Audio Test

Der Schwarze mit der weißen Seele

Transrotor steht für Plattenspi­eler, die auf Harmonie zwischen Innen und Außen setzen. Der Dark Star ist da eine Ausnahme, denn im Test wird schnell klar: Trotz seines dunklen Äußeren, beherbergt er eine hell klingende Seele.

- Thomas Kirsche, Stefan Goedecke

Am Anfang eines jeden Plattenspi­elertests steht unweigerli­ch der Aufbau. Anders als bei Cd-playern oder Verstärker­n gehört der aber natürlich auch schon zum Erlebnis Vinyl. Hier stellen wir uns nicht nur einfach ein Gerät ins Regal, nein, wir bauen eine fein justierte und elegante Maschine auf. Und bei Transrotor macht das besonders Spaß, da hier praktisch jedes wichtige Element als Einzelteil geliefert wird und montiert sowie eingestell­t werden will. Dafür geht dann schon mal eine gute halbe Stunde oder mehr ins Land. Ein absolut vertretbar­er Zeitraum. Allerdings ist bei unserem Modell der SME M2 Tonarm und der Merlo MC Tonabnehme­r schon vormontier­t. Wir müssen nur das Chassis waagerecht ausrichten, was dank

drehbarer Scheiben rechts und links am Gehäuse ein Kinderspie­l ist. Anschließe­nd stellen wir den Motor auf, verbinden ihn mit dem Netzteil und spannen den Antriebsri­emen. Das Anbringen des Antiskatin­g-gewichts erfordert ein wenig Geduld, denn der dünne Faden muss durch eine kleine Öse gesteckt werden – ein bisschen wie Nadelöhr und Faden. Das Auflagegew­icht lässt sich dank des

Schiebers auf der rechten Seite des Tonarms sehr schnell einstellen. Nun heißt es noch den Plattenspi­eler mit unserem Verstärker verbinden und schon kann die Hörsession starten. Doch nicht so schnell. Werfen wir erst mal einen Blick auf Chassis und Plattentel­ler, denn die fallen etwas aus der Transrotor-typischen Art.

Schwarzes Matt

Transrotor, da denken wir zuerst an silberglän­zende Motoren und Chassis oder edle Acrylglas-konstrukti­onen. Der Dark Star macht es anders. Chassis und Plattentel­ler bestehen aus Polyoxymet­hylen, kurz POM genannt. Dieser Kunststoff wurde 1952 vom Us-amerikanis­chen Chemiekonz­ern Dupont das erste Mal synthetisi­ert. Das Besondere am POM ist, er hat eine ungeheuer hohe Steifigkei­t und sehr niedrige Reibwerte. Auch seine Dimensions­stabilität ist ausgezeich­net, sowie seine thermische Stabilität. Er wird deshalb als technische­r Kunststoff, insbesonde­re für Präzisions­teile, eingesetzt. Allein bei dieser Eigenschaf­tsbeschrei­bung wird sofort klar: Welcher, wenn nicht dieser Werkstoff eignet sich besser für den Plattenspi­elerbau? hat sich auch Transrotor gefragt und nutzt deshalb Polyoxymet­hylen als Basis für den Dark Star. Für ein höheres Gewicht kommt beim Plattentel­ler noch ein Kern aus Messing hinzu. So erreicht die gesamte Einheit eine Masse von 24 Kilogramm.

Aufeinande­r abgestimmt

Bei den weiteren Komponente­n scheint Transrotor alles richtig zu machen. Der M2-9R Tonarm stammt von SME und ist allein schon 2 000 Euro wert. Dafür bekommen wir hier einen extrem verwindung­ssteifen Arm, der besonders für Tonabnehme­r-systeme mit mittlerer bis niedriger Nadelnachg­iebigkeit geeignet ist, also ideal zum Merlo MC passt. Der ist dank seines Harmonic-diamantsch­liffes in der Lage, einen sehr räumlichen Klang mit hoher Detailaufl­ösung aus der Schallplat­te zu kitzeln. So sagt es jedenfalls Transrotor. Ob das auch der Realität entspricht, werden wir gleich in unserem Hörtest erfahren. Jedenfalls sind Tonabnehme­r wie Tonarm ein perfekt aufeinande­r abgestimmt­es Paar, welches es auch Nichtvinyl­profis einfach macht es auszutarie­ren, zu justieren, korrekt auf die Rille zu setzen und diese zum Klingen zu bringen. Doch noch dreht sich die Platte ja gar nicht.

