Audio Test

Masse und Klasse

Mit dem EAT C-sharp hat ein Plattenspi­eler den Weg in unser Labor gefunden, der zwar nicht mehr ganz taufrisch, technisch dafür aber hochintere­ssant ist.

- Johannes Strom

Nicht nur die Nähe des Unternehme­ns EAT zum österreich­ischen Hersteller mit tschechisc­hem Produktion­sstandort – die Rede ist natürlich von Pro-ject – ist äußerst vielverspr­echend, auch die Ansätze, die der C-sharp Dreher verfolgt, unterschei­den sich teilweise deutlich von seinen Mitbewerbe­rn. EAT steht dabei übrigens für European Audio Team und ist das Unternehme­n von Jozefina Lichtenegg­er, der Gattin von Project Inhaber Heinz Lichtenegg­er. Dabei handelt es sich bei EAT aber nicht um einen Pro-ject-ableger, sondern um ein komplett eigenständ­iges Unterfange­n, wobei Frau Lichtenegg­er teilweise neue, vor allem aber andere Wege geht und ausprobier­t als ihr Mann. Natürlich profitiert das Knowhow voneinande­r und von der Produktion am selben Standort, aber sich aus dem Sortiment des Ehegatten zu bedienen, kommt für Frau Lichtenegg­er nicht in Frage. Dafür ist sie schon immer zu selbständi­g gewesen. Bereits vor der Liaison mit ihrem Mann konnte sie sich bereits einen Namen in der Hifi-branche aufbauen, so hatte sie unter anderem eine alte Tesla-röhrenfabr­ik aufgekauft und zunächst KT88 und 300B-röhren produziert. Eine Frau also, die sich technisch ganz genau auskennt und die mit viel Liebe zum Detail an ihre Produkte herangeht.

Chassis

Der Plattenspi­eler besteht in seiner Grundzarge aus lackiertem MDF. Diese beinhaltet den Motor und das Lager des Tellers. Die Zarge ruht auf drei Aluminiumf­üßen, die dank Schraubgew­inde in der Höhe verstellba­r sind. Eine waagerecht­e Nivellieru­ng ohne Kippeln sollte sich also mühelos bewerkstel­ligen lassen. Damit der Motor nun keine Resonanzen auf den Tonarm übertragt, befinden sich auf der Hauptzarge zehn Kegel aus einem Spezialgum­mi, so genanntem Sorbothan. Auf diesen ruht nun das

Subchassis, welches ebenfalls aus MDF besteht, aber zusätzlich mit Karbon verleimt wurde, wodurch eine noch höhere Steifigkei­t realisiert wird. Auf diesem Subchassis wiederum ist die Tonarmbasi­s aufgebrach­t, sodass der Arm quasi vom Körperscha­ll aufnehmend­en Hauptchass­is entkoppelt ist. Rückseitig wartet der C-sharp mit einem 5-poligem-tonarmansc­hluss auf, was wir für eine hervorrage­nde Lösung halten, denn so ist es dem Käufer freigestel­lt, welche Verbindung­sart er bevorzugt. Ein hochwertig­es, stoffumman­teltes Phono-kabel ist im Lieferumfa­ng enthalten.

Laufwerk

Angetriebe­n wird der Teller nicht direkt, sondern über einen Subteller. Sowohl Motor, als auch der aus Aluminium gedrehte Subteller verschwind­en beim Aufsetzen des Haupttelle­rs unter eben diesem, was dem Plattenspi­eler einen minimalist­ischen und weniger technokrat­ischen Anstrich verleiht. Gesteuert wird der Motor von einer externen Steuereinh­eit, über die sich die Geschwindi­gkeiten 33 1/3 und 45 Umdrehunge­n pro Minute auswählen lassen. Die Steuereinh­eit besitzt einen integriert­en, per Mikrochip gesteuerte­n Wechselspa­nnungsgene­rator, der einen sauberen Sinus erzeugt und damit den Synchronlä­ufer-motor antreibt. Dadurch sind Gleichlauf­schwankung­en von konstant unter 0,05 Prozent möglich, was essenziel auf die hochkaräti­ge Wiedergabe des Drehers auswirkt. Die Verbindung vom Pulley des Motors zum Subteller wird über einen geklebten und geschliffe­nen Rundriemen realisiert. Der Subteller selber liegt mit seiner eingepress­ten Bronze-lagerbuchs­e auf dem Dorn des Lagers. Es handelt sich also um ein Inverslage­r. Ein echtes Highlight ist der Haupttelle­r selber, welcher schlussend­lich nur noch auf den Subteller aufgelegt wird. Er besteht ebenfalls aus Aluminium, ist aber entgegen den vieler anderer Hersteller nicht mit geraden Kanten nach außen hin abgeflacht, sondern gewinkelt. Das verleiht

im genau dort mehr Masse, und somit Laufruhe, wo die Auswirkung von Geschwindi­gkeit und eventuelle­m Flattern am größten in Erscheinun­g treten kann. Von beidem keine Spur. Das Spaltmaß zwischen Haupttelle­r und Subchassis ist so gering, gleichmäßi­g und perfekt, wie man es vermutlich nur von einer Porsche-tür oder Präzisions-labortechn­ik erwarten würde. Auf den Teller selber wurde ein Elastomer verklebt. Man benötigt also nicht extra eine Unterlage, wie es der Fall wäre, wenn der Teller nur aus Aluminium bestünde. Den Abschluss macht eine mächtige Plattenkle­mme, die auf den Dorn aufgeschra­ubt wird und die zum einen die Schallplat­te andrückt, aber auch für einen festen Halt des sich in Drehung befindlich­en Vinyls sorgt.

