern Musik erleben zu dürfen. Viele günstige Produkte erschrecken durch enorme Mängel in der Verarbeitungsqualität, dem Gleichlauf des Motors, durch Störgeräusche oder Schwankungen des Tellers. Eine lange Lebenszeit möchte man diesen Lifestyle-produkten jedenfalls nicht nachsagen. Ganz anders ist das bei Plattenspielern von Clearaudio und besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle unser Arbeitstier und Zugpferd der Vinyl-redaktion, der Emotion SE zusammen mit dem Artist V2 Ebony Tonabnehmer. Dieses Duett begeistert uns nun schon viele Jahre und es muss sich wahrlich nicht vor aktuellen Drehern der Mittel- und Oberklasse verstecken. Dabei konnten wir uns am zeitlosen Design niemals sattsehen, geschweige denn sattdrehen, sondern haben uns mit dem Emotion SE einen der makellosesten Plattenspieler seiner Zeit als Grundausstattung aufgestellt. Die Basis des Clearaudio Emotion SE steht auf drei höhenverstellbaren Füßen. Der Korpus ist aus massivem Acrylglas gefertigt, welches eine enorme Steifheit und Resonanzfreiheit garantiert. Noch dazu sieht es äußerst schick aus und macht den Emotion SE sofort zu einem Blickfang. Auch der Tel-
ler ist aus Acryl. Es empfiehlt sich an dieser Stelle zu erwähnen, dass Handschuhe für den Auf- und Abbau des Emotion SE obligatorisch sind. Nichts ärgert mehr, als einen sich perfekt drehenden Teller zu beobachten, dessen Drehung man nur anhand der vorbei zischenden Fingerabdrücke erkennt. Wo wir sofort bei den Stärken des Plattenspielers sind. Die Laufruhe. Selten haben wir eine Plattenteller im Labor gehabt, der durch so exzellente Gleichmäßigkeit in der Horizontalen brilliert. Bei Parallelbetrachtung des Tellers zur Basis fällt es schwer, auch nur ein Haarbreit Spielraum zu erkennen. Maßgeblich trägt dazu das Präzisionslager bei, welches an der Spitze über Magnetismus Abstand zum Teller schafft, sodass dieser sich geradezu schwerelos dreht, ausschließlich in seiner Seitenlage durch das Lager begrenzt. Dass wir hier von nahezu verschleißfreiem Betrieb sprechen können, ist offensichtlich. Man sagt, spätestens nach zwei Jahren sollte ein Plattenspieler gewartet und die Nadel getauscht werden. Wenn wir uns den Clearaudio Emotion SE nach zwei Jahren Dauerbetrieb so anschauen, fragen wir uns, ob das ernsthaft notwendig ist. Von Verschleiß keine Spur.
Technik
Angetrieben wird das makellose Milchweiß durch einen Silikonriemen, welcher mit einem „Außenborder“angetrieben wird. Der Motor steht dabei separat und entkoppelt vom Korpus des Plattenspielers in einer Aussparung, berührt diesen jedoch nicht, was störendes Brummen und Rumpeln aufs Unhörbare reduziert. Die Geschwindigkeit wird durch Wechseln des Riemens auf ein anderes Laufrad des Motors bewerkstelligt. Der Motor selber dreht immer in einer konstanten Geschwindigkeit und mehr als einen An/aus-schalter braucht es nicht. Der Arm des Emotion SE ist in unserem Fall die Variante Satisfy Kardan Carbon, der durch sein Leichtgewicht hervorragend über die Platte gleitet. Dabei hängt der Arm an zwei Achsen, die über Saphirlager aus schweizer Handwerkskunst verbunden sind. Der Hebel zum Absenken des Arms und die Gummilagerung zum Beiseitelegen wirken nur auf den ersten Blick fragil. Sie haben sich aber über die Jahre als sehr präzise und zuverlässige Werkzeuge hervorgetan. Im Arm kommen schon vorkonfektionierte