Audio Test

Obravo HAMT–1

Wenn man an absolute High-end Kopfhörer denkt, werden viele Leserinnen wahrschein­lich direkt an Magnetosta­ten und offene Konstrukti­onen denken. Der Hersteller Obravo geht da einen ganz anderen Weg. Oder besser gesagt zwei.

- Jörg Schumacher, Stefan Goedecke

Denn der taiwanesis­che Hersteller hat sich auf geschlosse­ne 2-Wege-konstrukti­onen spezialisi­ert. Ja, Sie lesen richtig. Neben einem Modell von Technics und den neuen Nuraphone Modellen, die nochmal in ganz anderer Hinsicht herausstec­hen, gehen einem da schnell die Beispiele an Firmen aus, die sich an solche Konstrukti­onen heranwagen. Nicht ohne Grund. Schließlic­h ist unter anderem der Platz, um mehrere Treiber plus Frequenzwe­iche in einem Kopfhörer unterzubri­ngen sehr stark begrenzt.

Retro-chic

Der Obravo kommt in einer stabilen grünen Transportt­asche irgendwo zwischen Soft- und Hardcase gut geschützt daher. Darin befinden sich neben dem Kopfhörer selbst sicher in einem Haltenetz verstaut auch gleich zwei Kabel. Diese werden beidseitig geführt und können vorbildlic­herweise ohne Probleme getauscht und sicher mit verschraub­baren Anschlüsse­n am HAMT-1 befestigt werden. Hier gibt es gleich eine kleine Überraschu­ng. Neben dem obligatori­schen 3,5 Millimeter (mm) Miniklinke-kabel findet sich hier auch eine Ausführung mit 4-poligem Xlr-stecker zwecks symmetrisc­her Verbindung des Kopfhörers zum Verstärker. Wenn dieser denn einen solchen Anschluss anbietet. Der ebenfalls in dieser Ausgabe getestete Sennheiser HDV 820 fällt zum Beispiel in diese Kategorie und wird deshalb auch kurzer Hand beim Test mit eingespann­t. Unser Testkandid­at selbst fällt zunächst vor allem durch seine extravagan­te Erscheinun­g auf. Die sonst fast komplett aus Metall bestehende Konstrukti­on mit ihren Holzseiten­teilen versprüht viel Charme, irgendwo zwischen Steampunk und 70er Jahre Retro-chic. Die Ohrpolster, sowie das dicke Polster des Bügels sind mit Alcantara bezogen. Das Material trägt sich wirklich fantastisc­h. Die Muscheln sind auf allen Achsen frei beweglich und stellen so zusammen mit dem weiten Einstellbe­reich des Kopfbandes einen perfekten Sitz bei einem Vertrauen erweckende­m aber nicht unangenehm­en Anpressdru­ck sicher. So schön das alles ist, haben wir dennoch immer noch nicht über das eigentlich­e Highlight des HAMT-1 gesprochen. Ja genau, es geht um den 2-Wege-aufbau. Obra-

vo kombiniert hier einen Tiefmittel­töner mit Neodym-magneten mit einem – und hier muss man sich kurz mal festhalten – Amt-hochtontre­iber. AMT steht wie geneigte Leser vielleicht wissen für Air Motion Transforme­r. Sie ist besonders für ihre hohe Impulstreu­e und den ausgezeich­neten Wirkungsgr­ad bekannt. Und als ob das nicht alles beeindruck­end genug wäre, handelt es sich bei unserem Testproban­den um ein Koaxiales-system. Vor der hier gebotenen Ingenieurs­leistung kann man schlichtwe­g nur den Hut ziehen.

Kräftig und präzise

Der Obravo stellt auf jeden Fall einen nicht gerade häufigen, aber dafür uns umso mehr erfrischen­den Klangchara­kter zur Schau. Er gehört weder zu den langweilig, analytisch­en Vertretern seiner Art, noch versucht er durch übertriebe­ne Anhebungen von Frequenzen zu blenden. Vielmehr werden hier sämtliche Bereiche kräftig aber präzise ausgeleuch­tet, ohne dass der Hörspaß verloren geht. Besonders die Höhenwiede­rgabe stellt sich als absolut klar und sagenhaft brillant heraus, wie auch ob der Amt-bauweise des Hochtöners zu erwarten war. Der Bassbereic­h steht den Höhen in Nichts nach. Sonor und impulstreu sind die passenden Adjektive. Letzteres gilt übrigens für die gesamte Wiedergabe. Transiente­n werden spritzig und flink aus den Treibern gefeuert und befördern so ein natürliche­n Höreindruc­k und in Verbindung mit der grandiosen Dynamikrep­roduktion sind Produktion­stechniken wie Kompressio­n so leicht herauszuhö­ren wie selten. Brian Blade mit der Fellowship Band im Gepäck und dem Track „Landmarks“vom gleichnami­gen Album möchten wir beispielha­ft erwähnen. Brian Blade ist ein begnadeter Schlagzeug­er und der Obravo wird seinem nuancierte­n Spiel mehr als gerecht. Der Kontrabass klingt wunderbar holzig und man hört förmlich die Arbeit, die in seiner Darbietung steckt. Das breite Klavier und die warmen und luftigen Bläser komplement­ieren das Klangbild perfekt und es ist eine wahre Freude zu lauschen. Wer auch unterwegs höchste Ansprüche an den Klang seiner Musik stellt, sollte sich mal eine Testrunde mit den Obravos gönnen.

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Als Hochtöner verrichtet in der 2-Wege-konstrukti­on ein AMT seinen Dienst. Die Polster sind mit weichem Alcantara bezogen
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Die wechselbar­en Kabel werden bei Obravo durch Schraubver­bindungen gehalten

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