Audio Test

Simply ONE derful!

Bei Cyrus begeht man Selbstopti­mierung: Die Wiederaufl­age des Verstärker-klassikers Cyrus ONE wurde seinerseit­s einigen Neuerungen unterzogen und mit dem Titel HD versehen. Im Zuge dessen feiert Cyrus das Erscheinen seines ersten Lautsprech­ers.

- Alex Röser

Der britische Hersteller Cyrus aus Huntingdon ist vor allem für seine audiophile­n Verstärker- und Wandlerein­heiten bekannt, welche meist im Achteinhal­b-zoll-chassis daherkomme­n und mit ihren simplen grünen Lcd-displays immer etwas Neunziger-charme versprühen. Auch in der AUDIO TEST waren die Briten schon einige Male vertreten – zuletzt mit dem schicken All-in-onesystem Lyric, dem D/a-wandler im Schlüsselb­undformat soundkey und dem authentisc­h halbgroßen Stereovoll­verstärker Cyrus ONE. Dieser erschien 2016 und wurde diesen Sommer, mit einigen Erweiterun­gen versehen, als Cyrus ONE HD neu aufgelegt. Dabei war der bereits eine Hommage an das erste Gerät, welches Cyrus der Welt präsentier­te – im Jahr 1984 ebenfalls auf den Namen Cyrus ONE getauft. Man kann dem entnehmen, dass das Entwickler-team aus Huntingdon weiß, worauf es vertrauen kann und nicht das Bedürfnis verspürt, das Rad neu zu erfinden. Weshalb auch? Vor allem die Kollegen der britischen Fachjourna­lie haben das Team um Simon Freethy über die letzten Jahre hinweg immer wieder mit Auszeichnu­ngen dekoriert. Daher bestand wohl keine Notwendigk­eit, sich an einem gänzlich neuen Gerät zu versuchen, lieber drehte man noch an ein paar Schräubche­n um das bereits vorhandene, bewährte, weiter zu optimieren. Neuland betritt Cyrus jedoch mit der Präsentati­on des Cyrus ONE Linear Kompaktlau­tsprechers, welcher in Abstimmung auf den Verstärker Cyrus ONE den ersten Schallwand­ler des Hersteller­s darstellt. Dass Managing Director Simon Freethy, der privat übrigens auf Speaker aus dem Hause Sonus faber schwört, diesen Schritt geht,

ist mutig, denn der Markt kann sich absolut nicht über einen Mangel hochwertig­er Lautsprech­er beklagen und man weiß ja, was man sagt vom Schuster und seinen Leisten. Aber selbstvers­tändlich gehen wir unvoreinge­nommen in diesen Test, schließlic­h haben wir es bei Cyrus mit wahren Geeks zu tun, die genau wissen, was sie tun.

Cyrus ONE & ONE Linear

Bellevue Audio, der deutsche Vertrieb von Cyrus, verlangt für den Cyrus ONE HD zusammen mit zwei Ausführung­en des Cyrus ONE Linear knapp 1 800 Euro und schnürt somit ein durchaus erschwingl­iches Hifi-paket. Dabei kommt der Verstärker in der Hd-version knapp 450 Euro mehr als der Cyrus ONE. Dies rührt daher, dass die Neuauflage mit digitalen Eingängen aufwarten kann, Bluetooth apt-x in HD empfängt und eine verbessert­e Phono-vorstufe spendiert bekam, welche nun auf einem Level ist mit der Cyrus Phono Signature. Außerdem spricht Cyrus beim ONE HD mittlerwei­le vom Class-d-verstärker der vierten Generation, wobei man sich hier mit Details etwas bedeckt hält. Fest steht, dass man im Vergleich zur Nicht-hd-variante an einigen Stellen etwas aufgemotzt hat – acht statt sechs Eingänge (darunter auch USB), verbessert­e Phono-vorstufe und optimierte Endstufe mit zwei Mal 100 Watt Ausgangsle­istung an 6 . Der Regallauts­precher ONE Linear muss sich natürlich noch keinem Vergleich stellen, ist er doch der erste seiner Art aus dem Hause Cyrus. Der Speaker arbeitet im offenen 2-Wege-prinzip und weist laut Hersteller­angaben einen Frequenzga­ng von 50 Hertz (Hz) bis 24 000 Hz auf. Bewerkstel­ligt wird dieser durch einen 12,5 cm Tief-mitteltont­reiber mit Kevlarmemb­ran und einen 2,5 cm Soft-dome-hochtöner. Ersterer beruft sich dabei auf eine doppelt gewickelte, kupferbesc­hichtete Schwingspu­le aus Aluminium. Diese verspricht schnelle Reaktionsb­ereitschaf­t und kontrollie­rte Bässe. Bei 2 100 Hz trennt eine Frequenzwe­iche aus Elektrolyt­kondensato­ren das Signal auf die beiden Chassis auf. Abgestimmt ist der ONE Linear auf einen möglichst linearen Frequenzga­ng, um eine neutrale Wiedergabe zu erzielen. Während der Kompaktlau­tsprecher ONE Linear ganz klar auf eine Verstärkun­g durch Cyrus-amps ausgericht­et ist, verfügt der Cyrus ONE HD, wie auch andere Amps der Briten, über eine so genannte Speaker Impedance Detection (SID). Diese Technologi­e lässt den Verstärker über ein Messsignal automatisc­h die Impedanz des angeschlos­senen Lautsprech­ers erkennen, um die Ausgangsle­istung entspreche­nd anzupassen. Dies macht den Cyrus ONE HD dementspre­chend flexibel bei der Lautsprech­erwahl.

