Der Schwarze mit der weißen Seele
Transrotor steht für Plattenspieler, die auf Harmonie zwischen Innen und Außen setzen. Der Dark Star ist da eine Ausnahme, denn im Test wird schnell klar: Trotz seines dunklen Äußeren, beherbergt er eine hell klingende Seele.
Am Anfang eines jeden Plattenspielertests steht unweigerlich der Aufbau. Anders als bei Cd-playern oder Verstärkern gehört der aber natürlich auch schon zum Erlebnis Vinyl. Hier stellen wir uns nicht nur einfach ein Gerät ins Regal, nein, wir bauen eine fein justierte und elegante Maschine auf. Und bei Transrotor macht das besonders Spaß, da hier praktisch jedes wichtige Element als Einzelteil geliefert wird und montiert sowie eingestellt werden will. Dafür geht dann schon mal eine gute halbe Stunde oder mehr ins Land. Ein absolut vertretbarer Zeitraum. Allerdings ist bei unserem Modell der SME M2 Tonarm und der Merlo MC Tonabnehmer schon vormontiert. Wir müssen nur das Chassis waagerecht ausrichten, was dank
drehbarer Scheiben rechts und links am Gehäuse ein Kinderspiel ist. Anschließend stellen wir den Motor auf, verbinden ihn mit dem Netzteil und spannen den Antriebsriemen. Das Anbringen des Antiskating-gewichts erfordert ein wenig Geduld, denn der dünne Faden muss durch eine kleine Öse gesteckt werden – ein bisschen wie Nadelöhr und Faden. Das Auflagegewicht lässt sich dank des
Schiebers auf der rechten Seite des Tonarms sehr schnell einstellen. Nun heißt es noch den Plattenspieler mit unserem Verstärker verbinden und schon kann die Hörsession starten. Doch nicht so schnell. Werfen wir erst mal einen Blick auf Chassis und Plattenteller, denn die fallen etwas aus der Transrotor-typischen Art.
Schwarzes Matt
Transrotor, da denken wir zuerst an silberglänzende Motoren und Chassis oder edle Acrylglas-konstruktionen. Der Dark Star macht es anders. Chassis und Plattenteller bestehen aus Polyoxymethylen, kurz POM genannt. Dieser Kunststoff wurde 1952 vom Us-amerikanischen Chemiekonzern Dupont das erste Mal synthetisiert. Das Besondere am POM ist, er hat eine ungeheuer hohe Steifigkeit und sehr niedrige Reibwerte. Auch seine Dimensionsstabilität ist ausgezeichnet, sowie seine thermische Stabilität. Er wird deshalb als technischer Kunststoff, insbesondere für Präzisionsteile, eingesetzt. Allein bei dieser Eigenschaftsbeschreibung wird sofort klar: Welcher, wenn nicht dieser Werkstoff eignet sich besser für den Plattenspielerbau? hat sich auch Transrotor gefragt und nutzt deshalb Polyoxymethylen als Basis für den Dark Star. Für ein höheres Gewicht kommt beim Plattenteller noch ein Kern aus Messing hinzu. So erreicht die gesamte Einheit eine Masse von 24 Kilogramm.
Aufeinander abgestimmt
Bei den weiteren Komponenten scheint Transrotor alles richtig zu machen. Der M2-9R Tonarm stammt von SME und ist allein schon 2 000 Euro wert. Dafür bekommen wir hier einen extrem verwindungssteifen Arm, der besonders für Tonabnehmer-systeme mit mittlerer bis niedriger Nadelnachgiebigkeit geeignet ist, also ideal zum Merlo MC passt. Der ist dank seines Harmonic-diamantschliffes in der Lage, einen sehr räumlichen Klang mit hoher Detailauflösung aus der Schallplatte zu kitzeln. So sagt es jedenfalls Transrotor. Ob das auch der Realität entspricht, werden wir gleich in unserem Hörtest erfahren. Jedenfalls sind Tonabnehmer wie Tonarm ein perfekt aufeinander abgestimmtes Paar, welches es auch Nichtvinylprofis einfach macht es auszutarieren, zu justieren, korrekt auf die Rille zu setzen und diese zum Klingen zu bringen. Doch noch dreht sich die Platte ja gar nicht.
