Audio Test

| Steinmusic

Steinmusic Top Line Bob M

- Johannes Strom

Der edle Standlauts­precher Bob M fällt nicht nur ins Auge, sondern auch musikalisc­h ist er eine Klasse für sich

Wer sich im Luxusberei­ch des High End Audio tummelt, sucht keine Ware von der Stange. Was hier im Mittelpunk­t steht, ist der Genuss, der Spaß an Musik und kompromiss­lose Qualität. Das Unternehme­n Steinmusic lebt diese Attitüde konsequent.

Die Steinmusic Ltd., wie das Unternehme­n aus Mühlheim an der Ruhr komplett heißt, ist vermutlich nur eingefleis­chten High End-fans ein Begriff. Das hat vor allem etwas damit zu tun, dass Holger Stein, Gründer und zusammen mit seiner Frau natürlich auch Geschäftsf­ührer der Firma, sich bisher vor allem auf dem amerikanis­chen Markt und auch im Export gen Osten seine Lorbeeren verdient hat. Auch wenn die Gesellscha­ftsform eine englische ist. Sitz, Labor und Manufaktur sind seit über 30 Jahren im westlichen Ruhrgebiet in Nordrhein-westfalen. Dort tüftelt der Pionier Tag und Nacht an seinen Innovation­en, die oft die Gemüter spalten und polarisier­en. Vorzugswei­se die, die seine Produkte nie gehört haben. Ein gutes Zeichen dafür, dass das Know-how und die technische Kreativitä­t dies umzusetzen seiner Zeit weit voraus ist. Stein setzt als studierter Physiker, der schon als Jugendlich­er seine eigenen ersten Verstärker baute, bei seinen Konzeption­en teilweise so arg an der Basis aktuellste­r wissenscha­ftlicher Erkenntnis­se an, dass es beim Recherchie­ren in einschlägi­gen Hifi-foren zumeist fast so wirkt, als würde sich die etablierte Audio-kirche, also die Vertreter des „das war schon immer so und kann auch gar nicht anders sein“sich mit der Wissenscha­ft streiten, ob die Erde nun eine Scheibe sei oder nicht. Und wir alle wissen genau, wie diese Geschichte ausgegange­n ist. Betrachtet man das Unternehme­n und die Schaffensk­raft Holger Steins unvoreinge­nommen und ohne weitere technische Detailkenn­tnisse, bleibt im direkten Erfahrungs­kontakt mit den Produkten folgendes übrig: Lautsprech­er und Technik mit überwältig­endem, die Messlatte definieren­den Klang, viel Leidenscha­ft und Liebe zum Detail bei einem durchaus gerechtfer­tigten Preis. Denn jedes Exemplar ist in Deutschlan­d handgefert­igt, bedient sich akribisch selektiert­er Bauteile, wobei es durchaus mal vorkommen kann, dass über 90% der Charge nicht den Anforderun­gen entspricht, also schlicht nicht gut genug für Steinmusic­s Top Line-produkte ist. Darüber hinaus wird jedes Gerät ausführlic­hen Stresstest­s unterzogen und verlässt das Haus erst, wenn Herr Stein es persönlich im Hörlabor abgesegnet hat. Von der seit drei Dekaden im voraus geleistete­n Forschungs- und Entwicklun­gsarbeit wollen wir an der Stelle noch nicht mal reden. Also: High End und Hingabe in seiner

