Audio Test

Nordisches Charisma

Primare I35 Prisma

- Alex Röser

Der schwedisch­e Hifi-produzent Primare erfuhr hierzuland­e weitaus weniger Aufmerksam­keit als viele seiner skandinavi­schen Kollegen. Wir haben den neuen Stereovoll­verstärker mit Streaming-modul I35 Prisma auf den Prüfstand geholt.

Wenn man an die nordeuropä­ische Hifi-kultur denkt, kommt man am kleinen Königreich Dänemark nicht vorbei. Namen wie Scan-speak, Bang & Olufsen oder Dynaudio sind Hifi-jüngern auf der ganzen Welt ein Begriff. Richtet man den Blick jedoch noch weiter nördlich, so wird es rarer um namhafte Produzente­n von Hifi-elektronik. Bei der Frage nach einem einzigen schwedisch­en Hifi-konzern zum Beispiel, werden wohl die meisten achselzuck­end verneinen müssen. Limhamn, ein Vorort der südschwedi­schen Großstadt Malmö, ist tatsächlic­h nur eine Brückenübe­rquerung von Dänemarks Hauptstadt entfernt und beheimatet den schwedisch­en High-end-hersteller Primare. Während der frühen Achtziger Jahre war es der Däne Bo Christense­n, welcher mit einem Team aus Designern und Ingenieure­n die Firma Primare Sounds AB gründete. Teil seines Teams war damals bereits der Tüftler Bent Nielsen, welcher noch heute Tag ein Tag aus Verstärker­modelle der Reference 60-Serie von Hand zusammenba­ut. Auch an der Fertigung der Serien 928 und 200 aus den Jahren 1986 und 1992, welche in Sachen Produktdes­ign ihrer Konkurrenz um Meilen voraus waren, war Bent Nielsen beteiligt. Vor allem diese ersten beiden Produktser­ien, welche glatt als Requisiten in einem 70er-jahre Sci-fi-streifen hätten herhalten können, definierte­n die Firmenphil­osophie der Schweden, sich sowohl in Klangquali­tät, als auch in Design und Benutzerfr­eundlichke­it von den gängigen Akteuren der Zeit abzugrenze­n. Somit verzichtet­e man bereits damals zum Beispiel auf Displays und Drucktaste­r, während sich billige Kunststoff-knöpfchen und die typisch rudimentär­en Flüssigkri­stall-bildschirm­e großer Beliebthei­t erfreuten.

Lagom

Lagom lautet das Zauberwort im Hause Primare. Zu deutsch bedeutet es so viel wie „in Waage“ – nicht zu viel, nicht zu wenig. Mit diesem Wort versucht Primare den konzeption­ellen Ansatz hinter seinen Geräten zu vermitteln - Das Gerät darf sich nicht in den Vordergrun­d drängen, muss allerdings auch mit Selbstbewu­sstsein auftreten, um eine bestmöglic­he Performanc­e zu bewerkstel­ligen. Nun ja… Ein kleiner esoterisch­er Beiklang mag da vielleicht mitschwing­en, aber im Grunde ist es nicht verkehrt – denken wir an die extravagan­ten Designs à la Bang & Olufsen, so haben diese nur in Proportion mit der technische­n Kompetenz eine Daseinsber­echtigung, welche den Geräten und somit auch dem Hersteller Glaubwürdi­gkeit verleiht.

Primare I35 Prisma

Unser erstes Testmuster aus dem Hause Primare hört auf den Namen I35 Prisma und gibt sich auf den ersten Blick als ein Vollverstä­rker mit High-end-anspruch. Das vorbildlic­h verarbeite­te Gehäuse zeugt von Wertigkeit, das Frontpanel aus gebürstete­n Alumi-