Kabel zum Einsatz. Eine Headshell ist nicht vorgesehen. Der Anschluss erfolgt über Tonkopfadern. Dafür ist die Kalibrierung des Kopfes schnell und intuitiv möglich. Das Anti-skating wird automatisch durch ein ausgeklügeltes Magnetsystem an der Tonarmhalterung bewerkstelligt. Man merkt, Magneten gefallen den Erlangern von Clearaudio. Auch das im Tonabnehmer verbaute Wandlerprinzip ist ein Moving Magnet. Aber bevor jetzt alle High-ender die Nase rümpfen und womöglich mit Vorurteilen aufwarten, es ist einer der besten Mm-abnehmer, die wir je gehört haben. Sein Klang ist hervorragend musikalisch und die Kombination aus Aluminium-nadelträger und Ebenholz-gehäuse gibt dem Klang einerseits einen analytischen und detailreichen Touch, aber auch Wärme, Sattheit und Körper, wie man es sich als eingefleischter Mc-verfechter nicht anders wünschen könnte. Wir wetten, dass man den Artist V2 im Blindtest als MC einstufen würde. Keine Spur von Zweidimensionalität oder Verwischungen. Das Aluminium spielt sehr Präzise
und dass vernünftige Magneten verbaut wurden, wissen wir ja nun schon zur genüge. Zusätzlich macht es uns ein Mm-abnehmer auch noch ein wenig leichter, weil weniger komplexe Vorstufen benutzt werden müssen, da weniger Verstärkung benötigt wird. Und weniger Verstärkung heißt auch immer, dass wir wieder näher am Original sind.
Sound
Aber wie klingt der Clearaudio nun eigentlich so insgesamt? Die Antwort ist klar: clear. Das soll nicht bedeuten, dass es keinen Spaß macht darüber Musik zu hören, im Gegenteil. Der Emotion SE wird seinem Namen nur allzu gerecht und bereitete uns immens viele emotionale Stunden Vinyl-glück durch seine persönliche Zurückhaltung in der Verfärbung. Im Endeffekt bleibt die Musik der maßgebende Bestandteil in der Beurteilung der Güte von Audioprodukten. Und Musik entsteht oft einfach durch den Raum und Platz, den wir mit unseren Assoziationen füllen. Der Clearaudio hat uns besonders Spaß bereitet, wenn es um zeitgenössische Musik ging. So zum Beispiel bei dem Franzosen Thomas Azier und seinem Album „Rouge“. Seine Musik verlangt nach Raum und Tiefe, die der Emotion SE grundlegend und solide zur Verfügung stellt. Hinzu kommt der schon angesprochene Holzkörper des Artist V2, der dem Album die nötige Portion Druck zur Verfügung stellt. Das kann auch der ein oder anderen Klassik-platte den nötigen Boden geben. Erwähnenswert ist an dieser Stelle die Kombination von Emotion SE und Supertramp. Fans der britischen Band wissen ob der technischen Finesse der Aufnahmen, die in den 70er Jahren den Produktionsstil der Zeit konsequent ausreizten. Dabei wurde viel im Panorama experimentiert und das Phänomen Raumstaffelung von den Ingenieuren noch konsequent beackert. Durch den Biss in den unteren Mitten kommt der Clearaudio den dafür sonst etwas grundtonlosen Aufnahmen der Zeit wunderschön entgegen. Dabei bleiben Gitarren saftig und Schlagzeug klar konturiert. Kurzum, ein Klangvergnügen, wie es eine statische CD niemals bewerkstelligen kann. Es macht vermutlich einen Teil des Vinyl-reizes aus, dass es das ein oder andere Stellrädchen gibt, um für jeden den perfekten Plattenspieler zu konfigurieren. Unserer heißt Clearaudio Emotion SE. Und wenn der Vinyl-gott uns wohlgesonnen ist, wird er auch noch die nächsten Jahre bei uns seine Runden drehen. Happy Birthday, Clearaudio!