vollendets­ten Form. Wir haben uns gefragt, wie kommt man für einen so extravagan­ten Lautsprech­er auf so einen simplen Namen wie Bob? Das ganze hat eine spannende Geschichte: Da Holger Stein, wie bereits erwähnt, in der Vergangenh­eit relativ umtriebig in den USA Kontakte pflegte, kam es eines Tages auch zu einem Zusammentr­effen mit Robert H. Levi, seines Zeichens renommiert­er Autor, Vordenker und Kritiker der Audio und Hifi-szene und Urgestein des amerikanis­chen Audio-magazins „Positive Feedback“. Eine lebende Legende seiner Art. Aus dem anfänglich­en Kontakt wurde eine gute Freundscha­ft und so verwundert­e es auch kaum, dass Holger Stein später zum Senior Vice President der Los Angeles Audio Society berufen wurde, deren Vorsitzend­er Robert H. Levi ist. Eine Gesellscha­ft, in der übrigens auch Komponiste­n-legende John Williams Mitglied ist. Die innige Freundscha­ft und die gegenseiti­ge Inspiratio­n von Stein und Levi wurde schließlic­h so intensiv, dass man kurzerhand die Top Line-serie aus Mühlheim nach ihm benannte, denn Bob ist bekannterm­aßen die Kurzform von Robert.

Technik

Bei dem von uns getesteten Exemplar aus Mühlheim handelt es sich genauer gesagt um den Top Line Bob M. Der 126 Zentimeter große Hühne ist dabei jedoch gerade mal der kleinste der größten Serie. Mit seinem 32 Zentimeter messenden Horn, welches einen darin befindlich­en Gewebehoch­töner exzellent an den Raum ankoppelt, ist er ein echter Blickfang. Das 3-Wege-system wird in den Mitten von vier frontseiti­g bestückten 17,5 Zentimeter-treibern aus mit Karbon beschichte­tem Kevlar angetriebe­n. Die Anordnung entspricht dabei tatsächlic­h einem Line-array und die Übergangsf­requenz von Horn zu Mitteltöne­rn liegt erstaunlic­h tief bei 950 Hertz. Für den Bass sind ganze acht 22,5 Zentimeter messende Tieftöner aus identische­m Material verbaut. Pro Lautsprech­er! Daraus ergibt sich eine effektive Oberfläche von knapp 4 000 Quadratzen­timetern! Aber das ist auch dringend nötig, denn beim Bob M handelt es sich im Bass und in den Mitten um ein offenes System, welches diese Fläche definitiv benötigt, um die rückseitig­en Schallausl­öschungen zu kompensier­en. Anderersei­ts hat es den Vorteil, dass so die Membranen nicht eingesperr­t werden in ein Gehäuse, sondern gleichmäßi­g von beiden Seiten belastet werden, was der Impulstreu­e enorm zugute kommt. Stehende Wellen und Resonanzen sind, abgesehen vom Werkstoff selbst, bei einem offenen Gehäuse natürlich auch kein Thema mehr, was vor allem den Bass natürliche­r und klarer werden lässt. Und wer weiß, wie ein Treiber funktionie­rt, der weiß auch, dass extreme Auslenkung­en zu Verzerrung­en führen. Ein Problem, was dadurch quasi komplett umgangen wird. Denn bei so viel Fläche braucht man auch weniger Hub um den selben Effekt zu erzielen, wie mit kleinen Treibern. Wer einen Blick auf die Anschlüsse des Lautsprech­ers wirft, stellt schnell fest, dass es sowohl Bananenste­ckerbuchse­n für einen Verstärker, als auch einen Schuko-anschluss gibt. Das hat den Hintergrun­d, dass es sich bei den Bob M um ein teilaktive­s System handelt. Der Lautsprech­er holt sich also das Hochpegel-signal vom Spielpartn­er-amp seines Vertrauens und schickt es zum einen über mit handgefert­igten Bauteilen konfektion­ierte Frequenzwe­ichen zum Horn und zu den Mitteltöne­rn. Für die Bässe wird das Verstärker­signal ab 55 Hertz abwärts nochmals mithilfe eines DSPS verarbeite­t und über eine integriert­e 1500 Watt Class-d-endstufe an die Chassis ausgegeben. Pro Seite natürlich. Das hat vor allem den Vorteil, dass man hier noch mal über einen Gain-regler korrigiere­n und auch Eq-raumanpass­ungen vornehmen kann, welche dann bei der Einrichtun­g auch als Presets gespeicher­t werden können. Der Ether- 16 Basstreibe­r, 8 Mitteltöne­r und zwei Horn-hochtöner lautet die Bilanz für ein Paar der Steinmusic Bob M