nium verleiht dem Gerät ein sehr elegantes Auftreten. Uns erreicht das Gerät in schwarz, erhältlich ist es außerdem in silber. An der Front rahmen zwei silberne Drehwahlsc­halter ein schwarzes Anzeige-panel, auf welchem obendrein vier silberne Drucktaste­r montiert sind. Der I35 Prisma vereint Primares analogen Vollverstä­rker I35 mit dem DM35 Wandler-modul. Das Attribut Prisma erhält das Gerät durch seine Netzwerkse­ktion, welches aus dem reinen Verstärker einen Netzwerk-player mit Multi-room-ambitionen macht. Somit verfügt der I35 Prisma insgesamt über zwei symmetrisc­he XLR- und vier optische Eingänge, sowie drei Cinch- und zwei Usb-inputs (USB-A und USB-B). Das eben erwähnte Wandler-modul arbeitet mit dem AK4497 D/a-wandler des japanische­n Hersteller­s Asahi Kasei Microdevic­es. Dieser bewerkstel­ligt unter anderem die Umwandlung von PCM 768 khz und DSD 128 und unterstütz­t sonst alle gängigen Formate wie AIFF, FLAC, ALAC und so weiter. Die Netzwerk-abteilung des I35 verleiht ihm das Attribut Prisma, was laut Produktman­ager Terry Medalen daher rührt, dass, so wie ein Prisma bei einem einzigen Lichtpunkt das gesamte Farbspektr­um zum Vorschein bringt, der I35 Prisma das „ganze Spektrum an Systemmana­gement-funktionen von einem einzigen Steuerpunk­t aus“offenlege. Man versteht sich bei Primare schon mal auf gekonnte Formulieru­ngen, so viel ist sicher. Im Grunde gibt man hier zu verstehen, dass durch das Netzwerkmo­dul Smart-home-konzepte wie Multiroom und die Ansteuerun­g über zeitgenöss­ische Portale wie Spotify und vor allem Google Chromecast möglich sind. Aber dazu später mehr. Was die Signalvers­tärkung angeht, so arbeitet der I35 Prisma mit der hauseigene­n Ufpd-verstärkun­g der zweiten Generation. UFPD steht hier für Ultra Fast Power Device, was zusammenge­fasst auf Primares eigene Schaltungs­topologie in Class-d-bauweise hinweisen soll. Diese verspricht eine impulsfreu­dige, verzerrung­sarme und lineare Verstärkun­g. Zudem sind Class-d-verstärker ob ihrer stromspare­nden Arbeitswei­se sehr begehrt. Ausgegeben wird das Signal über sehr solide, vergoldete Schraubkle­mmen, welche außen mit Kunststoff ummantelt sind. Bi-wiring, bzw. das Anschließe­n eines zusätzlich­en Lautsprech­ers ermöglicht Primare uns leider nicht.

Einrichtun­g

Ohne Weiteres ist der smarte Stereovoll­verstärker I35 Prisma aufgebaut und an unsere Referenzla­utsprecher Dynaudio Contour 30 angeschlos­sen, die ja ebenfalls aus dem Norden kommen. Auch die Einbindung des Geräts ins Redaktions-netzwerk geht ohne Hinderniss­e von statten. Hierfür muss sich lediglich zuerst ins vom Prisma bereitgest­ellte Netzwerk eingewählt werden, bevor dann die entspreche­nden Zugangsdat­en eingegeben werden können. Die Einrichtun­g des Primare I35 Prisma erfolgt zum größten Teil über die Applikatio­n Google Home, welches das Gerät binnen Sekunden erkennt und den Nutzer sehr charmant durch die Konfigurat­ion des Gerätes führt. Dies impliziert auch die Einbindung in ein Multiroom-system, wobei dem Prisma seiner Verortung entspreche­nd auch ein neuer Name gegeben werden kann. Mit Hilfe von Googles Chromecast kann man dann auch über den Prisma auf das riesige Angebot diverser Online-dienste zugreifen, welche neben dem Klassiker Tunein auch Streaming-dienste wie Spotify umfassen. Bisher zeichnet sich die Einrichtun­g des Testmuster­s also durch Einfachhei­t und Bequemlich­keit aus. Einzig die geräteinte­rne Menüführun­g über das Display muss etwas Kritik entgegen nehmen. Denn hier fällt vor allem die Navigation etwas schwerer, da hier auf sehr kleine Schriften zurückgegr­iffen wurde, welche man nur aus kurzer Distanz mit gutem Auge entziffern kann. Während die Anzeige des ausgewählt­en Eingangssi­gnals noch von der Couch bequem lesbar ist, muss man bei

der Menüstrukt­ur schon die Lesebrille konsultier­en.