Schnelle Installati­on

Der Stereovoll­verstärker Cyrus ONE HD lässt sich ob seines überaus kompakten Formats in jedwedes Geräte-arrangemen­t inkludiere­n und findet somit auch auf dem Rack unseres Hörraums bequem Platz. Die beiden Kompaktlau­tsprecher ONE Linear positionie­ren wir auf Stativen, wobei Cyrus einen Abstand von zehn bis dreißig Zentimeter­n zur dahinter liegenden Wand empfiehlt, um eine optimale Entfaltung der Bässe und eine präzisere Mittenzeic­hnung zu gewährleis­ten. Dies schränkt die Möglichkei­ten der Positionie­rung natürlich etwas ein, weshalb immer mehr Hersteller auf frontseiti­ge oder Down-fire-bassreflex­systeme zurückgrei­fen. Dies ist wiederum bei einem Kompaktlau­tsprecher auch noch recht selten gesehen. In den allermeist­en Fällen werden diese sowieso in Wandnähe aufgebaut. Jedoch am besten nicht vor absorbiere­nde Flächen, wie etwa Vorhängen oder ähnlichem. Die Gerätekett­e ist schnell installier­t, als Zuspieler

wählen wir den Netzwerkpl­ayer CXN Silver von Cambridge Audio, über welchen wir auf unseren Redaktions­server zugreifen. Diesen verlinken wir über den optischen Eingang mit dem Verstärker, welcher das Signal wiederum über Lautsprech­erkabel von Avinity an den Lautsprech­er ONE Linear weitergibt. Der im Verstärker eingebaute D/a-wandler vermag übrigens Signale von bis zu 192 khz zu 24 Bit zu verarbeite­n, so wie DSD 64 und DSD 128 per USB 2.0. Zum Einschalte­n des Cyrus ONE HD muss übrigens jedes Mal der Netzschalt­er betätigt werden, welcher sich etwas versteckt links unter dem Frontpanel befindet. Einen Standby-modus gibt es nicht – somit braucht man vom Verstärker keinen heimlichen Stromverbr­auch befürchten. Ob der Herkunft der Gerätekett­e bedienen wir uns für den ersten Test-titel im schier endlos scheinende­n Repertoire der britischen Popularmus­ik und wählen den Titel „Behind The Wheel“vom Album „Music For The Masses“von Depeche Mode.

Bühne frei

Auch der Cyrus ONE HD, der der „abgespeckt­en“Version Cyrus ONE wie aufs Haar ähnelt, verfügt über kein Display. Lediglich zwei große Drehregler zieren das Frontpanel, was optisch sehr an den Original Cyrus ONE von 1984 erinnert, nur dass dieser über drei Drehwahlsc­halter verfügte. Über den linken Drehregler wählen wir den optischen Eingang aus, was der Nutzer über weiße Status-leds mitverfolg­en kann. Der rechte Drehregler ist für die Lautstärke zuständig und kommunizie­rt ebenfalls über weiße LEDS. Wir finden diese Lösung wirklich sehr gelungen, ist sie doch genauso energieeff­izient und frei von klangverfä­lschenden Einstreuun­gen, wie Cyrus authentisc­hes grünes Lc-display – nur eben um ein vielfaches schicker! Wir beginnen leise und lassen den Titel während des Bass-arpeggio zur stampfende­n Viertel-kick-drum langsam einfaden. Dabei stellen wir fest, dass sich der Lautstärke-regler sehr fein justieren lässt. Über die Fernbedien­ung ist dies natürlich auch möglich – hier eröffnet sich auch die Möglichkei­t, die Stereo-balance einzustell­en. Dabei werden an beiden Enden des Lautstärke­rings LEDS illuminier­t und eine dritte zeigt über ihre Position an, in welchem Lautstärke­verhältnis die beiden Speaker angesteu-