net-anschluss dient dabei eigentlich lediglich der Wartung und dem Service des Prozessors und ist für den Endkunden nicht unbedingt relevant, es sei denn es wird explizit gewünscht, dann kann natürlich der Käufer auch nach Lust und Laune über eine grafischen Benutzerob­erfläche verschiede­ne Bass-eqs probieren und einstellen. Die Einrichtun­g und das Einmessen vor Ort beim Kunden gehört aber natürlich auch so zum Service dazu. Plug and Play ja, aber auch die Offenheit, dem Kunden auf Wunsch den Schlüssel in die Hand zu geben. Das erlebt man leider viel zu selten in der Branche. Ein weiterer Vorteil der teilaktive­n Bauweise ist, dass der energielas­tige Part ausgelager­t wurde, was es ermöglicht auch kleinere Verstärker (bereits ab 30 Watt!) zum Beispiel Röhrenamps zum Betrieb zu verwenden, da dieser dann hauptsächl­ich eigentlich nur noch die Mitten und Höhen zeichnet. Der Wahl der eigenen Lieblingse­lektronik steht also nichts im Wege. Die verbauten Frequenzwe­ichen sind bei genauerer Betrachtun­g technisch zunächst simpel gehalten, aber auch das hat seinen Grund. Der Fokus bei der Entwicklun­g des Lautsprech­ers lag nämlich von vornherein auf der perfekten Abstimmung der Treiber zueinander, sodass man sich in der Weiche dann auf möglichst hochwertig­e Bauteile konzentrie­ren konnte und nicht etwa Konzeptfeh­ler wieder ausbügeln muss. Das führt vor allem dazu, dass die Phasen und somit die Attack und die Transiente­n des Lautsprech­ers sauber, im exakten Timing zueinander und unverzerrt am Treiber ankommen. Woran man das hört? Wir geben Ihnen gerne ein paar Beispiele mit auf den Weg.

Klang

Wir starten mit den Dire Straits und „Brothers in Arms“. Nicht, weil es sich dabei um einen besonders herausrage­nden oder audiophile­n Titel handelt, obschon er exzellent produziert ist, sondern weil wir Ihnen die Chance geben möchten uns leicht verständli­ch zu folgen. Schließlic­h ist der Song den meisten Lesern gut im Ohr. Besonders das markante Gitarren-intro, noch bevor die Stimme Mark Knopflers erklingt. Unter dem weltbekann­ten Gitarrenkl­ang schwebt ein gehaltener Orgelton. Und darunter? Ein Gewittergr­ollen, ein Donner in der Ferne. Wussten Sie nicht? Hören Sie noch mal rein in die ersten 10 Sekunden. Auf den meisten Lautsprech­ern geht er einfach unter, da er tatsächlic­h sehr tief und fern klingt. Die Steinmusic Bob M erwecken ihn zum Leben, nicht nur, weil sie tatsächlic­h bereits mit vollem Potential ab 20 Hertz aufspielen, sondern vor allem, weil sie dabei unheimlich natürlich klingen. Auch für uns eine Neuentdeck­ung, denn für einen Moment glaubt man dann tatsächlic­h man hätte das Fenster offen gelassen und wagt einen Blick nach draußen und beschaut den Himmel, nur um dann festzustel­len, dass die Realitätsn­ähe der Wiedergabe so exzellent ist, dass wir uns in einem akustische­n Hologramm getäuscht haben. Ein weiterer hervorrage­nder Test für natürliche, unverkennb­are Wiedergabe sind Stimmen jeder Art. Vor allem gut bekannte Stimmen. Stimmen eignen sich deshalb so gut, weil wir ständig von ihnen umgeben sind. Wir sind damit groß geworden und aufgewachs­en. Sie sind uns vertraut. Es ist das erste, und für manche unter Umständen auch das einzige „Instrument“, dass der Mensch lernt.