Höchstformmotor
Wer Transrotor kennt, der weiß, dass die Antriebsmotoren ihrer Laufwerke über jeden Zweifel erhaben sind. So ist es auch beim Dark Star. Der separat stehende Motor, ist praktisch nicht zu hören. Eigen schwingungen oder Ähnliches gibt es maximal beim Anfahren, aber dann auch nur einen kurzen Moment. Die Kraft überträgt er dank des schmalen Riemens fast unsichtbar auf den Plattenteller. Irgendwelche Irritationen bei dessen Laufruhe sind damit ausgeschlossen. Auch kommt der Motor richtig schnell auf Touren. Das bringt natürlich dem Plattenteller eine kurze Anlaufzeit. Und während der Wiedergabe? Nichts! Keine Störungen, keine G es ch windigkeits schwankungen–es ist einfach alles perfekt. Selbst bei äußeren Störungen gleitet der Dark Star ruhig weiter. Wir springen vor ihm, wir schlagen auf das Regal, auf dem er steht und rütteln sogar daran, der Transrotor lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Fabelhaft. Die Stromversorgung des Motors übernimmt ein abnehmbares Netzdas
teil, was ihn nicht nur ein- und ausschaltet, sondern auch die Drehzahl regeln lässt. Hin und wieder haben wir das Gefühl es summt ganz leise, wenn es auf dem Regal steht. Heben wir es an, ist das Summen nicht zu hören. Eine Entkoppelung auf einer resonanzabsorbierenden Basis kann dabei Abhilfe schaffen. Aber genug von Motor, Tonarm und Pom-gehäuse, wenden wir uns dem wirklich Wichtigen zu: dem Klang.
Komm mit mir weg
Immer wieder gern auf einem Plattenteller gesehen bzw. gelegt, ist das Album „Come Away With Me“von Norah Jones. Die Us-ame- rikanische Soul- und Jazz-sängerin, Pianistin und Songwriterin ist nicht ohne Grund eine mehrfache Emmy-gewinnerin. Jeder Song des Albums ist liebevoll interpretiert und harmonisch abgemischt – ideal für jeden Plattenteller. Das erste Lied „Don’t Know Why“ist eine kleine Herausforderung für jeden Tonabnehmer. Schafft er es den Intensitätssprung von Norah Jones Stimme beim „Waited“gleich in der ersten Songzeile „I Waited ‚til I Saw The Sun“zu meistern? Ja, er bringt genau diesen Sprung, der sich dann in den weiteren Zeilen des Liedes wiederholt, genau auf den Punkt herüber. Hier haben wir schon andere Abnehmer erlebt, die zu viel des Guten leisteten, wodurch leichte Verzerrungen auftraten. Der Merlo MC tappt nicht in diese Dynamikfalle. Er gibt genauso viel Kraft und Präsenz in die wunderbare Stimme, wie es zum Hörerlebnis passt. Die Instrumentierung mit Piano, Schlagzeug, Bass und Gitarre ist für den Dark Star keine Herausforderung. Er setzt sie perfekt in Szene. Besonders gut gefällt uns hier die Natürlichkeit mit der er die einzelnen Instrumente abbildet und präzise im Stereobild platziert. Er betont jeden Frequenzbereich genau richtig und entfaltet die Töne gleichmäßig über das gesamte Spektrum. Und ganz wie es zum Titel des Albums „Come Away With Me“passt, kommen wir mit dem Dark Star weg. Wir sind einfach Leute, die toller Musik lauschen und dabei den eigentlich stattfindenden Test vergessen. Doch nicht für lange. Die Seite A der Platte ist vorbei und wir wechseln zu Gregory Porter „Take Me To The Alley“.