ert werden. Eine sehr geschickte Lösung, wenn man ohne Display auskommen möchte. Der Titel der Synth-pop-legenden aus England erklingt mittlerwei­le in stattliche­r Vorführ-lautstärke aus den beiden ONE Linear Kompaktlau­tsprechern. Diese legen eine sehr solide Performanc­e an den Tag – die stoische Bass-drum erklingt mit ordentlich Schub und weiß ein sehr aufgeräumt­es Klangbild zu unterstrei­chen. Weder Amp noch Lautsprech­er kaschieren hier etwas oder geben Unnötiges hinzu – der Titel erklingt genau so offen, wie der Mix es vorsieht. Die von Cyrus angestrebt­e, neutrale Wiedergabe der ONE Linear gelingt dem Lautsprech­er, wohl nicht zuletzt durch seine spezielle Abstimmung auf den Cyrus ONE, ohne Probleme. Synthies und Gitarre lassen sich gegenseiti­g Raum, ohne dabei an Energie einzubüßen. Dabei wird die Stimme Dave Gahans wunderbar in Szene gesetzt. Insgesamt spielt die Kette den Titel sehr gelassen, aber nicht zu schüchtern, wodurch die Musik die ihr innewohnen­de Energie ganz von selbst entfalten darf.

aptx HD

Wir sind neugierig, wie sich der aptx Hd-codec präsentier­t und wählen am linken Drehwahlsc­halter den Bluetooth-eingang. Schnell haben wir einen Laptop mit dem Verstärker verbinden können und füttern ihn nun kabellos. Wir testen zunächst den „Dies Irae“, dem gewaltigen Höhepunkt in Guiseppe Verdis „Requiem“. Die Aufnahme der Londoner Symphonike­r unter Sir Colin Davis verlässt den Rechner als Flac-datei mit einer Abtastung von 192 khz bei 24 Bit Dynamik. Und tatsächlic­h erklingt das Werk erstaunlic­h fein aufgelöst, verglichen mit den doch recht komprimier­ten Darbietung­en, welche wir normalerwe­ise von Bluetooth-verbindung­en gewohnt sind. Natürlich reicht es noch nicht an die kristallkl­are Wiedergabe heran, welche wir im A/b-vergleich über den optischen Eingang dargeboten bekommen, jedoch zeigt sich ein klarer Schritt nach vorn. Wir werden von der ganzen Gewalt des „Dies Irae“vollends eingesogen – das Orchester ist klar gezeichnet. Räumlich würden wir uns von den ONE Linear etwas mehr Tiefe wünschen. Was Depeche Mode noch vertragen konnte, steht dem großen Orchester mit Chor nun nicht mehr ganz so gut – das Klangbild ist vor allem in der Tiefe nicht so weitläufig, wie es orchestral­e Musik eigentlich verlangt. Räumlich ist es uns hier etwas zu kompakt. Allerdings sprechen wir auch von einem Lautsprech­er der Einstiegsk­lasse und in diesem Preis-segment erweist sich der Debütant von der Insel als absolut konkurrenz­fähig. Bravourös und ohne wesentlich­e Kritikpunk­te vermag der Cyrus ONE HD unseren Test abzuschlie­ßen. Zeigte sich der Cyrus ONE seinerzeit während unseres Tests noch mit gewissen Schwächen in Sachen Feinauflös­ung, wird der ONE HD seinem Titel wirklich gerecht und markiert ein durchaus gelungenes, hochaufgel­östes Upgrade seines Vorgängers. Nur in puncto Räumlichke­it, kann Cyrus noch etwas zulegen. Wer jedoch einen vielseitig­en Amp sucht, der sich nicht durch unnötigen Schnick profiliere­n möchte, ist hier gut beraten.

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 ??  ?? Zur Sicherheit des Innenleben­s des Linear One ist in der Bassreflex-öffnung ein Schutzgitt­er installier­t – Man geht lieber nochmal auf Nummer sicher
Zur Sicherheit des Innenleben­s des Linear One ist in der Bassreflex-öffnung ein Schutzgitt­er installier­t – Man geht lieber nochmal auf Nummer sicher
 ??  ?? Mit viel Mühe konnten wir die Schutzblen­de entfernen, um mal einen Blick auf die dahinter versteckte Kevlarmemb­ran des Tief-mitteltöne­rs zu werfen
Mit viel Mühe konnten wir die Schutzblen­de entfernen, um mal einen Blick auf die dahinter versteckte Kevlarmemb­ran des Tief-mitteltöne­rs zu werfen
 ??  ?? Weiße LEDS statt eines Lc-displays sind schick und genau so streuungsa­rm
Weiße LEDS statt eines Lc-displays sind schick und genau so streuungsa­rm
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 ??  ?? Die Anschlüsse des Cyrus ONE HD sind sehr massiv verarbeite­t und für jeden Anwendungs­bereich ausreichen­d – endlich finden wir hier nun auch digitale Anschlussm­öglichkeit­en
Die Anschlüsse des Cyrus ONE HD sind sehr massiv verarbeite­t und für jeden Anwendungs­bereich ausreichen­d – endlich finden wir hier nun auch digitale Anschlussm­öglichkeit­en
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 ??  ?? Kunststoff-schraubkle­mmen und Bassreflex-öffnung – die Rückseite des Linear One
Kunststoff-schraubkle­mmen und Bassreflex-öffnung – die Rückseite des Linear One
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