Simply ONE derful!
Bei Cyrus begeht man Selbstoptimierung: Die Wiederauflage des Verstärker-klassikers Cyrus ONE wurde seinerseits einigen Neuerungen unterzogen und mit dem Titel HD versehen. Im Zuge dessen feiert Cyrus das Erscheinen seines ersten Lautsprechers.
Der britische Hersteller Cyrus aus Huntingdon ist vor allem für seine audiophilen Verstärker- und Wandlereinheiten bekannt, welche meist im Achteinhalb-zoll-chassis daherkommen und mit ihren simplen grünen Lcd-displays immer etwas Neunziger-charme versprühen. Auch in der AUDIO TEST waren die Briten schon einige Male vertreten – zuletzt mit dem schicken All-in-onesystem Lyric, dem D/a-wandler im Schlüsselbundformat soundkey und dem authentisch halbgroßen Stereovollverstärker Cyrus ONE. Dieser erschien 2016 und wurde diesen Sommer, mit einigen Erweiterungen versehen, als Cyrus ONE HD neu aufgelegt. Dabei war der bereits eine Hommage an das erste Gerät, welches Cyrus der Welt präsentierte – im Jahr 1984 ebenfalls auf den Namen Cyrus ONE getauft. Man kann dem entnehmen, dass das Entwickler-team aus Huntingdon weiß, worauf es vertrauen kann und nicht das Bedürfnis verspürt, das Rad neu zu erfinden. Weshalb auch? Vor allem die Kollegen der britischen Fachjournalie haben das Team um Simon Freethy über die letzten Jahre hinweg immer wieder mit Auszeichnungen dekoriert. Daher bestand wohl keine Notwendigkeit, sich an einem gänzlich neuen Gerät zu versuchen, lieber drehte man noch an ein paar Schräubchen um das bereits vorhandene, bewährte, weiter zu optimieren. Neuland betritt Cyrus jedoch mit der Präsentation des Cyrus ONE Linear Kompaktlautsprechers, welcher in Abstimmung auf den Verstärker Cyrus ONE den ersten Schallwandler des Herstellers darstellt. Dass Managing Director Simon Freethy, der privat übrigens auf Speaker aus dem Hause Sonus faber schwört, diesen Schritt geht,
ist mutig, denn der Markt kann sich absolut nicht über einen Mangel hochwertiger Lautsprecher beklagen und man weiß ja, was man sagt vom Schuster und seinen Leisten. Aber selbstverständlich gehen wir unvoreingenommen in diesen Test, schließlich haben wir es bei Cyrus mit wahren Geeks zu tun, die genau wissen, was sie tun.
Cyrus ONE & ONE Linear
Bellevue Audio, der deutsche Vertrieb von Cyrus, verlangt für den Cyrus ONE HD zusammen mit zwei Ausführungen des Cyrus ONE Linear knapp 1 800 Euro und schnürt somit ein durchaus erschwingliches Hifi-paket. Dabei kommt der Verstärker in der Hd-version knapp 450 Euro mehr als der Cyrus ONE. Dies rührt daher, dass die Neuauflage mit digitalen Eingängen aufwarten kann, Bluetooth apt-x in HD empfängt und eine verbesserte Phono-vorstufe spendiert bekam, welche nun auf einem Level ist mit der Cyrus Phono Signature. Außerdem spricht Cyrus beim ONE HD mittlerweile vom Class-d-verstärker der vierten Generation, wobei man sich hier mit Details etwas bedeckt hält. Fest steht, dass man im Vergleich zur Nicht-hd-variante an einigen Stellen etwas aufgemotzt hat – acht statt sechs Eingänge (darunter auch USB), verbesserte Phono-vorstufe und optimierte Endstufe mit zwei Mal 100 Watt Ausgangsleistung an 6 . Der Regallautsprecher ONE Linear muss sich natürlich noch keinem Vergleich stellen, ist er doch der erste seiner Art aus dem Hause Cyrus. Der Speaker arbeitet im offenen 2-Wege-prinzip und weist laut Herstellerangaben einen Frequenzgang von 50 Hertz (Hz) bis 24 000 Hz auf. Bewerkstelligt wird dieser durch einen 12,5 cm Tief-mitteltontreiber mit Kevlarmembran und einen 2,5 cm Soft-dome-hochtöner. Ersterer beruft sich dabei auf eine doppelt gewickelte, kupferbeschichtete Schwingspule aus Aluminium. Diese verspricht schnelle Reaktionsbereitschaft und kontrollierte Bässe. Bei 2 100 Hz trennt eine Frequenzweiche aus Elektrolytkondensatoren das Signal auf die beiden Chassis auf. Abgestimmt ist der ONE Linear auf einen möglichst linearen Frequenzgang, um eine neutrale Wiedergabe zu erzielen. Während der Kompaktlautsprecher ONE Linear ganz klar auf eine Verstärkung durch Cyrus-amps ausgerichtet ist, verfügt der Cyrus ONE HD, wie auch andere Amps der Briten, über eine so genannte Speaker Impedance Detection (SID). Diese Technologie lässt den Verstärker über ein Messsignal automatisch die Impedanz des angeschlossenen Lautsprechers erkennen, um die Ausgangsleistung entsprechend anzupassen. Dies macht den Cyrus ONE HD dementsprechend flexibel bei der Lautsprecherwahl.