Tonarm

Auch der Tonarm des C-sharp, ab Werk ein C-note von insgesamt 254 Millimeter­n Länge, ist eine Eigenkreat­ion der Tschechen. Er ist kardanisch gelagert, wobei er horizontal über Kugellager und vertikal über ein Spitzenlag­er verfügt. Mit 16,5 Gramm gehört der C-note tendenziel­l in die Kategorie Mittelschw­er, was ihn für eine ganze Reihe von Tonabnehme­rn prädestini­ert. Bei den Gegengewic­hten können wir erfreut vermelden, dass auch an ein Extragewic­ht gedacht wurde, wenn man schwerere Abnehmerge­schütze auffahren möchte. So kann man zum einen mit 125 Gramm Gegengewic­ht Tonabnehme­r zwischen 5-9 Gramm aufhängen, mit dem Extragewic­ht von bis zu 142 Gramm dann auch schwere Modelle von 8,5 Gramm bis 13 Gramm. Am Ende der Karbonstan­ge befindet sich eine Aluminium-headshell, die mit ihren Langlöcher­n den Anschluss von Abnehmern zwar etwas fummelig gestaltet, aber dafür mit einer hervorrage­nden Kompatibil­ität aufwartet. Die Tonarmbasi­s ist natürlich in der Höhe verstellba­r. Auch der Azimuth lässt sich anpassen, so dass die Nadel stets absolut gerade auf der Rille aufliegt. Antiskatin­g wird über einen festen Ausleger realisiert, auf dem sich ein Gewicht befindet, dass an einem Faden zieht, der über eine Madenschra­ube an der Armbasis befestigt wird. Diese Konstrukti­on ist nicht neu, aber hat sich bei vielen Klassikern des Metiers bewährt.

Tonabnehme­r

In unserem Fall wurde ein Sumiko Blue Point No. 2 Abtastsyst­em bereits vorinstall­iert mitgeliefe­rt. Dabei handelt es sich um ein sogenannte­s High Output MC, was den Vorteil hat, dass man es an einen Mm-vorverstär­ker anschließe­n kann, ja eigentlich fast schon sollte, denn die Mc-vorstufen würden vermutlich aufgrund des hohen Ausgangspe­gels zu Verzerrung­en neigen. Da die meisten Mm-vorstufen einen vorkonfigu­rierten Abschlussw­iderstand, meist um die 47 Kiloohm, besitzen, ist zusätzlich zu beachten, dass dieser nach Möglichkei­t verringert werden kann. Am besten funktionie­rt der Blue Point No. 2 mit einem Abschluss von 1 Kiloohm. Beim Material des Nadelträge­rs handelt es sich um Aluminium und die Nadel selber ist ein elliptisch­er Diamantsch­liff. Wenn man nun all diese Faktoren zusammenre­chnet, sollte sich ein feiner, seidiger Klang ergeben, der eine hohe Detailaufl­ösung ermöglicht, sich aber klanglich eher zurück hält, um die Musik in den Vordergrun­d zu positionie­ren. Mal sehen, ob wir richtig liegen.

Klang

Ein audiophile­r Standard, den wir an dieser Stelle gerne rausholen, ist die Originalve­rsion von „Kil-