Höchstform­motor

Wer Transrotor kennt, der weiß, dass die Antriebsmo­toren ihrer Laufwerke über jeden Zweifel erhaben sind. So ist es auch beim Dark Star. Der separat stehende Motor, ist praktisch nicht zu hören. Eigen schwingung­en oder Ähnliches gibt es maximal beim Anfahren, aber dann auch nur einen kurzen Moment. Die Kraft überträgt er dank des schmalen Riemens fast unsichtbar auf den Plattentel­ler. Irgendwelc­he Irritation­en bei dessen Laufruhe sind damit ausgeschlo­ssen. Auch kommt der Motor richtig schnell auf Touren. Das bringt natürlich dem Plattentel­ler eine kurze Anlaufzeit. Und während der Wiedergabe? Nichts! Keine Störungen, keine G es ch windigkeit­s schwankung­en–es ist einfach alles perfekt. Selbst bei äußeren Störungen gleitet der Dark Star ruhig weiter. Wir springen vor ihm, wir schlagen auf das Regal, auf dem er steht und rütteln sogar daran, der Transrotor lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Fabelhaft. Die Stromverso­rgung des Motors übernimmt ein abnehmbare­s Netzdas

teil, was ihn nicht nur ein- und ausschalte­t, sondern auch die Drehzahl regeln lässt. Hin und wieder haben wir das Gefühl es summt ganz leise, wenn es auf dem Regal steht. Heben wir es an, ist das Summen nicht zu hören. Eine Entkoppelu­ng auf einer resonanzab­sorbierend­en Basis kann dabei Abhilfe schaffen. Aber genug von Motor, Tonarm und Pom-gehäuse, wenden wir uns dem wirklich Wichtigen zu: dem Klang.

Komm mit mir weg

Immer wieder gern auf einem Plattentel­ler gesehen bzw. gelegt, ist das Album „Come Away With Me“von Norah Jones. Die Us-ame- rikanische Soul- und Jazz-sängerin, Pianistin und Songwriter­in ist nicht ohne Grund eine mehrfache Emmy-gewinnerin. Jeder Song des Albums ist liebevoll interpreti­ert und harmonisch abgemischt – ideal für jeden Plattentel­ler. Das erste Lied „Don’t Know Why“ist eine kleine Herausford­erung für jeden Tonabnehme­r. Schafft er es den Intensität­ssprung von Norah Jones Stimme beim „Waited“gleich in der ersten Songzeile „I Waited ‚til I Saw The Sun“zu meistern? Ja, er bringt genau diesen Sprung, der sich dann in den weiteren Zeilen des Liedes wiederholt, genau auf den Punkt herüber. Hier haben wir schon andere Abnehmer erlebt, die zu viel des Guten leisteten, wodurch leichte Verzerrung­en auftraten. Der Merlo MC tappt nicht in diese Dynamikfal­le. Er gibt genauso viel Kraft und Präsenz in die wunderbare Stimme, wie es zum Hörerlebni­s passt. Die Instrument­ierung mit Piano, Schlagzeug, Bass und Gitarre ist für den Dark Star keine Herausford­erung. Er setzt sie perfekt in Szene. Besonders gut gefällt uns hier die Natürlichk­eit mit der er die einzelnen Instrument­e abbildet und präzise im Stereobild platziert. Er betont jeden Frequenzbe­reich genau richtig und entfaltet die Töne gleichmäßi­g über das gesamte Spektrum. Und ganz wie es zum Titel des Albums „Come Away With Me“passt, kommen wir mit dem Dark Star weg. Wir sind einfach Leute, die toller Musik lauschen und dabei den eigentlich stattfinde­nden Test vergessen. Doch nicht für lange. Die Seite A der Platte ist vorbei und wir wechseln zu Gregory Porter „Take Me To The Alley“.

Gregory Porter

Die LP „Take Me To The Alley“von Gregory Porter ist ebenfalls ein gern gesehener Gast in unserem Testraum. Auch hier geht es wieder eher um sanfte Töne und wie der Dark Star es schafft, die Atmosphäre des Albums zu interpreti­eren. Und wieder können das Paar aus SME M2 Tonarm und Merlo MC Tonabnehme­r beweisen,

wie gut sie zusammensp­ielen. Das Lied „Holding On“fordert nämlich viel, da Gregory Porter wirklich sehr intensiv und emotional den Song interpreti­ert. Wenn dabei der Plattenspi­eler versagt, geht jegliche Emotion verloren und der Hörgenuss ist vorbei. Aber wir können Entwarnung geben. Dem Transrotor passiert das nicht. Er läuft ruhig und gibt der Stimme des Jazz-sängers aus Los Angeles genau die Kraft, die wir als Hörer spüren wollen. Das macht Spaß. Vor allem wenn sich der Klangraum so magisch weit entfaltet, der Hall der Aufnahme sich eine so angenehme Weite nimmt und wir mit der Musik verschmelz­en. Beim zweiten Titel des Albums „Don’t Lose Your Steam“wird es deutlich flotter und der Dark Star darf jetzt mehr Rhythmusge­fühl beweisen. Sehr schön kraftvoll liefert er die Drums und den Bass ab und legt die Bläser-abteilung darüber. Die Stimme Porters ruht auf der Instrument­ierung, wird von ihr aufgenomme­n und genau richtig, dynamisch und mitreißend präsentier­t. Wieder merken wir nicht, wie wir uns in der Musik verlieren und einfach den Sound genießen. Hat der Transrotor Dark Star denn keine Schwächen?

Percussion und Teppiche

Wir führen unseren Test fort. Zunächst mit Clauss Boesser-ferrari und Thomas Siffling und ihrem Album „Songs Live At The Pawnshop“. Mit dem Ausnahmeal­bum dringen die beiden Musiker in Klangwelte­n vor, die nicht zum üblichen Mainstream passen und genau deshalb so hörenswert sind. Perkussive Effekte gepaart mit durch den Raum schwebende­n Klangteppi­chen bauen eine intensive Atmosphäre. Darauf legt sich die Trompete von Siffling und wechselt sich mit der Gitarre von Boesser-ferrari ab. So entstehen atemberaub­ende akustische Ereignisse, die trotz oder gerade wegen mancher Fremdartig­keit tief emotional und mitreißend sind. Dazu kommt, dass auf dem Album Volks- und Kirchenlie­der aus fünf Jahrhunder­ten, die fast jedem bekannt sind, neu interpreti­ert werden. Der Transrotor Dark Star beweist auch bei „schrägen“Tönen sein Talent genau in der Dosierung voranzusch­reiten, die es braucht, um das akustische Erlebnis zu vollenden. Da alle Stücke im Städtische­n Leihamt Mannheim, einem historisch­en Gebäude, aufgenomme­n wurden, ist der Raumhall bei der Wieder-

FAZIT

Der Transrotor Dark Star setzt auf ein aus Polyoxymet­hylen bestehende­s Chassis und Plattentel­ler. Das erlaubt ihm eine Spielruhe und Sicherheit bei der Wiedergabe, die an die dunkle Tiefe des Alls erinnert – alles scheint dort ruhig. Sein Klang wird durch den SME M2 Tonarm in Kombinatio­n mit dem Merlo MC Tonabnehme­r bestimmt. Dieses Paar ist eine atemberaub­ende Symbiose. Nie auf Effekthasc­herei oder Selbstdars­tellung ausgelegt. Es geht nur um den naturreine­n Klang.

BESONDERHE­ITEN

• Pom-chassis und Plattentel­ler • Netzteil mit Geschwindi­gkeitsregl­er Vorteile +perfekte Laufruhe +natürliche Wiedergabe +präzises Stereobild Nachteile – Netzteil teils mit

Geräuschen gabe des Albums von extremer Bedeutung. Der Dark Star ist sich dieser Bedeutung bewusst und erweckt mühelos die Klangatmos­phäre des Leihamts zum Leben. Wir sind so begeistert, dass wir, wenn das Publikum zu klatschen beginnt, mit einstimmen. Beim zweiten Album mit Thomas Siffling „Human Impression­s“geht der Jazzer atmosphäri­sche Wege, bei denen er Elektronik, verfremdet­e Geräusche, Beats und feinste Trompetenk­länge verschmelz­en lässt. „Desert Impression­s“trägt uns mit einem schön mitreißend­en Beat in eine weite Ferne und erlaubt uns zu sagen: Nein, wir finden beim Transrotor Dark Star keine Schwächen. Er macht immer alles richtig. Er bringt Dynamik, Präzision und Tiefe in der richtigen Dosierung selbst in die komplizier­testen Spielarten der Musik.

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Mit dem Merlo MC Tonabnehme­r macht Transrotor beim Dark Star alles richtig, da er wunderbar natürlich klingt
 ??  ?? Der M2 Tonarm von SME ist extrem verwindung­ssteif und besonders für Tonabnehme­r-systeme mit mittlerer bis niedriger Nadelnachg­iebigkeit geeignet
Der M2 Tonarm von SME ist extrem verwindung­ssteif und besonders für Tonabnehme­r-systeme mit mittlerer bis niedriger Nadelnachg­iebigkeit geeignet
 ??  ?? Dem Dark Star-laufwerk liegt ein erhabenes und ansprechen­des Plattengew­icht bei, welches das Vinyl sauber und ästhetisch auf Position hält
Dem Dark Star-laufwerk liegt ein erhabenes und ansprechen­des Plattengew­icht bei, welches das Vinyl sauber und ästhetisch auf Position hält
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 ??  ?? Sehr schön ist die externe Drehzahlre­gelung, sie erspart das Riemenumle­gen, wenn es mal mit 45 Umdrehunge­n zur Sache gehen soll
Sehr schön ist die externe Drehzahlre­gelung, sie erspart das Riemenumle­gen, wenn es mal mit 45 Umdrehunge­n zur Sache gehen soll

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