Schnelle Installation
Der Stereovollverstärker Cyrus ONE HD lässt sich ob seines überaus kompakten Formats in jedwedes Geräte-arrangement inkludieren und findet somit auch auf dem Rack unseres Hörraums bequem Platz. Die beiden Kompaktlautsprecher ONE Linear positionieren wir auf Stativen, wobei Cyrus einen Abstand von zehn bis dreißig Zentimetern zur dahinter liegenden Wand empfiehlt, um eine optimale Entfaltung der Bässe und eine präzisere Mittenzeichnung zu gewährleisten. Dies schränkt die Möglichkeiten der Positionierung natürlich etwas ein, weshalb immer mehr Hersteller auf frontseitige oder Down-fire-bassreflexsysteme zurückgreifen. Dies ist wiederum bei einem Kompaktlautsprecher auch noch recht selten gesehen. In den allermeisten Fällen werden diese sowieso in Wandnähe aufgebaut. Jedoch am besten nicht vor absorbierende Flächen, wie etwa Vorhängen oder ähnlichem. Die Gerätekette ist schnell installiert, als Zuspieler
wählen wir den Netzwerkplayer CXN Silver von Cambridge Audio, über welchen wir auf unseren Redaktionsserver zugreifen. Diesen verlinken wir über den optischen Eingang mit dem Verstärker, welcher das Signal wiederum über Lautsprecherkabel von Avinity an den Lautsprecher ONE Linear weitergibt. Der im Verstärker eingebaute D/a-wandler vermag übrigens Signale von bis zu 192 khz zu 24 Bit zu verarbeiten, so wie DSD 64 und DSD 128 per USB 2.0. Zum Einschalten des Cyrus ONE HD muss übrigens jedes Mal der Netzschalter betätigt werden, welcher sich etwas versteckt links unter dem Frontpanel befindet. Einen Standby-modus gibt es nicht – somit braucht man vom Verstärker keinen heimlichen Stromverbrauch befürchten. Ob der Herkunft der Gerätekette bedienen wir uns für den ersten Test-titel im schier endlos scheinenden Repertoire der britischen Popularmusik und wählen den Titel „Behind The Wheel“vom Album „Music For The Masses“von Depeche Mode.