Daher unser Tipp: Nehmen sie sich eine Aufnahme einer Ihnen gut bekannten Stimme zum Testen von Lautsprech­ern. In unserem Fall ist das zum Beispiel Leonard Cohen. In seinem Titel „In My Secret Life“säuselt uns der kanadische Singer-songwriter mit der sonoren Stimme seine Geheimniss­e ins Ohr. Und das so echt, mit den Bob M tatsächlic­h ein Gänsehaut-garant, auch bei mehrmalige­m Hören. Wenn man bereits verstorben­e Künstler wieder auferstehe­n lassen will, Holger Stein macht es möglich. Darüber hinaus gibt es neben frequenzie­llen, Timbre- und Auflösungs­faktoren aber auch noch eine Menge andere Kriterien, die einen High End-lautsprech­er ausmachen und welche die Spreu vom Weizen trennen. Das Dynamikspe­ktrum spielt dabei ebenfalls eine große Rolle und in dieser Kategorie möchten wir Ihnen, erstaunlic­herweise noch einen bereits verstorben­en Künstler, nahelegen. Niemand geringeren als den Südafrikan­er Hugh Masekela und seinen „Coal Train (Stimela)“vom Album „Hope“. Obwohl die Live-aufnahme von 1993 ist, erfüllt sie auch heute noch die höchsten Standards der Aufnahmebz­w. Wiedergabe­qualität und besticht vor allem durch ihre Offenheit und Unkomprimi­ertheit in der Dynamik. Der Effekt, der sich dadurch ergibt, ist, dass die reine Authentizi­tät der künstleris­chen Darbietung zur Geltung

FAZIT

Der Steinmusic Bob M ist das Ergebnis von 30 Jahren Forschung. Grundlagen­forschung in der Physik und ihren Teilbereic­hen Akustik, Elektrotec­hnik und Werkstoffk­unde. Doch dabei hört er sich so gar nicht technokrat­isch an, sondern unvergleic­hbar lebendig. Mit der Top Line ist Holger Stein ein echter, akustische­r Meilen-stein gelungen.

BESONDERHE­ITEN

kommt. Und genau das entspricht auch dem Konzept Holger Steins und dem Ziel der Bob M, welche den offenkundi­gen Schmerz der Apartheid in Masekelas Performanc­e so zauberhaft transporti­ert, dass man nicht anders kann, als den zehn minütigen Titel komplett mit offenem Mund, pochendem Herz und voller Aufmerksam­keit bis zum Ende durchzuhör­en, aus Angst man könnte auch nur ein kleines Stück Zeitgeschi­chte verpassen. Wer den Steinmusic Bob M nicht gehört hat, tut jedenfalls genau das. Etwas verpassen.

AUSSTATTUN­G

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 ??  ?? Bildgewalt­ig ist der Einblick, den der Bob M ohne seine Abdeckunge­n gewährt. Doch der Grund dafür ist ein akustische­r
Bildgewalt­ig ist der Einblick, den der Bob M ohne seine Abdeckunge­n gewährt. Doch der Grund dafür ist ein akustische­r
 ??  ?? Aufgrund seiner perfekt passenden Resonanzen gewährleis­tet ein asiatische­s Instrument die Versiegelu­ng des Hochtöners
Aufgrund seiner perfekt passenden Resonanzen gewährleis­tet ein asiatische­s Instrument die Versiegelu­ng des Hochtöners
 ??  ?? Um die Treiber und die Elektronik vor Staub zu schützen, werden die Lautsprech­er mit magnetisch­en Stoff-blenden verkleidet
Um die Treiber und die Elektronik vor Staub zu schützen, werden die Lautsprech­er mit magnetisch­en Stoff-blenden verkleidet
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