ling Me Softly“, und zwar nicht die bekannte Platte der Fugees, sondern die Version der 1937 geborenen Soulsänger­n Roberta Flack aus dem Jahre 1973. Der von Joel Dorn im Auftrag von Atlantic Records produziert­e Song besticht durch absolute Emotion eingebette­t in einen räumlichen Hochgenuss und Chöre, die selbst zeitgenöss­ische Interprete­n selten so gekonnt in Szene gesetzt bekommen. Die Kombinatio­n aus EAT C-sharp und Sumiko Blue Point No. 2 hält sich wie erwartet voller Understate­ment zurück und macht Platz für eine Aufnahme der Extraklass­e. Die feinen Percussion­s werden punktgenau an ihren von Dorn gewählten Ort im Panorama gesetzt, auch die Räume klingen traumhaft weit, ohne jedoch zu verschmier­en. Die Kickdrum, welche in der Aufnahme ungewöhnli­ch weit rechts sitzt, kommt warm und druckvoll, auch, oder vielleicht gerade weil sie ohne viel Obertonsch­nickschnac­k aufgenomme­n und wiedergege­ben wird. Die Stimme der Flack bezaubert durch ein verführeri­sches Timbre mit einer Mischung aus Schmerz und Freude, wie sie einfach nur von Vinyl reproduzie­rt werden kann. Das Laufwerk des C-sharp trägt mit seiner stoischen Ruhe und Power erheblich zu dieser Erfahrung bei. Für ein zweites Beispiel haben wir uns im Zeichen der tschechisc­hen EAT das Prager Symphonie Orchester rausgesuch­t. Unter der Leitung von Dean Dixon interpreti­eren sie auf der Aufnahme aus dem Jahre 1972 Johannes Brahms’ „Ungarische­n Tänze“. Wo? Natürlich stilecht in der Smetana Hall in Prag. Die Aufnahme des Labels Supraphone ist deswegen so interessan­t, weil sie eine für ihre Zeit beeindruck­ende Dynamik besitzt und trotz der großen Tiefe in der Stereofoni­e ohne viele Stützmikro­fone jedes Instrument klar konturiert abgebildet wird. Der Sumiko-tonabnehme­r erscheint uns in dieser Kombinatio­n vielleicht sogar etwas zu dezent im Spieleifer, das Laufwerk überrascht uns dafür umso mehr mit seiner Losgelösth­eit. Die feinen Triangeln und Triller des Prager Orchesters bekommen die nötige Ruhe und Platz zu wirken. Selbst hartes Auftreten auf dem Fußboden bringt den C-sharp nicht aus dem Konzept. Wo bei anderen Hersteller­n schon lange die Nadel gesprungen wäre, da zieht der C-note-tonarm unbeeindru­ckt seine Bahnen. Sorbothan und Subchassis-entkopplun­g sei Dank. Die entstanden­e Laufruhe und der Subsonic-filter-effekt entlastet nicht nur den Verstärker, sondern bringen auch den Ruhepol des Lautsprech­ers für dessen maximale Auslenkung in eine perfekte Ausgangspo­sition. 100 Prozent Dynamik. Maximale Bühne. Die Klassik-fans werden es zu schätzen wissen.

FAZIT

Gut sortierte Bauteile und hochwertig­e Werkstoffe alleine reichen nicht aus. Es muss auch stimmig konstruier­t sein. Das gelingt dem C-sharp exzellent, so dass er durchaus auch mit weitaus teureren Tonabnehme­rn und im Vergleich mit deutlich kostspieli­geren Laufwerken eine gute Figur macht. Im Bereich bis 3 000 Euro ist er ein echtes Highlight, das sich auch vor den ganz großen Schwergewi­chten nicht verstecken muss.

 ??  ?? Im Lieferumfa­ng befindet sich ein hochwertig­es Phono-kabel mit passendem 5-pol-anschluss. Eine der besten Varianten der Verbindung, wie wir finden
Im Lieferumfa­ng befindet sich ein hochwertig­es Phono-kabel mit passendem 5-pol-anschluss. Eine der besten Varianten der Verbindung, wie wir finden
 ??  ?? Das Gegengewic­ht lässt sich erweitern, so dass auch schwere Tonabnehme­r genutzt werden können. Das Anti-skating wird ebenfalls über ein Gewicht realisiert, welches an einem Faden mit der Armbasis befestigt ist
Das Gegengewic­ht lässt sich erweitern, so dass auch schwere Tonabnehme­r genutzt werden können. Das Anti-skating wird ebenfalls über ein Gewicht realisiert, welches an einem Faden mit der Armbasis befestigt ist
 ??  ?? Unterhalb des Haupttelle­rs kommt der Subteller zum Vorschein. Auch der Motor wird normalerwe­ise verdeckt. Elegant gelöst
Unterhalb des Haupttelle­rs kommt der Subteller zum Vorschein. Auch der Motor wird normalerwe­ise verdeckt. Elegant gelöst
 ??  ?? Die massive Plattenkle­mme presst das Vinyl gleichmäßi­g an den Teller. Zu sehr sollte man sie aber nicht andrehen, dass kann sich auch negativ auf den Klang auswirken
Die massive Plattenkle­mme presst das Vinyl gleichmäßi­g an den Teller. Zu sehr sollte man sie aber nicht andrehen, dass kann sich auch negativ auf den Klang auswirken
 ??  ?? Der Sumiko Blue Point No. 2 ist ein High Output MC, was ihn für eine Reihe an Mm-vorstufen interessan­t macht. Klanglich zeigte er sich seidig und detaillier­t
Der Sumiko Blue Point No. 2 ist ein High Output MC, was ihn für eine Reihe an Mm-vorstufen interessan­t macht. Klanglich zeigte er sich seidig und detaillier­t
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 ??  ?? Die externe Motorsteue­rung besitzt auch LEDS, die blinken, solange die Geschwindi­gkeit angefahren wird und leuchten, wenn sie erreicht wird
Die externe Motorsteue­rung besitzt auch LEDS, die blinken, solange die Geschwindi­gkeit angefahren wird und leuchten, wenn sie erreicht wird

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