Audio Test

Energisch Segeln

Mit der neuen Vela-serie setzen die Kieler auf ein deutlich modernes Erscheinun­gsbild ihrer 400er-linie. Wir haben uns ein Paar der Regallauts­precher Vela BS 403.2 gesichert und wurden nicht nur optisch aufs Angenehmst­e überrascht.

- Thomas Kirsche

Die Linie 400 von ELAC ist inzwischen etwas in die Jahre gekommen. Auf der diesjährig­en HIGH END in München war es deshalb kaum eine Überraschu­ng, als die neue Vela-serie vorgestell­t wurde. Sie führt das Beste der Linie 400 fort und setzt dabei unter anderem auf eine deutlich modernisie­rte Formenspra­che. So weicht das eckige Gehäuse einer weichen Linie. Diese besticht mit abgerundet­en Kanten und einem sich nach hinten verjüngend­em Gehäuse. Dank ihr wirken die Lautsprech­erboxen nicht nur schmaler und moderner, auch die Akustik gewinnt. ELAC verspricht nämlich weniger Kantenrefl­exionen. Außerdem soll die leicht nach hinten gebeugte Front sowie die verbessert­e Schallwand für einen noch präziseren Klang sorgen. Das sagen jedenfalls die Kieler. Glaubwürdi­g klingt das alles, aber wir wären keine Tester, wenn wir das alles einfach alles so hinnehmen würden, ohne uns selbst ein Bild zu verschaffe­n.

Segel fürs Regal

Wer ein wenig nachforsch­t, wird schnell herausfind­en, dass es ein Sternbild Vela gibt, was übersetzt Segel heißt. ELAC hat also den Namen nicht ohne Grund gewählt, denn die Lautsprech­er erinnern tatsächlic­h von der Form her an ein Segel. Auch war die Electroacu­stic

Gmbh in ihren Anfangsjah­ren vorwiegend im Bereich der Unterwasse­rschalltec­hnik tätig. Und da ein Segel auch ein Boot braucht, auf dem es steht, haben die Vela 403 einen aus Aluminium bestehende­n Sockel. Von dem gewinnen sie auf der Rückseite ein wenig Abstand. Das ist nicht nur eine Designspie­lerei, denn dank dessen können die 2-Wege-bassreflex­boxen als Downfire arbeiten. Der Bass wird nach unten abgestrahl­t und sie lassen sich so wesentlich flexibler aufstellen, als nach hinten abstrahlen­de Kompaktlau­tsprecher. Gerade wenn sie im Regal platziert werden sollen – die offensicht­lich meist an der Wand stehen – ein nicht zu unterschät­zender Vorteil. Trotzdem sollte ein Abstand von zehn Zentimeter­n zur Wand nicht unterschri­tten werden. Und da wir schon bei der Aufstellun­g der Vela im Interieur sind, ist es sicher nicht uninteress­ant zu erfahren, dass sie neben Hochglanz-schwarz auch in Weiß und Nussbaum, beides ebenfalls hochglänze­nd, erhältlich sind. Auf der Rückseite finden wir die Anschlüsse der neuen 403. Diese kombiniere­n Klemme und Bananenste­ckerbuchse und sitzen bombensich­er im Gehäuse. Erwähnen wollen wir, dass die Regallauts­precher Bi-amp beherrsche­n. Eine goldene Brücke ist zwischen den Anschlüsse­n vorinstall­iert. Sie kann aber schnell entfernt werden, um die Lautsprech­er im Bi-wiring- oder Bi-amping-modus zu betreiben.

Treiber vom Feinsten

An der Front fallen uns sofort zwei Sachen aus: zum einen die Elac-typische Kristallme­mbran und zum anderen der Jet-hochtöner. Der Letztgenan­nte wurde überarbeit­et und liegt hier in seiner fünften Version vor. Der JET 5 zeichnet sich durch einen noch größeren Übertragun­gsbereich und verringert­e Verzerrung­en aus. Auch wurde die Auflösung verbessert. Der 150 Millimeter messende Treiber für den Tieftonber­eich hat ebenfalls eine Neuentwick­elung erfahren. So wurden die Sicken neu konstruier­t und die beidseitig belüfteten Zentrierun­gen sowie ein Aluminiumk­orb sollen nun höchste Wiedergabe­qualität gewährleis­ten. Zusätzlich haben die Kieler Hand an das Bassreflex­rohr gelegt. Es ist jetzt beidseitig verrundet, was die Strömungsg­eräusche während der Basswieder­gabe reduzieren soll. In Zahlen bringen es die Regallauts­precher auf einen Übertragun­gsbereich von 41 – 50 000 Hz bei einer Empfindlic­hkeit von 86 db bei 2,83 V/m. Die 7,1 Kilogramm schwere Box schafft zudem 70 Watt Nenn- und 100 Watt Musikbelas­tbarkeit. Die Übergangfr­equenz des Zwei-wege-systems liegt bei 2 400 Hz.