Bühne frei
Auch der Cyrus ONE HD, der der „abgespeckten“Version Cyrus ONE wie aufs Haar ähnelt, verfügt über kein Display. Lediglich zwei große Drehregler zieren das Frontpanel, was optisch sehr an den Original Cyrus ONE von 1984 erinnert, nur dass dieser über drei Drehwahlschalter verfügte. Über den linken Drehregler wählen wir den optischen Eingang aus, was der Nutzer über weiße Status-leds mitverfolgen kann. Der rechte Drehregler ist für die Lautstärke zuständig und kommuniziert ebenfalls über weiße LEDS. Wir finden diese Lösung wirklich sehr gelungen, ist sie doch genauso energieeffizient und frei von klangverfälschenden Einstreuungen, wie Cyrus authentisches grünes Lc-display – nur eben um ein vielfaches schicker! Wir beginnen leise und lassen den Titel während des Bass-arpeggio zur stampfenden Viertel-kick-drum langsam einfaden. Dabei stellen wir fest, dass sich der Lautstärke-regler sehr fein justieren lässt. Über die Fernbedienung ist dies natürlich auch möglich – hier eröffnet sich auch die Möglichkeit, die Stereo-balance einzustellen. Dabei werden an beiden Enden des Lautstärkerings LEDS illuminiert und eine dritte zeigt über ihre Position an, in welchem Lautstärkeverhältnis die beiden Speaker angesteu-
ert werden. Eine sehr geschickte Lösung, wenn man ohne Display auskommen möchte. Der Titel der Synth-pop-legenden aus England erklingt mittlerweile in stattlicher Vorführ-lautstärke aus den beiden ONE Linear Kompaktlautsprechern. Diese legen eine sehr solide Performance an den Tag – die stoische Bass-drum erklingt mit ordentlich Schub und weiß ein sehr aufgeräumtes Klangbild zu unterstreichen. Weder Amp noch Lautsprecher kaschieren hier etwas oder geben Unnötiges hinzu – der Titel erklingt genau so offen, wie der Mix es vorsieht. Die von Cyrus angestrebte, neutrale Wiedergabe der ONE Linear gelingt dem Lautsprecher, wohl nicht zuletzt durch seine spezielle Abstimmung auf den Cyrus ONE, ohne Probleme. Synthies und Gitarre lassen sich gegenseitig Raum, ohne dabei an Energie einzubüßen. Dabei wird die Stimme Dave Gahans wunderbar in Szene gesetzt. Insgesamt spielt die Kette den Titel sehr gelassen, aber nicht zu schüchtern, wodurch die Musik die ihr innewohnende Energie ganz von selbst entfalten darf.
aptx HD
Wir sind neugierig, wie sich der aptx Hd-codec präsentiert und wählen am linken Drehwahlschalter den Bluetooth-eingang. Schnell haben wir einen Laptop mit dem Verstärker verbinden können und füttern ihn nun kabellos. Wir testen zunächst den „Dies Irae“, dem gewaltigen Höhepunkt in Guiseppe Verdis „Requiem“. Die Aufnahme der Londoner Symphoniker unter Sir Colin Davis verlässt den Rechner als Flac-datei mit einer Abtastung von 192 khz bei 24 Bit Dynamik. Und tatsächlich erklingt das Werk erstaunlich fein aufgelöst, verglichen mit den doch recht komprimierten Darbietungen, welche wir normalerweise von Bluetooth-verbindungen gewohnt sind. Natürlich reicht es noch nicht an die kristallklare Wiedergabe heran, welche wir im A/b-vergleich über den optischen Eingang dargeboten bekommen, jedoch zeigt sich ein klarer Schritt nach vorn. Wir werden von der ganzen Gewalt des „Dies Irae“vollends eingesogen – das Orchester ist klar gezeichnet. Räumlich würden wir uns von den ONE Linear etwas mehr Tiefe wünschen. Was Depeche Mode noch vertragen konnte, steht dem großen Orchester mit Chor nun nicht mehr ganz so gut – das Klangbild ist vor allem in der Tiefe nicht so weitläufig, wie es orchestrale Musik eigentlich verlangt. Räumlich ist es uns hier etwas zu kompakt. Allerdings sprechen wir auch von einem Lautsprecher der Einstiegsklasse und in diesem Preis-segment erweist sich der Debütant von der Insel als absolut konkurrenzfähig. Bravourös und ohne wesentliche Kritikpunkte vermag der Cyrus ONE HD unseren Test abzuschließen. Zeigte sich der Cyrus ONE seinerzeit während unseres Tests noch mit gewissen Schwächen in Sachen Feinauflösung, wird der ONE HD seinem Titel wirklich gerecht und markiert ein durchaus gelungenes, hochaufgelöstes Upgrade seines Vorgängers. Nur in puncto Räumlichkeit, kann Cyrus noch etwas zulegen. Wer jedoch einen vielseitigen Amp sucht, der sich nicht durch unnötigen Schnick profilieren möchte, ist hier gut beraten.