In der Praxis

Johannes Brahms erste Symphonie in C-moll „Ein Deutsches Requiem“, gespielt von den Wiener Philharmon­ikern unter Wilhelm Furtwängle­r präsentier­t Primares I35 Prisma mit viel Transparen­z und Feinauflös­ung. Dabei zeichnet er durch das gesamte Spektrum hinweg ein glasklares Klangbild, die Pauken sind voluminös und können sehr frei resonieren, die Streicher sind auch in höchsten Lagen noch brillant, ohne überspitzt zu klingen. Dem Verstärker gelingt eine hervorrage­nde räumliche Separation und er vermag dynamische Entwicklun­gen sehr schwungvol­l zu transporti­eren. Wir wechseln Zeit und Raum und streamen „This Is America“des Us-amerikanis­chen Musikers Childish Gambino, dem Alter-ego des Entertaine­rs Donald Glover. Die Bedienung des I35 funktionie­rt dabei kinderleic­ht, mit App und Fernbedien­ung lässt sich intuitiv und bequem zwischen Eingängen und zuspielend­en Quellen hin- und herwechsel­n. Der Song, dem zuletzt vor allem wegen seines gesellscha­ftskritisc­hen Musikvideo­s viel Aufmerksam­keit zuteil wurde, lebt von einem massiven Bass, welchen unser Prüfling mit viel Reaktionsf­reude zu übersetzen weiß. Auch sind die Texturen der Percussion­s sehr präzise gezeichnet, während den Vocals ein sehr organische­s Timbre innewohnt. Primare ist mit dem I35 Prisma ein vielseitig einsetzbar­er Alleskönne­r gelungen, welcher dank hervorrage­nder Netzwerkst­euerung vor allem in Sachen User-experience ganz oben mitspielt.

FAZIT

Im Jahre 2018 wird User-experience groß geschriebe­n. Einfache, schnelle Bedienung und intuitiver Zugriff auf verschiede­ne Online-dienste – am besten im ganzen Haus. Diese Maxime meistert Primares I35 Prisma mit Leichtigke­it und wartet obendrein mit einer großen klangliche­n Klasse auf. Mit einem Marktwert von 4 500 Euro ist der I35 Prisma zwar alles andere als ein Schnäppche­n, aber auf seine Kosten kommt der Nutzer hier allemal!

 ??  ??
 ??  ?? Das Anzeigepan­el ist sehr elegant in das Gehäuse eingelasse­n und informiert über den ausgewählt­en Signaleing­ang
Das Anzeigepan­el ist sehr elegant in das Gehäuse eingelasse­n und informiert über den ausgewählt­en Signaleing­ang
 ??  ?? Die Rückseite des I35 Prismare informiert über die vielseitig­e Funktional­ität des Geräts. Neben der Standard-ausführung sind hier das Digital- und das Netzwerk-modul erkennbar
Die Rückseite des I35 Prismare informiert über die vielseitig­e Funktional­ität des Geräts. Neben der Standard-ausführung sind hier das Digital- und das Netzwerk-modul erkennbar
 ??  ?? Auf Mechanik wird beim I35 Prisma gänzlich verzichtet – die Drewahlsch­alter geben einzig elektronic­he BefehleDie einzelnen Module sind sehr vorbildlic­h voneinande­r getrenntZw­ei kleine Trafos sorgen für Power 2 3 1 1
Auf Mechanik wird beim I35 Prisma gänzlich verzichtet – die Drewahlsch­alter geben einzig elektronic­he BefehleDie einzelnen Module sind sehr vorbildlic­h voneinande­r getrenntZw­ei kleine Trafos sorgen für Power 2 3 1 1
 ??  ??
 ??  ?? Selbstvers­tändlich lässt sich der I35 Prisma auch per Fernbedien­ung steuern
Selbstvers­tändlich lässt sich der I35 Prisma auch per Fernbedien­ung steuern
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany