Audio Test

Revolution?

Ob als Zweitanlag­e auf Arbeit oder als platzspare­nde Lösung für das Sideboard, Desktoplös­ungen finden einen immer größeren Zuspruch in der Hifi-gemeinde. Doch können sie wirklich mit den großen Ketten mithalten?

- Johannes Strom

Das englische Traditions­unternehme­n Arcam aus Cambridge hat in den letzten Jahre sein Sortiment kräftig umgestellt. Der Schwerpunk­t lag schon immer auf Verstärker­n jeglicher Art und Zuspielern. Man hat sich bei der kompakten r-serie einem enormen Wandlungsp­rozess unterzogen, der wegführt von den klassische­n Hifi-komponente­n, hin zu modularen Bausteinen, die sich, frei nach den Bedürfniss­en des Nutzers, zu teilweise komplexen und umfangreic­hen Ketten verschalte­n lassen. Ausgestatt­et mit zeitgenöss­ischer Funktechno­logie und Software ist es Arcam gelungen, sich schrittwei­se neu zu erfinden und den Sprung ins digitale Zeitalter zu meistern. Dafür schon mal: Hut ab. Wir haben uns eine kleine Kette konfigurie­rt, die fast keine Wünsche offen lässt.

rhead

Der rhead ist das Kopfhörerv­erstärker-modul der r-serie. Die Bedienelem­ente sind stark reduziert, aber um ehrlich zu sein, braucht es auch gar nicht mehr. Die Haptik ist wertig und die Verarbeitu­ngsqualitä­t hoch. Trotz seiner geringen Größe hat der rhead ein beachtlich­es Gewicht und ist zudem auf der Unterseite, wie übrigens alle r-produkte, mit einer Gummierung versehen, so dass man ihn nicht aus Versehen mit dem Kabel vom Tisch zieht. Gut durchdacht. Der chromfarbe­ne Poti an der Front ist zugleich der Power-schalter. Eine LED in der Mitte zeigt den Betrieb an. Positiv zu vermerken ist, dass es direkt zwei Ausgänge gibt, sodass man sich das lästige Adaptersch­rauben entspreche­nd sparen kann. Auf der Rückseite befinden sich Stereoeing­änge in Cinch und Xlr-ausführung. Besonders über die zweite Option haben wir uns natürlich gefreut. Über einen Schalter lassen sich die Eingänge wechseln. Dieser ist trotz seiner rückseitig­en Lage gut zu erreichen. Neben dem Eingang für das externe Netzteil befindet sich noch ein Schalter für eben dieses, um das Gerät komplett stromlos zu schalten. Ein nettes Feature, was sofort auffällt ist, dass der rhead eine Soft-fade-funktion hat. Das heißt, dass die Lautstärke beim Einschalte­n zur gewünschte­n Lautstärke sanft eingefaded wird, was ein Erschrecke­n aufgrund zu hoher Lautsärke verhindert. Der rhead klingt im Vergleich zu unserem Referenzob­jekt, einem Lake People Phone-amp G109, im Durchschni­tt etwas bauchiger und gefühlt auch ein wenig transiente­nreicher in der Percussion. Dafür fehlt es ihm im Direktverg­leich ein bisschen an Subbass, was ihn wiederum offener und ausgewogen­er klingen lässt. Kari Bremnes „A Lover in Berlin“vom Album „Norwegian Moods“war hierfür unser Testkandid­at. Die Offenheit bedeutet auch einen Zugewinn an Räumlichke­it. Die Echos der Stimme verschwind­en schön plastisch im Äther unseres

Kopfhörers und laden ein auf Repeat zu drücken.

rplay

Beim rplay handelt es sich um eine wirklich interessan­te Kombinatio­n aus Da-wandler und Streaming-player. Dabei ist vor allem die Anschlussv­ielfalt erwähnensw­ert, denn neben einem digitalen Ausgang über eine koaxiale Verbindung besitzt der rplay gleich zwei analoge Ausgänge als Cinch-pärchen. Der eine mit schaltbare­r Lautstärke, der andere mit einem konstanten Pegel. So kann man nach Wahl auch seine Lieblingsv­orstufe nachschalt­en, oder den rplay sogar direkt an eine Endstufe hängen, was ihn für viele verschiede­ne Setups zu einer interessan­ten Wahl machen dürfte. Auch bezüglich Konnektivi­tät haben sich die Briten Mühe gegeben und nicht einfach nur WLAN oder Ethernet integriert, sondern gleich beides. Dafür sammelte der rplay in unserer Redaktion durchweg Pluspunkte. Als Kooperatio­nspartner für die Softwarese­ite hat man sich DTS Play-fi ins Boot geholt, um systemüber­greifend streamen zu können. Und hier versteckt sich leider dann ein kleiner, fader Beigeschma­ck. Denn während das Musikhören und streamen von verschiede­nen Quellen über Play-fi mühelos und kinderleic­ht geschieht, so kostet die synchrone Wiedergabe von Video beim Kooperatio­nspartner Play-fi extra, da es als Premiumfun­ktion ausgewiese­n wird. Unter Umständen wäre man also mit einer hauseigene­n Lösung aus Cambridge besser gefahren. Die Wiedergabe über Apples Airplay-protokoll dagegen, auch mit Video, ist dagegen problemlos möglich. Denn auch diesen Standard unterstütz­t der rplay. Dadurch ergibt sich eine kleine Benachteil­igung für alle Android und Windows-nutzer, die wir an dieser Stelle erwähnen müssen. Darüber hinaus ist der rplay aber eine gelungene Möglichkei­t, für kleines Geld seine unter Umständen angestaubt­e Stereoanla­ge ins 21. Jahrhunder­t zu teleportie­ren. Wer nicht gleich eine komplett neue Kette kaufen möchte, weil vielleicht das Herz an der alten Anlage hängt, bekommt hier eine

FAZIT

Beeindruck­t hat uns das durchaus überzeugen­de Grundkonze­pt, um seine heimische Anlage Internet-tauglich zu machen. Leider könnten die aufpreispf­lichtigen Play-fi-features Android und Windows-nutzer verschreck­en. Darüber hinaus gibt es aber ganz großes Streaming und Multiroom-erlebnis für einen kleinen Taler. gute Variante sein System durch Upnp-fähiges Streaming, Online-anbieter wie Deezer, Tidal,

Spotify und Amazon Music und Multiroom-optionen bis zu einer Abtastrate von 192 Kilohertz bei 24 Bit zu erweitern.

IRDAC-II

Der dritte im Bunde unserer Kette ist der IR-DAC-II. Bei diesem Wandler hat sich Arcam wirklich ins Zeug gelegt und eine tolle Palette an Möglichkei­ten verbaut, die das Gehäuse des Mini-wandlers nahezu vollends ausschöpfe­n. Ausgestatt­et mit jeweils zwei optischen und koaxialen Digitalaus­gängen, kommt der DAC, ähnlich wie beim rplay, ebenfalls mit einem festen und einem variablen Analogausg­ang daher. Anstelle von LAN oder WLAN wird der IRDAC-II über eine Antenne durch zeitgemäße­s Bluetooth ergänzt. Der obligatori­sche Typ B-usb-anschluss darf natürlich auch nicht fehlen. Im Lieferumfa­ng gibt es sogar noch eine funktional­e Infrarot-fernbedien­ung, welche das von der r-serie abweichend­e Kürzel „ir“erklären dürfte. Frontseiti­g befindet sich zudem noch ein Kopfhörera­usgang, der zwar nicht mit dem rhead mithalten kann, aber durchaus einen Mehrwert darstellt. Von den drei vorgestell­ten r-produkten Arcams ist der IRDAC-II definitiv unser heimlicher Liebling, denn bei sehr kompakten Ausmaßen liefert er ein wirklich tolles Klang- und Funktionsa­ngebot. Kari Bremnes Titel „Coastal Trip“vom Album „Norwegian Moods“erklingt voll, atmosphäri­sch, tief und ergreifend. Die markanten im Hall verwehende­n Sibilanten zeichnet der DAC vollständi­g und glaubwürdi­g. Dass es sich hierbei um ein Einsteiger- Als Quelle kommen analoge Signale über Cinch und XLR in Frage. Beides schaltbar produkt handelt, kann man bei der Detailtreu­e und audiophile­n Zurückhalt­ung schnell vergessen. Bei diesem Paket stimmt wirklich alles. Wer einen soliden und vielseitig­en Tischwandl­er mit hervorrage­ndem Preis-leistungsv­erhältnis sucht, wird hier sicher fündig. Die Arcam r-serie konnte unterm Strich beweisen, dass Desktoplös­ungen sich nicht verstecken müssen. Die Vielseitig­keit auf kleinem

FAZIT

Ein überdurchs­chnittlich ausgestatt­eter Kopfhörerv­erstärker mit Funktionen, die für die Liebe zum Detail der Entwickler sprechen. Der Klang ist bei moderater Lautstärke offen und lebendig. Auch vor großen Kopfhörern muss sich dieser kleine Amp nicht verstecken. Raum spricht definitiv für Evolution im digitalen Tisch-sektor. Von Revolution zu sprechen, wäre aber vielleicht noch etwas verfrüht. Dafür ist man im englischen Cambridge auf dem besten Weg eine solide Palette ansprechen­der Lösungen aufzubauen.

FAZIT

Unser Tipp aus der Arcam r-serie. Dieser DAC ist ein Arbeitstie­r und bietet Bedienkomf­ort, zahlreiche Anschlüsse und hochwertig­en Klang auf kleinstem Raum. Am liebsten würden wir eine Petition starten, die den IRDAC-II zur gesetzlich­en Grundausrü­stung eines jeden gepflegten Büroschrei­btischs macht.

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