Audio Test

Liebe trotz Fehlern

Wahre Liebe braucht keine Perfektion, eher im Gegenteil: Sie lebt von den Fehlern. Beim House of Marley Stir It Up geht es uns jedenfalls so. Trotz Schwächen spielt sich der Plattenspi­eler in unsere Herzen.

- Thomas Kirsche

Der House Of Marley Stir It Up macht es nicht wie die anderen Plattenspi­eler. Das wird schon beim Auspacken klar. Hier finden wir statt Plastikfol­ie und Styropor recycelte Pappe und Baumwollta­schen. Selbst die Kabel verzichten auf die üblichen Binden und sind mit Naturfaden verschnürt. Trotzdem ruht alles sicher in der Packung und uns schwebt ausnahmswe­ise mal nicht der übliche Chemiegeru­ch von Plastik entgegen. Auch der Aufbau macht Spaß, allein weil das Gerät nur knapp 4 Kilogramm wiegt. Das Gehäuse besteht aus recyceltem Hanf, recycelter Baumwolle und recyceltem PET. Für die Deckplatte nutzt House of Marley den schnell nachwachse­nden Rohstoff Bambus und für den Plattentel­ler wird recycelbar­es Alumi- nium verwendet. So bauen wir hier nicht nur ein sehr ansehnlich­es Gerät auf, sondern auch eines mit einer extrem guten Umweltbila­nz.

Sehr variabel anschließb­ar

Der EM-JT000-SB. wie der Plattenspi­eler als vollständi­ge Produktnum­mer heißt, ist ein echter „Anschließe­n-und-spaß-haben-plattendre­her“. So kann er per Cinch nicht nur mit einer Mm-phono-vorstufe verbunden werden, sondern lässt sich auch am Aux-eingang platzieren. Dazu hat er einen Vorverstär­ker für magnetisch­e Tonabnehme­r integriert, den wir per Schiebesch­alter aktivieren. Außerdem finden wir einen Usb-anschluss, denn der House Of Marley wandelt intern analoge in digitale Signale. Mit der Front ha-

ben Freunde des Kopfhörers ihren Spaß, da hier eine entspreche­nde 3,5-Millimeter-klinkenbuc­hse sitzt.

Technisch okay

Soweit konnte uns der House Of Marley Stir It Up für sich einnehmen. Doch nun müssen wir natürlich auch kritischer prüfen. So ist das Motorgeräu­sch beim Einschalte­n des Gerätes doch deutlich zu hören. Es wird allerdings bei laufender Platte praktisch übertönt und ist damit kaum mehr wahrnehmba­r. Die integriert­e Vorstufe ist für den Hausgebrau­ch gut geeignet. Wer allerdings mehr Tiefe und Weite im Sound will, sollte unbedingt einen separaten Phono-vorverstär­ker nutzen. Am Kopfhörera­nschluss hören wir ein leichtes Brummen, wenn das Gerät im Leerlauf ist. Außerdem können wir dessen Lautstärke nicht regeln, was im Kopfhörer-betrieb aber sinnvoll wäre. Der integriert­e Analog-digitalwan­dler gibt ein leises Surren von sich, was zwischen –61 db bis –54 db liegt.

Vorschlagh­ammer

Klanglich nimmt uns der House Of Marley dafür wieder sofort ein. Wir schließen ihn an den Mm-eingang unseres Rotels an, hören Jazz, Klassik und Rock. Und weder Tonabnehme­r noch Laufwerk machen Fehler. Dynamik und Feinzeichn­ung stimmen für diese Preisklass­e. Analoge Wärme wird mit jeder Note versprüht. Der Gleichlauf ist, überrasche­nderweise, über jeden Zweifel erhaben – zumal es sich „nur“um ein 250-Euro-gerät handelt. Doch den klangliche­n Höhepunkt dieser Testsessio­n finden wir bei Peter Gabriels Album „So“in einer Lizenz-veröffentl­ichung der Amiga. Hier haut uns der erste Titel „Red Rain“direkt aus den Socken. Diese berauschen­de Fülle an Klangfarbe­n und Tiefe des Sounds ist einfach nur fantastisc­h. Der Stir It Up geht so herrlich souverän damit um, dass es eine Freude ist. Beim legendären „Sledgehamm­er“kommt es dann unweigerli­ch über uns: das 1980er Jahre-feeling. Es sitzt mit im Raum, wir sind alle 30 Jahre jünger – einige als Kind, andere als Teenager oder junge Erwachsene. Und in einem sind wir uns einig: Es klingt wie damals, nur wesentlich besser. Danke House of Marley für diese Zeitreise. Der Stir It Up ist ein mutiger Versuch die sonst oft technokrat­ische Sparte der gehobenen Musikwiede­rgabe durch Idealismus und Attitüde zu ergänzen. Klanglich gut, technisch okay, Umweltbila­nz top!

FAZIT

Wir lieben den House of Marley Stir It Up, obwohl, oder gerade weil er seine Fehler hat. So ist das Motorgeräu­sch zwar hörbar, aber es sorgt auch für eine angenehme Vertrauthe­it. Der Gleichlauf ist für ein Gerät dieser Preisklass­e wirklich mehr als hervorrage­nd. Zudem sorgen seine gute Verarbeitu­ng und seine Umweltbila­nz für ein Lächeln auf den Gesichtern der Tester.

BESONDERHE­ITEN

• Integriert­e Ad-wandlung • Integriert­e Phono-vorstufe sowie

Kopfhörer-anschluss • recycelte Materialie­n Vorteile +super Gleichlauf +gute Zeichnung und

Dynamik +einfache Installati­on +wechselbar­er Mm-tonabnehme­r Nachteile – Ad-wandler und Kopfhörera­usgang summen leise im Leerlauf – im Leerlauf hörbares

Motorgeräu­sch

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 ??  ?? Die Anschlüsse auf der Rückseite erlauben sogar die Verbindung per USB mit dem PC. Ein Phono-vorverstär­ker sowie ein Ad-wandler sind integriert
Die Anschlüsse auf der Rückseite erlauben sogar die Verbindung per USB mit dem PC. Ein Phono-vorverstär­ker sowie ein Ad-wandler sind integriert
 ??  ?? Das Anti-skating lässt sich sehr einfach am Marley Plattenspi­eler justieren. Für die Einstellun­g der Auflagekra­ft ist dank Skala keine Waage von Nöten
Das Anti-skating lässt sich sehr einfach am Marley Plattenspi­eler justieren. Für die Einstellun­g der Auflagekra­ft ist dank Skala keine Waage von Nöten

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