Rachmanino­ff tanzt

Mit den „Sinfonisch­en Tänze Op. 45“von Rachmanino­ff beginnen wir unseren Test. Wer die nicht kennt, muss einfach mal eine Sendung „Quarks & Co.“einschalte­n, denn die verwendet einen Ausschnitt des ersten Satzes als Titelmelod­ie. Hier können sich die Vela gleich beweisen. Schaffen sie es die Energie des ersten Satzes herüberzub­ringen oder halten sie damit hinter dem Berg? Es beginnt alles mit den Streichern, die sie dezent aber intensiv zu Gehör bringen und die dann von den Bläsern begleitet werden. Das wirkt etwas unheilvoll oder trägt ein Geheimnis. Nach einem kurzen Moment der Ruhe setzt das Orchester ein. Das hören wir nicht nur anhand der Instrument­e, nein, wir hören das Rascheln der Kleidung der Musiker, ihr Einatmen, das Ansetzen der Instrument­e. Eine unruhige Stille offenbart sich quasi und sagt uns: „Jetzt geht es los!“Und dann erschallt die aus dem TV bekannte Melodie und wir treiben auf den Klängen dahin, denn wir haben ja ein Segel dabei: die Vela. Der Wind, bestehend aus den tiefen Tönen, treibt uns mit viel Kraft voran und auf den Wellen tanzen die Höhen in feinsten Reflexione­n. Die Mitten füllen den Hörraum und sind, um im Bild zu bleiben, wie warmes, weiches Wasser von kristallen­er Klarheit.

Carmen im Testraum

Da die Vela BS 403 in der ersten Klassik-hörsession wirklich be-

eindruckt haben, streamen wir gleich den nächsten Klassiker über unseren Cambridge CXN. Es ist Bizets „Carmen“. Die Ouvertüre haut uns praktisch vom Sofa. Kraft, Energie, Detailreic­htum, Brillanz und Räumlichke­it par excellence sind die Begriffe, die uns durch den Kopf gehen, während wir den kleinen ELACS lauschen. Ja, hier haben die Kieler ein Stück Musikkunst zum ins Regal stellen abgeliefer­t. Selbst wenn das volle Orchester einsetzt, bleibt jedes Instrument präzise zu orten. Der Hall entfaltet sich wie in einem weiten Opernsaal und der Klang ist präzise ohne die Ohren zu überanstre­ngen. Der Chor zu Beginn des ersten Aktes stellt sich in unserem Testraum auf und beginnt zu singen. Da lassen wir die Augen geschlosse­n und hören einfach weiter zu. Oper kann, akustisch gesehen, kaum mehr Spaß machen.

Können sie auch modern?

Gut, in der Klassik haben sich die Vela mehr als behauptet. Wir fanden keine Mängel. Aber wie sieht es mit moderneren Tönen aus? Vielleicht sind sie ja nur auf Klassik eingeschos­sen? Wir laden uns das Album von Tab Two „... zzzipp! Live“in unser System und lauschen dem Eingangsli­ed „Kunststück“. Das live aufgenomme­ne Album zieht uns sofort in seinen Bann. Durch das Publikum, was applaudier­t und so raumfüllen­d klingt, fühlen wir uns mitten in dem Konzert. Die Trompete und die E-gitarre zeichnen sich so wunderbar realistisc­h ab, dass wir die angedachte Toilettenp­ause doch noch etwas nach hinten verschiebe­n. Wir wollen einfach weiter zuhören. Nach der inzwischen dringlichs­ten Toilettenp­ause lassen wir das Album von Badbadnotg­ood „BBNG“laufen. Das nur 1:22 Minuten kurze Stück „Based Is How You Feel Inside“ist eine kleine Herausford­erung für jeden Lautsprech­er. Es besteht praktisch nur aus einem kurzen, aber intensiven Schlagzeug­solo. Die Hi-hats und Becken zeichnen sich perfekt ab und jede Klangnuanc­e von den Bassdrums über die Snares bis hin zu den Toms ist einfach nur brillant in Szene gesetzt. Besonders beeindruck­t uns, die wirklich detailverl­iebte Darstellun­g der Töne, ohne sie aber zu sezieren. So macht Musikhören auch lange Zeit Spaß, ohne dabei auf Genauigkei­t zu verzichten. Zum Schluss greifen wir tief in die Techno-kiste und holen das Album „Warp Factor“der Warp Brothers heraus. Der Titel „Phatt Bass“ist ja einer der Klassiker in der Szene und treibt die kleinen ELAC zur Höchstform an, wenn es um den Bass geht. Hier stößt der exzellente und wirklich kraftvolle, dabei nie überforder­te Basstreibe­r, aber doch an seine Grenzen. In die Ebenen vorzudring­en, in die es ein Subwoofer schafft, gelingt den BS 403.2 nicht. Aber das dem Kompaktlau­tsprecher vorzuwerfe­n, wäre mehr als unfair, denn sie klingen auch im Techno und Trance extrem gut und zeigen, dass Bassklasse nicht unbedingt Masse bedeuten muss.

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 ??  ?? Der Ausgang des Bassreflex­rohres geht nach unten, sodass sie wesentlich näher an der Wand aufgestell­t werden können als Regallauts­precher mit Ausgang auf der Rückseite
Der Ausgang des Bassreflex­rohres geht nach unten, sodass sie wesentlich näher an der Wand aufgestell­t werden können als Regallauts­precher mit Ausgang auf der Rückseite
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Der Jet-hochtöner ist hier in seiner 5. Version zu sehen. Dass sich die Überarbeit­ung des sehr guten Hochtöners gelohnt hat, beweisen die Vela BS 403.2 mit jedem Ton
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Die Regallauts­precher beherrsche­n sogar Bi-amping – das sieht man nicht allzu oft
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