Gregory Porter
Die LP „Take Me To The Alley“von Gregory Porter ist ebenfalls ein gern gesehener Gast in unserem Testraum. Auch hier geht es wieder eher um sanfte Töne und wie der Dark Star es schafft, die Atmosphäre des Albums zu interpretieren. Und wieder können das Paar aus SME M2 Tonarm und Merlo MC Tonabnehmer beweisen,
wie gut sie zusammenspielen. Das Lied „Holding On“fordert nämlich viel, da Gregory Porter wirklich sehr intensiv und emotional den Song interpretiert. Wenn dabei der Plattenspieler versagt, geht jegliche Emotion verloren und der Hörgenuss ist vorbei. Aber wir können Entwarnung geben. Dem Transrotor passiert das nicht. Er läuft ruhig und gibt der Stimme des Jazz-sängers aus Los Angeles genau die Kraft, die wir als Hörer spüren wollen. Das macht Spaß. Vor allem wenn sich der Klangraum so magisch weit entfaltet, der Hall der Aufnahme sich eine so angenehme Weite nimmt und wir mit der Musik verschmelzen. Beim zweiten Titel des Albums „Don’t Lose Your Steam“wird es deutlich flotter und der Dark Star darf jetzt mehr Rhythmusgefühl beweisen. Sehr schön kraftvoll liefert er die Drums und den Bass ab und legt die Bläser-abteilung darüber. Die Stimme Porters ruht auf der Instrumentierung, wird von ihr aufgenommen und genau richtig, dynamisch und mitreißend präsentiert. Wieder merken wir nicht, wie wir uns in der Musik verlieren und einfach den Sound genießen. Hat der Transrotor Dark Star denn keine Schwächen?
Percussion und Teppiche
Wir führen unseren Test fort. Zunächst mit Clauss Boesser-ferrari und Thomas Siffling und ihrem Album „Songs Live At The Pawnshop“. Mit dem Ausnahmealbum dringen die beiden Musiker in Klangwelten vor, die nicht zum üblichen Mainstream passen und genau deshalb so hörenswert sind. Perkussive Effekte gepaart mit durch den Raum schwebenden Klangteppichen bauen eine intensive Atmosphäre. Darauf legt sich die Trompete von Siffling und wechselt sich mit der Gitarre von Boesser-ferrari ab. So entstehen atemberaubende akustische Ereignisse, die trotz oder gerade wegen mancher Fremdartigkeit tief emotional und mitreißend sind. Dazu kommt, dass auf dem Album Volks- und Kirchenlieder aus fünf Jahrhunderten, die fast jedem bekannt sind, neu interpretiert werden. Der Transrotor Dark Star beweist auch bei „schrägen“Tönen sein Talent genau in der Dosierung voranzuschreiten, die es braucht, um das akustische Erlebnis zu vollenden. Da alle Stücke im Städtischen Leihamt Mannheim, einem historischen Gebäude, aufgenommen wurden, ist der Raumhall bei der Wieder-
FAZIT
Der Transrotor Dark Star setzt auf ein aus Polyoxymethylen bestehendes Chassis und Plattenteller. Das erlaubt ihm eine Spielruhe und Sicherheit bei der Wiedergabe, die an die dunkle Tiefe des Alls erinnert – alles scheint dort ruhig. Sein Klang wird durch den SME M2 Tonarm in Kombination mit dem Merlo MC Tonabnehmer bestimmt. Dieses Paar ist eine atemberaubende Symbiose. Nie auf Effekthascherei oder Selbstdarstellung ausgelegt. Es geht nur um den naturreinen Klang.
BESONDERHEITEN
• Pom-chassis und Plattenteller • Netzteil mit Geschwindigkeitsregler Vorteile +perfekte Laufruhe +natürliche Wiedergabe +präzises Stereobild Nachteile – Netzteil teils mit
Geräuschen gabe des Albums von extremer Bedeutung. Der Dark Star ist sich dieser Bedeutung bewusst und erweckt mühelos die Klangatmosphäre des Leihamts zum Leben. Wir sind so begeistert, dass wir, wenn das Publikum zu klatschen beginnt, mit einstimmen. Beim zweiten Album mit Thomas Siffling „Human Impressions“geht der Jazzer atmosphärische Wege, bei denen er Elektronik, verfremdete Geräusche, Beats und feinste Trompetenklänge verschmelzen lässt. „Desert Impressions“trägt uns mit einem schön mitreißenden Beat in eine weite Ferne und erlaubt uns zu sagen: Nein, wir finden beim Transrotor Dark Star keine Schwächen. Er macht immer alles richtig. Er bringt Dynamik, Präzision und Tiefe in der richtigen Dosierung selbst in die kompliziertesten Spielarten der Musik.